Laryngorhinootologie 1995; 74(1): 7-12
DOI: 10.1055/s-2007-997678
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vestibularisläsion beim Hörsturz: Ein prognostisches Kriterium für den Therapieerfolg

The Influence of Vestibular Dysfunction on Success of Therapy in Patients with Sudden Hearing LossA. Michelson1 , B. Schuster2 , S. Thias3 , C. T. Haid3
  • 1Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Regensburg (Direktor: Prof. Dr. J. Strutz)
  • 2Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Zentralkrankenhauses Augsburg (Direktor: Prof. Dr. P. Bumm †)
  • 3Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Kranke der Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. M. E. Wigand)
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Publication History

Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

In einer retrospektiven Studie wurden die neurootologischen und audiometrischen Befunde von 142 Patienten mit Hörsturz ausgewertet, die sich zwischen 1987 und 1991 einer stationären Infusionstherapie unterzogen. Die mit dem Hörsturz korrespondierenden Vestibularisläsionen wurden qualifiziert und quantifiziert, ihr Einfluß auf den Hörverlust und den Therapieerfolg untersucht, sowie die vestibuläre Schädigung als prognostisches Kriterium für den Hörgewinn eingeschätzt. Bei 48 % der Patienten konnte eine kombinierte cochleo-vestibuläre Läsion im ENG objektiviert werden. Der mittlere Hörverlust war bei ihnen (45,3 dB) statistisch signifikant (p < 0,001) stärker ausgeprägt als bei Erkrankten mit reiner Innenohrfunktionsstörung (32,5 dB). Das Ausmaß der Hörschädigung korrespondierte mit dem Schweregrad der vestibulären Schädigung. Hörsturzpatienten mit ausgeprägten Vestibularisläsionen (Vestibularindex nach Haid: ≥ 9) zeigten in 83 % der Fälle prätherapeutische Hörverluste von 50 bis 130 dB. Dagegen waren Hörstörungen dieses Umfangs lediglich bei 32 % der Patienten mit vestibulären Indexwerten von kleiner als neun zu verzeichnen. Darüber hinaus erreichten Hörsturzpatienten mit Vestibularläsion posttherapeutisch lediglich eine mittlere Hörverbesserung von 25 % bezogen auf den Ausgangshörverlust, während beim Hörsturz ohne vestibuläre Schädigung ein Anstieg des Hörvermögens um 38 % beobachtet wurde (p < 0,05). Ausgeprägte vestibuläre Schädigungen reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines audiologischen Therapieerfolges und sind in der Regel als negatives prognostisches Kriterium einzuschätzen.

Summary

The influence of vestibular dysfunction on severity of initial hearing loss and success of therapy was evaluated in a retrospective study with 142 patients suffering from idiopathic sudden hearing loss. In 48 % of these patients combined cochleovestibular disorders were found. In this group mean hearing loss was significantly higher (45 dB versus 32 dB) and hearing recovery after therapy (25 % versus 38 %) less pronounced. 83 % of patients with high grades of vestibular disorders (Vestibular Index: ≥ 9) showed a decrease of hearing function between 50 dB and 130 dB compared to 32 % in the group with signs of low vestibular dysfunction. Additional vestibular lesion in patients with sudden deafness can be used as a criteria for prognosis. High grade vestibular lesion reduce the probability of complete hearing recovery.

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