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DOI: 10.1055/s-0043-104049
Kardiozirkulatorische Notfälle – was denn sonst?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
25. April 2017 (online)
Kardiozirkulatorische Notfälle – was denn sonst?
75−80 % aller Rettungsdiensteinsätze erfolgen aufgrund einer akuten Erkrankung, d. h., internistische Notfälle stehen mit großem Vorsprung an der Spitze der Einsatzindikationen. Innerhalb der internistischen Notfälle wiederum dominieren eindeutig die kardiozirkulatorischen Notfälle, umfassen sie doch die meisten Folgen der typischen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen u. a.
Unsere Schwerpunktartikel zu Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz ab S. 108 decken somit ein sehr breites Indikationsspektrum ab. Allerdings stellen sie den Retter aufgrund ihrer Komplexität viel häufiger als andere − besser abgrenzbare − Krankheitsbilder vor die Frage: Was muss ich tun, was kann ich tun, was darf ich tun? (Allein im Artikel über Herzrhythmusstörungen benennen die Autoren 24 mögliche Ursachen!)
Sowohl Herzrhythmusstörungen als auch Herzinsuffizienz sind meist chronische Erkrankungen, die aber dekompensieren und zu akut bedrohlichen Erkrankungsbildern führen können. Die erste Aufgabe des Rettungsdienstes ist deshalb − wie üblich −, das Ausmaß der aktuellen gesundheitlichen Bedrohung anhand der klassischen Algorithmen zu eruieren. Die Erstuntersuchung kommt dabei doch häufig zu beruhigenden Ergebnissen, z. B. dass zwar eine Herzrhythmusstörung vorliegt, sie aber aktuell hämodynamisch nicht relevant ist und den Patienten nicht vital bedroht. Die Aufgabe eines ggf. hinzugezogenen Notarztes ist es dann eher, auch ein „zu Hause Lassen“ des Patienten bzw. eine Weiterbehandlung durch den Hausarzt abzusichern − weil beim Patienten z. B. permanentes Vorhofflimmern oder psychogen überlagerte harmlose „Stolperer“ bekannt sind. Auch das andere Extrem − ein Erstbefund, der eine sofortige Reanimation erforderlich macht − ist schnell erkennbar und folgt klaren Standards in der Notfalltherapie.
Schwieriger wird es bei den vielen Fällen, in denen es dem Patienten klinisch und messtechnisch nachweisbar „schlecht geht“ und man als Ursache z. B. eine vorhandene Herzrhythmusstörung oder eine dekompensierte Herzinsuffizienz vermutet. Hier ist das klar strukturierte Vorgehen – wie in den folgenden Artikeln beschrieben – sehr hilfreich: Bei Herzrhythmusstörungen mit wenigen, klaren Schritten zur Beurteilung des EKGs (ohne dass man dazu Kardiologe sein muss), bei Herzinsuffizienz mithilfe des „CHAMP“-Schemas.
Welches Konzept für Ihr Team dann zum Tragen kommt (Load and Go, Treat and Run, Stay and Play) müssen Sie zwar weiterhin vor Ort entscheiden. Nach der Lektüre der Schwerpunktartikel wird es ihnen aber leichter fallen, den richtigen Weg zu wählen!
Dr. Sönke Müller