CC BY-NC-ND 4.0 · Gesundheitswesen
DOI: 10.1055/a-2270-3537
Originalarbeit

Verbessert der Innovationsfonds die Versorgung? Eine kritische Bestandsaufnahme zum Stand der Implementierung erfolgreicher Innovationsfondsprojekte in die Versorgungspraxis

Does the Innovation Fund Improve Healthcare Provision? A Critical Assessment of the Status of Implementing Successful Innovation Fund Projects into Healthcare Practice
1   Center for Health Care Research & Public Health, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
2   Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
,
3   Fakultät für Angewandte Gesundheits- und Sozialwissenschaften, Technische Hochschule Rosenheim, Rosenheim, Germany
,
Laura Keßler
4   Geschäftsstelle, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V., Berlin, Germany
,
Thomas Bierbaum
4   Geschäftsstelle, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V., Berlin, Germany
,
5   Zentrum für Präventivmedizin und Digitale Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Germany
6   Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz, Mainz, germany
,
9   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto-von-Guericke-Universitat Magdeburg, Magdeburg, Germany
,
1   Center for Health Care Research & Public Health, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
,
2   Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
4   Geschäftsstelle, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V., Berlin, Germany
,
Heike Heytens
9   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto-von-Guericke-Universitat Magdeburg, Magdeburg, Germany
,
Andreas Meusch
10   Hamburg, Germany
,
11   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Germany
,
12   Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
,
13   Medizinische Fakultät, Ruhr-Universität Bochum, Bonn, Germany
,
14   Abteilung Organisationsbezogene Versorgungsforschung, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
,
12   Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
4   Geschäftsstelle, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V., Berlin, Germany
,
11   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Germany
4   Geschäftsstelle, Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V., Berlin, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Einleitung Der Innovationsfonds des G-BA fördert seit 2015 Projekte der Versorgungsforschung und neuer Versorgungsformen. Bis Ende 2022 wurden 211 Projekte im Bereich “Neue Versorgungsformen” gefördert. Ein zentrales Ziel ist der Praxistransfer erfolgreicher Projekte in die Regelversorgung. Dieser Beitrag analysiert die bisherigen Projekte hinsichtlich ihrer Umsetzung in die Regelversorgung anhand von Transferempfehlungen des Innovationsausschusses (IA).

Methode Deskriptive Analyse aller bis zum 01. August 2023 im Förderbereich „Neue Versorgungsformen (NVF)“ abgeschlossenen Projekte mit Transferempfehlung. Darstellung nach Themenfeld, Projektlaufzeit und Zeitdauer bis zum Beschluss des IA, Einordnung und Anzahl der pro Projekt angesprochenen Institutionen und Organisationen (Adressaten), Anzahl der auf der Website des G-BA veröffentlichten Rückmeldungen, Antwortquoten pro Adressatengruppe sowie eine inhaltliche Klassifizierung und Interpretation exemplarischer Rückmeldungen. Formulierung von Handlungsempfehlungen anhand der Ergebnisse und deren Diskussion in einem Expert:innenworkshop.

Ergebnisse Von 57 geförderten NVF-Projekten hatten 17 eine Transferempfehlung. Insgesamt 57 Rückmeldungen von 431 Adressaten wurden erhalten. Die Antwortquoten variierten erheblich. Ein Drittel der Anfragen an den G-BA und dessen Trägerorganisationen erhielten eine Antwort (31%), während nur jede fünfte Anfrage an Bundesländer (18%) und Fachgesellschaften (18%) beantwortet wurde. Weniger als jede zehnte Anfrage an das BMG (8%), Vertragspartner der Selbstverwaltung (6%) und die Bundesärztekammer (0%) erhielt eine Rückmeldung. Projektbezogene Rückmeldungen innerhalb eines Adressatenkreises waren oft widersprüchlich oder beschränkten sich auf den regionalen Wirkungsbereich.

Diskussion und Schlussfolgerung Der Transferprozess zeigt deutliche strukturelle und prozessuale Hindernisse bezüglich der Überführung erfolgreich evaluierte Projekte. Für den Innovationsfonds ist jedoch entscheidend, ob bei positivem Projektergebnis eine realistische Chance besteht, die untersuchte Intervention erfolgreich in die Regelversorgung zu überführen, um eine möglichst effektive Verwendung der Fördermittel zu gewährleisten. Das DNVF empfiehlt eine stärkere Einbindung regelungskompetenter Institutionen, Veröffentlichungspflicht, strukturierte Moderation, Weiterentwicklung der Selektivverträge, Förderung von Implementierungsphasen und die Finanzierung projektübergreifender Forschung zu Versorgungsmodellen.


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Abstract

Introduction Since 2015, the Federal Joint Committee (G-BA)’s Innovation Fund has been supporting projects in health services research and new health service models (“Neue Versorgungsformen”, NVF). By the end of 2022, 211 projects in the NVF category had been funded. A key objective is the transfer of successful projects into standard care. This article analyzes previous projects regarding their incorporation into routine care based on transfer recommendations of the Innovation Fund Committee („Innovationsausschuss” IA).

Method Descriptive analysis of all projects completed by August 1, 2023 with transfer recommendations in the “NVF” funding stream. Presentation by topic, project duration, time until IA transfer decision, categorization, and number of institutions and organizations (recipients) addressed per project, their feedback published on the G-BA website, response rates per recipient group, and a content classification and interpretation of exemplary feedback. Recommendations based on the results and their discussion in an expert workshop.

Results Out of 57 NVF projects, 17 had a transfer recommendation. A total of 57 feedback responses were received from a total of 431 recipients addressed by the IA across these projects. Response rates varied significantly. One-third of inquiries to the G-BA and its member organizations received a response (31%), while only every fifth inquiry to federal states (18%) and professional societies (18%) got a response. Less than one in ten inquiries to the Federal Ministry of Health (8%), administrative bodies (6%), and the German Medical Association (0%) received a response. Project-specific feedback within a recipient group was often contradictory or limited to regional scope.

Discussion and conclusion The transfer process reveals significant structural and procedural obstacles regarding the incorporation of projects evaluated as successful into routine health care. To ensure that funding from the innovation fund is most effectively used, there needs to be a realistic chance of successful transfer of positive project outcomes into routine care. The DNVF recommends stronger involvement of rule-competent institutions, mandatory publication of responses, structured moderation of the transfer process, expanding types of selective contracts, financing of implementation phases and of studies drawing on results across successful NVF projects.


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Einleitung

Seit der Einführung des Innovationsfonds durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das am 23. Juli 2015 in Kraft trat, fördert der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Entwicklung und Evaluation neuer Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Finanziert werden insbesondere Vorhaben, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potential aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden.

Das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) engagierte sich schon vor der ersten Förderwelle für einen möglichst effizienten Mitteleinsatz. In Abstimmung mit dem G-BA wurde ein Konsentierungsprozess zu thematischen Förderschwerpunkten sowie Begutachtungs-, Förder- und Evaluationskriterien für Projekte aus dem Innovationsfonds moderiert, an dem Interessenvertreter:innen der Gesundheits- und Forschungspolitik, Patientenvertreter:innen, Leistungserbringer:innen und Versorgungswissenschaftler:innen beteiligt waren [1].

