Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e38
DOI: 10.1055/s-0038-1667973
SYMPOSIEN
Aspekte chronischer Erkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie Achtsamkeit, Juckreiz und Gedanken zum Juckreiz zusammenhängen: Eine Fragebogenstudie bei erwachsenen Neurodermitis-Patienten

C Schut
1   Justus-Liebig-Universität, Institut für Med. Psychologie, Gießen, Deutschland
,
K Montgomery
2   University of Sheffield, Department of Psychology, Sheffield, United Kingdom
,
K Lüßmann
1   Justus-Liebig-Universität, Institut für Med. Psychologie, Gießen, Deutschland
,
A Thompson
2   University of Sheffield, Department of Psychology, Sheffield, United Kingdom
,
U Gieler
3   Justus-Liebig-Universität, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Gießen, Deutschland
,
C Zick
4   Rehabilitationszentrum Borkum Riff, Abteilung für Dermatologie, Borkum, Deutschland
,
J Kupfer
1   Justus-Liebig-Universität, Institut für Med. Psychologie, Gießen, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 
 

    Einleitung:

    Neurodermitis (ND)-Patienten gehen unterschiedlich mit ihrem Juckreiz um. Während einige das Symptom bagatellisieren, katastrophisieren andere den Juckreiz. Achtsamkeit ist eine besondere Form der Aufmerksamkeit, auf den gegenwärtigen Moment gerichtet und wertfrei. Bei Patienten mit chronischem Schmerz, welcher viele Gemeinsamkeiten mit chronischem Juckreiz aufweist, konnte ein Zusammenhang zwischen Schmerz-Intensität, Achtsamkeit und Schmerz-Katastrophisierung gezeigt werden. Ziel der aktuellen Studie ist es zu untersuchen, ob auch bei ND-Patienten Juckreiz-Intensität, Achtsamkeit und Juckreiz-Katatstrophisierung signifikant miteinander korrelieren.

    Material & Methoden:

    146 ND-Patienten (55 männlich; Durchschnittsalter: 46,3 ± 12,2 Jahre) füllten während ihres Aufenthalts in der Rehaklinik Borkum Riff den Fragebogen zur umfassenden Erfassung von Achtsamkeit (Comprehensive Inventory of Mindfulness; CHIME) aus. Darüber hinaus wurden die Juckreiz-Intensität mit einer VAS (0 – 10) und Juckreiz-Katastrophisierung mittels des Juckreiz-Kognitions-Fragebogens (JKF) erfasst.

    Ergebnisse:

    Juckreiz-Intensität und Juckreiz-Katastrophisierung waren signifikant positiv miteinander korreliert (r = 0,406; p > 0,001). Die Achtsamkeits-Skalen „Bewusstes Handeln“, „Annehmende, nicht wertende Haltung“ und „Nicht-reaktive, dezentrierte Orientierung“ waren signifikant negativ mit Juckreiz-Katastrophisierung assoziiert (alle p < 0,05). Eine lineare Regressionsanalyse zeigte, dass Juckreiz-Intensität (ß= 0,139) und die Achtsamkeits-Skala „Bewusstes Handeln“ (ß=-0,303) gemeinsam 28,6% der Varianz der Juckreiz-Katastrophisierung aufklärten (F = 29,791; p < 0,001).

    Diskussion:

    Ähnlich wie bei chronischen Schmerzpatienten, ist auch bei ND-Patienten Juckreiz-Katastrophisierung nicht nur mit Juckreiz-Intensität, sondern auch mit bestimmten Facetten der Achtsamkeit assoziiert. Patienten, die angaben, wenig bewusst zu handeln, zeigten mehr negative juckreizbezogene Gedanken als Patienten mit hohen Werten auf dieser Achtsamkeits-Skala.

    Schlussfolgerung:

    Psychologische Interventionen, die darauf abzielen, Achtsamkeit bei ND-Patienten zu steigern, könnten zunächst zu weniger negativen juckreizbezogenen Gedanken führen, was in Folge auch die Juckreiz-Intensität der Patienten reduzieren könnte. Zukünftige RCTs sollten diese Hypothese testen.


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