Zeitschrift für Palliativmedizin 2020; 21(05): e10-e11
DOI: 10.1055/s-0040-1714804
Vortrag
Parallelsitzung - Best Abstracts “Herausforderungen in Theorie und Praxis” 12.09.2020 15:00–17:00 Uhr Terrassensaal D-E

“Den eigenen Tod verschlafen“? - Aussagen von Mitarbeitenden der Spezialisierten Palliativversorgung (SPV) zum Sterben unter Sedierung [87]

J Bazata
1   Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland
,
V Handtke
1   Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland
,
C Bausewein
1   Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland
,
J Schildmann
2   Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland
,
C Bozzaro
3   Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland
,
E Schildmann
1   Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, LMU Klinikum, München, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Fragestellung Sedierung am Lebensende ist eine weit verbreitete Praxis in der SPV. Es ist wenig darüber bekannt, welchen Effekt Sedierung auf die wahrgenommene Sterbequalität hat. Welche Sichtweisen haben SPV-Mitarbeitende bezüglich des Sterbens unter Sedierung?

    Studiendesign Qualitative Leitfaden-gestützten Interviews mit Mitarbeitenden von Palliativstationen und SAPV-Teams.

    Methodik Es wurden 59 Interviews mit Mitarbeitenden (26 Ärzt*innen, 22 Pflegende, 11 andere Mitarbeitende der multiprofessionellen Teams) von 10 Palliativstationen und 7 SAPV-Teams durchgeführt. Einschlusskriterium war das Vorhandensein von Erfahrung mit Sedierung. Auswertung mit der Framework Analyse (MAXQDA 2018).

    Ergebnis Die Mehrheit der Befragten beschrieben, dass sedierende Medikamente den Sterbeprozess von Patient*innen beeinflussen. Sediert sterbende Patient*innen wurden im Vergleich zu nicht-sedierten häufig als weniger belastet und ruhiger sterbend wahrgenommen. Dieser Zustand wurde mit friedlichem Schlaf verglichen. Eine Interviewte beschrieb tiefe kontinuierliche Sedierung als „[den] eigenen Tod Verschlafen“. Andere Interviewte nahmen Sterben unter Sedierung als „weniger natürlich“ wahr. Sie äußerten, dass man Patient*innen und ihren Angehörigen durch Sedierung die Möglichkeit des Abschiednehmens und eines „bewussten Todes“ nehme. In manchen Interviews wurde die Einzigartigkeit jedes Sterbeprozesses betont, die es unmöglich mache, den Effekt von Sedierung auf die Sterbequalität zu beurteilen.

    Diskussion Die Sichtweisen von SPV-Mitarbeitenden bezüglich des Sterbens unter Sedierung unterscheiden sich teilweise deutlich. Die wahrgenommene Sterbequalität unter Sedierung beeinflusst auch die Bewertung von Sedierung. Daher nimmt diese Wahrnehmung möglicherweise auch Einfluss auf die Entscheidungsfindung bezüglich Sedierung am Lebensende.

    Take Home Message für die Kongressbesucher Die Wahrnehmungen und Bewertungen von Sterben unter Sedierung sind unterschiedlich und können die Entscheidungsfindung beeinflussen.

    Für die SedPall-Studiengruppe

    Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (SedPall, 01GY1702B)


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    Publication History

    Article published online:
    31 August 2020

    © Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York