Zeitschrift für Palliativmedizin 2020; 21(05): e42
DOI: 10.1055/s-0040-1715066
Poster Wissenschaftliches Abstract
Freies Thema

Symptome komplizierter Trauer, posttraumatischer Belastung und Depression bei Angehörigen nach Versterben eines nahestehenden Menschen auf einer Palliativstation [253]

A Ullrich
1   Palliativmedizin, II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Zentrum für Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
J Herzog
1   Palliativmedizin, II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Zentrum für Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
C Bokemeyer
1   Palliativmedizin, II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Zentrum für Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
K Oechsle
1   Palliativmedizin, II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Zentrum für Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Fragestellung Psychische Belastungen nach Verlust eines nahestehenden Menschen können sich in heterogenen Symptomen wie komplizierter Trauer (KT), posttraumatischer Belastungsstörung (PTSB) und depressiver Störungen (DS) manifestieren. Die Studie untersucht mittel- und langfristige psychische Folgen bei Hinterbliebenen nach spezialisierter stationärer Palliativversorgung.

    Studiendesign Querschnittliche monozentrische Beobachtungsstudie

    Methodik Die Studienpopulation umfasste die primären Angehörigen von 993 auf einer Palliativstation verstorbenen Patienten (01/2014-12/2018), deren Verlust mindestens 6 Monate zurücklag. Die Befragung erfolgte postalisch mittels standardisierter Messinstrumente zur Erhebung von KT (Inventory of Complicated Grief), PTBS (Short-Screening Scale for DSM-IV Posttraumatic Stress Disorder) und DS (Patient Health Questionnaire – 9-item Depression Module). Gruppenunterschiede wurden mittels X2- bzw. t-Test analysiert.

    Ergebnis An der Befragung nahmen 200 Angehörige teil (Teilnahmequote: 20%; 64,1 Jahre, 62 % weiblich, 63 % Partner, 2,5 Jahre nach Verlust, 87 % Krebserkrankung des Patienten). Insgesamt lag in 28 % der Fälle ein Verdacht auf KT, in 13 % auf PTBS und in 23 % auf DS vor. Ein gleichzeitiges Auftreten von wahrscheinlicher KT, PTBS und DS wurde in 7 % der Fälle beobachtet. Die Gruppen der Angehörigen mit und ohne Verdacht auf KT, PTBS bzw. DS unterschieden sich nicht bzgl. Geschlecht, Alter sowie Zeit seit Verlust (n.s.). Partner zeigten im Vergleich zu Kindern oder anderen Angehörigen häufiger einen Verdacht auf KT (p<.001), nicht aber auf PTBS oder DS (n.s.). Im Vergleich zu Angehörigen, die mit bzw. in der Nähe ihrer Familie leben, lag bei Alleinlebenden häufiger ein Verdacht auf KT (p =.029) und DS (p =.010) vor, jedoch nicht auf PTBS (n.s.).

    Diskussion Angehörige zeigen mittel- und langfristige psychische Morbidität nach dem Versterben eines Patienten auf der Palliativstation. Eine besondere Aufmerksamkeit scheint bezüglich der Nachsorge von Partnern sowie alleinlebenden Angehörigen erforderlich zu sein.

    Take Home Message KT und DS sind bei etwa einem Viertel der Angehörigen und PTBS bei etwa 15 % wahrscheinlich.


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    Publication History

    Article published online:
    31 August 2020

    © Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York