Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V25
DOI: 10.1055/s-2005-871358

Evaluierung des Nutzens der Infrarotthermographie für die initiale Beurteilung von Verbrennungswunden

F Loersch 1, A Siemes 1, S Demirakca 1, I Jester 2, T Schaible 1
  • 1Universitätskinderklinik Mannheim
  • 2Kinderchirurgische Klinik, Mannheim, D

Hintergrund: Auf der Suche nach einer objektiven Messmethode für den Schweregrad und den Verlauf von Verbrühungen bzw. Verbrennungen bei Kindern wurde in einer prospektiven Studie bei Kinder Thermographieaufnahmen der betroffenen Körperregion mit einer Infrarotkamera angefertigt. Diese wurden bei Aufnahme in unsere Klinik sowie im frühen Verlauf aufgenommen um die klinische Einschätzung der Verbrennungstiefe zu verifizieren.

Patienten und Methode: Es wurde bei 30 Kindern (Alter 17 Monate – Median; Range 1–126 Monate) nach Verbrennungs- bzw. Verbrühungsunfall (Ausdehnung 11,5% der Körperoberfläche im Median, Range 5–45%) Thermographiebilder angefertigt. Für die Auswertung der Messergebnisse wurde ein Temperaturgradient zwischen verbrannter und gesunder Haut ΔT v-g errechnet. Die mit einer Infrarotkamera (PM 280 Flir-Systems, Frankfurt) aufgenommenen Standbilder (5 nm Wellenlänge) wurden anschließend am PC ausgewertet.

Ergebnisse: Es wurde für die als klinisch Verbrennungsgrad II eingestuften Verletzungen positive Temperaturgradienten (ΔT v-g: 1,6 Kelvin Median) errechnet, während ΔT v-g für Verletzungen III Grades mit negativen Werten (-2,2 K Median) einhergingen. Der Zusammenhang zwischen klinisch geschätztem Verbrennungsgrad und gemessenen Temperaturwerten erwies sich als statistisch signifikant (p<0,01). Anhand der aus den thermographischen Messergebnissen errechneten Temperaturgradienten wurde ein Temperatur-Schwellenwert ΔT krit (-0,2 K) als Entscheidungskriterium errechnet, bei dessen Unterschreitung auf ein Verbrennungsgrad III, bei dessen Überschreitung dagegen ein Verbrennungsgrad II geschlossen werden sollte. Eine zutreffende Prognose nach der ersten Infrarotmessung hinsichtlich Transplantation konnte in 78% der Fälle (26 von 30: 17/18 ohne Transplantation und 3/12 mit Transplantation) gestellt werden. Der Kinderchirurg, der die Entscheidung zur Transplantation traf, kannte die Ergebnisse der Infrarotmessungen nicht.

Weiter zeigte sich, dass insbesondere Jungen im Alter bis zwei Jahre gefährdet sind. Der Anteil der ausländischen Kinder war mit 53,3% sehr hoch. Die Behandlungsdauer betrug 15,5 Tage im Median (Range 4–141 Tage)

Diskussion: Die Infrarotthermographie stellt ein zusätzliches, nicht invasives Diagnosekriterium zur Verfügung, mit dem möglicherweise das Ausmaß der Verbrennung/Verbrühung hinsichtlich Tiefe und Ausdehnung frühzeitig abgeschätzt werden kann und Fehlbeurteilungen reduziert werden könnten. Der Einsatz bleibt aber zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund des hohen technischen und personellen Aufwandes des Messverfahrens auf Verbrennungszentren begrenzt. Wünschenswert wäre eine multizentrische Evaluierung um die bisher individuellen Kriterien zur Transplantation zu standardisieren.