Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(10): e180-e181
DOI: 10.1055/s-0042-1757097
Abstracts | DGGG

Wahrnehmung individueller Gesundheitsleistungen (IGeL) in der Schwangerschaft unter besonderer Berücksichtigung von Migration und Akkulturation

R Wenzel
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Pränatalmedizin, Ulm, Deutschland
,
A Polasik
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Pränatalmedizin, Ulm, Deutschland
,
TWP Friedl
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Pränatalmedizin, Ulm, Deutschland
,
S Walter
2   Institut für medizinische Psychologie und Soziologie, Universität Ulm, Ulm, Deutschland
,
N Wimmer
3   Universitäts- und Rehabilitationskliniken, Ulm, Deutschland
,
W Janni
4   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
,
U Friebe-Hoffmann
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Pränatalmedizin, Ulm, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Zielsetzung Ziel unserer Studie ist es herauszufinden, ob es Unterschiede in der Wahrnehmung von IGeL-Leistungen bzw. speziellen Schwangerschaftsvorsorgeleistungen und der Beratungslage bei schwangeren Frauen mit und ohne Migrationshintergrund (MH) gibt. Hierbei werden insbesondere soziodemografische Aspekte, der Migrationsstatus und der Akkulturationsgrad berücksichtigt.

    Material/Methoden Innerhalb des Zeitraums vom 01.03.21-01.03.22 wurden 1000 Wöchnerinnen der Universitätsfrauenklinik Ulm mit Hilfe eines standardisierten (in insgesamt 9 Sprachen übersetzten) Fragebogens befragt. Bei einer Dropout Rate von 49,9% ergab sich eine Probandinnenzahl von n=511.

    Ergebnisse Insgesamt hatten 33,9% (20,0% 1. Generation; 13,9% ≥ 2. Generation) von 440 befragten Patientinnen, mit verfügbarer Information zum Migrationsstatus, einen Migrationshintergrund; für 126 dieser Frauen konnte auch der Akkulturationsgrad (niedriger, mittlerer und hoher Assimilationsindex nach der Frankfurter Akkulturationsskala) bestimmt werden. Frauen mit MH nahmen signifikant weniger spezielle Schwangerschaftsvorsorgeleistungen in Anspruch (p<0,001). Zudem bekamen Frauen mit MH weniger Informationen über IGeL-Leistungen und fühlten sich subjektiv schlechter beraten (p<0,001). Diese Unterschiede verringerten sich in den nachfolgenden Migrantengenerationen. Außerdem konnten Assoziationen zwischen dem Assimilationsindex der Patientinnen mit MH und der Wahrnehmung einzelner Leistungen beobachtet werden. Der rektovaginale GBS Abstrich wurde beispielsweise seltener bei Frauen mit niedrigem Assimilationsindex durchgeführt (p=0,003). Die Gesamtanzahl durchgeführter Leistungen unterschied sich hingegen nicht signifikant zwischen Frauen mit unterschiedlichem Assimilationsindex (p = 0,155).

    Zusammenfassung Unsere Studie weist darauf hin, dass es auch im Jahr 2022 noch Defizite in der Beratung und Aufklärung über IGeL Leistungen/speziellen Schwangerschaftsvorsorgeleistungen bei Menschen mit Migrationshintergrund gibt. Zudem nehmen diese Bevölkerungsgruppen weniger dieser Leistungen in Anspruch. Dies ist nur teilweise durch sozioökonomische Diskrepanzen und unterschiedliche Akkulturationsgrade zu erklären.


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    Interessenkonflikt

    Ich erkläre als korrespondierender Autor, dass meine Koautoren mir mitgeteilt haben, dass sie während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen im oben genannten Sinne hatten. Auch ich selbst hatte keine derartigen Verbindungen in den letzten 3 Jahren.

    Publication History

    Article published online:
    11 October 2022

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