Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2011; 43(2): 76
DOI: 10.1055/s-0030-1257625
Das Interview
© Karl F. Haug Verlag MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

„Den Patienten in allen Facetten ernst nehmen“

Lebensqualität
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Publication Date:
11 July 2011 (online)

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Unsere Gesprächspartnerin:
Frau Dr. med. Monika Klinkhammer-Schalke

Studium der katholischen Theologie an den Universitäten Bonn und Freiburg, Grund- und Zusatzausbildung Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie, Studium der Humanmedizin an der Universität Würzburg, seit 1998 Geschäftsführerin des Tumorzentrums Regensburg e. V., Forschungsschwerpunkte: Tumorzentren, kolorektale Tumore, Lebensqualität.

DZO: Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die Einbeziehung des Faktors Lebensqualität bei der Behandlung von Krebserkrankungen?

Dr. Klinkhammer-Schalke
Die Lebensqualität gehört als wesentlicher Teil zur und in die medizinischen Behandlung, da die Menschen nicht nur an Krebs erkranken, sondern auch oftmals in eine schwierige persönliche Lebenskrise kommen. Die Krebserkrankung betrifft das ganze Lebensspektrum, die eigene Persönlichkeit, das familiäre und soziale Umfeld, den bisher gelebten Lebensplan.

DZO: Lebensqualität ist seit Jahren ein wichtiger Parameter, um den Erfolg von Therapien einschätzen zu können. Wie kann Lebensqualität zurzeit Ihrer Ansicht nach am besten gemessen werden bzw. wie können die Messmethoden optimiert werden?

Dr. Klinkhammer-Schalke
Es gibt seit langem international und national validierte Fragebögen zur Lebensqualitätserfassung mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Wichtig scheint mir nicht die Optimierung der Messinstrumente, sondern ihre regelhafte Einführung in den Behandlungsablauf. Es muss selbstverständlich werden, diesen Fragebogen einzusetzen, so wie das bei der Erfassung der Patientenzufriedenheit im Krankenhaus schon heute realisiert wird.

DZO: Wo liegen die wirklichen Bedürfnisse der Betroffenen? Ist das messbare Forschungsergebnis überhaupt mit der individuellen Erlebniswirklichkeit vereinbar?

Dr. Klinkhammer-Schalke
Ja, weil von Patienten selbst berichtet und niedergeschrieben wird, an welchen fassbaren Punkten Schwierigkeiten bestehen. Diese Aussagen und deren Darstellung sind ein erster Anhaltspunkt für eine ganz individuelle Behandlung, die dann natürlich konkrete persönlichkeitsspezifische Probleme und deren Bewältigung beinhaltet.

DZO: Welche Herausforderungen erwarten Sie für die Zukunft?

Dr. Klinkhammer-Schalke
Die Herausforderung ist, die Wahrnehmung menschlicher Ausnahmesituationen, wie es z. B. eine Krebserkrankung ist, als einen Teil des Lebens zu sehen. Sie muss in allen Facetten ernst genommen werden, denn nur dann kann dem Menschen in seiner Gesamtheit geholfen werden.

Die zweite wichtige Herausforderung ist, dass auf regionaler Ebene alle Gesundheits- und Sozialberufe gemeinsam ein Netzwerk bilden, um sich je nach Notwendigkeit um den erkrankten Menschen zu kümmern.

DZO: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was tun Sie für sich, um gesund zu bleiben?

Dr. Klinkhammer-Schalke
Ich gehe in die Berge, wann immer es geht.

DZO: Frau Dr. Klinkhammer-Schalke, vielen Dank für das Gespräch.