Primärer Auftrag der Versorgungsforschung ist es, mit aussagekräftigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowohl die Grundlage für eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung in der Gesundheitsversorgung zu schaffen als auch Orientierung für die nachhaltige Weiterentwicklung des Gesundheitswesens zu geben [1] [2]. Die Mittel aus dem Innovationsfonds tragen dazu bei, die Qualität und Reichweite der Versorgungsforschung zu verbessern, indem Ressourcen für Forschungsprojekte zur Verfügung stehen und die Kooperation mit Partner:innen in der Versorgungspraxis und den Institutionen der Selbstverwaltung gefördert werden.

Für Projekte aus dem Innovationsfonds standen 2015–2019 jährlich insgesamt 300 Mio. € zur Verfügung, von denen 200 Mio. € für die Förderlinie „Neue Versorgungsformen“ reserviert waren. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (2019) ging der Innovationsfonds mit jährlich 200 Mio. € in seine zweite Förderphase (2019–2024). Für die „Neuen Versorgungsformen“ sind davon je 160 Mio. € vorgesehen. Projekte der Versorgungsforschung können insgesamt mit 35 Mio. € gefördert werden, 5 Mio. € stehen für die Entwicklung oder Weiterentwicklung ausgewählter medizinischer Leitlinien zur Verfügung. Der Innovationsfonds wurde im Auftrag des Bundesministerium für Gesundheit (BMG) durch das Wirtschaftsforschungsunternehmen PROGNOS evaluiert und zur Verstetigung empfohlen [3]. Die zeitlich unbegrenzte Fortführung ist im Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (§ 92a, Abs.3, Satz 1 Digital-Gesetz – DigiG) niedergelegt [4].

Mit der Förderung durch den Innovationsfonds sollen explizit neue Versorgungsmodelle entwickelt, implementiert, erprobt und evaluiert werden, die Strukturen, Funktionalitäten und Prozesse im Versorgungssystem weiterentwickeln oder neu initiieren. Seit dem Förderbeginn 2016 wurden aus Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen und des Gesundheitsfonds bis Ende 2022 mit einer Gesamtsumme von 1,15 Mrd. € insgesamt 211 Projekte im Förderbereich „Neue Versorgungsformen (NVF)“ gefördert [5]. Hinzu kamen 413 Projekte mit insgesamt 455,7 Mio. € Förderung im Förderbereich Versorgungsforschung. NVF-Projekte priorisieren Leistungen, die möglichst auf bereits geltender Rechtsgrundlage –sowie im Rahmen von Selektivverträgen erbracht werden können. In diesem Förderbereich ist es das Ziel des Innovationsfonds, den Transfer erfolgreich evaluierter Projekte in die Regelversorgung zu ermöglichen (s. Kasten 1). Der Innovationsfonds stellt damit nicht nur aufgrund der Höhe der ausgeschütteten Mittel, sondern auch aufgrund der wissenschaftlichen Ausrichtung eine Chance für die Versorgungsforschung dar, konkret zur Verbesserung des Gesundheitssystems in Deutschland beizutragen und darüber hinaus national wie international sichtbar zu werden.

Kasten 1: Rechtsgrundlage zur Überführung von Vorhaben zu neuen Versorgungsformen in die Regelversorgung (SGB V § 92b)

Ein maßgebliches Element des Innovationsfonds ist die potenzielle Überführung von Projektvorhaben bzw. von deren wirksamen Bestandteilen in die Regelversorgung (Praxistransfer). Gemäß §92 SGB V hat der Innovationsausschuss (IA) die Aufgabe, den Prozess der Überführung festzulegen sowie die dazu notwendigen Organisationen der Selbstverwaltung zu benennen und anzuschreiben. Ein gelingender Praxistransfer wird in der Evaluation durch PROGNOS, aber auch in Stellungsnahmen und Positionspapieren von Sozialversicherungsträgern und Leistungserbringer:innen [6] [7] [8] als wichtiges Erfolgskriterium des Innovationsfonds definiert, das auch maßgeblich für die Verstetigung des Innovationsfonds spricht.

Die Konstruktion der Förderinstrumente des Innovationsfonds weist, verglichen mit herkömmlichen Förderinstrumenten (z. B. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)), durch die explizite Aufforderung der Einbindung von Sozialversicherungsträgern eine deutlich engere, projektbezogene Zusammenarbeit von Wissenschaft und Sozialversicherungsträgern auf. So wird dem Innovationsausschuss unter anderem empfohlen, die geförderten NVF-Projekte zur Erreichung des Zielkriteriums „Transfer“ noch enger an GKV-Bedarfe und die Weiterentwicklung der GKV-Versorgung als Kernelement des Innovationsfonds zu binden ([9], vgl. auch Storz-Pfennig, P. (2017) [18]).

Der hohe Anspruch eines gelingenden Praxistransfers wird allerdings bisher nur in wenigen Einzelfällen eingelöst. Der Innovationsausschuss am G-BA wird deshalb von verschiedener Seiten kritisiert [8] [10]. Kritikpunkte beziehen sich auf den Umgang mit den Ergebnisberichten, die daraus folgenden Empfehlungen zur Überführung in die Regelversorgung gemäß § 92b Abs. 3 SGB V sowie die Rückmeldungen der Beteiligten aus Selbstverwaltung, Institutionen und Körperschaften, Fachgesellschaften und weiteren Adressaten.

Das DNVF teilt mehrere dieser Kritikpunkte, hält jedoch keinen davon für gründlich genug analysiert oder ausreichend belegt. Eine Ad-hoc-Kommission des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung (DNVF) begleitet deshalb die Entwicklung des Innovationsfonds von Beginn an [1] [11]. Nach empirischen Beiträgen zu Themensetzung und –auswahl sowie Qualität und Potential der geförderten Studien [1] [2] widmet sich der vorliegende Beitrag der Analyse und kritischen Diskussion der Transferempfehlungen und der Implementierung der NVF-Projekte. Darauf aufbauend wird dargestellt, welche Adaptationen des Innovationsfonds aus unserer Sicht in naher Zukunft notwendig sind, um den Praxistransfer erfolgreich evaluierter NVF-Projekte zu stärken.


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Methodische Herangehensweise

Ausgangspunkt der in diesem Positionspapier vorgestellten Analyse sind die für den Transfer in die Regelversorgung empfohlenen NVF. Diese werden nach Themenfeld, Laufzeit und Beschlussdatum kategorisiert. Berücksichtigt wurden alle Projekte im Förderbereich „Neue Versorgungsformen“, die

(1) bis zum Stichtag 01. August 2023 eine Transferempfehlung erhalten haben,

(2) und zu denen Informationen zum Transfer auf den Seiten des G-BA veröffentlicht worden sind.

