Zeitschrift für Palliativmedizin 2018; 19(05): e5
DOI: 10.1055/s-0038-1669222
Vortrag
PS 25 Forschung: 07.09.2018 – 14:00 – 15:30 – Lloyd
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Entstehung einer professionalisierten Fachkultur in der Palliativmedizin – sprachwissenschaftliche Perspektiven

J Peters
1   Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie, Germanistische Sprachwissenschaft, Erlangen, Germany
,
M Heckel
2   Palliativmedizinische Abteilung, Comprehensive Cancer Center CCC Erlangen-EMN, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
,
C Ostgathe
2   Palliativmedizinische Abteilung, Comprehensive Cancer Center CCC Erlangen-EMN, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
,
M Habermann
1   Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie, Germanistische Sprachwissenschaft, Erlangen, Germany
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Publication History

Publication Date:
20 August 2018 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Die moderne Palliativmedizin stellt eine noch relativ junge Disziplin dar, die ein eigenständiges fachliches Profil mit spezifischen Leitkonzepten, Zielen und Werthaltungen entwickelt hat. An Fachpublikationen lässt sich die Entwicklungsgeschichte des Faches, die Ausdifferenzierung zur eigenständigen Disziplin und die Herausbildung eines eigenen „Palliativvokabulars“ nachvollziehen.

    Methoden:

    Auf Basis eines Textkorpus von Artikeln des Deutschen Ärzteblattes 1973 – 2018 (ca. 400.000 Wörter) erfolgte eine qualitative Datenanalyse, die Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der Palliativmedizin in der Humanmedizin zuließ. Mit einem zweiten Textkorpus aus Artikeln der Zeitschrift für Palliativmedizin 2000 – 2017 (ca. 4,5 Millionen Wörter) wurden palliativmedizinische Schlüsselwörter für drei Zeiträume (2000 – 2005; 2006 – 2011; 2011 – 2017) ermittelt. Die Berechnung erfolgte mit log ratio (LR), einem Effektmaß, das in der Sprachdatensoftware CQPweb (v 3.1.7; Hardie 2012) implementiert ist.

    Ergebnisse:

    Es wurden 1492 Artikel analysiert. Erwähnungen der Palliativmedizin traten erst spärlich, seit den 1990er Jahren zunehmend häufiger auf. Das Begriffspaar palliativ-kurativ erscheint als zunehmend von der Palliativmedizin besetzt, es wird funktionalisiert und als sprachliche Wendung verfestigt. Bald darauf wird diese Dichotomie mit Konzepten wie Linderung, Selbstbestimmung, Würde, später auch Begleitung, Einbezug von Angehörigen oder Spiritualität angereichert. Die „Erschaffung“ der Disziplin erfolgt durch die Darstellung der eigenen medizinischen Professionalität, die Reflexion der Fachgeschichte und die Schaffung gemeinsamer Institutionen und Arbeitsfelder.

    Schlussfolgerungen:

    Die Analyse großer Mengen von Fachtexten ermöglicht es, die Entstehung und Ausdifferenzierung der Palliativmedizin anhand von zentralen Konzepten nachzuvollziehen und wissenschaftliche Theorie- und Handlungsprofile des Faches im Wandel der Zeit zu erfassen.


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