Ultraschall Med 2019; 40(S 01): S84-S85
DOI: 10.1055/s-0039-1696028
Poster
Postersitzung – Geburtshilfe
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frühe sonografische Diagnose einer interkalaren Phokomelie mit Polydaktylie im ersten Trimenon – ein Fallbericht

J Weichert
1   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Bereich Pränatalmedizin und Gynäkologische Sonografie, Lübeck, Germany
,
P Kreiselmaier
2   Amedes Experts, Facharztzentrum für Kinderwunsch, Pränatale Medizin, Endokrinologie und Osteologie im Barkhof, Hamburg, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 August 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Das Ersttrimester Screening zur Beurteilung des Risikos für das Vorliegen einer Chromosomenstörung ist mittlerweile ein etabliertes Verfahren im späten ersten Trimenon. Aufgrund der immer besseren Auflösung der Ultraschallgeräte, verschiebt sich der Fokus von einer reinen Risikokalkulation mehr und mehr zu einer frühen Fehlbildungsdiagnostik.

    Case report:

    Wir berichten über eine gesunde 39-jährige IG in der 13+1 SSW, Z.n. ICSI. Abgesehen von einer vorkonzeptionellen Folsäuretherapie und supportiver Lutealphasenunterstützung nimmt die Schwangere keine Medikamente ein. Die Überweisung erfolgt bei V.a. Dysmelie bei unauffälliger Nackentransparenz.

    In der Untersuchung findet sich ein eutropher Fet (SSL 58,6 mm) mit unauffälliger NT (1,4 mm) und reverse flow im Ductus venosus. Die langen Röhrenknochen des rechten Beines fehlen bis auf einen kleinen Femurstumpf komplett. Der rechte Fuß hat eine präaxiale Hexadaktylie und setzt direkt an diesem Stumpf an (s. Abb.). Zusätzlich sind eine singuläre Nabelschnurarterie links und eine kleine Omphalozele darstellbar. Das adjustierte Risiko für eine Trisomie 18 ist 1:4. Auf Wunsch der Schwangeren wird eine invasive Diagnostik durchgeführt, die einen unauffälligen Karyotyp zeigt. Ein kinderorthopädisches Konsil und psychosomatische Mitbetreuung werden der Schwangeren empfohlen. Nach reiflicher Überlegung entscheidet sich die Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch.

    Zoom Image
    Abb. 1: Phokomelie 13+3. SSW

    Ergebnisse:

    Isolierte Phokomelien sind sehr seltene Ereignisse (Prävalenz 0,62/100,000 Geburten). Die meisten Fälle kommen als isolierte, unilaterale Phokomelie der oberen Extremität links vor, aber auch ein Zusammenhang mit Syndromen ist beschrieben (Schinzel-Phokomelie, Al-Awadi/Raas-Rothschild-Syndrom). Bilaterale Phokomelien scheinen häufiger. Oft fallen diese Befunde erst im Rahmen des 2. Screenings oder postpartal auf. Zur möglichen Ätiologie gibt es nur wenige Informationen. Neben genetischen Ursachen, sind Amnionbänder und eine Unterbrechung der arteriellen Versorgung als Ursache denkbar. Lediglich ein klarer Zusammenhang mit der Einnahme von Thalidomid in der Frühschwangerschaft ist beschrieben.

    Schlussfolgerung:

    Isolierte Phokomelien sind bereits im ersten Trimenon darstellbar. Aufgrund der zusätzlichen Befunde ist ein Syndrom als Ursache nicht ausgeschlossen. Die Beratung der Schwangeren bleibt eine Herausforderung.


    #
     
    Zoom Image
    Abb. 1: Phokomelie 13+3. SSW