Das DNVF führt mit seiner Ad-hocKommission Innovationsfonds seit 2019 eine Datenbank mit allen abgeschlossenen Projekten der NVF und der Versorgungsforschung, die kontinuierlich aktualisiert wird. Grundlage der Datenbank sind öffentlich verfügbare Quellen. Auszüge aus der Datenbank werden den Mitgliedern bzw. Arbeits- und Fachgruppen des DNVF auf Anfrage für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt. Folgende Informationen sind in der Datenbank zu den einzelnen Projekten enthalten: Förderwelle, Projekttitel, Akronym, Themenfeld, G-BA Webseite, Status, Projektbeginn, Laufzeit (Monate), Projektende (tatsächlich), Ergebnisbericht, Evaluationsbericht, Beschluss des Innovationsausschusses und Beschlusstext zu Empfehlungen.

Alle im Bereich „Neue Versorgungsformen“ geförderten Projekte werden nach Abschluss vom Innovationsausschuss des G-BA daraufhin geprüft, ob die dort erprobte Innovation in die Versorgung überführt werden kann und sollte. Wenn der Innovationsausschuss zu diesem Schluss kommt, formuliert er dies in einem öffentlich einsehbaren Beschluss und bestimmt themenabhängig die Auswahl der für den Transferprozess angesprochenen Institutionen und Organisationen („Adressaten“). Diese erhalten den Ergebnisbericht des betreffenden Projektes mit der Bitte, diesen zu prüfen und im Rahmen ihrer Fachperspektive eine Empfehlung abzugeben. Diese Kontaktaufnahmen werden seitens des Innovationsausschusses mit einem Arbeitsauftrag versehen. Diese Aufträge betreffen bspw. eine Prüfung, ob Ansätze der neuen Versorgungsform sinnvoll in Vertragsvereinbarungen und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung umgesetzt werden können. Die Rückmeldungen werden nur dann veröffentlicht, wenn die angeschriebene Institution der Veröffentlichung zustimmt. Nur in diesen Fällen wird Transparenz für die Projektdurchführenden und die Fachöffentlichkeit hergestellt.

Für die nachfolgende Analyse wurden daher zusätzlich zu den Einträgen in der Datenbank des DNVF die Berichte des G-BA zu den einzelnen Adressaten der Transferempfehlungen und deren Rückmeldungen recherchiert. In diesen Berichten sind auch Angaben zu den ggfs. erfolgten Schritten in Richtung Transfer und deren Ergebnisse enthalten (siehe [Abb. 1]).

Zoom Image
Abb. 1 Schematische Darstellung der Durchführung von Innovationsfondsprojekten (Innovationsausschuss, IA).

Die Ergebnisse der oben beschriebenen Analyse wurden mit den Mitgliedern der Ad-hoc-Kommission Innovationsfonds, ausgewählten Expert:innen der Versorgungsforschung sowie Vertreter:innen von Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Rahmen mehrerer Expert:innenworkshops diskutiert. Das Fazit und die Ableitungen aus der Diskussion wurden in die Empfehlungen dieses Positionspapiers aufgenommen.


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Ergebnisse

Insgesamt lagen zum Stichtag 01.08.2023 die Ergebnisberichte von 57 der 211 geförderten NVF-Projekte vor; darunter hatten 40 keine Förderempfehlung erhalten. In der hier vorliegenden Analyse konnten 17 Projekte im Bereich Neue Versorgungsformen mit Förderempfehlung des Innovationsausschusses ausgewertet werden. Zu diesen Projekten wurden insgesamt 431 Adressaten angeschrieben, die der Innovationsausschuss im Kontext des Projektes als relevant für den Praxistransfer identifizierte. Insgesamt gingen bis zum Stichtag 57 Rückmeldungen beim Innovationsausschuss ein. Von einigen Projekten lagen zum Stichtag noch keine Rückmeldungen vor. [Tab. 1] fasst die 17 Projekte nach Themenfeld und Förderwelle gegliedert zusammen und gibt einen Überblick über den Zeitabstand zwischen dem Eingang der Projektberichte und dem Versand der Förderempfehlungen durch den Innovationsfonds.[1]

Tab. 1 Vom Innovationsausschuss für die Regelversorgung empfohlene Projekte der Neuen Versorgungsformen (Zuordnung nach Themenfeld durch die Autor:innen, innerhalb der Themenfelder sortiert nach Alphabet; Stand 01. August 2023).

Akronym

Projekttitel

Projektbeginn – Ende

FW*

Laufzeit in Monaten

Beschluss-datum

Zeit zwischen Projektende und Beschlussdatum der Transferempfehlung in Monaten

Modellprojekte zur Arzneimitteltherapie sowie Arzneimitteltherapiesicherheit

AdAM

Anwendung digital-gestütztes Arzneimitteltherapie- und Versorgungs-Management

01.01.2017–30.06.2021

1

54

22.02.2023

20

Arena

Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden

01.01.2017–30.09.2020

1

45

16.02.2022

17

RESIST

Resistenzvermeidung durch adäquaten Antibiotikaeinsatz bei akuten Atemwegserkrankungen

01.12.2016–01.04.2020

1

40

16.04.2021

13

Versorgungsmodelle für spezielle Patientengruppen

CoCare

Erweiterte koordinierte ärztliche Pflegeheimversorgung

01.04.2017–31.03.2021

1

48

12.05.2022

14

TRANSLATE-NAMSE

Verbesserung der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen durch Umsetzung von im nationalen Aktionsplan (NAMSE) konsentierten Maßnahmen

01.04.2017–30.09.2020

1

42

01.04.2022

18

Versorgungsmodelle in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten

IgiB-StimMT

Strukturmigration im Mittelbereich Templin

01.01.2017–31.12.2020

1

48

01.04.2022

15

LandRettung

Zukunftsfeste notfallmedizinische Neuausrichtung eines Landkreises

15.12.2016–14.03.2020

1

36

01.07.2021

16

Versorgungsmodelle unter Nutzung von Telemedizin, Telematik und E-Health

ERIC

Enhanced Recovery after Intensive Care

01.05.2017–31.12.2020

1

44

21.01.2022

13

Rise-uP

Rücken innovative Schmerztherapie mit e-Health für unsere Patienten

01.04.2017–31.03.2021

1

48

24.06.2022

15

Telenotarzt Bayern

Pilotprojekt zur telemedizinischen Unterstützung der Notfallversorgung im Rettungsdienst einer ländlich strukturierten Region

15.12.2016–15.09.2019

1

33

18.12.2020

15

Telnet@NRW

Telemedizinisches, intersektorales Netzwerk als neue digitale Struktur zur messbaren Verbesserung der wohnortnahen Gesundheitsversorgung

01.02.2017–01.03.2020

1

38

16.04.2021

14

Verbesserung der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten und Förderung der Gesundheitskompetenz

MAKING SDM A REALITY

Vollimplementierung von Shared Decision Making im Krankenhaus

01.10.2017–30.09.2021

2

48

23.02.2023

17

PASTA

Patientenbriefe nach stationären Aufenthalten

01.07.2017–31.12.2020

2

42

21.01.2022

13

pAVK-TeGeCoach

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Gesundheitscoaching und telemetrisch unterstütztes Gehtraining zur Steigerung der Lebensqualität

01.09.2017–31.08.2021

2

45

24.01.2023

17

Themenoffen

FARKOR

Vorsorge bei familiärem Risiko für das kolorektale Karzinom (KRK)

01.10.2017–30.09.2021

2

48

23.02.2023

17

INVEST Billstedt/Horn

Hamburg Billstedt/Horn als Prototyp für eine Integrierte gesundheitliche Vollversorgung in deprivierten großstädtischen Regionen

01.01.2017–30.09.2020

1

45

16.02.2022

17

SCHMERZ-NETZ

Kinderschmerztherapie vernetzt: Sozialmedizinische Nachsorge für schwer chronifizierte pädiatrische Schmerzpatienten

01.04.2018–30.09.2021

3

42

24.01.2023

16

*FW+=+Förderwelle.

