Rofo 2023; 195(07): 571
DOI: 10.1055/a-1989-7813
Brennpunkt

Kommentar zu MAMMA – Kontralaterales MRT-Screening verlängert bei Mammakarzinomen das Überleben

Susanne Wienbeck
1   Radiology Practice Schwarzer Baer, Hannover, Germany and Institute for Diagnostic and Interventional Radiology, Hannover Medical School, Hannover, Germany (Ringgold ID: RIN27177)
› Author Affiliations

Der routinemäßige Einsatz der präoperativen Mamma-MRT zum lokalen Staging bei neu diagnostiziertem Mammakarzinom wird in nationalen oder internationalen Leitlinien sehr unterschiedlich empfohlen [1]. Eine präoperative MRT beeinflusst das chirurgische Management und die Reoperationsrate. In klinischen Studien wird der Vorteil des MRT hinsichtlich des Nachweises eines synchronen Zweitkarzinoms der Gegenseite derzeit sehr kontrovers diskutiert und der Einsatz des Verfahrens bleibt nach wie vor umstritten [2] [3]. Bisher war unklar, ob die Durchführung einer präoperativen MRT für das Gesamtüberleben relevant ist.

Die retrospektive Studie überprüfte erstmalig das Langzeit-Outcome beim Einsatz des MRT als Screening-Instrument für die kontralaterale Brust bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem Mammakarzinom. Die Studie untersuchte ebenfalls, welche Patientensubgruppe in Bezug auf das Gesamtüberleben am meisten von einer präoperativen MRT profitieren. Die Autoren unterschieden zwischen synchroner und metachroner kontralateraler Erkrankung, die jeweils innerhalb und 3 Monaten nach der Diagnose des Primärtumors auftraten. Das Studienkollektiv umfasste Patientinnen ohne Brustkrebs in der Vorgeschichte und solche, die präoperativ keine neoadjuvante Chemotherapie erhalten hatten.

Die angepasste Studiengruppe schloss 705 Patientinnen mit einer präoperativen MRT (n=470) und ohne präoperative MRT (n=235) ein. Die primären Endpunkte waren krankheitsspezifisches Überleben (CSS) und Gesamtüberleben mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren. Sekundäre Endpunkte bezogen sich auf die Anzahl synchroner und metachroner kontralateraler Erkrankungen in den beiden Gruppen.

Die Ergebnisse bezüglich der sekundären Endpunkte waren wie erwartet. Es fanden sich mehr synchrone kontralaterale Erkrankungen in der MRT-Gruppe (5,7%) als in der Nicht-MRT-Gruppe (2,1%). In Bezug auf eine metachrone Erkrankung wurden zwischen den beiden Gruppen keine relevanten Unterschiede beobachtet; aber die Studie zeigte einen Trend zu einer günstigeren Prognose des Krankheitsverlaufs in der MRT-Gruppe. Überraschend waren die Ergebnisse in Bezug auf die primären Endpunkte. Die MRT-Gruppe zeigte ein höheres Gesamtüberleben (Hazard Ratio 2,5), während kein Unterschied im krankheitsspezifischen Überleben beobachtet wurde (Hazard Ratio 1,34). Patientinnen mit einer primären Tumorgröße (>2 cm) und einem histologisch gesicherten G3-Tumor profitierten am meisten von einer präoperativen MRT.

Zur Einordnung der Ergebnisse sind folgende Limitationen der Studie zu beachten: Retrospektives Studiendesign, Einschränkungen im Studienkollektiv (u.a. Ausschluss von Patientinnen mit neoadjuvanter Chemotherapie und Metastasen), fehlende Berücksichtigung von soziodemografischen Daten.

Zusammenfassend konnten die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem Mammakarzinom durch den Einsatz der präoperativen MRT die Erkennung einer frühen synchronen Erkrankung der kontralateralen Brust und das Gesamtüberleben signifikant verbessert werden kann. In der Subgruppenanalyse profitieren Patientinnen mit einer Tumorgröße (> 2 cm) und histologisch gesicherte G3-Tumoren am meisten von der MRT.

Ausblick

Aktuelle Daten untermauern den klinischen Mehrwert und den zukünftigen systematischen Einsatz der MRT als Screening-Tool für den Nachweis eines möglichen kontralateralen Brustkrebses. Durch den Einsatz der MRT ergab sich ein relevanter Einfluss auf das Gesamtüberleben für die betroffenen Patientinnen. Im Weiteren sind randomisiert kontrollierte Studien notwendig.



Publication History

Article published online:
06 July 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany