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DOI: 10.1055/s-2008-1064936
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Wir stellen vor: Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
11. März 2008 (online)
Das Metabolische Syndrom gilt als wichtige Ursache sowohl für kardiovaskuläre Erkrankungen als auch für den Diabetes mellitus Typ 2. Es ist damit von enormer sozialer und medizinischer Bedeutung, obgleich eine einheitliche Definition bislang fehlt. Nach wie vor sind viele Fragen zur Ätiopathogenese, zu den anzunehmenden Grenzwerten und zur Wertigkeit einzelner Komponenten als Risikofaktoren offen.
Erstmals 1981 in Dresden beschrieben, beinhaltet es einen ganzen Strauß von Erkrankungen, die maßgeblich durch unsere heutige Lebensweise mit Fehlernährung und Bewegungsmangel hervorgerufen werden. Dazu gehören vor allem der Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen und in erster Linie die Adipositas. Sie beeinflussen sich gegenseitig und potenzieren somit vor allem das kardiovaskuläre Risiko der Patienten.
Im Moment gibt es eine heftige wissenschaftliche Diskussion ob des Bestehens des Metabolischen Syndroms.
Ist es eine eigenständige Krankheit oder nicht? Ist es ein zufälliges oder pathogenetisches Zusammenspiel von Risikofaktoren? Muss es in seiner Komplexität oder in seinen Einzelentitäten behandelt werden?
Trotz dieser Diskussion gibt es konsentierte Statements der großen Fachgesellschaften im Hinblick auf die Diagnostik, Prävention und Therapie des Metabolischen Syndroms.
Das Metabolische Syndrom bezeichnet sowohl den „Risiko-Cluster” der genannten Faktoren als auch das gemeinsame Vorkommen der verschiedenen Krankheits-Entitäten.
Aufgrund der hohen Relevanz der einzelnen Kriterien für die Entwicklung vaskulärer Erkrankungen bezeichnen wir die Konstellation der verschiedenen kardiovaskulären Risikofaktoren erstmals als „Metabolisch-Vaskuläres Syndrom” (MVS).
Das vorliegende Heft stellt Ihnen eine Leitlinie für die tägliche Praxis zur Erkennung von Risikofaktoren, Diagnostik und lebensqualitätsorientierten Behandlung des Metabolisch-Vaskulären Syndroms vor, die auf den evidenzbasierten Empfehlungen der Europäischen Kardiologen-Gesellschaft, der Europäischen Arteriosklerose-Gesellschaft, des National Cholesterol Education Program Adult Treatment Panel III, der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdruckes, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Bundesärztekammer (Versorgungsleitlinien) und der Fachkommission Diabetes Sachsen aufbaut. Diese Leitlinie soll Hausärzten, Internisten, Diabetologen/Endokrinologen, Kardiologen, Angiologen, Neurologen, Gefäßchirurgen in Niederlassung und Klinik eine Hilfe sein, bei der täglichen Arbeit mit Patienten, die an einem Metabolisch-Vaskulären Syndrom (MVS) leiden, optimal zu diagnostizieren und zu behandeln. Sie soll ferner die Grundlage für Versorgungskorridore bilden und Schnittstellen der einzelnen Versorgungsebenen definieren. Gleichzeitig stellt sie eine Basis für die niedergelassenen Ärzte in der Diskussion mit den Kostenträgern dar.
Wir möchten uns mit diesem Thema einer derzeit kontrovers diskutierten Problematik stellen. Das Metabolisch-Vaskuläre Syndrom ist ein Beispiel für einen Paradigmenwechsel in der Medizin: Weg von einer Einzelbetrachtung bestimmter Erkrankungen oder Symptome und hin zu einer ganzheitlichen klinischen Betrachtung aller Facetten eines Patienten. Gerade vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen im Gesundheitswesen ist die Risikostratifizierung und Definition von Krankheits-Clustern von enormer Bedeutung für den effektiven Einsatz der vorhandenen Mittel.
Wir würden uns freuen, wenn dieses Schwerpunktheft Ihr Interesse weckt.
Dr. med. Antje Bergmann
Dr. med. Peter E. H. Schwarz
Prof. Dr. med. J. Schulze