Bezogen auf die veröffentlichte Projektlaufzeit betrug die Zeitdauer von Projektende bis zum Beschlussdatum der Transferempfehlung im Median 15 Monate (Minimum: 13 Monate; Maximum: 20 Monate). Dabei zeigt sich zunächst kein Zusammenhang hinsichtlich der Anzahl der angesprochenen Institutionen und Organisationen, dem Themenfeld oder anderen möglichen assoziierbaren Parametern.

[Tab. 2] zeigt, dass in Bezug auf die 17 Projekte mit insgesamt 431 Schreiben eine Vielzahl von Akteuren des Gesundheits- und Sozialwesens bereits um Stellungnahmen bzw. Kenntnisnahmen bzgl. des Transfers von Projekten in die Versorgung gebeten wurden. Neben dem G-BA inkl. seiner Unterausschüssen, dem BMG, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurden einzelne Landes-KVen ebenso wie thematisch einschlägige Fachgesellschaften adressiert. Häufig stehen diese Institutionen und Organisationen in Abhängigkeit zueinander bzw. sind den Organisationsstrukturen einer dem BMG nachgeordneten Behörde zuzuordnen. Nicht regelhaft wird bei Ansprache einer regionalen KV auch die KBV angesprochen oder wird die AWMF einbezogen, wenn einzelne Fachgesellschaften adressiert werden.

Tab. 2 Häufigkeit der Adressat:innen je Institutionen nach Empfehlungen des G-BA bzgl. erfolgreicher Projekte des Innovationsfonds (Stand August 2023)

Projekte

Adressat:innen*

BMG, nachgeordnete Behörden, Institute

Ministerien der Bundesländer u/o GMK

G-BA u/o Trägerorganisationen

Bundesärztekammer

Vertragspartner d. Selbstverwaltung a. Bundes- u. Länderebene

Medizinische, pflegerische Fachgesellschaften, AWMF

Sonstige

AdAM

2

1

1

ARena

25

2

23

CoCare

1

1

ERIC

24

1

16

3

3

1

Farkor

11

1

10

IGiB-StimMT

28

1

22

4

1

INVEST Billstedt/Horn

30

1

23

4

2

Land|Rettung

22

17

4

1

MAKING SDM A REALITY

28

2

2

1

23

PASTA

5

4

1

pAVK-TeGeCoach

31

23

6

2

RESIST

121

2

119

Rise-uP

32

23

8

1

SCHMERZ-NETZ

10

1

1

6

1

1

Telenotarzt Bayern

22

17

4

1

Telnet@NRW

21

1

16

4

Translate NAMSE

18

2

4

7

2

3

Summe

431

13

111

29

1

227

38

12

*Aufforderung zur Stellungnahme oder Kenntnisnahme/Information.

Die Auswahl der angeschriebenen Institutionen und Organisationen scheint keinem nach außen hin sichtbaren regelhaften Verfahren zu unterliegen (siehe [Tab. 2]). Zu den nachgeordneten Institutionen des BMG gehören die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BzGA) und das Robert Koch-Institut (RKI), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Die angeschriebenen Ministerien der Bundesländer entsprachen der Anzahl der Bundesländer, außer wenn die Gesundheitsministerkonferenz zusätzlich angefragt worden ist oder Gesundheits- und Sozialministerium in zwei Ministerien getrennt sind. Zu den Unterausschüssen des G-BA gehören diejenigen für Qualitätssicherung, Methodenbewertung sowie für die spezialärztliche Versorgung.

Bei der Betrachtung der vom Innovationsausschuss ausgewählten Adressaten fällt auf, dass nur bei wenigen Projekten eine fachliche Expertise von Seiten einer Fachgesellschaft bzw. der AWMF herangezogen wurde. So wurden bei den bisher zum Transfer empfohlenen Projekten im Themenfeld „Versorgungsmodelle unter Nutzung von Telemedizin, Telematik und E-Health“ die Ergebnisse zur Kenntnis an verschiedene Fachgesellschaften weitergeleitet, die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin wurde jedoch nur in zwei von vier empfohlenen Projekten informiert. Exemplarisch sei auf das Projekt CoCare hingewiesen. Hier erfolgte eine Weiterleitung der Projektergebnisse an das BMG mit der Bitte um Entwicklung entsprechender gesetzgeberischer Verfahren, jedoch erfolgt keine weitere Aufforderung zur Weiterleitung oder Information an entsprechende Fachverbände, Pflegekammern oder auch die Bundesärztekammer. Auch das hier nur ein Adressat – das BMG – gewählt wurde, unterscheidet dieses Verfahren von den übrigen.

Während [Tab. 2] die Anfragen pro Projekt aufzeigt, zeigt [Tab. 3] die kumulierte Anzahl der Anfragen auf Ebene der Institutionen in Hinblick auf eine öffentliche Rückantwort, eine fehlenden bzw. nicht öffentlichen Rückantwort, den Anteil der Rückantworten sowie die durchschnittliche Anzahl an Tagen bis zu Antworten der jeweiligen Adressatengruppe. Deutliche Unterschiede zeigten sich in der Antwortquote. Während ein Drittel der Anfragen an den G-BA und die Trägerorganisationen beantwortet wurde (31%), wurde nur knapp jede fünfte Anfrage an die Bundesländer (18%) und an die Fachgesellschaften (18%) beantwortet. Weniger als jede zehnte Anfrage an das BMG (8%), Vertragspartner der Selbstverwaltung auf Bundes- oder Länderebene (6%) sowie an die Bundesärztekammer (0%) wurde beantwortet.

Tab. 3 Rückmeldung nach Adressaten, Antwortquote und Zeitdauer in Tagen.

Anzahl Adressaten

Anzahl Rückantwort/en

Antwort-quote (%)

Zeitdauer bis Antwort, Tage (m)

BMG und nachgeordnete Behörden oder Institute

13

1

8

53

Ministerien der Bundesländer und/oder GMK

111

20

18

77

G-BA und/oder Trägerorganisationen

29

9

31

101

Bundesärztekammer

1

0

0

Vertragspartner der Selbstverwaltung auf Bundes- und Länderebene

227

13

6

61

Medizinische und pflegerische Fachgesellschaften, AWMF

38

7

18

41

Sonstige

12

7

58

42

Summe

431

57

13

61

m+=+Median pro Zeile.

