Diabetologie und Stoffwechsel 2018; 13(S 01): S33
DOI: 10.1055/s-0038-1641853
Poster
Typ-1-Diabetes I – Pädiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Unerklärliche Hyper- und Hypoglykämien als Ausdruck akuter Suizidalität: Fallbericht eines 13-jährigen Mädchens

T von dem Berge
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
,
N Datz
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
,
T Biester
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
,
I Roschatt
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
,
T Danne
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
,
O Kordonouri
1   Kinderkrankenhaus Auf der Bult, Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 April 2018 (online)

 
 

    Einleitung:

    Stoffwechselkrisen mit ausgeprägten, rezidivierenden, scheinbar unerklärlichen Hypo- oder Hyperglykämien sind eine Herausforderung, die immer die Möglichkeit einer Manipulation als Differentialdiagnose in Betracht ziehen sollte. Die Gründe sind vielfältig und reichen von sekundärem Krankheitsgewinn über schwerste Akzeptanzstörungen bis hin zu dysfunktionalen Familienstrukturen. Die Gefahr der rein somatischen Behandlung besteht in der unerkannten Grundproblematik und kann zu lebensgefährlichen Verläufen führen.

    Fallvorstellung:

    Wir berichten über eine 13,5 Jahre alte Patientin mit seit 5 Jahren bestehendem Diabetes mellitus Typ 1 und Insulinpumpentherapie, HbA1c 7,2%. Aufgrund rezidivierender Ketoazidosen erfolgte nach 2 Jahren ein Wechsel des Pumpenmodells mit zeitgleichem Wechsel der diabetologischen Betreuung. Nach zunächst stabiler Stoffwechselsituation kam es weiterhin zu Hyperglykämien. Eine Manipulation konnte anhand der Pumpendaten nachvollzogen werden. Drei Monate später traten rezidivierende Hypoglykämien, einmalig mit Krampfanfall, auf. Durch Insulin- und C-Peptid Bestimmungen, sowie Pumpen- und Sensordaten gelang die Diagnose einer Hypoglycaemia factitia. Erst nach 6-tägigem stationären Aufenthalt und direkter Konfrontation offenbarte die Patientin zusätzliche Insulingaben mit einem Pen in suizidaler Absicht. Die Patientin wurde umgehend in die Kinder- und Jugendpsychiatrie verlegt. Nach drei Wochen erfolgte die Entlassung nach Hause. Der weitere Verlauf bleibt abzuwarten.

    Schlussfolgerungen:

    Schwere rezidivierende, scheinbar unerklärliche Stoffwechselentgleisungen müssen sehr ernst genommen und ursächlich untersucht werden. Die Therapiemanipulation stellt eine wichtige Differentialdiagnose dar. Der retrospektive Nachweis einer Manipulation ist nicht immer einfach. Die Diagnosestellung erfordert Zeit und offene, sensible Gespräche. Ein laborchemischer und technischer „Beweis“ kann bei der Gesprächsführung hilfreich sein. Ziel ist die Selbstoffenbarung des Patienten, um die Basis für eine erfolgreiche soziale und psychotherapeutische Behandlung zu schaffen.


    #