Z Gastroenterol 2021; 59(06): e61
DOI: 10.1055/s-0040-1705766
Presidential Poster

Ungewöhnlicher Langzeitverlauf bei einem Patienten mit metastasierten medullärem Pankreaskopfkarzinom mit Keimbahnmutation im BRCA2-Gen.

C Seemann
Medizinische Klinik 2, Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt
,
H Reinel
Medizinische Klinik 2, Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt
,
A Linder
Medizinische Klinik 2, Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt
,
S Kanzler
Medizinische Klinik 2, Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt
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    Einleitung Das Pankreaskarzinom zählt unter den malignen Tumorerkrankungen zu den Malignomen mit der höchsten Mortalität. Die 5-Jahres-Überlebensrate aller Patienten mit Pankreaskarzinomen beträgt < 2 %. Grundsätzlich lässt sich zwischen verschiedenen histologischen Subtypen unterscheiden. Am häufigsten liegen duktale Adenokarzinome vor, seltener neuroendokrine Tumore. Pathogenetisch entstehen Pankreaskarzinome meist sporadisch aus präkanzerösen Läsionen, wobei es durch Mutationen zur malignen Transformation kommt. Eine familiäre Häufung wird nur bei ca. 10 % der Fälle beschrieben. Ein erhöhtes Pankreaskarzinomrisiko ist unter anderem mit genetischen Erkrankungen und Syndromen assoziiert wie z. B. dem Peutz-Jeghers-Syndrom, FAMMM oder dem erblichen BRCA2-assoziierten Tumorsyndrom.

    Material und Methoden Langzeitbeobachtung eines bei Diagnosestellung 63-jährigen Patienten mit metastasiertem medullärem Pankreaskopfkarzinom und Zustand nach äthyltoxischer Pankreatitis über einen Zeitraum von sieben Jahre.

    Ergebnisse Es handelt sich um einen Patienten mit 2013 erstdiagnostiziertem lymphogen und hepatisch metastasiertem medullärem Karzinom des Pankreaskopfes. Initial wurde eine primär operative Versorgung mittels Pylorus-erhaltender Whipple-Operation und atypischer Lebersegmentresektion des Segments VII bei intraoperativ festgestellter singulärer Lebermetastase durchgeführt. Adjuvant erfolgte eine Chemotherapie mit Gemcitabine mono über 6 Zyklen. Bei im Verlauf „progressive disease“ mit hepatischem und lymphogenen Rezidiv wurden verschiedenste Chemotherapieschemata – teils auch im Rahmen von Studien – mit unterschiedlichem Ansprechen verabreicht. Nach Erreichen einer „stable disease“ erhielt der Patient eine Erhaltungstherapie über 16 Zyklen nach dem FOLFOX Schema. Nachdem hierunter eine „partial response“ erzielt werden konnte, wurde am vorliegenden Tumormaterial die Anfertigung eines NGS- Panels veranlasst. Bei Nachweis einer BRCA2-Gen-Mutation wurde im Juni 2019 eine Erhaltungstherapie mit Olaparib eingeleitet – die entsprechende POLO-Studie war gerade veröffentlicht worden. Hierunter bis heute „stable disease“. Zuletzt waren die Metastasen im Januar 2020 sogar gering regredient.

    Schlussfolgerung Trotz schlechter Prognose der metastasierten Pankreaskarzinome konnte bei diesem Patienten ein ungewöhnlicher Langzeitverlauf über sieben Jahre und fortlaufend beobachtet werden – auch wenn medulläre Pankreaskarzinome generell eine etwas bessere Prognose aufweisen. Durch den Einsatz von Olaparib konnte eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens erzielt werden ohne nennenswerte Nebenwirkungen. In der Familie des Patienten traten väterlicherseits mehrere Fälle von malignen Tumorerkrankungen auf, sodass durch die Keimbahnmutation im BRCA2-Gen von einem erblich bedingten Risiko für die Entstehung maligner Erkrankungen auszugehen ist.

    Der Fall veranschaulicht zudem mögliche Zweit-, Dritt- und Mehrlinientherapien nach Ausschöpfung der üblichen Therapieregime. Besonders die Einleitung der Erhaltungstherapie mit Olaparib nach stabiler Erkrankung unter platinhaltiger Chemotherapie ermöglicht ein längerfristiges progressionsfreies Überleben bei exzellenter Lebensqualität.


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    Publication History

    Article published online:
    10 June 2021

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