Effektivität des Fracture Liaison Service (FLS) an einem universitären Traumazentrum.

Fragestellung Fragilitätsfrakturen nehmen auf Grund der demographischen Entwicklung weltweit stetig zu und stellen eine immense medizinische sowie sozioökonomische Herausforderung dar.

Die Osteoporose manifestiert sich zumeist mit Auftreten der ersten Fraktur. Im europäischen Vergleich zeigt das deutsche Gesundheitssystem deutliche Schwächen bei der Sekundär- und Tertiärprophylaxe der Osteoporose. In einer historischen Kontrollgruppe unserer Klinik (3/2016 bis 10/2016) zeigte sich trotz Aufklärung über das mögliche Vorliegen einer Osteoporose eine überraschend geringe Durchführung der Osteoporosediagnostik (1,8%). Zur Verbesserung dieser Situation wurde deshalb ein Fracture Liaison Service (FLS) etabliert.

Ziel dieser Untersuchung ist die Evaluation der Effektivität des FLS an einem universitären Traumazentrum.

Methodik In einer prospektiven Untersuchung über 25 Monate (11/2016 - 11/2018) wurde die Wirksamkeit des FLS untersucht. Einschlusskriterien waren eine Fraktur bei Frauen älter als 50 Jahre und Männern älter als 60 Jahre, die in der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) behandelt wurden. Alle Patienten mit diesen Kriterien erhielten einen Informationsflyer über das mögliche Vorliegen einer Osteoporose und die Vorteile des FLS sowie die Einverständniserklärung zur Studienteilnahme. Nach Aufnahme ins FLS erfolgte entweder die Osteoporosediagnostik an der UMG oder ambulant in kooperierenden Praxen mit osteologischem Schwerpunkt. Die an der UMG auf die Osteoporose diagnostizierten Patienten erhielten im Anschluss über den Hausarzt eine Therapieempfehlung nach den aktuellen DVO Richtlinien zur Behandlung der Osteoporose.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Im Zeitraum von November 2016 bis November 2018 wurden 404 Patienten mit Osteoporose-verdächtiger Fraktur nach Zustimmung in die Studie aufgenommen. Von diesen lehnten im Verlauf 128 Patienten (31%) die Teilnahme am FLS ab, sodass letztendlich 276 Patienten eingeschlossen wurden.

175 Patienten (63%) erhielten die Osteoporosediagnostik an der UMG. In dieser zeigte sich bei 21% dieser Patienten eine Osteoporose, bei 50% konnte eine Osteopenie festgestellt werden.

Bei 119 Patienten ergab sich nach DVO Richtlinien die Indikation für eine spezifische Osteoporosetherapie. Die entsprechende Medikation erhielten jedoch nur 28 Patienten (24%).

Bei 60% der Studienpopulation war die Fraktur, die zur Aufnahme in das FLS führte, die erste Fraktur. Bei den übrigen Patienten lagen bei Aufnahme bereits mehrere Frakturen in der Anamnese vor. Im Beobachtungszeitraum wurde bei 10% der Studienteilnehmer eine erneute Fraktur diagnostiziert.

Nach Etablierung des FLS konnte die Diagnostik sowie die Indikationsstellung zur Osteoporosetherapie an der UMG signifikant gesteigert werden. Trotz dringender Empfehlung der Osteoporosetherapie zeigt sich eine weiterhin geringe Compliance bei der Durchführung der spezifischen Osteoporosetherapie durch die weiterbehandelnden Ärzte. Die Ergebnisse der Studie belegen das Verbesserungspotential der Osteoporosediagnostik durch das FLS.

Stichwörter FLS Osteoporose Fragilitätsfrakturen

Publication History

Article published online:
15 October 2020