Suchttherapie 2022; 23(S 01): S57-S58
DOI: 10.1055/s-0042-1756105
Abstracts
Postersession

COMT und MAO-A Polymorphismen und ihre Rolle in reaktiver und appetitiver Gewalt

M Fritz
1   AKAD Hochschule Stuttgart, Stuttgart
2   Universität Ulm, Ulm
3   Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg
,
F Rösel
2   Universität Ulm, Ulm
3   Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg
,
H Dobler
2   Universität Ulm, Ulm
3   Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg
,
J Streb
2   Universität Ulm, Ulm
3   Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg
,
M Dudeck
2   Universität Ulm, Ulm
3   Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung Aggression und Gewalt sind unter forensisch-psychiatrischen Patienten weit verbreitet. Dabei muss jedoch zwischen einer reaktiven und einer instrumentellen Form von Gewalt unterschieden werden. Während die reaktive Gewalt sich auf impulsiv-emotionale, defensive Gewalthandlungen beschränkt, besitzt die instrumentelle Gewalt eine zielgerichtete, triebbefriedigende Komponente. Es besteht in diesem Fall eine gewisse Lust an der Gewalt selbst. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die biologischen Grundlagen beider Formen von Aggression leider noch weitreichend ungeklärt. Fest steht jedoch, dass spezifische Polymorphismen in Enzymen aus dem Verstoffwechslungskreislauf von Katecholaminen, COMT und MAO-A, immer dann einer Rolle in der Häufung von Gewalttaten spielen, wenn die betroffenen Träger dieser Polymorphismen in der Kindheit selbst traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt waren. Allerdings blieb bisher ungelöst, ob beide beschriebenen Formen der Gewalt in so einem Fall gleichermaßen betroffen sind.

    Material und Methodik Folglich wurden in diesem Projekt in einer Gruppe von forensischen Maßregelvollzugspatienten die bekannten Varianten beider Enzyme, die sich negativ auf das Verhalten auswirken, erhoben und mit Fragebögen zu traumatischen Kindheitserlebnissen, sowie reaktiver und appetitiver Gewalt korreliert.

    Ergebnisse Die Ergebnisse zeigten eine grenzwertig erhöhte Häufung der nachteiligen Enzymvarianten in der Testgruppe. Darüber hinaus fungierte eine Kombination aus beiden nachteiligen Polymorphismen als starker Prädiktor für eine hohe Lust an der Gewalt selbst, während reaktive Gewalt nur schwach davon beeinflusst wurde.

    Zusammenfassung Publizierte Forschung im Bereich der beiden Enzyme COMT und MAO-A lieferten über Jahrzehnte hinweg teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Ein möglicher Grund hierfür könnte der Umstand sein, dass weitestgehend nur eine Variante in der jeweiligen Testgruppe untersucht wurde. Aufgrund dessen, dass eine phänotypische Verhaltensänderung hin zur Aggression in der vorliegenden Studie nur dann auftrat, wenn eine Kombination aus beiden nachteiligen Enzymvarianten vorlag, deutet auf ein metabolisches Phänomen hin, das in zukünftigen Studien in Betracht gezogen werden sollte.


    #

    Interessenkonflikt

    Keine

    Publication History

    Article published online:
    30 August 2022

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