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DOI: 10.1055/a-2130-2374
Assoziationen eines leicht verständlichen Patientenbriefs zur Gesundheitskompetenz nachstationärer Patienten. Ergebnisse einer randomisiert kontrollierten Interventionsstudie
Artikel in mehreren Sprachen: English | deutschZusammenfassung
Hintergrund 54% der deutschen Bevölkerung verfügt über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Eingeschränkte Gesundheitskompetenz ist assoziiert mit schlechteren Gesundheitsoutcomes und höherer Inanspruchnahme des Gesundheitssystems.
Ziel der Arbeit In der Pilotstudie wurden Effekte eines Patientenbriefs auf die Gesundheitskompetenz nachstationärer Patienten einer Inneren Klink mittels HLS-EU-Q47 untersucht. Zudem wurde der Bedarf an schriftlichen, leicht verständlichen Informationen analysiert.
Methodik In einer randomisiert kontrollierten Studie (2016–2018) wurden die Effekte des Patientenbriefs auf die Gesundheitskompetenz nachstationärer Patienten mittels eines Fragebogens geprüft. Die Interventionsgruppe (IG, n=242) erhielt 3 Tage nach Entlassung einen Patientenbrief, die Kontrollgruppe (KG, n=175) nur den üblichen ärztlichen Entlassbrief.
Ergebnisse 60% der Patienten wiesen eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf. Die Studie konnte keinen Einfluss der Patientenbriefe auf das Gesamtkonzept Gesundheitskompetenz nachweisen. Die Analyse von Einzelitems der Gesundheitskompetenz zeigte, dass das Verständnis von ärztlichen Anweisungen sowie das Verstehen und Anwenden von Informationen und Einnahmehinweisen zu Medikamenten stieg (Cohens d≥0,20). Zudem berichteten Patienten einen hohen Bedarf an Informationen nach Krankenhausaufenthalt (99%) und bewerteten den Patientenbrief als informativ, verständlich und hilfreich.
Schlussfolgerungen Ein leicht verständlicher Patientenbrief befähigt Patienten zum besseren Verstehen und Anwenden medizinischer Informationen und Anweisungen. Patientenseitig besteht ein hoher Bedarf an verständlichen Informationen nach Krankenhausaufenthalt.
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Schlüsselwörter
Gesundheitskompetenz - Patientenbrief - Krankenhausaufenthalt - Entlassmanagement PatientenbefähigungHintergrund
Gesundheitskompetenz ist ein komplexes, relationales und multidimensionales Konstrukt [1]. Sie umfasst das Wissen, die Motivation und die Kompetenz, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden. Diese Kompetenzen sind notwendig, um Entscheidungen in den Bereichen Krankheitsmanagement, Prävention und Gesundheitsförderung zu treffen [1] [2] [3]. Gesundheitskompetenz berücksichtigt nicht nur die persönlichen Ressourcen, sondern ist auch kontextabhängig [4] [5] und sollte daher als ein Zusammenspiel der folgenden Faktoren verstanden werden
-
Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person (persönliche Gesundheitskompetenz) und
-
die jeweiligen Anforderungen, die an den Einzelnen in den jeweiligen Systemen und Organisationen, in denen er sich befindet, gestellt werden (systemische/organisatorische Gesundheitskompetenz) [4] [5] [6] [7] [8].
Je komplexer diese Systeme sind, desto höher sind die Anforderungen an die Person, die sich in diesem System bewegt und Gesundheitsentscheidungen treffen muss. Organisatorische Gesundheitskompetenz reduziert also in den jeweiligen Kontexten die Anforderungen, die das Gesundheitssystem an den Einzelnen stellt.
Dieses umfassende Verständnis sollte bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz berücksichtigt werden. Diese sollten sich nicht nur auf die Stärkung der persönlichen Kompetenzen und Fähigkeiten konzentrieren, sondern auch auf die Verbesserung der jeweiligen Gestaltung der situativen Anforderungen und Kontextfaktoren [4] [7]. Ein Beispiel für die Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Anpassung der Informationen an die Bedürfnisse des Patienten durch eine für den Patienten verständliche Kommunikation. Dennoch zeigt sich, dass die Patienten mit der Kommunikation in den herkömmlichen Entlassungsbriefen oft unzufrieden sind und Probleme bei der Verarbeitung der darin enthaltenen Informationen haben [9]. So haben 54,3% der Bevölkerung in Deutschland erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen [3]. Ein Ansatz, die Kommunikationslücke zwischen Patienten und Ärzten zu schließen, ist der sogenannte Patientenbrief. Er wurde von der “Was hab’ ich?” gGmbH initiiert, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern, indem sie Patienten die Möglichkeit bietet, ihre medizinischen Befunde in eine leicht verständliche Sprache “übersetzen” zu lassen.
Im Folgenden berichten wir über die Pilotierung eines leicht verständlichen Patientenbriefes nach einem stationären Aufenthalt. Der Artikel untersucht die Akzeptanz des Patientenbriefs, mögliche Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe und stellt erste Überlegungen zur Implementierung des Patientenbriefs an. Im Mittelpunkt dieses Artikels stehen die Fragen,
-
wie Patienten ihre Gesundheitskompetenz nach dem Krankenhausaufenthalt einschätzen,
-
wie der Patientenbrief mit der Gesundheitskompetenz der Patienten zusammenhängt,
-
wie der Patientenbrief von den Patienten bewertet wird und
-
welche Informationen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus benötigt werden.
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Methodik
Aufbau der Studie
Die randomisierte kontrollierte Pilotstudie wurde von 06/2016 bis 04/2018 durchgeführt. Rekrutiert wurden Patientinnen und Patienten der Abteilung für Innere Medizin der Paracelsus-Klinik Bad Ems, die sich im Studienzeitraum in stationärer Behandlung befanden. Eingeschlossen wurden alle geplanten Patienten mit ausreichenden Deutschkenntnissen, wobei mehrfache Krankenhausaufenthalte im Studienzeitraum ein Ausschlusskriterium waren. Die rekrutierten Patienten wurden in einem konsekutiven Sampling zufällig der Interventionsgruppe (IG) oder der Kontrollgruppe (KG) zugeordnet. Da es zum Zeitpunkt der Studie in Deutschland keine Interventionsstudien zur Gesundheitskompetenz gab, wurde die Stichprobengröße auf der Grundlage einer früheren Studie berechnet, die die Auswirkungen eines Patientenbriefs auf die Therapietreue untersucht hatte (Quelle). Ausgehend von einer Effektgröße von d=3 (zweiseitiger t-Test), einem Konfidenzintervall von 95% und einer Power von 0,8 wurde eine Mindestfallzahl von 176 Teilnehmern pro Gruppe angestrebt.
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Intervention
Die konventionellen Entlassungsbriefe der Studienteilnehmer, die von Krankenhausärzten verfasst wurden, wurden digital und datenschutzkonform an “Was hab’ ich?” übermittelt. Das medizinische Personal des gemeinnützigen Unternehmens übersetzte die Entlassungsbriefe in eine für die Patienten leicht verständliche Sprache. Jeder der übersetzten Patientenbriefe enthielt individuelle Informationen über den Grund der Aufnahme, den Verlauf der Klinik, das Krankheitsbild, durchgeführte Untersuchungen, verordnete Medikamente und deren Wirkung, kardiovaskuläre Risikofaktoren und gesundheitsförderndes Verhalten des Patienten.
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Datenerhebung
Patienten der IG erhielten den leicht verständlichen Patientenbrief etwa drei Tage nach der stationären Entlassung aus dem Krankenhaus zusätzlich zum herkömmlichen Entlassungsbrief per Post. Die Patienten der KG-Gruppe erhielten bei der Entlassung nur den konventionellen Entlassungsbrief. Der Studienfragebogen wurde den Patienten etwa drei Tage nach Versand des Patientenbriefs (IG) bzw. nach der Entlassung (KG) per Post zugestellt.
