Laryngorhinootologie 2025; 104(03): 208-211
DOI: 10.1055/a-2487-2295
OP-Techniken

Eingriffe an Larynx, Hypopharynx und Trachea

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr

Totale Laryngektomie

Modifikation

Die Präparation kann auch von kaudal in kranialer Richtung erfolgen, grundsätzlich bleiben die Operationsschritte dazu die gleichen: Nach querer Tracheotomie und Ausnähen des kaudalen Trachealstumpfes in die juguläre Haut werden zervikaler Ösophagus/Hypopharynx stumpf von der Tracheahinterwand und dem Larynx abpräpariert, der Hypopharynx wird in der Medianlinie unterhalb der Ringknorpelebene quer eröffnet und das Larynxgerüst unter Sicht exzidiert. Bei Tumoreinbruch in die prälaryngealen Weichteile oder die Schilddrüse müssen die befallenen Strukturen am Larynx belassen und mitreseziert werden. Auch bei größerer Ausdehnung in den Sinus piriformis oder die Pharynxschleimhaut muss der Tumorbereich mit umschnitten werden ([Abb. 1]).


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Abb. 1 Laryngektomie. Situs nach Hautadaptation und Einlage von je einer Wunddrainage pro Seite. Das Tracheostoma ist in die Schnittführung einbezogen, kann aber auch separat vom U-förmigen Hautschnitt angelegt werden.

Bei tumoröser Hautinfiltration oder bei einem Radioderm ist ggf. durch eine Nah- oder Fernlappenplastik ein Hautersatz durchzuführen. Bei ausgedehnter Resektion der Hypopharynxschleimhaut ist eine Rekonstruktion erforderlich, üblicherweise dienen hierzu die freien, mikrovaskulär reanastomosierten Gewebetransplantate.

Regeln, Tipps und Tricks

Die matratzenartig angelegte Naht des Pharynxverschlusses stülpt zwangsläufig die Schleimhautränder nach innen (unbedingte Erfordernis) und legt Außenfläche an Außenfläche. Die Kanüle darf nicht an der Vorderwand der Trachea scheuern, kein zu enger Radius, nicht zu lang, aber weites Lumen.

Die Dichtigkeit der Pharynxnaht kann durch transorale Instillation eines Gemisches aus 3 % H2O2/Betaisodona (über einen Yankauer-Sauger) getestet werden. Ist die Naht dicht, wird der Pharynx aufgebläht. Eine Nahtinsuffizienz ist am Austreten von brauner, schaumiger Flüssigkeit exakt zu lokalisieren.

Risiken und Komplikationen
  • Nachblutungen aus arteriellen Gefäßen (A. laryngea superior, inferior): Wundrevision

  • Pharynxfistel; Ursache Nahtinsuffizienz oder umschriebene Schleimhautnekrose: Sondeneinlage bzw. Sondenbelassung, Reinigung der Fistel; bei Fistelung ins Tracheostoma Versuch der Ableitung nach lateral, Granulationsförderung, Glycopyrroniumbromid; Druckverband; bei Persistenz der Fistel Wundrevision, erneute Pharynxnaht oder plastischer Sekundärverschluss

  • Aspiration, Aspirationspneumonie: Antibiotikum, Abstopfung der Fistel, Absaugung des Tracheobronchialbaums, Sekretolytika

  • Wundinfektion, Phlegmone, Mediastinitis

  • Stimmverlust

Nachbehandlung

  • Antibiotikumprophylaxe (z. B. 3-mal 2 g Cefazolin und 2-mal 500 mg Metronidazol), ggf. Sekretolytika, evtl. Antitussiva

  • Ultraschallvernebler, Sekretabsaugung, Reinigung der Innenkanüle, Kanülenwechsel am ersten postoperativen Tag möglichst als ungeblockte, weiche Silikonkanüle