Von vielen der angefragten Institutionen sowie Organisationen wurden Antworten bisher nicht veröffentlicht. Dies kann daran liegen, dass diese Adressaten noch nicht geantwortet haben, oder dass sie einer Veröffentlichung ihrer Antworten nicht zugestimmt haben. Dies gilt z. B. auch für das BMG, von dem keine Antworten in den veröffentlichten Berichten verzeichnet sind, obwohl bei sieben Projekten um eine fachliche Einschätzung gebeten worden war. Auch die angefragten Ausschüsse des G-BA antworteten bisher nur bei sehr wenigen Projekten, selbst wenn bundesweit relevante Aspekte angesprochen wurden, die unmittelbar in die Zuständigkeit der angeschriebenen Unterausschüsse fallen (z. B. Bedarfsplanung oder Qualitätssicherung). Ähnlich sieht es bei Anfragen an den GKV-Spitzenverband aus: Dieser wurde für die Projekte Schmerz-Netz, PASTA, Translate NAMSE, Telnet@NRW, INVEST Billstedt/Horn, IGiB-StimMT, RESIST und ERIC um eine Einschätzung gebeten, eine Rückmeldung ist in den Berichten des G-BA bisher nur für INVEST Billstedt/Horn dokumentiert. In einem Fall wurde die Konsortialführung des Projektes (was hab‘ ich? GmbH) selbst um eine fachliche Einschätzung bzgl. des Weiterentwicklungspotentials ihres Produktes gebeten.

Die einzelnen Rückmeldungen wiesen zwischen den Adressaten durch deren sehr unterschiedliche Zuständigkeiten (z. B. regional, landesbezogen, bundesweit) und Rechtsgrundlagen eine sehr große Heterogenität auf. Der G-BA macht keine Vorgaben, wie und in welcher Tiefe eine Rückmeldung erfolgen soll. Die verschiedenen Rückmeldungen zu einem Projekt unterschieden sich deshalb häufig deutlich in Bezug auf ihre inhaltliche Tiefe, und hinsichtlich der ggfs. erwähnten Querverbindungen zu thematisch ähnlichen Projekten, die z. B. in anderen Regionen durchgeführt werden oder verwandte Themen in anderen Themenfeldern behandeln.

Bei der inhaltlichen Betrachtung der Antworten zeigten sich auch innerhalb eines Adressatenkreises widersprüchliche oder nur den unmittelbar eigenen regionalen Wirkungsbereich betreffende Rückmeldungen [Tab. 4] führt hierzu Beispiele auf. Die Landessichtweise wurde bei Rückmeldungen verschiedener Landesministerien sehr deutlich, die nur in wenigen Fällen eine bundesweite Sichtweise einnahmen und stattdessen eher die Expertise einer bundesweiten Organisation, wie z. B. des G-BA, einforderten.

Tab. 4 Ausgewählte Antworten angeschriebener Institutionen zu Projekten der Neuen Versorgungsformen.

Auftrag des Innovationsausschusses

Ergebnisse (Auszug aus den Rückmeldungen)

Rückmeldung, Kommentar des DNVF

Arena: Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden

Die genannten Institutionen [KV] werden gebeten, basierend auf den Erkenntnissen des Projekts zu prüfen, ob Ansätze der neuen Versorgungsform sinnvoll in Vertragsvereinbarungen und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung umgesetzt werden können

„Auswertungen des ZI zeigen kein Problem“….

Die Kassenärztlichen Vereinigungen antworten in unterschiedliche Richtungen, indem sie zum Beispiel einen den Umsetzungsantrag ablehnen, in Teilen annehmen oder auch andere Vorschläge formulieren. Ebenfalls werden andere Institutionen in die Pflicht genommen. In den Rückmeldungen werden auch unterschiedliche Umsetzungsmodalitäten und Detailtiefen benannt

„Teilnahme an Online-Schulungen und Qualitätszirkel positiv bei entsprechenden Wirtschaftlichkeitsziele und Bewertungen in den regionalen Verträgen [….] Berücksichtigung finden“.

  1. Themensetzung in der Schulung der Qualitätszirkelmoderatoren

  2. Zentraler Aufbau von Feedbackberichten mit Verknüpfung von Verordnungs- und Diagnosedaten

  3. Angebot, die Daten [….] in Qualitätszirkeln zu nutzen

  4. Erfolgsabhängige Vergütung“

„Umsetzung des Projektes auf Landesebene stehen wir eher kritisch gegenüber. Daher wäre für uns eine Umsetzung auf Bundesebene die geeignete Vorgehensweise. Der kontaktabhängige patientenbezogene Mehraufwand des Arztes/der Ärztin könnte mit einer Pauschale je Quartal im EBM abgebildet werden. Denkbar wäre, die Leistung auf Patient:innen mit bestimmten ICD (z. B. Atemwegsinfekte, Otitis media) zu beschränken“.

LandRettung: Zukunftsfeste notfallmedizinische Neuausrichtung eines Landkreises

Die Ministerien werden gebeten, auf Basis der Erkenntnisse aus dem Projekt zu prüfen, ob die Etablierung von Ansätzen der neuen Versorgungsform zur Optimierung der Notfallrettung in einem ländlich strukturierten Versorgungsgebiet im jeweiligen Bundesland sinnvoll ist

„Stärkung der Laienreanimation, die Einführung einer Smartphone-basierten Ersthelfer-App, die Etablierung einer Telenotarzt- Anwendung sowie eine bessere Verzahnung zwischen Rettungsdienst und Kassenärztlichem Bereitschaftsdienst werden auch von der XXX Feuerwehr vorangetrieben. Diese ist ebenfalls der Auffassung, dass das Telenotarztsystem, die Laienschulungen und die Ersthelfer-App das Potenzial besitzen, die Notfallrettung sinnvoll zu ergänzen“.

Obgleich in diesem Auftrag, die Ministerien angesprochen werden, mit dem Schwerpunkt des Transfers für ländliche Regionen, antworten auch Stadtstaaten, die jedoch nicht auf Flächenstaaten abstrahieren. Die eigentliche föderale Zuständigkeit auf Länderebene wird auf die Bundesebene verschoben.

„Während die derzeit laufenden Projekte als Pilotprojekte gefasst sind, ist für eine dauerhafte landesweite Anwendung sicherlich eine gesetzliche Grundlage notwendig. Eine bundesweite Einigung auf ein Telenotarztsystem erscheint mir unwahrscheinlich. Daher ist es für mich von zentraler Bedeutung, dass die Systeme nicht geschlossen strukturiert sind, sondern eine hinreichende Offenheit aufweisen“.

„die Umsetzung aller vier Säulen […] positiv eingeschätzt werden. Diese haben ·dazu geführt, dass in ### und ### ein flächendeckender Ausbau des Telenotarztsystems erfolgt. […] sollte dabei berücksichtigt werden, dass verschiedene Kassenärztliche Vereinigungen aktuell die IT-technischen Grundlagen für eine Schnittstelle zu den Anwendungen der Rettungsleitstellen schaffen. Wir regen daher an, dass der G-BA dies bei einer Überführung der Projektinhalte in die Regelversorgung aufgreift“.

