Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V12
DOI: 10.1055/s-2005-871344

Die systemische Gabe von Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor und Stammzellfaktor steigert den exzitotoxischen Hirnschaden bei neugeborenen Mäusen

A Gorna 1, G Simbruner 1, I Tinhofer 1, M Urbanek 1, P Gressens 2, M Keller 1
  • 1Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, A
  • 2INSERM, Hopital Robert Debre, Paris, F

Hintergrund: Stammzellfaktor (SCF) und Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor (G-CSF) mobilisieren Knochenmarksstammzellen (BMSC), die in das Gehirn migrieren und zu Neuronen und Gliazellen differenzieren können (Brazelton,T., Science 2000; Corti s, Exp. Neurol.2002). SCF selbst stimuliert die Neurogenese und G-CSF reduziert den hypoxisch-ischämischen Hirnschaden in adulten Raten (Six,I. Eur. J. Pharmacol. 2003). Hypoxie/Ischämie führt zu einer gesteigerten Freisetzung von BMSC in das periphere Blut, ob dies auch durch die Hypoxie/Schädigung des Gehirns bedingt ist derzeit noch unklar.

Hypothese: Aufgrund dieser beiden beschriebenen Mechanismen, die Stammzellmobilisierung, sowie die Neurogeneseförderung, stellten wir die I) Hypothese auf, dass die Gabe von SCF und G-CSF, als Einzel- oder Kombinationsgabe den exzitotoxischen Hirnschaden in einem Tiermodell, welches die periventrikuläre Leukomalazie imitiert, reduziert. Hypothese II): Der Hirnschaden selbst – im Sinne eines Versuches der endogenen Reperatur – führt zu einer gesteigerten Freisetzung von BMSC in das periphere Blut.

Methode: Es wurden 5 Tage alte CD1 Mäusen verwendet. In der ersten Ranomisierung wurden die Tiere zwei Gruppen zugeteilt: I) mit exzitotoxischen Hirnschaden mittels intrakranialer Ibotensäureinjektion und II) nicht geschädigte Tiere. Nach einer zweiten Randomisierung erfolgte in jeder der beiden Gruppen die intraperitoneale Gabe von SCF (50µg/kg/Tag) und G-CSF (200µg/kg/Tag), allein oder in Kombination, sowie des Vehikels als Kontrolle. Die Gabe erfolgte einmalig oder wiederholt über 4 Tage. Am 10. Lebenstag wurde das Gehirn und Blut entnommen. Die Läsionsgröße wurde histologisch als mittlere Länge der Läsion (an Koronarschnitten) bestimmt. Die Anzahl von Stammzellen und Granulozyten wurde mittels FACS Analysen mit Fluorochrom-markierten Antikörpern gegen murines CD45, CD34 and CD117 und für Granulozyten mit anti-CD45, anti-F4/F8 and anti-Gr1 bestimmt.

Ergebnisse: Gegen die Erwartungen steigerte die Behandlung mit G-CSF und SCF den exzitotoxisch bedingten Hirnschaden. Die Gabe von SCF allein steigerte die Schädigung der grauen Substanz auf 159±10% und in der weißen Substanz auf 200±19% (n=12, p<0.05). Ähnlich steigerte auch G-CSF allein die Hirnläsion auf 186±9% in der grauen und auf 172±16% in der weißen Substanz (n=12, p<0.05). Die Kombination von SCF und G-CSF steigerte ebenfalls die Schädigung in der grauen und weißen Substanz auf 133±8% bzw. 187±12% (n=14, p<0.05). Der exzitotoxische Hirnschaden selbst führte nicht zur einer gesteigerten Anzahl von Stammzellen und beeinflusste nicht die von G-CSF und SCF induzierte Stammzellausschüttung im peripheren Blut.

Schlussfolgerung: G-CSF und SCF, allein oder in Kombination steigern signifikant den neonatalen exzitotoxischen Hirnschaden in Mäusen. G-CSF und SCF sollten in Neugeborenen nur mit Vorsicht gegeben werden. Wenn die Gabe erfolgt, erscheint die sorgfältige neurologische Nachsorge notwendig.