Laryngorhinootologie 2024; 103(01): 74-75
DOI: 10.1055/a-2169-9226
OP-Techniken

Eingriffe an Larynx, Hypopharynx und Trachea

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr

Vorgehen bei Trachealabriss

OP-Prinzip

Sicherstellung der Atmung entweder durch endoskopische Überbrückung mit Notfallrohr oder durch transzervikale Exposition. End-zu-End-Anastomose der Trachealstümpfe, ggf. Tracheotomie kaudal der Anastomose.


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Spezielle Patientenaufklärung (sofern im Notfall überhaupt möglich)

  • Langzeitbeatmung

  • Ausreißen der Naht mit Dislokation der Luftröhre in den Brustraum

  • narbige Verengung der Luftröhre, Luftröhrenentzündung

  • Heiserkeit, Stimmverlust, Lähmung (eventuell bleibend) des Stimmlippennervs (auch beidseits)

  • Schluckstörung, Einlage einer Magensonde

  • evtl. Tracheotomie mit Einlage einer Trachealkanüle

  • ggf. Erweiterung, Eröffnung des Brustraums

  • Pneumonie

  • Pneumothorax, Einlage einer Lungendrainage

  • Einblutung/Lufteinlagerung in den Brustmittelraum mit Brustmittelraumentzündung

  • Knorpelentzündung


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Anästhesie

Narkose, sobald die Atmung sichergestellt ist; bei Notwendigkeit zur Überbrückung mit Notfallrohr Relaxierung und Narkoseeinleitung in einem Schnitt mit Notfallendoskopie.


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OP-Technik

  • Schnittführung: medianer Hautschnitt vom Zungenbein bis zum Jugulum, Auseinanderdrängen der geraden Halsmuskulatur, ggf. Abdrängen oder Durchtrennen des Schilddrüsenisthmus.

  • Zugang: Sofern eine transorale Einführung eines Tracheoskops möglich war, Palpation des Rohres und Aufsuchen des peripheren Trachealstumpfs unter stumpfem Lösen des darüberliegenden Gewebes. Mit dem Zeigefinger wird zuvor die Lage des kaudalen Stumpfes palpiert; er wird mit einer Klemme gefasst und aus dem Brustraum gezogen. Auch ohne Tracheoskopführung muss gleichfalls mit dem Finger palpierend versucht werden, das distale Trachealende zu lokalisieren, mit einer Klemme zu fassen und herauszuziehen. Entlang des Fingers kann versucht werden, das Notfallrohr in den Stumpf einzuführen, um die Atemwege zu sichern und zu beatmen ([Abb. 1]).

  • Danach transorale Intubation (Tubus schient Trachealstümpfe) mit dünnem Tubus oder Anlegen eines Tracheostomas kaudal der Rissstelle.

  • Trachealnaht: End-zu-End-Naht der Trachealstümpfe. Zur Entlastung der Naht werden die Mm. thyreohyoidei und die Membrana thyreohyoidea am Zungenbein abgetrennt. Zunächst wird mit 3/0 resorbierbaren Nähten die Schleimhaut der Hinterwand exakt adaptiert. Dann werden die Knorpelspangen mit 2/0 Nähten, die um die Spangen herumgreifen, vernäht. Sämtliche Nähte werden zunächst nur geführt, das Knüpfen erfolgt erst nach dem Legen der letzten Naht. Fadenführung so, dass außen geknüpft wird ([Abb. 2]).

  • Laryngoskopie am Ende der Operation: Nach dem Knüpfen der Nähte endoskopische Kontrolle mit dünnem Rohr. Ist das Tracheallumen ausreichend weit und besteht keine Blutung mehr, wird, sofern nicht vorher bereits vorgenommen, auf die Tracheotomie verzichtet und der Eingriff mit exakter Blutstillung, schichtenweisem Wundverschluss und Einlegen von Wunddrainagen beendet.

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Abb. 1 Versorgung eines Trachealabrisses, Exposition des kaudalen Trachealstumpfs, Anklemmen und zügige Intubation.
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Abb. 2 End-zu-End-Anastomose bei Trachealabriss. Nach Adaptation der Hinterwand werden die Nähte um die Trachealspangen gelegt. Entlastung der Naht durch Ablösen der geraden Halsmuskulatur zwischen Larynx und Zungenbein.
Risiken und Komplikationen
  • Nahtinsuffizienz, Nachblutung, Aspiration, Pneumonie, Perichondritis, Mediastinitis, Rekurrensverletzung (teils direkt traumatisch)

  • Pneumothorax

  • Verletzung großer intrathorakaler Gefäße

  • leichte, funktionell nicht wirksame Stenosierung, nicht selten

  • Narbenstenosen mit Dyspnoe (Schädigung des Knorpels, Verlust der Versorgung), ggf. spätere Tracheotomie


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Nachbehandlung

Keine besondere Lagerung. Intravenöse Antibiotikumprophylaxe, nasogastrale Nährsonde, Sprechverbot, Dämpfung des Hustenreizes, endoskopische und ggf. röntgenologische Kontrolle der Anastomose, exakte Überwachung der Atmung (Gefahr der Nahtinsuffizienz mit erneuter Verlegung des Atemweges). Sofern der Tubus belassen wurde, Entfernung möglichst nach zwei Tagen.

Aus: Rettinger G, Hosemann W, Huttenbrink KW, Werner JA. HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. 5., vollstandig überarbeitete Auflage


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Publication History

Article published online:
05 January 2024

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