Zeitschrift für Phytotherapie 2021; 42(S 01): S21
DOI: 10.1055/s-0041-1731501
Poster

Neue Linden-Alkaloide mit cholinerger Wirkung an der Maustrachea

A Hake
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie – Abt. Pharmakologie, Universität Münster, Deutschland
2   Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Universität Münster, Deutschland
,
N Symma
2   Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Universität Münster, Deutschland
,
A Hensel
2   Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Universität Münster, Deutschland
,
M Düfer
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie – Abt. Pharmakologie, Universität Münster, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

Fragestellung Lindenblüten (Tiliae flos) finden traditionell Anwendung in der Therapie von Erkältungskrankheiten oder werden als pflanzliches Sedativum bei mentalen Stresszuständen eingesetzt [1]. Die sedative Wirkung wird auf eine Interaktion der Flavonoide mit dem GABA-System zurückgeführt [2], während der Einsatz bei Erkältungskrankheiten weitestgehend unerforscht ist. Ziel war es, den Einfluss der kürzlich entdeckten Linden-Alkaloide Tiliamin B, Tiliin A und Tilacetin A [3] auf die Kontraktilität der Trachealmuskulatur zu untersuchen und den potenziellen Wirkmechanismus zu entschlüsseln.

Methodik Pharmakologische Tests wurden an präparierten Tracheen aus C57BL/6N-Mäusen im Organbad mit Acetylcholin (ACh) als Spasmogen durchgeführt. Direkte Interaktionen der Alkaloide mit der Acetylcholinesterase (AChE) wurden nach der Ellman-Methode untersucht, Einflüsse auf die Zell-Proliferation mittels BrdU-Färbung.

Ergebnisse Ein wässrig-acetonischer Lindenblütenextrakt (1 mg/mL) hatte an der Maustrachea keine Wirkung auf die durch Acetylcholin-induzierten Kontraktionen (100 µM ACh) [4]. Interessanterweise steigerte eine Alkaloid-angereicherte Fraktion (1 mg/mL) entgegen den Erwartungen die durch Acetylcholin ausgelösten Muskelkontraktionen (Steigerung der Kontraktionskraft ≈ 30 %). Eine weiter aufgereinigte Alkaloid-Fraktion (0,1 mg/mL) zeigte vergleichbare Effekte, die sich mittels Atropin (1 µM) aufheben ließen und denen von Galantamin (0,5 µM) glichen. Im zellfreien Enzym-Assay konnten die Linden-Alkaloide als AChE-Inhibitoren charakterisiert werden (Tiliine A: IC50 = 238,83 ± 0,06 μM; Tiliamin B: IC50 = 172,00 ± 0,04 µM; Galantamin: IC50 = 1,95 ± 0,09 μM) [4]. An HepG2-, HaCaT- und Caco-2-Zellen traten in einem Konzentrationsbereich von 1–100 µM Alkaloid keine Effekte auf die DNA-Vervielfachung (BrdU) auf.

Schlussfolgerung Die hier erstmals beschriebenen Interaktionen der Linden-Alkaloide mit dem cholinergen System könnten neue Ansatzpunkte in der Phytotherapie darstellen.


#

Publication History

Article published online:
22 June 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany