Gastroenterologie up2date 2023; 19(03): 220-222
DOI: 10.1055/a-2136-2508
Wichtige Studien im Fokus

Kommentar zu: KRAS-G12C-Hemmung: potenzielle Option auch beim Pankreaskarzinom?

Zu Anfang mag man sich sicherlich die Frage stellen, wie schafft es eine einarmige Phase-I/II-Studie zu einer so hochrangigen Publikation im New England Journal of Medicine. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass die Ergebnisse dieser Studie mit die ersten klinischen Daten sind, die nach Jahrzehnten der Forschung an der therapeutischen Adressierung der KRAS-Mutation im Pankreaskarzinom präsentiert werden können. Der Bedarf an molekular-zielgerichteten Therapien im Pankreaskarzinom ist nach wie vor groß. Aktuell sind außer der Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Keimbahn-BRCA-mutierten Erkrankten nahezu keine zielgerichteten Therapien in der Behandlungsrealität vertreten und das mediane Overall Survival mit ca. 11 Monaten deutlich limitiert.

KRAS-Mutationen stellen mit Abstand die wichtigste Treibermutation des Pankreaskarzinoms dar und finden sich bei weit über 90% aller Patientinnen und Patienten. Daher wurden und werden große therapeutische Hoffnungen in die nunmehr in verschiedenen Entitäten evaluierten KRAS-Inhibitoren gesetzt.

Die erste Gruppe der im klinischen Alltag etablierten KRAS-Inhibitoren (z. B. Sotorasib) sind Inhibitoren der KRAS-G12C-Mutation. Ist diese Mutation beim Lungenkarzinom noch relativ häufig (ca. 11% aller Fälle), so ist sie im Pankreaskarzinom mit lediglich 1–2% aller Karzinome sehr selten: Hier finden sich meist KRAS-G12D-, -G12V- und -G12R-Mutationen, welche zusammen annähernd 90% aller KRAS-Mutationen in dieser Entität ausmachen. Gegen diese Mutationen gibt es mutationsspezifische Inhibitoren im Einsatz oder in der klinischen Erprobung. Breiter wirksam sind hier in der Entwicklung befindliche pan-RAS-Inhibitoren, die kontinuierlich aktiviertes RAS unabhängig von der Art der Ras-Mutation blockieren.

Die vorliegende Phase-I/II-Studie von Strickler et al. zeigt bei meist 3rd-Line-Erkrankten mit der seltenen KRAS-G12C-Mutation zwar ermutigende Ergebnisse einerseits (ORR 21%), aber auch Ernüchterung andererseits (PFS 4 Monate, mOS 6,9 Monate). Dies ist sicherlich auch in hohem Maße der Tatsache geschuldet, dass KRAS-Inhibitoren der 1. Generation wie Sotorasib, aber auch Adagrasib, sich durch rasche Resistenzentwicklung auszeichnen, selbst wenn sie in Kombination z. B. mit Anti-EGFR-Antikörpern eingesetzt werden. Diese Wirkresistenz beruht häufig auf der Entwicklung von Sekundärmutationen des KRAS-Gens (G12D/R/V/W, G13D, Q61H, R68S, H95D/Q/R, Y96C) oder Bypass-Mechanismen wie MET-Amplifikation, aktivierenden Mutationen in NRAS, BRAF, MAP2K1 und RET, onkogenen Fusionen unter Beteiligung von ALK, RET, BRAF, RAF1 und FGFR3 sowie Loss-of-Function-Mutationen in NF1 und PTEN [1].

Spannend wird es daher vor allem sein, zu sehen, was sich an Effizienzsteigerung erzielen lässt, wenn man die neuen KRAS-Inhibitoren der 2. Generation, gerichtet gegen Mutationen, die mit größerer Häufigkeit im Pankreaskarzinom vorkommen, sowie insbesondere die neuen pan-RAS-Inhibitoren in der klinischen Evaluation erlebt. Diese sollen deutlich potenter in ihrer klinischen Wirkung sein und durch den breiteren Wirkmechanismus, besonders der pan-RAS-Inhibitoren, und ggf. in neuen Kombinationen angewendet einer Resistenzentwicklung vorbeugen.

So bleibt zu hoffen, dass Sotorasib hier nur der Anfang einer hoffentlich neuen Behandlungsrealität einer Entität ist, die neuer Therapiekonzepte dringend bedarf.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
13. September 2023

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