Gesundheitswesen 2019; 81(03): 283-284
DOI: 10.1055/s-0039-1679402
Poster
Fachausschuss Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Nutzung der zeitnahen Sterbefallerfassung in Hessen (ZETH)

H Uphoff
1   HLPUG, 1 Infektionsschutz, Dillenburg, Germany
,
AM Hauri
1   HLPUG, 1 Infektionsschutz, Dillenburg, Germany
,
A Wirtz
2   HSMI, Infektionsschutz, Wiesbaden, Germany
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 
 

    Eine kontinuierliche, zeitnahe Beobachtung der Sterbefallzahlen erlaubt die rasche Aufdeckung und Beschreibung von schwerwiegenden Ereignissen für die Gesundheit der Bevölkerung. Datensätze, die eine tagesgenaue Geschlechts- und Alters-Stratifizierung gewähren, sind für solche Einschätzungen des Versterberisikos besonders hilfreich. Das zeitnahe Erfassungssystem von Todesfällen in Hessen (ZETH) war von 2007 bis 2013 operativ. Nachdem aufgrund der bundesweiten Zentralisierung der Sterbefallerfassung bis 2017 keine Datenlieferungen an das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG) erfolgte, konnte das System zu Beginn 2018 wieder aktiviert werden. Das Statistische Landesamtes Hessen übermittelt jeweils am Freitag die bis dahin seit der letzten Übermittlung eingegangenen Sterbefälle. Die Vollzähligkeit der übermittelten Sterbefälle für die jeweils aktuelle Woche beträgt über 35%, für die Vorwoche über 90% und Vor-Vorwoche über 97%. Damit hat sich die Zeitnähe der Datenübermittlung gegenüber 2013 deutlich verbessert. Im HLPUG erfolgen wöchentlich Auswertungen mit verschiedenen Algorithmen, sowie eine Übermittlung an das europäische Erfassungs-System Euromomo (http://www.euromomo.eu/). Insbesondere bei Influenza-Perioden ist eine wochenweise altersstratifizierte Abschätzung der Auswirkungen hilfreich. Im Winter 2017/18 konnte bereits in der 8. Kalenderwoche (KW) ein deutlicher Anstieg der Sterbefälle bei gleichzeitiger Erhöhung der Influenzaaktivität – bestimmt durch den AGI-Praxisindex Hessen – beobachtet werden. Der hessische ÖGD wurde hierüber am 2.3.2018 im Rahmen der wöchentlichen Berichterstattung informiert. Der Peak des Praxisindex und der Sterbefälle lag in der 10. KW. 2018. Bei Hitzeereignissen kommen verschiedene tagesgenaus Abschätzungsverfahren der erwarteten „Normalwerte“ und Schwellenwerte der Sterbefälle zur Erprobung. Veränderungen der Sterblichkeit wurden seit 2000 meist ab einer Tagesmitteltemperatur der hessischen Messstationen von etwa 230 Celsius beobachtet (Hitzetage), daher wird dieser Parameter als Schwelle für Hitzebelastungen genutzt. Im Sommer 2018 war der 28.6. der erste Hitzetag bei gleichzeitigem Sterbeexzess. Vom 24.7. bis 8.8. schloss sich eine anhaltende, kompakte Hitzewelle an, gefolgt von zwei Tagen am 22. und 23.8.2018. An diesen 19 Hitzetagen gab es 10 Tage mit Sterbeexzess, d.h. die Anzahl der Sterbefälle lag über dem 95% Konfidenzintervalls des Erwartungswertes, und 9 Tage, an denen die Erwartungswerte überschritten, aber eine statistische Signifikanz nicht erreicht wurde. In zeitlicher Nähe von Hitzetagen (+/- einem Tag) wurden 4 weitere Tage mit Sterbeexzess beobachtet. Insgesamt waren trotz der lang andauernden Hitzeperiode die Sterbezahlen etwas verzögert und im Vergleich der Hitzewellen 2003 und 2015 nicht so stark erhöht. Die möglichen Ursachen dafür sollen in weiteren Betrachtungen unter Berücksichtigung weiterer potentieller Einflussfaktoren analysiert werden.

    Literaturhinweis:

    H. Uphoff, S. Geis, A. Wirtz und A.M. Hauri. Zeitnahe Erfassung und Übermittlung von Todesfällen in Hessen. Eine erste Einschätzung zur Influenza-A/H1N1v-Pandemie. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz Volume 54, Number 7 (2011), 867 – 874, DOI: 10.1007/s00103-011-1298-x


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