Rise-uP: Rücken innovative Schmerztherapie mit e-Health für unsere Patienten

Zur Kenntnisnahme (Fachgesellschaften)

Ob sich die Nutzung einer Rücken-App auch in Anbetracht der Interventionskosten für die Aufrechterhaltung eines gesundheitsorientierten Bewegungsverhaltens lohnt, sollte weiter kritisch überprüft werden.

Fachgesellschaften stellen den Kontext zur Versorgung her und äußern sich aus der Perspektive der Praxis. Sie nehmen Stellung aus dem Unverständnis der Entscheidung heraus.

Aus den oben genannten Gründen ist es für uns aus fachlicher und wissenschaftlicher Sicht völlig unverständlich, warum in einer Regelversorgung gezielt auf eine verringerte Verordnung von Physiotherapie eingewirkt werden sollte, obwohl diese als leitliniengerecht und auch in der Ärzteschaft als auch bei den Patienten als wirksames und angesehenes Mittel eingestuft wird.


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Diskussion

Dieses Positionspapier adressiert die Einleitung der Transferphase des Innovationsfonds (vgl. [Abb. 1]) bei Projekten mit Transferempfehlung. Die dauerhafte Aufnahme von über die bisherige Regelversorgung hinausgehenden NVF-Projekte, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben, ist laut § 92a SGB V das übergeordnete Ziel des Innovationsfonds. Der Prozess zur Überführung von erfolgreich evaluierten Projekten der NVF in die praktische Versorgung beginnt bislang mit einer entsprechend positiv formulierten Empfehlung des Innovationsausschusses. Dieser identifiziert anschließend die für einen Transfer relevanten Institutionen und Organisationen und schreibt diese an. Aufgrund der Komplexität in den Zuständigkeiten des Gesundheitssystems bei der Gestaltung der Regelversorgung ergibt sich je nach NVF eine mehr oder weniger breite Adressatengruppe. Aufgrund der fehlenden Regelungskompetenz des Innovationsausschusses haben die Anschreiben informierenden bis appellativen Charakter, enthalten konkrete Fragen und teilweise auch spezifische Arbeitsaufgaben.

Mit der (Nicht-)Antwort der angeschriebenen Institutionen und Fachgesellschaften bricht der angestoßene Transferprozess bisher ab. Es ist unklar, wie damit umgegangen wird, wenn die angesprochenen Adressaten keine Rückmeldung geben. Ebenfalls gibt es zudem keinen ersichtlichen Prozess, wie die Synthese aus unterschiedlichen eingegangenen Stellungnahmen erfolgt. Im nächsten Schritt ist nicht geregelt, welche Handlungen die Rückmeldungen nach sich ziehen und wer im Einzelfall dafür verantwortlich ist. Kritisch kann hier angemerkt werden, dass die Prüfung durch den Innovationsausschuss zwar teilweise auch den rechtlichen Pfad aufzeigt, jedoch die Verbindlichkeit für eine reale Umsetzung durch die Adressaten fehlt. Der G-BA sieht folglich seine Aufgabe primär nicht bei der Überführung, sondern in der Empfehlung bzw. „Impulssetzung“ zur Überführung.

Der sich dann anschließende für die tatsächliche Umsetzung notwendige Prozess wird derzeit nicht vom Innovationsausschuss des G-BA oder einer anderen öffentlichen Institution mit „Durchsetzungsbefugnis“ moderiert, auch sind weder die genauen Wege noch zeitliche Vorgaben bekannt. Darüber hinaus sind die Kommunikationswege unklar bzw. nicht öffentlich dokumentiert (z. B. Ansprechpartner des G-BA bei entsprechenden Institutionen).

Aus Sicht des DNVF liegt das Kernproblem des Innovationsfonds in dem aktuell nicht ausreichend definierten und strukturierten Prozess des Übergangs von erfolgreich evaluierten innovativen Versorgungsmodellen in die Regelversorgung. Diese Limitation betrifft in erster Linie die Projekte der Neuen Versorgungsformen, grundsätzlich aber auch die Ergebnisse der zum Transfer empfohlenen Projekte in der Förderlinie Versorgungsforschung. Folglich sollte der Innovationsausschuss einen weitergehenden (gesetzlichen) Auftrag erhalten, die Umsetzung der Ergebnisse der Rückmeldungen zu moderieren und weiter zu verfolgen.


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Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Innovationsfonds

Gegenwärtig bestehen erhebliche strukturelle Barrieren im Hinblick auf eine Überführung von erfolgreich evaluierten Projekten aus dem Förderbereich NVF des G-BA Innovationsfonds in die praktische Versorgung. Es fehlen einheitliche rechtliche Regelungen für die Zulassung innovativer Versorgungsmodelle in der Regelversorgung.

  • Möglichen Transfer per Letter of Intent absichern:

    Bei der Projektantragstellung sollte zwingend schon der mögliche Transfer mit den entsprechenden Beteiligten (siehe [Tab 2]) mitgedacht und vorgeschlagen werden. Das seit 2021 eingeführte 2-stufige Antragsvorhaben bietet dazu den zeitlichen und finanziellen Rahmen, um in der Phase des Vollantrages die notwendigen Schritte einzuleiten. Dies könnte im besten Falle ähnlich wie im bisherigen Antragsvorhaben mit einem Letter of Intent (LOI) der Institutionen erfolgen, die für einen späteren Transfer in die Regelversorgung regelungskompent sind und für beide Seiten Planungssicherheit geben. Für den Innovationsfonds, bei dem es im Unterschied zu anderen öffentlich geförderten Forschungsprojekten (z. B. durch die DFG) nicht primär um einen Erkenntnisgewinn geht, ist für die möglichst nutzbringende Verwendung der Fördergelder entscheidend, ob es bei positivem Projektergebnis eine Chance für die Überführung der untersuchten Intervention in die Regelversorgung gibt. Das grundsätzliche Interesse zur Änderung der Regelversorgung im untersuchten Bereich sollte deshalb für die in juristischem Sinne regelungskompetenten Institutionen bereits vor Projektbeginn vorliegen.

  • Veröffentlichungspflicht aller Rückmeldungen:

    Für die Weiterentwicklung des Innovationsfonds empfehlen wir eine Veröffentlichungspflicht aller Rückmeldungen auf die Anfragen des Innovationsausschusses an die jeweiligen Adressaten, die bspw. auf der Homepage des Innovationsausschusses erfolgen könnte. Allerdings sollte die momentan freie Rückmeldung zukünftig so strukturiert werden, dass adressatenübergreifende Schlussfolgerungen durch den Innovationsausschuss klarer erfolgen und an die entsprechenden Umsetzungsverantwortlichen herangetragen werden können. Es sollten Zeithorizonte für den Eingang der Rückmeldung festgelegt werden sowie die einzelnen Rückmeldungen mit einer Datumsangabe versehen werden. Die derzeitige Durchführung erweckt nicht den Eindruck, die notwendige Transparenz der Rückmeldungen umfänglich zu gewährleisten. Es ist vielmehr anzunehmen, dass wichtige Rückmeldungen nicht der (Fach) Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Rückmeldungen sind aber nicht nur für die Projektdurchführenden von Bedeutung, sondern können auch eine wertvolle Unterstützung für zukünftige Forschungsvorhaben darstellen. Die erhaltenen Rückmeldungen sollten in strukturierten Abläufen wie moderierten Workshops zusammengetragen und zusammen mit allen Beteiligten erörtert werden. Das Ziel dieses Vorgehens wäre optimalerweise die Entwicklung eines Umsetzungsplanes für das jeweilige Projekt. Ein derartiges Verfahren könnte in der Verantwortung des DNVF liegen.

