Geburtshilfe Frauenheilkd 2010; 70(5): 355-360
DOI: 10.1055/s-0029-1186138
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Positionspapier – Stand der Reproduktionsmedizin in Deutschland

Position Paper – Current State of Reproductive Medicine in GermanyK. Diedrich1 , T. Strowitzki1 , H. Kentenich1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck
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Publikationsverlauf

eingereicht 5.8.2009

akzeptiert 20.8.2009

Publikationsdatum:
21. Mai 2010 (online)

Zusammenfassung

Deutschland hat in den 60er- und 70er-Jahren weltweit im Bereich der gynäkologischen Endokrinologie eine führende Rolle gespielt. Dies spiegelt sich auch wider in den wissenschaftlichen Aktivitäten im Bereich der deutschen Universitäten. Dies hat sich in den letzten Jahren dramatisch geändert. Es zeigt sich in einem abnehmenden publizierten Forschungsoutput, in dem Deutschland im Gegensatz zu früher eine Randstellung einnimmt. Dies geht einher mit einer abnehmenden Präsenz der Bereiche Endokrinologie, Reproduktionsmedizin und Andrologie an den Universitäten. Es ist zu einem Verlust des akademischen Ober- und Mittelbaus an den Universitäten gekommen, da an den Universitäten keine entsprechenden zukunftsträchtigen Positionen und Perspektiven geboten werden konnten. Darüber hinaus wirkt auch das seit 1991 bestehende Embryonenschutzgesetz in vielen Bereichen der Reproduktionsmedizin eher forschungshemmend. Dies hat dazu geführt, dass die deutschen Forscher und damit auch die kinderlosen Paare am Fortschritt der Reproduktionsmedizin, wie z. B. beim „single embryo transfer“, nicht teilhaben können. Der Forschungsstandort Deutschland im Bereich der Reproduktionsmedizin, Endokrinologie und Andrologie muss gestärkt werden. Dazu müssen an den Universitäten entsprechende Strukturen geschaffen werden und es muss die Vernetzung zwischen den niedergelassenen Praxen, in denen 75 % der Patientenbehandlung im Bereich der Reproduktionsmedizin stattfindet, und den Universitäten gefördert werden. Es muss deshalb der Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppierungen, die in Deutschland die Reproduktionsmedizin vertreten, verbessert werden. Darüber hinaus muss ein Fortpflanzungsmedizingesetz erarbeitet werden, das es ermöglicht, auch die deutschen Paare an den Fortschritten der Reproduktionsmedizin teilhaben zu lassen. Es kann nicht sein, dass Deutschland auf einer einsamen Insel lebt und um uns herum der Fortschritt in diesem wichtigen Bereich der Medizin blüht.

Abstract

In the 1960s and '70s, Gemany played a leading role in the field of gynaecological endocrinology, which was reflected by the scientific activity of German universities during this period. More recently, however, a dramatic change occurred, resulting in a decreasing number of publications in this field. This has undoubtedly contributed to the marginal scientific position of Germany in this gynaecological endocrinology today. This change is reflected by the decreasing number of university centres carrying out active scientific research in the fields of gynaecological endocrinology, reproductive medicine and andrology. Universities now lack mid- and upper-level faculty staff, as interesting and senior positions in the field of reproductive medicine, andrology and reproductive medicine no longer exist. Moreover, in 1991 the German embryo protection law came into force, which severely curtailed scientific research and blocked scientific efforts in this area. German scientists and, of course, childless couples were cut off from scientific advances, e. g. the possibility of “single embryo transfer”. Germany's scientific position in the fields of gynaecological endocrinology, reproductive medicine and andrology needs to be strengthened. The creation of appropriate structures in German universities is therefore necessary. These would include important cooperations with private medical practices, which currently account for about 75 % of patient care. The lines of communication between the groups representing reproductive medicine in Germany need to be greatly improved. Moreover, we suggest that an important step would be the development of a general human embryology and fertilisation act which would allow German couples to benefit from the global advances in the field of reproductive technology. Germany must stop its policy of scientific obstruction and permit scientific progress in this field in German universities.

Prof. Dr. med. Klaus Diedrich

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

eMail: klaus.diedrich@uk-sh.de