Laryngorhinootologie 1995; 74(1): 13-20
DOI: 10.1055/s-2007-997679
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die nicht-invasive Beurteilung des intracochleären Druckes - Teil 2 : Untersuchungsbefunde von Patienten mit M. Ménière, fluktuierendem Tieftongehör sowie peripher-vestibulären Schwindelattacken

The Non-Invasive Assessment of Intracochlear Pressure - Part 2: Findings in Patients Suffering From Ménière's Disease, Fluctuating Deep Tone Hearing and Peripheral-Vestibular Attacks of VertigoA. Ernst2 , P. R. Issing2 , M. Bohndorf1
  • 1Universitäts-HNO-Klinik Tübingen (Direktor: Prof. Dr. H. P. Zenner)
  • 2HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover (Direktor: Prof. Dr. Th. Lenarz)
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Das Ziel der klinischen Anwendung der TMD-Technik (tympanic membrane displacement technique) ist es, nicht-invasiv intracochleäre Druckveränderungen zu erfassen. Deshalb werden in der vorliegenden Arbeit die im anfallsfreien Intervall zu erhebenden TMD-Meßwerte (± Vm, mittlere Trommelfellauslenkung) von Patienten mit M. Ménière, fluktuierender Tieftonschwerhörigkeit bzw. rezidivierenden, peripher-vestibulären Schwindelattacken beschrieben. Die Ménière-Patienten in Frühstadien der Erkrankung wiesen zwischen den Anfällen statistisch nicht-signifikante Unterschiede in der mittleren Trommelfellauslenkung (± Vm) als erfaßter TMD-Meßparamter im Vergleich zu ohrgesunden Kontrollen auf. Erst nach mehreren Jahren Erkrankungsdauer und einem Hörverlust größer als 30 dB pantonal zeigt sich ein signifikanter Unterschied zu altersrelationierten Kontrollen, der durch eine Negativierung von Vm (Zunahme von - Vm) gekennzeichnet ist und Zeichen einer intracochleären Druckerhöhung zu sein scheint. Damit geht ein - durch Lagerungsproben während der Messung - nachweisbarer, funktioneller Verschluß des Aquaeductus Cochleae, d.h. des Verbindungsweges zwischen Perilymph- und Liquorraum, einher. Einen Patienten konnten wir vor, während und nach einem akuten Ménière-Anfall als Zufallsbefund untersuchen. Der Verlauf der TMD-Registrierung zeigt an, dass (ausgehend von Vm = + 30 nl, gemessen im anfallsfreien Intervall) am erkrankten Ohr eine intracochleäre Druckzunahme (max. Vm = - 138 nl, 40 min nach Einsetzen des akuten Anfalls) auftrat, die sich jedoch bereits vor Ende des Anfalls bei noch bestehenden Schwindelbeschwerden dem Ausgangswert nahezu angeglichen hatte (Vm = + 19 nl). Das gesunde Ohr zeigte während des Anfalls keine Veränderungen der TMD-Meßwerte. Auffällige Veränderungen ließen sich auch beim Glyzerol-(Klockhoff-) Test nachweisen, dem 6 Patienten mit einem klassischen M. Ménière unterzogen wurden. In enger zeitlicher Kopplung (15 min nach Einnahme) erkennt man mit der Verbesserung des Hörvermögens im Reintonaudiogramm bei positivem Testausfall auch ein Nachlassen des intracochleären Druckes (zunehmende Positivierung von Vm), das statistisch signifikant unterschiedliche TMD-Meßwerte (± Vm) zwischen erkranktem und gesundem Ohr beim Patienten ergab. Die TMD-Methode eignet sich nach unseren Erfahrungen zur differentialdiagnostischen Abklärung von Schwindelbeschwerden bzw. unklaren Tieftonhörstörungen im Rahmen der neurootologischen und audiologischen Diagnostik.

Summary

The tympanic membrane displacement technique (TMD) is aimed at evaluating intracochlear and intracranial pressure changes non-invasively. Therefore, the present paper describes the findings in patients with Ménière's disease where an increase in volume of the endolymphatic spaces is discussed. It should be investigated to which extent a change in the intracochlear pressure corresponds to different stages of the disease. It could be described that the intracochlear pressure does change over a certain period of persisting Ménière's, but that there is no extensive increase in intracochlear pressure between the attacks. The glycerol test as well as the acute attack (case report on one patient) are, however, characterised by distinct patterns. The same holds true for the late-stage Ménière's. It could be demonstrated that the functional patency of the cochlear aquaeduct in patients with long-term Ménière's history is reduced. This finding is surprising and should be investigated further. In essence, the TMD technique enables to better characterise Ménière patients, but it should not be a tool of routine diagnosis of the disease. In some audiological patients, it can also be beneficially applied (10).

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