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Messgerät
Zusätzlich zu den soziodemografischen Daten wurden die folgenden Elemente zur Beantwortung der Forschungsfragen herangezogen:
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24 ausgewählte Items des deutschsprachigen European Health Literacy Survey HLS-EU-Q47, die für die Frage der Gesundheitskompetenz von Patienten nach der Entlassung relevant sind [1]
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Fragen zur Bewertung des Patientenbriefs (nur IG) und zur Einschätzung des Bedarfs an verständlichen und schriftlichen Informationen zum Krankenhausaufenthalt
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Analyse
Bildung von Indizes zur Gesundheitskompetenz
Auf der Grundlage des konzeptionellen Modells der Gesundheitskompetenz von Schaeffer et al. [3] wurde der Gesamtindex der Gesundheitskompetenz aus 24 Items zur Gesundheitskompetenz gebildet. Der Index enthält vier verschiedene Kompetenzstufen: “unzureichend”, “problematisch” (diese beiden Kategorien werden zu “begrenzte/eingeschränkte” Gesundheitskompetenz zusammengefasst), “ausreichend”, “ausgezeichnet” (diese beiden Kategorien werden zu “nicht eingeschränkter” Gesundheitskompetenz zusammengefasst). Die Cut-off-Werte für die Kompetenzstufen sind wie folgt: 0–50% der erreichten Punkte “unzureichend”,>50–66% “problematisch”,>66–84% “ausreichend” und>84–100% “ausgezeichnet”. Darüber hinaus wurden Teilindizes aus Items gebildet, die nach der Fähigkeit der Patienten fragten, Informationen in den Bereichen Krankheitsmanagement, Prävention und Gesundheitsförderung zu finden, zu verstehen, zu bewerten und zu nutzen.
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Statistische Auswertung
Der Einfluss der Faktoren Geschlecht, Alter, Bildungsniveau und Intervention auf die Gesundheitskompetenz wurde mit Hilfe eines linearen Regressionsmodells untersucht. Die Berechnungen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS 25.0 durchgeführt. Die Daten zum Gesamtindex und zu den Teilindizes wurden zunächst deskriptiv ausgewertet und anschließend verglichen (Mittelwertvergleich: T-Test für unverbundene Stichproben; Vergleich der Häufigkeiten: Pearson’s Chi²-Test). Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt. Die 24 einzelnen Items zur Gesundheitskompetenz wurden ausschließlich deskriptiv ausgewertet. Als Effektmaß wurde Cohen’s d berechnet, um zu prüfen, ob und wie sich die Mittelwerte der IG und KG unterscheiden.
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Ergebnisse
Beispielhafte Beschreibung
Von 1.772 postalisch versandten Fragebögen konnten 417 (24%) ausgefüllte Fragebögen (IG: n=242, KG: n=175) in die Auswertung einbezogen werden.
56% aller teilnehmenden Patienten waren männlich. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer betrug 70,6 Jahre, wobei die über 65-Jährigen die größte Altersgruppe darstellten (71%). Die Hälfte der Studienteilnehmer (50%) hatte einen niedrigen, 19% einen mittleren und 15% einen hohen Bildungsstand. Etwa die Hälfte der Befragten bewertete ihren Gesundheitszustand als durchschnittlich und jeweils ein Viertel als gut/sehr gut oder schlecht/sehr schlecht (siehe [Tab. 1]).
Variable |
Gesamt n (%) |
IG n (%) |
KG n (%) |
---|---|---|---|
Studienteilnehmer |
417 (100,0%) |
242 (58,0%) |
175 (42,0%) |
Geschlecht |
|||
männlich |
234 (56,1%) |
139 (57,4%) |
95 (54,3%) |
weiblich |
183 (43,9%) |
103 (42,6%) |
80 (45,7%) |
Alter |
|||
20 bis 45 Jahre |
13 (3,1%) |
8 (3,3%) |
5 (2,9%) |
46 bis 65 Jahre |
107 (25,7%) |
66 (27,3%) |
41 (23,4%) |
über 65 Jahre |
297 (71,2%) |
168 (69,4%) |
129 (73,7%) |
Bildungsstand |
|||
niedrig |
210 (50,4%) |
128 (52,9%) |
82 (46,9%) |
mittel |
80 (19,2%) |
43 (17,8%) |
37 (21,1%) |
hoch |
62 (14,9%) |
32 (13,2%) |
30 (17,1%) |
keine Angabe |
65 (15,6%) |
39 (16,1%) |
26 (14,9%) |
Gesundheitszustand |
|||
sehr gut – gut |
106 (25,4%) |
61 (25,2%) |
45 (25,7%) |
mittelmäßig |
215 (51,6%) |
120 (49,6%) |
95 (54,3%) |
schlecht – sehr schlecht |
96 (23,0%) |
61 (25,2%) |
35 (20,0%) |
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Gesamtindex der Gesundheitskompetenz
In der gesamten Stichprobe verfügten 17% der Befragten über eine unzureichende Gesundheitskompetenz und 43% über eine problematische Gesundheitskompetenz. 30% der Befragten verfügten über eine ausreichende Gesundheitskompetenz und 11% über eine ausgezeichnete Gesundheitskompetenz (vgl. [Abb. 1]). Insgesamt gaben 60% eine begrenzte Gesundheitskompetenz an.
