Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e54
DOI: 10.1055/s-0038-1668019
POSTER
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Förderung von sozialer Teilhabe und Akzeptanz des eignen Lebens bei älteren Menschen – Materialien für Lebensrückblickinterviews

H Kirschner
1   Jena University Hospital, Jena, Deutschland
,
A Zimmermann
2   Jena, Deutschland
,
W Mill
1   Jena University Hospital, Jena, Deutschland
,
B Strauß
1   Jena University Hospital, Jena, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

    Einleitung:

    Im höheren Alter stehen Menschen vor der Aufgabe den Verlauf ihres eigenen Lebens zu akzeptieren, gleichzeitig ist ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert. Beide Aspekte sind wichtige Ressourcen zum Erhalt des psychischen und physischen Wohlergehens. Im Rahmen des Verbundprojektes „VorteilJena“ (Vorbeugen durch Teilhabe; BMBF Fkz. 01KK1401A-C, Laufzeit 10/2014–09/2018) wurde zur Förderung der sozialen Teilhabe sowie des gesundheitlichen Wohlergehens Produkte für den Altersbereich (65+) entwickelt und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert. Als Ergebnis liegt ein niederschwellig anwendbares, evidenzbasiertes Manual samt Gesprächsleitfaden zur selbstständigen Durchführung von Lebensrückblickinterviews vor.

    Material & Methoden:

    Auf Grundlage des entstandenen Manuals und Gesprächsleitfadens zur Durchführung von Lebensrückblickinterviews wurden bei 41 Personen im Alter zwischen 53 bis 98 Jahren (3 × ca. 60 minütige) Lebensrückblickinterviews durchgeführt und evaluiert. Mithilfe eines geschlossenen Ja/Nein Frageformats wurde eine Woche nach dem letzten LRI-Gespräch die Reflexion über sich selbst und das eigene Leben ermittelt. Die Erfahrungen zur sozialen Teilhabe wurden während und nach dem Lebensrückblickinterview durch eine fünfstufige Likert-Skala (von trifft sehr genau zu bis trifft nicht zu) erhoben. Die relativen Antworthäufigkeiten wurden ausgezählt. Die individuelle Wahrnehmung der LRIs wurde zudem durch ein offenes Frageformat erhoben. 12 Kategorien zu zentralen Antwortdimensionen wurden durch zwei unabhängige Beurteilerinnen gebildet und die Nennungen nach ihrer Passung sortiert. Mit einem Krippendorff's Alpha von > 0,8 wiesen alle Kategorien eine hohe Inter-Rater-Übereinstimmung auf.

    Ergebnisse:

    Sowohl die Erfahrungen der Teilnehmer zur Reflexion über sich selbst und das eigene Leben als auch die empfundene Teilhabe während der Lebensrückblickinterviews wurden von der überwiegenden Mehrheit positiv erwähnt. Für insgesamt 97% traf die Aussage „Während des Lebensrückblickinterviews hatte ich das Gefühl, dass sich jemand für mich interessiert“ zu (73% trifft genau zu). 80% der Teilnehmer stimmten der Aussage „Nach dem Lebensrückblickinterview habe ich mir nochmal vermehrt Gedanken über mein Leben gemacht“ mit „Ja“ zu. Die Kategorisierung der offenen Antworten zur individuellen Wahrnehmung der Lebensrückblickinterviews ergab die häufigsten Nennungen in den Kategorien „Zuwendung“ (45%) und „verstärkte Erinnerungsaktivierung“ (46%).

    Diskussion:

    Die Ergebnisse sprechen für einen Einbezug der Lebensrückblickinterviews auf Grundlage des entwickelten Materials in die Praxis der Altenarbeit, um so die soziale Teilhabe und die Akzeptanz des eigenen Lebens zu stärken und damit positiv auf das gesundheitliche Wohlergehen einzuwirken.


    #