Gesundheitswesen 2019; 81(03): 261
DOI: 10.1055/s-0039-1679343
Vorträge
Fachausschuss Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hygiene beim Friseur: Mit langen Haaren rein, mit Hepatitis B wieder raus?

C Schlegel
1   Landratsamt Reutlingen/Kreisgesundheitsamt, Gesundheitsschutz, Reutlingen
,
L Eichner
1   Landratsamt Reutlingen/Kreisgesundheitsamt, Gesundheitsschutz, Reutlingen
,
J Fritz
1   Landratsamt Reutlingen/Kreisgesundheitsamt, Gesundheitsschutz, Reutlingen
,
A Leininger
1   Landratsamt Reutlingen/Kreisgesundheitsamt, Gesundheitsschutz, Reutlingen
,
M Eichner
2   Universität Tübingen, Institut für klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen, Germany
,
S Brockmann
1   Landratsamt Reutlingen/Kreisgesundheitsamt, Gesundheitsschutz, Reutlingen
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Das Tätigkeitsspektrum des Friseurhandwerks beinhaltet den Umgang mit Scheren und scharfen Klingen. Die (Teil)rasur des Kopfhaars, oft mit Messer, ist heute fester Bestandteil vieler Haarschnitte, z.B. beim „Undercut“ – der Trendfrisur schlechthin.

    Nach einer Meldung einer akuten Hepatitis B, die nach einem Friseurbesuch mit Schnittverletzung auftrat, führten wir im Rahmen eines Pilotprojekts Hygienebegehungen in Friseurbetrieben durch, um eine bessere Risikobewertung vornehmen zu können und um mögliche Wissensdefizite bei Friseuren aufzudecken.

    Methoden:

    Von 110 gewerblich angemeldeten nicht mobilen Friseurbetrieben im Stadtgebiet wurde in einer Pilotphase eine Zufallsstichprobe von 30 Friseurbetrieben ausgewählt und im Jahr 2018 im Rahmen einer angemeldeten Begehung auf Anforderungen an die Hygiene überprüft. Dabei lag der Schwerpunkt auf Hygieneplänen, der Anwendung, Aufbereitung und Entsorgung von Scheren, Rasiermessern, Instrumenten und Klingen sowie dem Umgang mit Schnittverletzungen.

    Ergebnisse:

    Mehr als die Hälfte der Betriebe (53%) konnten keinen Hygieneplan vorlegen. 40% der Friseure verwendeten Rasiermesser, davon wechselten 17% die Rasierklingen nicht nach jedem Kunden. Eine Instrumentenaufbereitung fehlte in 10% der Einrichtungen vollständig, und in 83% der Einrichtungen wurde diese nicht sachgemäß durchgeführt. Kein Betrieb arbeitete mit durchstichsicherem Abwurfbehälter. 83% der Friseure besaßen unzureichende Kenntnis im Umgang mit Schnittverletzungen. Friseurbetriebe mit länger zurückliegender Ausbildung des Inhabers und Betriebe mit den günstigsten Haarschnitten schnitten schlechter ab als die jeweiligen Vergleichsgruppen.

    Diskussion und Schlussfolgerung:

    In einem erheblichen Teil der kontrollierten Friseurbetriebe bestanden wesentliche Hygienemängel, die auch die Übertragung von blood-borne viruses ermöglichen. Große Defizite zeigten sich sowohl im Umgang mit Rasierklingen und der sachgemäßen Instrumentenaufbereitung als auch im Wissen über die Versorgung von Schnittverletzungen. Eine Ursache hierfür könnte in der mangelnden Kenntnis und innerbetrieblichen Festlegung hygienischer Grundregeln in Form eines Hygieneplans liegen oder eventuell auch in wirtschaftlichen Gründen. Da die Pilotphase mit nur einer kleinen Anzahl untersuchter Betriebe aufwarten kann, halten wir es für erforderlich, die Hygienebegehungen auch z.B. landkreisübergreifend für Friseurbetriebe, in denen mit Rasiermessern gearbeitet wird, auszuweiten. Regelmäßige Personalschulungen, engmaschigere stichpunktartige Kontrollen und Zusammenarbeit mit Innung und Berufsgenossenschaft sind weitere mögliche Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Hygiene.


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