  • Puls-Blutdruck-Kontrolle, ggf. Intensivüberwachung, Hb-Kontrolle

  • Mobilisierung des Patienten, ggf. Heparinisierung

  • Drainage je nach Sekretförderung am 2.–4. Tag entfernen

  • tägliche Verbandswechsel bei unkompliziertem Verlauf bis zum 7. Tag

  • Fäden am 7. Tag entfernen

  • nach etwa 7–9 Tagen Probeschluck, z. B. mit Methylenblau; falls keine Fistel, Entfernung der Nährsonde

  • Nachbestrahlung, falls notwendig, nach 2–3 Wochen

  • Tracheostoma: Als Dauerkanüle sind weiche Silikonkanülen zu bevorzugen. Besteht keine Neigung zur Schrumpfung des Stomas, kann auf eine Kanüle nach entsprechender Zeit gänzlich verzichtet werden. Probleme bestehen wegen des Stomas aber grundsätzlich beim Duschen, Schwimmen, Baden. Hierfür werden besondere Hilfsmittel vom Fachhandel bereitgehalten. Je nach Sekretbildung und Neigung zur Austrocknung muss auch nach Entlassung zu Hause für eine Absaugvorrichtung und eine Inhalationsmöglichkeit gesorgt werden.

  • Ösophagusersatzstimme: Sobald die Pharynxnaht stabil verheilt ist; evtl. ist eine logopädische Unterstützung erforderlich. Direkt postoperativ können Laryngektomierte mit vorbereiteten Täfelchen/Notizblocks und Flüsterstimme kommunizieren.

Merke

Nach kompletter Entfernung des Kehlkopfs kommt es zunächst zur erheblichen Beeinträchtigung der Kommunikation, die durch eine gezielte Rehabilitation gemindert werden kann. Die nahezu vollständige Aufhebung der Riechfunktion und Minderung der Schmeckfunktion sind demgegenüber dauerhaft. Hier können die fehlenden olfaktorischen und gustatorischen Reize nur durch ein Anfächern von Luft in die Mund- und Nasenhöhle kompensiert werden.

Die Stimmrehabilitation (S. 271) ist grundsätzlich durch eine körpereigene Ersatzstimmbildung (sog. Ösophagusersatzstimme) mittels Implantation eines ösophagotrachealen Shuntventils („Stimmprothese“), durch chirurgische Rekonstruktionstechniken oder durch den Gebrauch elektronisch apparativer Hilfsmittel möglich. Alle vorgenannten Rehabilitationsmaßnahmen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Laryngektomie einen äußerst belastenden Eingriff dargestellt. Die Stigmatisierung und der hieraus resultierende Rückzug aus dem sozialen Umfeld können in depressiven Krankheitsbildern und in einem allgemeinen Aktivitätsverlust ihren Ausdruck finden.

Aber auch nach Larynxerhalt, chirurgisch oder radioonkologisch erzielt, sind schwerwiegende Folgezustände möglich. Hierzu gehören postradiogene Xerostomie, anfangs oftmals verbunden mit Schmerzen und lang anhaltender Ageusie/Hypogeusie. Lymphödeme, die auf einer nachhaltigen Schädigung des zervikalen Lymphabflusssystems gründen, können sowohl durch die Chirurgie als auch durch Strahlentherapie verursacht werden. Die Kombination beider Behandlungsverfahren beeinträchtigt den Lymphabfluss am stärksten. Dies ist von besonderer Relevanz, zumal bei der Behandlung fortgeschrittener Larynxkarzinome das Lymphabflussgebiet ins Behandlungskonzept einbezogen werden muss. Die Behandlung dieser oft mit erheblichen funktionellen Einschränkungen einhergehenden Lymphödeme erfordert vielfach langfristige Anwendungen einer manuellen Lymphdrainage.

Die Nachsorgekonzepte sollten an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtet sein (Logopädie, Physiotherapie, Onkopsychologie) und auch eine engmaschige HNO-fachärztliche Betreuung über viele Jahre vorsehen.


