Pneumologie 2020; 74(S 01): 5
DOI: 10.1055/s-0039-3403061
Freie Vorträge (FV01) – Sektion Arbeitsmedizin, Epidemiologie, Umwelt- und Sozialmedizin
Aspekte der Arbeitsmedizin und Epidemiologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kumulative Gefahrstoffexpositionen beim Schweißen und dessen Auswirkungen auf das Lungenkrebsrisiko

B Kendzia
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
,
B Pesch
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
,
H Pohlabeln
2   Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – Bips, Bremen
,
W Ahrens
2   Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – Bips, Bremen
,
H Wichmann
3   Helmholtzzentrum München, Institut für Epidemiologie I, Neuherberg
,
D Taeger
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
,
W Zschiesche
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
,
T Behrens
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
,
KH Jöckel
4   Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (Imibe), Universitätsklinikum Essen, Essen
,
T Brüning
1   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (Ipa)
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Publication History

Publication Date:
28 February 2020 (online)

 
 

    Zielsetzung: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat Schweißrauch, hexavalentes Chrom (Cr(VI)) und bestimmte Verbindungen von Nickel (Ni) als krebserzeugend eingestuft (Group 1). Bisher wurden diese Expositionen bei Schweißern nicht gemeinsam anhand von Messwerten quantifiziert und untersucht. Wir ermittelten das Lungenkrebsrisiko von männlichen Schweißern in Abhängigkeit von der kumulativen Exposition gegenüber Schweißrauch, Cr(VI) und Ni.

    Methoden: Der Datensatz umfasste 3418 Lungenkrebsfälle und 3488 Kontrollen aus zwei deutschen Fall-Kontroll-Studien. Informationen zu den Schweißarbeitsplätzen wurden mittels Zusatzfragebögen erhoben. Wir entwickelten eine welding exposure matrix (WEM) basierend auf Messwerten aus der MEGA-Datenbank und eigenen Studien. Die WEM wurde mit den Berufsbiographien verknüpft, um die lebenslange Belastung zu berechnen. Odds Ratios (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI) wurden mittels logistischer Regression geschätzt, adjustiert für Alter, Rauchverhalten und einer Beschäftigung in anderen Berufen mit bekanntem Lungenkrebsrisiko. Das Risiko eines Gefahrstoffs wurde zusätzlich nach den beiden anderen Gefahrstoffen adjustiert.

    Ergebnisse: Insgesamt waren 800 Lungenkrebsfälle und 645 Kontrollen gelegentlich (OR 1,19 KI 1,00 – 1,42) oder regelmäßig (OR 1,37 KI 1,14 – 1,65) exponiert. Gegenüber Männern, die nie geschweißt hatten, war das Lungenkrebsrisiko bei kumulativer Exposition oberhalb des Medians der Kontrollen erhöht: Schweißrauch ≥ 1,8 mg/m3-Jahre: OR 1,55 KI 1,17 – 2,05; Cr(VI) ≥ 1,4 µg/m3-Jahre: OR 1,85 KI 1,35 – 2,54; Ni ≥ 9 µg/m3-Jahre: OR 1,60 KI 1,21 – 2,12. Belastungen unterhalb des Medians führten zu geringeren Risikoerhöhungen. Im Vergleich zu nicht-exponierten Rauchern waren die Risiken bei leichten Rauchern (1 – 10 Packungsjahre (Pj); OR 2,79 KI 1,27 – 6,13) durch Schweißrauchexpositionen oberhalb des Medians relativ höher als bei starken Rauchern (≥ 35 Pj; OR 1,30 KI 0,77 – 2,19).

    Schlussfolgerungen: Mit zunehmender kumulativer Exposition gegenüber Schweißrauch, Cr(VI) und Ni konnten höhere Lungenkrebsrisiken beobachtet werden. Schweißen erhöht das relative Risiko unter leichten Rauchern vergleichsweise stärker als bei starken Rauchern. Die Ergebnisse unterstützen die Einstufung der IARC für Schweißer.


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