Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2008; 43(1): 20-28
DOI: 10.1055/s-2008-1038087
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesie bei Phäochromozytom – Besonderheiten, mögliche Komplikationen und medikamentöse Strategien

Anaesthesia for patients with phaeochromocytoma – specifics, potential complications and drug strategiesDirk Knüttgen, Frank Wappler
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. Januar 2008 (online)

Zusammenfassung

Die perioperative Betreuung von Patienten mit Phäochromozytom setzt präzise Kenntnisse der pathophysiologischen Grundlagen, spezifischen Komplikationsmöglichkeiten und medikamentösen Strategien voraus. Essenziell ist beispielsweise die präoperative Vorbehandlung mit einem a–Rezeptorenblocker. Intraoperativ kann es zu ausgeprägten Hypertensionen, tachykarden Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und massiven Blutungen kommen. Postoperativ drohen lang anhaltende Blutdruckabfälle und Hypoglykämien. Ein entsprechendes Monitoring, Volumenmanagement sowie der gezielte Einsatz kreislaufwirksamer Pharmaka sind unabdingbar. In diesem Artikel werden die wesentlichen pathophysiologischen Zusammenhänge sowie die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Anästhesieführung umfassend, aber dennoch kompakt dargestellt.

Abstract

Perioperative management of patients with phaeochromocytoma requires detailed knowledge on the pathophysiology and potential complications. Intraoperatively, hypertensive crisis and tachyarrhythmias may occur resulting from massive catecholamine release. Thus, preoperative treatment with the α–antagonist phenoxybenzamine is obligatory. In contrast, sodium nitroprusside is the substance of choice for intraoperative control of blood pressure. α–blocking agents may be used in phaeochromocytoma but only under sufficient α–blockade. Removal of a malignant tumour of the adrenal gland may induce massive haemorrhage, and thus anaesthetic management has to be modified.

Kernaussagen

  • Vor der elektiven Resektion eines Phäochromozytoms sollten die Patienten über mindestens 2 Wochen mit einem α–Rezeptorenblocker behandelt werden. Mittel der Wahl ist Phenoxybenzamin.

  • β–Rezeptorenblocker dürfen beim Phäochromozytom nur unter einer effektiven α–Blockade eingesetzt werden, da sonst hypertensive Krisen ausgelöst werden können.

  • Trotz adäquater Vorbehandlung kann es beim Patienten mit Phäochromozytom bereits während der Anästhesieeinleitung zu schweren, adrenergen Kreislaufreaktionen kommen. Die Narkose sollte daher stets unter invasiver Blutdruckmessung und in Bereitschaft potenter Antihypertensiva und eines β–Blockers eingeleitet werden.

  • Substanzen, die adrenerge Reaktionen auslösen können oder mit einer deutlichen Histaminausschüttung einhergehen, sind beim Phäochromozytom kontraindiziert.

  • Folgende Anästhetika sollten beim Vorliegen eines Phäochromozytoms nicht verwendet werden: Ketamin, Droperidol, Halothan, Enfluran, Desfluran, Pancuronium, Atracurium, Succinylcholin.

  • Mittel der Wahl zur intraoperativen Blutdrucksenkung beim Phäochromozytom ist Nitroprussidnatrium. Zur Vermeidung einer möglichen Zyanidintoxikation muss gleichzeitig Natriumthiosulfat infundiert werden.

  • Die häufigsten Probleme nach der Resektion des Tumors sind Blutdruckabfälle und Hypoglykämien. Selten entwickelt sich eine Nebennierenrindeninsuffizienz.

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Dr. med. Dirk Knüttgen

eMail: knuettgend@kliniken-koeln.de

Prof. Dr. med. Frank Wappler