Gesundheitswesen 2019; 81(03): 257
DOI: 10.1055/s-0039-1679332
Vorträge
Fachausschuss Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitsgefahren durch Hitze nicht unterschätzen! – Hitzeassoziierte Mortalität und Morbidität in Frankfurt am Main, in den Jahren 2014 – 2018

K Steul
1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Infektiologie und Hygiene, Frankfurt am Main
,
L Marscheck
2   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Amtsärztlicher Dienst und humanitäre Sprechstunden, Frankfurt am Main
,
HG Jung
3   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Medizinische Gefahrenabwehr, Frankfurt am Main, Germany
,
U Heudorf
1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Infektiologie und Hygiene, Frankfurt am Main
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Publication Date:
05 April 2019 (online)

 
 

    Hintergrund:

    In Folge der Hitzewelle 2003 wurden in Deutschland ein Hitzewarnsystem und Hitzeaktionspläne etabliert. Die Prävention hitzebedingter Morbidität ist auch eine Aufgabe des öffentlichen Gesundheitswesens. Das Gesundheitsamt Frankfurt am Main analysiert seit 2003 die Auswirkungen der Hitze auf die Sterblichkeit in der Bevölkerung. Seit 2014 besteht in Frankfurt/Main darüber hinaus die Möglichkeit, auch die Krankenhauseinweisungen per Rettungsdiensteinsatz im Hinblick auf hitzeassoziierte Erkrankungen zu betrachten.

    Methode:

    Die Auswertung der (hitze-bedingten) Morbidität erfolgt mit dem Web-basierten IVENA System (www.ivena.de), das minutenaktuell die Einweisungen per Rettungsdiensteinsatz mit Diagnose, incl. weiterer Angaben wie Alter und Geschlecht erfasst und eine (mindestens) tagesaktuelle Auswertung ermöglicht. Die Sterbefälle in Hessen werden wöchentlich an das HLPUG übermittelt und können von dort von den Kommunen abgerufen werden. Aktuelle meteorologische Daten können der Homepage des HLNUG entnommen und tagesaktuell ausgewertet werden. Da einheitliche Definitionen z.B. für den Begriff „Hitzewelle“ fehlen, haben wir Perioden von > 4 aufeinanderfolgende Hitzetage (> 32 °C) definiert (s. auch Steul et al., 2018).

    Ergebnisse:

    In den Sommermonaten (Juni-August) 2014 – 2018 traten nach o.g. Definition in Frankfurt am Main drei „Hitzewellen“ auf (1.-5.7.2015, 24.-28.08.2016 und 24.-28.07.2018). Im Sommer 2018 kam es vom 24.07. bis zum 09.08.2018 zu einer Hitzeperiode von ungewöhnlicher Intensität: an 13 (von 17) Tagen herrschten Maximaltemperaturen von über 32 °C („Hitzetage“), in neun Nächten fielen die Temperaturen nicht unter 20 °C („Tropennächte“), lediglich am 29.07.2018 wurden tags und nachts niedrigere Temperaturen gemessen (und dadurch das Kriterium aufeinanderfolgende Hitzetage unterbrochen).

    Bezogen auf die Zeiten außerhalb der Hitzewellen (2014 – 2018, je Juni-August) ergaben sich für die drei Hitzewellen insgesamt (Hitzeperiode 2018 in Klammern) folgende Zunahmen in der Sterblichkeit resp. den Krankenhauseinweisungen pro Tag: Mortalität +18% (21%), Krankenhauseinweisung wegen Synkope + 74% (+45%), unklarem Fieber +56% (+129%), Hitzeerschöpfung +867% (563%), Exsiccose +100% (+173%), hitzeassoziierten Erkrankungen insgesamt +100% (+87%).

    Diskussion:

    Obwohl seit Jahren Hitzewarnungen ausgegeben werden und Hitzeaktionspläne implementiert sind, ist weiterhin eine erhebliche Steigerung der Mortalität und Morbidität im Rahmen von Hitzewellen und der Hitzeperiode 2018 erkennbar. Die Präventionsbemühungen müssen also fortgeführt und intensiviert werden. Belastbare Mortalitätsdaten stehen methodisch bedingt immer erst einige Wochen nach der Hitzewelle zur Verfügung. Demgegenüber ermöglicht das IVENA-System eine mindestens tagesaktuelle Bewertung der Morbidität, sodass durchaus schon innerhalb einer Hitzeperiode belastbare Daten vorliegen, die die Pressearbeit und Kommunikation unterstützen können.


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