Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): 748
DOI: 10.1055/s-0043-1768860
Abstracts | BGGF & OEGG 2023
Freie Vorträge
Geburtshilfe

Schwangerschaftseintritt unter antihypertensiver Therapie mit Nebivolol – erste Erfahrungen

W Paulus
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm
,
U Friebe-Hoffmann
2   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm
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    Einleitung Bei Nebivolol handelt es sich um ein Antihypertensivum aus der Gruppe der selektiven Betablocker der dritten Generation mit vasodilatatorischen Eigenschaften. In Tierexperimenten mit graviden Ratten beobachtete man unter fünffacher humantherapeutischer Dosis vermehrt fetale Wachstumsretardierungen, unter zehnfacher humantherapeutischer Dosis gehäuft Aborte. Da der Wirkstoff auch bei Frauen im fertilen Alter mit chronischer Hypertonie eingesetzt wird, kommt es immer wieder zu ungeplanten Schwangerschaften unter dieser Medikation. Bislang wurden allerdings keine Erfahrungen zum Einsatz dieses neueren Betablockers in der Frühschwangerschaft publiziert.

    Material und Methodik Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1997 und 2021 42 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Nebivolol in der Frühgravidität dokumentiert. Nach Feststellung der Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf ein mögliches teratogenes Risiko kontaktiert. Drei Monate nach dem errechneten Entbindungstermin erhielten die Anfragenden einen strukturierten Erhebungsbogen zur Dokumentation von Schwangerschaftsverlauf und -ausgang.

    Ergebnisse Zwei Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch, sechs Schwangerschaften endeten mit einem Spontanabort. 34 Schwangerschaften wurden ausgetragen, wobei die Medikation in 16 Fällen im ersten und in weiteren acht Fällen im zweiten Trimenon auf erprobtere Antihypertensiva umgestellt wurde. In zehn Schwangerschaften wurde Nebivolol bis zur Geburt beibehalten. Unter den 34 Neugeborenen wurden keine schwerwiegenden Anomalien beobachtet. Das Geburtsgewicht der 18 Mädchen und 16 Jungen lag zwischen 750 g und 4.490 g (Median: 3.045 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 26/5 und SSW 41/6 (Median: SSW 38/2).

    Zusammenfassung Unsere prospektive Follow-up-Studie ließ kein teratogenes Potenzial von Nebivolol erkennen. Solange keine umfangreicheren Erfahrungen vorliegen, sollte allerdings vor Eintritt einer geplanten Schwangerschaft auf erprobtere Alternativen wie Methyldopa zurückgegriffen werden.


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    Publication History

    Article published online:
    06 June 2023

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