Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S85
DOI: 10.1055/s-0040-1717373
Vortrag
DKOU20-384 Allgemeine Themen>25. Wirbelsäule

Welche Begleitverletzungen muss der Wirbelsäulenchirurg beim Schwerverletzten beachten? Eine Analyse von 12.596 Patienten des TraumaRegister DGU®

J Hax
*   präsentierender Autor
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
KO Jensen
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
H Teuber
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
TD Primio
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
S Halvachizadeh
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
HC Pape
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
,
R Lefering
2   Universität Witten/Herdecke, Köln
,
K Sprengel
1   Universitätsspital Zürich, Zürich
› Author Affiliations
 

Fragestellung Wirbelsäulenverletzungen (WS-Verletzungen) treten häufig bei schwerverletzten Patienten auf. Studien mit größeren Fallzahlen hierzu existieren nicht. Für die Versorgungsstrategie dieser Verletzungen ist es wichtig Art, Verteilung und Schwere von Begleitverletzungen (BG-Verletzungen) zu kennen. Durch das Vorliegen einer schweren BG-Verletzung kann die Versorgung der WS-Verletzung in den Hintergrund treten. Daher soll anhand einer Analyse des TraumaRegister DGU® (TR-DGU) zum einen Inzidenz und Verletzungsverteilung sowie zum anderen der Versorgungszeitpunkt (früh entsprechend innerhalb der ersten 48 Stunde und spät nach 48 Stunden) dargestellt werden.

Methodik Es erfolgte eine retrospektive Auswertung aus dem TR-DGU im Zeitraum 2008-2017 (n = 289.698). Die deskriptive Darstellung erfolgt in Mittelwert und Standardabweichung und prozentual zum Gesamtkollektiv. Eingeschlossen wurden Patienten aus europäischen Kliniken, mit einem Injury Severity Score (ISS) >/= 16 und einem Alter >/= 16 Jahren. Weiterhin wurde das Kollektiv auf schwere WS-Verletzungen mit einem Abbreviated Injury Scale (AIS) von 3-6 Punkten begrenzt. Ausgeschlossen wurden alle Plexusverletzungen. In dem dadurch entstandenen Kollektiv erfolgte dann eine Auswertung der verschiedenen BG-Verletzungen mit einem AIS von 2-6 bezogen auf die Höhensegmente der Wirbelsäule (HWS, BWS, LWS).

Ergebnisse und Schlussfolgerung In dem erstellten Kollektiv zeigten 12.596 Patienten eine WS-Verletzung. 72,7 % waren männlich und 94,4 % erlitten ein stumpfes Trauma. Im Schnitt waren die Patienten 50,88 ± 20,2 Jahre alt. Die häufigsten Unfallmechanismen waren Auto- (19,2 %) und Motorradunfälle (12,7 %). Die Gesamtmortalität lag bei 17 %. Aufgeteilt in die Höhensegmente der Wirbelsäule zeigten sich 39,7 % der WS-Verletzungen an der HWS, 37 % an der BWS und 30,7 % an der LWS. In der Gruppe der Verletzungen mit einem AIS 3 präsentierten knapp 50 % der Patienten eine schwerere Verletzung an einer anderen Körperregion. Begleitende schwere Kopfverletzungen (AIS 5) traten vor allem in Verbindung mit HWS Verletzungen auf (11,5 %).

Eine Häufung von schweren Thoraxverletzungen (AIS 5) zeigte sich bei Verletzungen der BWS (14,7 %). Am Beispiel der moderaten HWS Verletzung (AIS 3) zeigt sich, dass beim Vorliegen von schwereren BG-Verletzungen mit einem höheren AIS nur 15,2 % früh versorgt werden. Ist die HWS Verletzung allerdings führend werden 35,1 % der Patienten früh versorgt.

Bei den schwerverletzten Patienten aus unserem Kollektiv lag häufig eine schwere WS-Verletzung vor. Hier konnte sich bezogen auf das Höhensegment der Wirbelsäule eine anatomische Verknüpfung der auftretenden Begleitverletzungen zeigen. Der operative Versorgungszeitpunkt der Wirbelsäule scheint in den dargestellten Daten abhängig von der Schwere der Begleitverletzungen. Im klinischen Alltag sollten die Begleitverletzungen standardisiert bei der Festlegung des Versorgungszeitpunktes an der Wirbelsäule betrachtet und in die genaue Planung mit einbezogen werden.

Stichwörter Polytrauma; Wirbelsäule; Traumaregister; TR-DGU-ID 2019-016



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Article published online:
15 October 2020

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