Gesundheitswesen 2014; 76 - A125
DOI: 10.1055/s-0034-1386975

Entgrenzungstendenzen von Erwerbsarbeit und Privatleben – Chance oder Risiko für die Work-Life Balance von Beschäftigten?

A Nitzsche 1, C Kowalski 1, H Pfaff 1
  • 1IMVR, Universität zu Köln, Köln

Einleitung/Hintergrund: Das Zusammenspiel zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben hat sich für viele Beschäftigte verändert. Das Arbeiten an unterschiedlichen Orten, unterwegs oder von zu Hause sowie die Möglichkeit der ständigen Erreichbarkeit sind nur einige Beispiele, die eine zunehmende Vermischung und Entgrenzung der Bereiche Erwerbsarbeit und Privatleben charakterisieren. In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, ob diese stärkere Vermischung der Sphären Erwerbsarbeit und Privatleben eher mit positiven oder negativen Konsequenzen für die Work-Life Balance der Beschäftigten verbunden ist.

Daten/Methodik: Die Daten der vorliegenden Studie wurden mittels einer Online-Befragung in neun Unternehmen der deutschen Mikro- und Nanotechnologiebranche im Jahr 2012 erhoben. Dabei beteiligten sich insgesamt 250 Beschäftigte, was einer Rücklaufquote von 73% entspricht. Die Zusammenhänge zwischen den Konstrukten wurden mittels eines Strukturgleichungsmodells analysiert.

Ergebnisse: Ein stärkeres Eindringen von Arbeitsbelangen in das Privatleben (work-life blurring) geht mit einem stärkeren Konflikt zwischen Arbeit und Privatleben einher. Dagegen zeigt sich ein stärkeres Eindringen von privaten Dingen in die Sphäre Erwerbsarbeit (life-work blurring) mit einem geringeren Konflikt assoziiert. Gleichzeitig geben Beschäftigte mit einem stärkeren life-work blurring aber auch eine geringere positive Beeinflussung der Arbeit durch ihr Privatleben an. Die individuelle Präferenz der Beschäftigten bezüglich einer stärkeren Entgrenzung zeigte sich positiv sowohl mit work-life und life-work blurring assoziiert und ist indirekt mit einem stärkeren konflikthaften Zusammenspiel von Erwerbsarbeit und Privatleben verbunden.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zur Analyse des komplexen Zusammenspiels zwischen Entgrenzungstendenzen von Arbeit und Privatleben und der Work-Life Balance von Beschäftigten. Während eine stärkere Integration von Privatem in die Arbeit konfliktreduzierend wirken könnte, scheint ein stärkeres Eindringen der Arbeit in das Privatleben, wie beispielsweise die Erreichbarkeit für Arbeitsbelange außerhalb der Arbeitszeit, mit einem stärkeren Konflikt zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben verbunden zu sein. Die Ergebnisse sprechen des Weiteren dafür, dass eine gegenseitige Bereicherung im Sinne eines positiven Austauschs der Sphären Erwerbsarbeit und Privatleben eher nicht durch Entgrenzungstendenzen gefördert wird.