Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696114
Symposien
S09  WAT-Symposium Tabakentwöhnung: Von E-Health-Angeboten über Telefonberatung zur vollfinanzierten Maximalintervention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Auswirkung der bildlichen Warnhinweise auf Anrufvolumen, Baseline-Merkmale und Abstinenzquoten einer Telefonberatung zur Rauchentwöhnung

P Lindinger
1   Wissenschaftlicher Aktionskreis Tabakentwöhnung WAT
,
M Nübling
2   Gesellschaft für Daten und Beratung
,
K Duhme
3   Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
,
M Goecke
3   Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 
 

    Einleitung Bildliche Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen in Verbindung mit Informationen über Telefonberatung vergrößern die Inanspruchnahme von Telefonberatung. Die „Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisverordnung – TabakerzV)“ ist seit Mai 2016 in Kraft und macht Bild- und Textwarnungen sowie Ausstiegsinformationen erforderlich. Die Auswirkungen dieser neuen Warnhinweise auf Anrufvolumen, Baseline-Merkmale und Abstinenzquoten sind bislang kaum erforscht.

    Methode Die BZgA-Telefonberatung zur Rauchentwöhnung bietet kostenfreie Beratung und eine weitergehende proaktive Ausstiegsbegleitung für ausstiegswillige oder rückfallbesorgte Anrufende an. Baseline-Daten werden beim Erstanruf von den Beratungspersonen, Nachbefragungsdaten von einem Evaluationsteam nach drei und 12 Monaten erhoben. Vorgestellt und verglichen werden das Anrufaufkommen, die Anrufermerkmale und Abstinenzraten vor und nach der Implementierung der Tabakerzeugnisverordnung. Prädiktoren der Abstinenz nach 12 Monaten wurden mittels multivariater Modelle ermittelt. Die Daten wurden im Zeitraum 2014 – 2018 erhoben und im Dezember 2018 analysiert (N = 2640).

    Ergebnisse: Zwischen dem ersten (N = 2744) und dritten (N = 25 342) Quartal 2016 wurde ein Anstieg des Anrufvolumens um das Neunfache beobachtet, was ein Anpassung des Beratungsprotokoll erforderlich machte. Anrufer nach der Implementierung der bildlichen Warnhinweise hatten einen höheren Tageskonsum (24.8 vs. 20.4, p = .000) und höhere Abhängigkeitswerte (FTCD=5.56 vs. 5.17, p = .000). Der Anteil bereits rauchfreier Anrufender ging deutlich zurück. Zur 3-Monats-Nachbefragung wurde eine geringere Abstinenzquote der Anrufer ab dem 3. Quartal 2016 ermittelt (25.5% vs. 20.1%, p = .001). Bei rauchenden Anrufern war nach 12 Monaten kein nennenswerter Unterschied festzustellen (22.9% vs. 21.6%, p = .305). Die Anzahl erhaltener proaktiver Anrufe stellte den wichtigsten Prädiktor für Abstinenz nach 12 Monaten dar.

    Diskussion Die bildlichen Warnhinweise in Kombination mit Informationen über Telefonberatung sprachen neue Zielgruppen an und führten zu einem massiven Anstieg der Anrufzahlen. Die kurzzeitige Abstinenzrate ging etwas zurück, während die Raten nach 12 Monaten, wohl auch infolge eines angepassten Beratungsprotokolls, keine signifikanten Unterschiede aufwiesen.


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