Zentralbl Chir 2023; 148(03): 201-202
DOI: 10.1055/a-1969-0727
Rechtliches – Urteile und Hintergründe

Zum Beweis eines ausreichenden Aufklärungsgespräches durch den Nachweis einer „ständigen Übung“ ohne konkrete Erinnerung des aufklärenden Arztes

Kathrin Thumer

I. Zum Sachverhalt

Der unter multipler Sklerose leidende Kläger begab sich im Jahr 2013 zur stationären Durchführung einer Immunadsorption in den Betrieb der Beklagten. Einige Tage vor der stationären Aufnahme stellte sich der Kläger ambulant vor und ein angestellter Arzt Dr. O. führte ein Aufklärungsgespräch unter Zuhilfenahme eines Aufklärungsbogens, den der Kläger auch unterzeichnete.

Nach der stationären Aufnahme versuchte der behandelnde Arzt Dr. H. zu Beginn der Behandlung mehrfach erfolglos, einen Shaldon-Katheter in die Schlüsselbeinvene zu legen. Zur Kontrolle und zum Ausschluss eines Pneumothorax wurde ein Röntgenthorax angefertigt. Der Katheter wurde schließlich in die Vena femoralis in der rechten Leiste eingeführt, allerdings war die Immunadsorption nicht vollständig möglich. Daher wurde dem Kläger ein Zugang in die Armvene gelegt und die Behandlung in den nachfolgenden Tagen fortgeführt. Bei der Entfernung des Venenkatheters kam es zu einer pulsierenden Spritzblutung, die unmittelbar versorgt wurde. In der Folge entwickelten sich am linken Bein ein Hämatom vom Oberschenkel bis zur Wade und ein Aneurysma im Darmbein, das später chirurgisch entfernt wurde.

Mit seiner Klage macht der Kläger Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeldzahlung wegen Aufklärungs- und Behandlungsfehlern gegen den Beklagten geltend.

Zur Begründung der Aufklärungsrüge führt er an, dass er lediglich auf dem Krankenbett einen Aufklärungsbogen ungelesen unterzeichnet habe; dieser Aufklärungsbogen befand sich jedoch nicht in den Behandlungsunterlagen. An ein vorangegangenes Aufklärungsgespräch konnte sich der Kläger nicht erinnern, bestätigte aber, dass der vorgelegte Aufklärungsbogen zum Aufklärungsgespräch von Herrn Dr. O. seine Unterschrift beinhalte. Inhaltlich bemängelte der Kläger, er hätte über die verschiedenen Zugangsarten für die Anlage des Katheters und die Verwendung eines Shaldon-Katheters anstelle eine Cava-Katheters informiert werden müssen.

Hinsichtlich des Vorwurfs von Behandlungsfehlern behauptet der Kläger, bei der Anlage des Katheters am Schlüsselbein wäre fehlerhaft auf eine Ultraschallkontrolle verzichtet worden. Er gibt an, dass der Zugang über die Vene am Hals hätte gelegt werden müssen. Sowohl das Einbringen des Katheters in die Leiste als auch das Ziehen des Katheters seien fehlerhaft erfolgt.

In erster Instanz hat das Landgericht Leipzig (Urteil vom 15.06.2020 – 7 O 2979/18) die Ansprüche des Klägers verneint. Das Landgericht hatte Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und auch Vernehmung des aufklärenden Arztes Dr. O.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger seine Ansprüche weiter und berief sich fortführend auf Behandlungsfehler und eine unzureichende Aufklärung.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
02. Juni 2023

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