Klin Padiatr 2007; 219(5): 251
DOI: 10.1055/s-2007-985149
Editorial

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50 Jahre Kleihauer-Betke-Test: Eine vergessene Methode?

50 Years Kleihauer-Betke Test: A Forgotten Method?L. Gortner
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. August 2007 (online)

Vor 50 Jahren wurde die Methode zum Nachweis fetaler Erythrozyten in Blutausstrichen erstmals von Kleihauer, Braun und Betke beschrieben [5]. Die fundamentale Tragweite der Mitteilung für die Entwicklung in vielen medizinischen Subdisziplinen, insbesondere auch in der perinatalen Medizin, wird in dem Artikel von Frau Prof. Dr. E. Kohne gewürdigt [6].

Aus der Sicht der modernen Perinatologie ist diese Methode nicht aus den Laboranalysen wegzudenken, obschon sie unter den Bedingungen moderner Großlaboratorien an Klinika der Maximalversorgung zunehmend in Vergessenheit gerät. Die erneut zunehmende Zahl von Früh- und Neugeborenen mit Rhesusinkompatibilität und deren gravierende Konsequenzen ist in diesem Kontext zu erwähnen [4]. Ursache hierfür ist neben der unterlassenen Vorsorge die mangelhafte Überprüfung der Effizienz der Anti-D-Prophylaxe durch Unterlassen eines Kleihauer-Betke-Testes im Anschluss an die Applikation von Anti-D-Immunglobulin. Kontroversen um die notwendige Dosis von Anti-D sind ohne entsprechende Erfolgskontrollen sinnlos [2].

Darüber hinaus ist die Diagnose des fetomaternalen Transfusionssyndroms als eine der häufigsten Ursachen neonataler Anämien zunehmend in Vergessenheit geraten [7]. Auch hier ist der Kleihauer-Betke-Test die Basis für die Diagnostik und sollte als Standard wie bei der zuvor erwähnten Problematik jederzeit in Perinatalzentren verfügbar sein.

Die genannten Beispiele mögen belegen, dass gerade unter den Bedingungen einer hoch spezialisierten Perinatologie mit entsprechender pränataler Diagnostik und sich rasant verbessernden Behandlungsergebnissen, alte diagnostische Standards einen weiterhin unverzichtbaren Stellenwert haben und diese nicht durch die reduzierte Häufigkeit von schweren symptomatischen Rh-Inkompatibilitäten und anderen Komplikationen in Vergessenheit geraten dürfen [3]. Gleiches gilt für die Diagnostik von Hämoglobinopathien [1].

Insofern ist die Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung nicht nur in die Vergangenheit gerichtet, sondern auch unverzichtbarer Bestandteil zeitgemäßer diagnostischer Methoden in einer hochdifferenzierten Perinatologie.

L.Gortner

Literatur

  • 1 Hartmann K, Kulozik AE. Genetische modulierende faktoren der klinik der homozygoten sichelzellerkrankung.  Klin Pädiatr. 2006;  218 170-173
  • 2 Howard HL, Martlew VJ, MacFadyen IR, Clarke CA. Preventing Rhesus D haemolytic disease of the newborn by giving anti-D immunoglobulin: are the guidelines being adequately followed?.  Br J Obstet Gynaecol. 1997;  104 37-41
  • 3 Katiyar R, Kriplani A, Agarwal N, Bhatla N, Kabra M. Detection of fetomaternal hemorrhage following chorionic villus sampling by Kleihauer Betke test and rise in maternal serum alpha feto protein.  Prenat. Diagn. 2007;  27 139-142
  • 4 Kenneth J, Moise JR. Management of Rhesus Alloimmunization in Pregnancy.  Obstetrics & Gynecology. 2002;  100 600-611
  • 5 Kleihauer E, Braun H, Betke K. Demonstration von fetalem Blut in den Erythrozyten eines Blutausstriches.  Klin Wschr. 1957;  35 637-638
  • 6 Kohne E. 50 Years Kleihauer-Betke Test.  Klin Pädiatr. 2007;  219 252-253
  • 7 Salim R, Ben-Shlomo I, Nachum Z, Mader R, Shalev E. The incidence of large fetomaternal hemorrhage and the Kleihauer-Betke test.  Obstet Gynecol. 2005;  105 1039-1044

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Ludwig Gortner

Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum des

Saarlandes

66421 Homburg/Saar

eMail: ludwig.gortner@uks.eu