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Stimmrehabilitation nach Laryngektomie

Ösophagusersatzstimme

Bei der Speiseröhrenersatzstimme wird Luft in die Speiseröhre gedrückt und dosiert wieder herausgelassen. Im Laufe der Zeit bilden sich Schleimhautwülste (Pseudoglottis). Durch das kontrollierte Herauslassen der Luft werden diese Schleimhautwülste in Schwingungen versetzt. Dadurch entstehen wahrnehmbare Töne, die zu Sprachlauten geformt werden können.


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Stimmprothese

Die Stimmprothese ist ein Ventil, das zwischen Luftröhre und Speiseröhre operativ eingesetzt wird. Wenn der Stimmprothesenträger sein Tracheostoma verschließt, gelangt die Ausatemluft über Luftröhre und Ventil in die Speiseröhre. Sie strömt dann weiter durch den Speiseröhreneingang in die Mundhöhle. Die Schleimhautfalten in der Speiseröhre werden am „pharyngoösophagealen Segment“ in Schwingungen versetzt und ermöglichen dadurch die Stimmbildung.

Alternativ hierzu bietet sich an, zunächst die Laryngektomie konventionell durchzuführen und die Entwicklung einer Ösophagusstimme abzuwarten. Kommt es nicht hierzu, so empfiehlt sich eine Sekundärimplantation eines ösophagotrachealen Shuntventils aus Silikon in Intubationsnarkose über ein starres Ösophagoskop. Dieses wird transoral über den Neopharynx bis 1 cm kaudal des dorsalen Tracheostomarands eingeführt, dort um 180° gedreht und das Lumen als Widerlager für die Punktion mit einem Trokar verwendet. Über diesen lässt sich dann eine Sonde einführen, die im noch liegenden Ösophagoskop bis nach extraoral eingeführt wird. Nach Entfernen des Ösophagoskops wird an das Sondenende das Shuntventil angekoppelt und anterograd durch Zurückziehen der Sonde eingeführt, bis sie an der Punktionsstelle sichtbar ist. Mit 2 Klemmen lässt sich der Trachealflansch herausziehen und die Ankopplung durchtrennen.

Zum Sprechen ist dann, wie bei allen anderen Methoden, der Verschluss des Stomas mit einem Finger erforderlich. Tracheostomaventile ermöglichen vielfach auch ein fingerfreies Sprechen, das aber einen gewissen Stakkato-Charakter hat und an eine gute Lungenfunktion und allgemein gute Konstitution gebunden ist. Die Qualität der Stimme ist entscheidend von der Narbenbildung im Hypopharynxbereich und dem zur Eröffnung des Hypopharynx notwendigen Ausatmungsdruck abhängig. Selbstverständlich kann die Stimmprothese auch direkt während der Laryngektomie vor der Pharynxnaht eingesetzt werden („Primärimplantation“), was an den meisten HNO-Kliniken inzwischen so praktiziert wird.


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Elektronische Sprechhilfe

Die elektronische Sprechhilfe besitzt eine Membran, die auf den Hals gesetzt wird und Schwingungen von außen in den Rachen bringt. Die entstehenden Töne können im Mund moduliert werden. Dabei werden – wie vorher bei der natürlichen Stimme – die Lippen und die Zunge bewegt.


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Operativ angelegte tracheoösophageale Shunts

Die unterschiedlichen Methoden der operativen Stimmfistelanlage ohne autologe Gewebsverlagerung/Fremdmaterialien mit epithelisiertem Shunt zwischen Trachea und Speiseröhre oder Pharynx wurden vor allem in den 70er-Jahren propagiert. Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der mikrovaskulär reanastomosierten freien Gewebetransplantate ermöglichten die Bildung eines Larynxersatzrohrs. Dieses kann entweder durch ein Dünndarmsegment oder Haut vom Unterarm geformt werden. Alternativ dazu wurde auch mit gestielten Fernlappen vom großen Brustmuskel oder einem Ileozökalpatch gearbeitet.


