Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(07)
DOI: 10.1055/s-0040-1713974
Gynäkologische Onkologie

Hyperkalzämisches Ovarialkarzinom bei einem 12-jähriges Mädchen – Eine Rarität

A Fink
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
T Braun
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
B Heitmeir
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
S Bartholomä
2   Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Ulm
,
A deGregorio
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
W Janni
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
,
N deGregorio
1   Universitätsfrauenklinik Ulm
› Author Affiliations
 
 

    Zielsetzung: Unter den epithelialen Ovarialtumoren macht das kleinzellige Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ weltweit ca. 1% aus und stellt somit eine extrem seltene Tumorerkrankung dar. Patientinnen mit Ovarialkarzinom sind bei Diagnosestellung allgemein über 60 Jahre alt, nur ein geringer Anteil von 10% erkrankt unter dem 40. Lebensjahr. Das kleinzellige Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ ist in den wenigen Studien mit einem mittleren Erkrankungsalter um die 25 Jahre eher bei den jungen Frauen zu finden. Häufig beobachtet man es auch bei unter 18-Jährigen. Die Prognose dieses Subtyps ist sehr schlecht, man findet selbst im Stadium I nur 5 -Jahres Überlebensraten von 20%.

    Fallvorstellung: Die initiale Vorstellung der Patientin erfolgte mit Bauchschmerzen in unserer Kinderklinik. Es zeigte sich ein prämenarchales Mädchen von 12 Jahren mit einer laborchemischen Hyperkalzämie von 3,6 mmol/l. Es erfolgte die weitere Abklärung mittels MRT Abdomen, in der eine 14,9 × 13,4 × 7,0 cm große Raumforderung vom rechten Adnex ausgehend, eine mögliche Peritonealkarzinose und Aszites auffiel. Bei Verdachtsdiagnose eines Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ wurde die Indikation zu einer explorative Laparotomie gestellt, die komplikationslos durchgeführt werden konnte. Hierbei wurde ein Tumordebulking, eine Adnexektomie beidseits, Omentektomie, Deperitonealisierung des Douglas-Raumes sowie peritonealen Probeentnahmen und selektiver Lymphknotenentnahme mesenterial durchgeführt (makroskopisch tumorfrei). Nach Erhalt der Histologie zeigte sich ein Tumorstadium pT3a V1 (FIGO III a bei Peritonealkarzinose). Die Diagnose eines Ovarialkarzinoms vom hyperkalzämischen Typ wurde durch den Mutationsnachweis in SMARCA4 bestätigt. Adjuvant erfolgte die Durchführung einer Polychemotherapie nach dem Pautierschema mit Cisplatin, Adriamycin, Etoposid, Cyclophosphamid und Ifosphamid. Unter der Systemtherapie erfolgten regelmäßig Bildgebungen zur Verlaufskontrolle, die unauffällig schienen. Bei hoher Rezidivgefahr wurde jedoch eine Second Look Laparoskopie nach insgesamt 4 Gaben Chemotherapie durchgeführt, in welcher sich neue, unklare peritoneale Herde zeigten. Da es für diese Situation keine Leitlinien gibt, wurde der interdisziplinäre Entschluss zu einer Re-Laparotomie und HIPEC im Sinne einer experimentellen Therapie gefasst.

    Diskussion: Aufgrund der extremen Seltenheit ist die Therapie für das kleinzellige Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ schwierig und von experimentellem Charakter, da keine große Evidenz vorliegt. Zur Verbesserung und zum Versuch der Optimierung der Therapie wäre eine Registrierung aller Fälle in Deutschland ein Anfang, die in Kooperation der onkologischen Abteilungen der Pädiatrie und Gynäkologie stattfinden müsste.


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    Publication History

    Article published online:
    14 July 2020

    Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York