Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(01): 97-98
DOI: 10.1055/s-0038-1676890
Wissenschaftliche Sitzung am 19.09.2018
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antenatale Kortikosteroidgabe auch vor 24 Schwangerschaftswochen?

C Bührer
1   Klinik für Neonatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Publication Date:
17 January 2019 (online)

 
 

    Die antenatale Gabe plazentagängiger Kortikosteroide ist mehr als eine fetale Lungenreifung – sie wirkt auf viele unterschiedliche Organsysteme, trägt nachweislich zur Senkung von Mortalität und Morbidität sehr unreifer Frühgeborener bei und ist bei Geburtsmedizinern überaus populär. Mehr als 4% aller in Deutschland geborenen Kinder werden auf diese Weise intrauterin mit Glukokortikosteroiden behandelt (im Durchschnitt 32 – 36 Tage vor der Geburt), bei Frühgeborenen unter 34 Schwangerschaftswochen sind es rund 80%. Die antenatale Glukokortikosteroidgabe in der „Grauzone“ der Lebensfähigkeit, d.h. bei einem Gestationsalter von 22 und 23 Schwangerschaftswochen, ist hingegen umstritten. Sie macht nur Sinn, wenn die Eltern nach entsprechender Aufklärung einen kurativen Behandlungsversuch für ihr Kind wünschen. Aber ist die antenatale Kortikosteroidgabe in dieser frühen Phase auch wirksam? Retrospektive Analysen verschiedener Kohorten aus den USA und Japan zeigen mit einheitlicher Tendenz eine geringere Mortalität, weniger Hirnblutungen und besssere entwicklungsneurologische 2-Jahres-Ergebnisse bei Frühgeborenen unter 24 Schwangerschaftswochen nach antenataler Kortikosteroidgabe, verglichen mit Frühgeborenen, bei denen diese Maßnahme unterblieb. Erfolgt eine antenatale Kortikosteroidgabe vor 24 Schwangerschaftswochen, ohne dass es zunächst zu einer Frühgeburt kommt, kann bei akut drohenden Frühgeburtlichkeitsbestrebungen bis zu einem Gestationsalter von 28 Wochen ggf. eine erneute Gabe erwogen werden, wenn seit der ersten Gaben mehr als 7 – 10 Tage verstrichen sind. Das aus großen Kollektiven errechnete Wirkmaximum liegt ca 16 – 18h nach der ersten intramuskulären Injektion, was die Frage aufwirft, ob es tatsächlich zwei im Abstand von 24h aufeinanderfolgende Gaben sein müssen. Die Beantwortung dieser Frage wäre letztlich nur durch eine prospektive randomisierte Doppelblindstudie möglich, die allerdings mit einen erheblichen finanziellen und logistischem Aufwand verbunden wäre.


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