  • Regelungsdefizit überwinden:

    Letztendlich zeigt sich im bisherigen Verfahren ein relevantes Regelungsdefizit des Innovationsfonds, welches den Erfolg dieses Förderinstruments bisher limitiert und die Umsetzung von dringend notwendigen Verbesserungen im Gesundheitssystem langfristig gefährdet. Während die Zulassung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte gesetzlich detailliert und verbindlich geregelt ist, existiert bisher für innovative Versorgungsmodelle kein strukturiertes Verfahren, mit dem diese in die Regelversorgung überführt werden können. Deshalb sind weder der Innovationsausschuss noch der G-BA dafür verantwortlich, dass bisher von den Projekten mit Transferempfehlung nur einzelne Ausnahmen in der praktischen Versorgung angekommen sind. Gleichzeitig müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den Innovationsfonds weiterzuentwickeln.

    Den komplexen Regelungszuständigkeiten im Gesundheitswesen ist es mutmaßlich geschuldet, dass häufig Selektivverträge erklärtes Ziel von Innovationsfondsprojekten sind. Diese können von einzelnen Krankenkassen geschlossen werden und stellen so eine Brücke für die Übernahme von NVF über die Projektlaufzeit hinaus dar. Selektivverträge sind jedoch ein Instrument des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen und daher nach unserer Auffassung nicht das, was mit Regelversorgung gemeint sein sollte. Regelversorgung ist nach Auffassung des DNVF eine Versorgung, die grundsätzlich allen Versicherten unabhängig von ihrer Kassenzugehörigkeit offensteht. In der Regel sollten erfolgreich evaluierte NVF-Projekte deshalb in den Kollektivvertrag übernommen werden. Diese Übernahme muss nicht unbedingt bereits initial bundesweit erfolgen (vgl. Berger et al, 2020 [19]). In Fällen, in denen eine NVF starke regionale Dimensionen hat und/oder die Evidenz noch nicht ausreichend für eine bundesweite Einführung ist, können diese Projekte auch zunächst regional implementiert werden. Wir empfehlen dazu eine neue gesetzliche Regelung zur Weiterentwicklung der derzeitigen Selektivvertragsregelung hin zu einem „regionalen Kollektivvertrag“, bei dem ein Kontrahierungszwang für alle Krankenkassen besteht, sofern mindestens zwei Krankenkassen, die zusammen mindestens 40 Prozent der Versicherten repräsentieren, einer Überführung der NVF in die (regionale) Regelversorgung zustimmen. Dabei müssen die teilweise erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen angemessen berücksichtigt werden. In einem solchen regionalen Kollektivertrag müssten dazu unter anderem die folgenden Aspekte geregelt sein: Zugänglichkeit, Regionalität (im Sinne von Gesundheitsregionen) und Auswirkungen auf die Finanzierung der Krankenkassen (Zu- und Abschläge). Dieser regionale Transfer sollte begleitend evaluiert werden, um weitere Evidenz für die Sinnhaftigkeit und den Effekt der NVF im Kontext der regionalen Versorgung zu schaffen. Dies ist auch aus wissenschaftlicher Sicht erforderlich, weil durch die so vorgenommene Replikation der Ergebnisse aus einem Innovationsfonds-Projekt eine Übernahme in die bundesweite Regelversorgung wissenschaftlich besser belegt werden könnte. Ein solcher „regionaler Transfer“ wäre aus unserer Sicht ein guter Zwischenschritt vor Übernahme der NVF in die bundesweite Regelversorgung im Sinne eines Kollektivvertrags (siehe [Abb. 2]). Dabei ist im Einzelfall (z. B. mehrere regionale Kollektivverträge für ein Innovationsfondsprojekt) zu prüfen, ob alle regionalen Kollektivverträge evaluiert werden müssen, um den Aufwand handhabbar zu halten.

    In der Betrachtung des DNVF ist die Definition der Regelversorgung in der Vergangenheit nicht einheitlich und klar genug erfolgt, sodass bundesweit gegenwärtig keine Einigkeit darüber besteht, was konkret Regelversorgung bezogen auf die im Innovationsfonds getesteten neuen Versorgungsformen bedeutet. Für die Überführung einer neuen Versorgungsform in die praktische Versorgung ist dies ein Nachteil. Aus Sicht des DNVF sind für die Überführung in die Regelversorgung Kollektivverträge als Goldstandard zu sehen. Abschlüsse mit Selektivverträgen können ggfs. auch als gelungener Transfer bezeichnet werden, da diese mindestens bestimmten Gruppen von Patient:innen die Versorgungsoption ermöglichen. Bei dem oben skizzierten Weg (vgl. [Abb. 2]) sind mögliche Zwischenschritte aufgeführt.

  • Implementierungsphase finanzieren:

    Dieser Weg würde sich vom heutigen Zustand unterscheiden, denn bei vielen NVF-Projekten stehen mit dem Abschluss keine weiterführenden Verträge fest, sondern bleiben wesentliche Fragen hinsichtlich deren Implementierung offen. Die Verantwortung der weiterführenden Finanzierung kann und darf hier nicht allein bei einzelnen Fördernehmer:innen und Projektkonsortien liegen. In dieser Phase läuft die Finanzierung der Projekte aus, Projektmitarbeitende können nicht weiterfinanziert werden, bereits bestehende Kooperationen zwischen Forschungs- und Praxiseinrichtungen brechen ab und Netzwerkstrukturen und Infrastrukturbereiche, die im Rahmen von wissenschaftlichen Projekten etabliert worden sind, z. B. Qualitätszirkel, Patient:innen- und Erfahrenenbeiräte oder weitere Netzwerkstrukturen, können nur schwerlich oder gar nicht aufrechterhalten werden. Förderempfänger:innen verwenden gegenwärtig viel Zeit und Energie auf einen gezielten Wissenstransfer mit Organisationen und Institutionen in der Versorgung, um noch während der geförderten Projektlaufzeiten die spätere Übertragung in die Regelversorgung zu unterstützen. Eine fundierte und detaillierte Planung zum Transfer in die Regelversorgung ist von den Projektkonsortien im laufenden Projektzeitraum aber nicht zu leisten.

    Bei positiver Transferempfehlung sollte deshalb mit Beendigung des Projektes die weitere Förderung einer Implementierungsphase ermöglicht werden, in der bestehende konkrete Fragestellungen mit Bedeutung für den Transfer angemessen untersucht und beantwortet werden können. Die gesetzlichen Krankenversicherungen, deren Vertreter sich teilweise gegen die „Notwendigkeit oder Praktikabilität einer Übergangsfinanzierung“ positionieren [10], sollten aus Sicht des DNVF gerade in die Pflicht genommen werden, kontinuierlich und bundesweit koordiniert mit dem Innovationsausschuss über Vertragskonstrukte zu diskutieren, um geeignete Modelle zur Umsetzungsreife zu bringen. Der Regelfall sollte dabei sein, dass von einer neuen Versorgungsform alle gesetzlich Versicherten profitieren.

