Suchttherapie 2024; 25(S 01): S11
DOI: 10.1055/s-0044-1790317
Abstracts
Symposien
S05 Mechanismen der verringerten Kontrolle bei Substanzabhängigkeiten und Verhaltenssüchten – Erkenntnisse aus dem TRR265 und der FOR2974

Regulation von Craving: Effekte von Stress und Strategie

Raoul Wüllhorst
1   Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Solvej Nickel
1   Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Tanja Endrass
1   Psychologie, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
› Institutsangaben
 

Hintergrund und Fragestellung: Craving ist ein bedeutsamer Prädiktor für Konsum und Rückfälle bei Substanzstörungen. Daher ist die Regulation von Craving ein erstrebenswertes Therapieziel. Hierzu ist ein solides Verständnis dieses Prozesses vonnöten. In den zwei hier präsentierten Studien haben wir uns mit den Fragen befasst, wie Stress die Regulationsfähigkeit beeinflusst, wie Regulationserfolg mit exekutivem Funktionsniveau zusammenhängt (Studie 1), und wie verschiedene Regulationsstrategien hinsichtlich kurz- und mittelfristiger Effekte abschneiden (Studie 2).

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: In Studie 1 konzentrierten sich N= 82 Raucher beim Betrachten zigarettenbezogener Bilder auf die kurzfristigen positiven oder langfristigen negativen Konsequenzen des Rauchens und gaben anschließend jeweils ihr subjektives Craving an. Die Hälfte der Teilnehmer unterlief zuvor eine Stressbedingung (Cold Pressor Test). Exekutive Funktionen (Arbeitsgedächtnis, Inhibition, Delay Discounting) wurden in einer separaten Sitzung erhoben. In einer ähnlichen Aufgabe in Studie 2 konzentrierten sich N= 62 Raucher:innen auf die kurzfristigen positiven oder langfristigen negativen Konsequenzen des Rauchens oder lenkten sich ab. Später sahen sie die Bilder unangekündigt erneut.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: In Studie 1 konnten wir beobachten, dass sich die Stress- und Kontrollgruppe zwar hinsichtlich behavioraler und physiologischer Stressparameter, nicht aber in ihrem Regulationserfolg unterschieden. Inhibitorische Leistung zeigte einen positiven Zusammenhang mit Regulationserfolg, der statistische Signifikanz jedoch knapp verfehlte. In Studie 2 zeigte sich, dass kurzfristig sowohl die Vorstellung langfristiger negativer Konsequenzen als auch Ablenkung das Craving gleichstark senkten. Bei erneuter Konfrontation mit den Bildern lösten aber diejenigen Bilder, die zuvor an die Vorstellung langfristiger negativer Konsequenzen gekoppelt waren, geringeres Craving aus.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Regulation von Craving scheint resilient gegenüber Stress, zumindest unter einem eher leichten Stressor und Laborbedingungen. Dies ist eine potenziell positive Nachricht für therapeutische Settings, da Stress ein signifikanter Prädiktor für Rückfälle ist. Hierbei sollte die Wahl auf elaborierte Strategien (Re-Evaluation des Konsums) anstatt auf Ablenkung fallen, da erstere eine länger anhaltende Wirkung behalten.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG, Förderkennzeichen EN 906/6-1 an Tanja Endrass) unterstützt.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
19. September 2024

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