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Hypopharynx-Larynx-Teilresektion unter Erhaltung des Larynx

Merke

Ebenso wie für die supraglottischen und glottischen Karzinome gilt für Hypopharynxkarzinome, dass im Falle einer kompletten transoralen Exponierbarkeit und ausreichenden Erfahrung des Operateurs ein laserchirurgisches Vorgehen, insbesondere aufgrund der nicht notwendigen Rekonstruktionen mit aufwändigen Rekonstruktionen, in Erwägung zu ziehen ist. Tumorausdehnung oder Exponierbarkeit lassen dies allerdings keineswegs immer zu, so dass konventionell vorzugehen ist.

OP-Prinzip

Resektion der oberen Kehlkopfetage und Mitnahme der seitlichen Pharynxwand unter Einschluss des Sinus piriformis.


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Indikation

Kleinere Tumoren im Sinus piriformis ohne Ausdehnung in seine Spitze und ohne Einbruch in das Larynxinnere. Die Stimmlippenbeweglichkeit muss erhalten sein, höchstens darf die Tumorgrenze auf der Schleimhaut lateral des Arytenoids liegen.


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Kontraindikation

Fernmetastasierung, schlechter Allgemeinzustand, Tumoreinbruch in das Larynxskelett, Erreichen der Spitze des Sinus piriformis.


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Spezielle Patientenaufklärung

Im Gegensatz zum transoralen Vorgehen regelhaft Tracheotomie und zumindest ipsilaterale selektive Neck Dissection II–IV.


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Anästhesie

Intubationsnarkose.


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OP-Technik

  • zunächst Neck Dissection (S. 277)

  • Tracheotomie

  • Resektion der oberen Larynxetage wie bei der supraglottischen Querresektion. Von der gesunden Seite her wird dabei die obere Larynxetage abgesetzt, und es werden auf der erkrankten Seite unter Sicht der Sinus piriformis und die angrenzende Pharynxseiten- und -hinterwand mit umschnitten. Der Verschluss erfolgt je nach Resektionsbereich entweder primär durch Defektraffung oder unter Einkleben und Einnähen eines Spalthauttransplantats.


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Laryngektomie mit partieller Pharyngektomie

OP-Prinzip

Laryngektomie mit Resektion von größeren Arealen des Pharynx und Rekonstruktion des Speisewegs aus restlicher Pharynxschleimhaut oder freiem, mikrosvaskulär reanastomosiertem Transplantat (vorzugsweise vom Unterarm).


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Indikation

Ausgedehnter Tumorbefall im Hypopharynx und Übergreifen des Tumors auf den Larynx, sofern sich unter Beachtung eines tumorchirurgischen Sicherheitsabstands noch eine ausreichend breite Schleimhautbrücke im Hypopharynx-Hinterwandbereich erhalten lässt.


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Kontraindikation

  • schwere Allgemeinerkrankungen mit nicht gegebener Operationsfähigkeit

  • Fernmetastasen oder inkurable Doppeltumoren

  • Indikation zur queren Pharynx-Larynx-Resektion wegen der Tumorausdehnung


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OP-Technik

Klassische Laryngektomie mit Neck Dissection (S. 266). In Abwandlung zum Standardvorgehen wird unter Sicht der Tumorbereich in der Hypopharynxwand, einschließlich eines entsprechenden Sicherheitsabstands, mit umschnitten.

Mehrschichtiger Verschluss des Hypopharynx mit invertierender Schleimhautnaht oder Einnähen eines freien Transplantats mit mikrovaskulärer Reanastomosierung über der bereits eingelegten nasogastralen Ernährungssonde.

Risiken und Komplikationen

Wie bei Laryngektomie (S. 270). Pharyngokutane Speichelfistel, Nachoperationen, Pharynxrekonstruktion mittels myokutaner Fernlappen oder freiem Gewebetransfer, Stenosen im Schluckrohr.

Zitierweise für diesen Artikel

Rettinger G, Hosemann W, Hüttenbrink KW, Werner JA (Hrsg.). HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. Stuttgart: Thieme 5., vollständig überarbeitete Auflage 2017. doi:10.1055/b-004–140287

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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. März 2025

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