    Die Auswahl der Projekte, für die eine Übergangsfinanzierung notwendig ist, sollte in der Verantwortung des Innovationsausschusses liegen, wobei die Güte der Evaluation und die Qualität der erzielten Ergebnisse als maßgebliche Kriterien herangezogen werden. In der Implementierungsphase sollte in Verantwortung des Innovationsausschusses der für das spezifische Projekt jeweils geeignete Weg der Übertragung in die praktische Versorgung identifiziert werden und alle noch fehlenden Voraussetzungen für den konkreten Transfer geschaffen werden.

  • Erkenntnisse aus verschiedenen Projekten zusammenführen:

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Abb. 2 Möglicher Ablauf einer Übertragung von Projekten in die bundesweite Regelversorgung.

Die wissenschaftlich geleitete Auswahl der Projekte und Bewertung der in Einzelprojekten generierten Evidenz durch Empfehlungen weist darauf hin, dass der Innovationsfonds prinzipiell eine wissenschaftlich fundierte Evidenzbasierung vertritt. Damit würden vergleichbar hohe wissenschaftliche Standards wie bei der Zulassung von neuen Arzneimitteln und Medizinprodukten gesetzt, mit einem gesetzlich geregelten Weg in die Regelversorgung, mit einem klaren Ablauf, z. B. die Durchführung randomisierter kontrollierter Studien in verschiedenen Populationen mit entsprechenden Fragestellungen. Allerdings sind die Kriterien der Bewertung von Evidenz bei sehr versorgungsnahen Projekten andere als bei klinischen Studien. Versorgungsforschung ist intra- und interdisziplinär angelegt und die angewandten Methoden und Interventionen sind dementsprechend komplex [12].

Verschiedene theoretische Frameworks, wie z. B. Weiterentwicklungen des Medical Research Council Framework [13] [14] für die Evaluation und Implementierung von komplexen Interventionen, weisen darauf hin, dass einzelne Projekte und deren gesundheitsökonomische Evaluationen aufgrund ihrer kontextspezifischen Ausrichtung und projektspezifischen Stakeholder nicht allein hinreichende Evidenz für eine unmittelbare Empfehlung geben können. In der Versorgungsforschung geht es dann um längere Zyklen der „Entwicklung von Evidenz“. Dies bedeutet ganz wesentlich eine Abkehr von der Ansicht, die erforderliche „Evidenz“ für Wirksamkeit und Implementierung könnte stets durch Einzelprojekte erreicht werden. Auch dem Methodenmix, also der Verbindung quantitativer und qualitativer Daten zur Generierung von Evidenz ist Rechnung zu tragen. Dies wurde in entsprechenden Beiträgen aus der Versorgungsforschung methodisch aufgezeigt [12] [15] [17] [17]. Entsprechend sollten auch Projekte im Innovationsfonds förderfähig sein, die Evidenz aus mehreren ähnlichen, bereits abgeschlossenen Projekten zusammenführen und hieraus übergreifende, möglichst bundesweit umsetzbare Versorgungsmodelle entwickeln. Die Finanzierung dieser Projekte muss in der Budgetierung des Innovationsfonds eingeplant werden. In vielen anderen europäischen Ländern gibt es bereits Einrichtungen, bspw. das NICE in UK und das NIVEL in den Niederlanden, die den skizzierten Prozess des Transfers nicht nur begleiten, sondern auch auf einer Metaebene betrachten. In Deutschland existiert bereits eine Vielzahl von Institutionen, sodass wir hier nicht die Einrichtung eines weiteren Instituts empfehlen. Stattdessen sollten sowohl die Zuständigkeit als auch die Kompetenzen einer bereits bestehenden Institution entsprechend erweitert werden.

Die von uns skizzierten Schritte (a-e) sollten durch den Innovationsausschuss bzw. durch den G-BA in einem moderierten Prozess begleitet werden.

Fazit

Die Implementierung des Förderinstruments des Innovationsfonds hat zu einer deutlichen Steigerung der Bedeutung der Versorgungsforschung in Deutschland geführt. Neben der Erlangung fachlicher Expertise konnten auch die akademischen und organisatorischen Strukturen dieser Forschungsrichtung qualifiziert und ausgebaut werden. Die Netzwerke der Versorgungsforschung fungieren an ihren jeweiligen regionalen Standorten als wichtiger Rahmen für die Entwicklung und Fundierung innovativer Versorgungskonzepte. Aufgrund der Vielzahl von Projekten, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachbereichen der Versorgungsforschung geplant und durchgeführt werden, kann der Innovationsfonds als maßgeblicher Motor in unserem Forschungsbereich betrachtet werden. Es wäre wünschenswert, wenn sich dieses zukünftig auch in einer spürbaren Verbesserung der Versorgung von Patient:innen niederschlagen würde.

Das DNVF kann mit seiner wissenschaftlichen Expertise eine Vermittler- und somit auch Schlüsselrolle im Prozess der weiteren Verstetigung des Innovationsfonds und dessen Ausbau zu einem noch wirksameren Instrument der Lösung von Versorgungsproblemen und der Weiterentwicklung und Verbesserung der existierenden Versorgung in Deutschland einnehmen. Die Ad-hoc Kommission Innovationsfonds des DNVF wird sich hier weiter engagieren.


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Interessenkonflikt

CL, MS geben ihre Mitgliedschaft im DNVF an, CL hat Reisekosten von der DKG und DNVF erhalten. MH, JS, WH sind im Vorstand des DNVF und verweisen auf die Darlegung ihrer Interessen (https://www.dnvf.de/über-uns/vorstand.html). TB, LK geben ihre Beschäftigung in der DNVF Geschäftsstelle an. ME, EF-G, MH, HCV, JS und WH geben an, Fördergelder des Innofonds erhalten zu haben. ME gibt eine Kooperation mit der DAK-Gesundheit an. AM ist Mitarbeiter der Techniker Krankenkasse. OS hat Honorare von Novartis erhalten. MG, HH, NvdB, MvK geben keine Interessenskonflikte an.

1 Obgleich die Rückmeldung der Adressaten mit einer Datumsangabe versehen ist, lässt sich auf den Seiten des G-BA nicht erkennen, ob sich das Datum auf den Eingang der Rückmeldung bezieht oder auf das Datum der Veröffentlichung auf der Webseite.


  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Christina Lindemann
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Center for Health Care Research & Public Health
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Germany   

Publication History

Accepted Manuscript online:
16 February 2024

Article published online:
06 May 2024

© 2024. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Abb. 1 Schematische Darstellung der Durchführung von Innovationsfondsprojekten (Innovationsausschuss, IA).
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Abb. 2 Möglicher Ablauf einer Übertragung von Projekten in die bundesweite Regelversorgung.