Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(06): e20
DOI: 10.1055/s-0039-1692095
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hereditäres Mammakarzinom bei Li-Fraumeni-Syndrom – Früherkennung und Therapie

M Koumou-Okandze
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhaus Halle
,
T Lantzsch
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhaus Halle
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Publication Date:
22 May 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Das Wissen zum erblich bedingten Mammakarzinom hat sich in den letzten Jahren rasant erweitert. Daraus resultierten eine verbesserte Vorsorge und spezifische Therapie dieser Karzinome. Doch neben den bekannten BRCA 1 und BRCA 2 Mutationen, existieren noch zahlreiche weitere Genmutationen, welche mit einem erhöhten Mammakarzinomrisiko einhergehen. Gerade zu diesen eher seltenen Genmutationen fehlen in unseren Leitlinien Empfehlungen bezüglich Therapie und Vorsorge. Ein seltenes, erbliches Krebssyndrom, welches mit erhöhtem Mammakarzinomrisiko einhergeht, ist das Li-Fraumeni-Syndrom (LFS). Die Prävalenz liegt bei 1 – 9/100 000, sodass dieses Syndrom zu den seltenen Erkrankungen zählt. Eine autosomal-dominant vererbte Keimbahnmutation im Tumorsuppressorgen TP 53, in seltenen Fällen im CHEK2- Gen, verursacht diese Tumorprädisposition. Bereits im Kindes- und jungem Erwachsenenalter kommt es gehäuft zum Auftreten von verschiedenen Tumoren v.a. Weichteilsarkomen, Osteosarkomen, Lymphomen, Leukämie und bei weiblichen Betroffenen zu den Mammakarzinomen. Trägerinnen der pathogenen Mutation haben im Alter von 50 Jahren ein 80%iges Risiko an Krebs zu erkranken. Gleichaltrige Männer mit LFS hingegen nur ein 40%iges. Dieser signifikante Unterschied erklärt sich überwiegend durch das Auftreten von Mammakarzinomen.

    Kasuistik:

    Eine 63-jährige Patientin, mit molekulargenetisch gesichertem LFS, stellte sich mit dem Wunsch einer prophylaktischen Operation zur Risikoreduzierung in unserer Klinik vor. Nach onkologisch abgeschlossener Behandlung der Mammakarzinomerkrankungen beidseits, befand sich die Patientin in Komplettremission und wünschte nun die prophylaktische Mastektomie beidseits. Wie für das LFS klassisch, war die Patientin in der Eigenanamnese an multiplen weiteren Krebserkrankungen erkrankt. Es fand sich ein Z.n. Sarkom der Schulter, chronisch lymphatischer Leukämie und Z.n. Zervixkarzinom.

    Ergebnisse:

    Durch die bei LFS auftretenden, multiplen Karzinomidentitäten, gestaltete sich das Regime der Vorsorgeuntersuchungen sehr komplex. Bildgebende Verfahren mit erhöhter Strahlenbelastung sollten möglichst vermieden werden, da diese das Risiko für Sekundärkarzinome erhöhen. Bei weiblichen Erwachsenen steht die Früherkennung vom Mammakarzinom im Vordergrund. Hierzu erfolgt die halbjährliche klinische Tastuntersuchung ab einem Alter von 20 Jahren in Kombination mit einer Sonografie. Zusätzlich sollte eine jährliche Mamma-MRT-Untersuchung erfolgen. Nach Abwägung der Strahlenbelastung und dem diagnostischen Nutzen kann eine Mammografie durchgeführt werden. Bestrahlung als eine der entscheidenden Therapiesäulen bei der Behandlung des Mammakarzinoms sollte bei Patienten mit nachgewiesenem LFS vermieden werden, da sie das Risiko eines Zweittumors steigert. Ebenso verhält es sich mit genotoxischen Chemotherapeutika. Daraus resultierend ist in der Wahl der Therapie eine gewissenhafte Schaden-Nutzen-Abwägung erforderlich. Sowohl endokrine als auch operative Therapie können bei Patienten mit LFS entsprechend den gültigen Leitlinien eingesetzt werden. Zur prophylaktischen Mastektomie bei LFS gibt es derzeit keine generelle Empfehlung, sodass dies der Einzelfallentscheidung bedarf. Da allerdings 31% der Patientinnen ein kontralaterales Mammakarzinom entwickeln, gehören Trägerinnen mit Mutation im TP53 oder CHEK 2 Gen, genauso wie Trägerinnen der BRCA 1 und BRCA 2 Mutation, zur Hochrisikogruppe.


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