Die Ergebnisse der Interventions- und Kontrollgruppe unterschieden sich nur geringfügig, die Unterschiede waren nicht signifikant (p=0,775).
Der Gesamtindex der Gesundheitskompetenz wurde in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Bildungsniveau analysiert. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen IG und KG im Gesamtindex der Gesundheitskompetenz festgestellt.
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Teilindizes der Gesundheitskompetenz
Etwa die Hälfte aller Patienten der Gesamtstichprobe zeigte nach dem Krankenhausaufenthalt eine eingeschränkte (problematische oder unzureichende) Gesundheitskompetenz in den Bereichen Krankheitsbewältigung (57%), Prävention (53%) und Gesundheitsförderung (49%) (vgl. [Abb. 2]).
In Bezug auf die vier Schritte der Informationsverarbeitung gab es in der Gesamtstichprobe Verteilungsunterschiede. Bei den Teilindizes Informationen verstehen und Informationen anwenden wies fast die Hälfte der Studienteilnehmer eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf (40% bzw. 46%). Bei den Teilindizes Informationen finden und Informationen bewerten wies sogar mehr als die Hälfte eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf (57% bzw. 64%).
In der deskriptiven Analyse zeigten sich Unterschiede zwischen IG und KG im Themenbereich Krankheitsbewältigung dahingehend, dass in der IG weniger Patienten über problematische oder unzureichende Gesundheitskompetenzen verfügten als in der KG (55% vs. 61%) (vgl. [Abb. 3]). Die vergleichende Analyse konnte jedoch in keinem der Teilindizes signifikante Unterschiede nachweisen.
In der deskriptiven Analyse auf der Ebene der einzelnen Items des Subindex Krankheitsbewältigung wurde für 3 der 12 Items ein positiver Mittelwertunterschied mit einem Cohen’s d über 0,2 gefunden: Die Patienten der IG schätzten ihre Fähigkeit, die allgemeinen Anweisungen des Arztes oder Apothekers zu befolgen, die Anweisungen des Arztes oder Apothekers zur Medikamenteneinnahme zu verstehen sowie diese Anweisungen zu befolgen, besser ein als die der KG (vgl. [Tab. 2]).
Item: Wie einfach/wie schwierig ist es … |
Gruppe |
MW (1–4) |
SD |
MW-Diff. |
SD (gep.) |
Coh-ens d |
---|---|---|---|---|---|---|
…die Anweisungen Ihres Arztes oder Apothekers zur Einnahme der verschrie-benen Medikamente zu verstehen? |
IG (n=221) |
3,29 |
0,68 |
0,15 |
0,71 |
0,21 |
KG (n=157) |
3,14 |
0,74 |
||||
…den Anweisungen für die Einnahme von Medikamenten zu folgen? |
IG (n=226) |
3,38 |
0,62 |
0,13 |
0,64 |
0,20 |
KG (n=160) |
3,26 |
0,66 |
||||
…den Anweisungen Ihres Arztes oder Apothekers zu folgen? |
IG (n=225) |
3,39 |
0,62 |
0,13 |
0,64 |
0,20 |
KG (n=156) |
3,26 |
0,67 |
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Fehlende Analyse
Die Fehlenden-Analyse und die Analyse der nicht gültigen Antworten im Gesamtindex und in den Teilindizes zeigte, dass ein hoher Anteil der Befragten mit weiß nicht oder gar nicht antwortete (8% IG vs. 20% KG, Chi2 -Test: p=0,006). Die vergleichende Analyse zeigte, dass signifikant mehr Befragte in der KG nicht wussten, wie sie ihre Kompetenz im Umgang mit Gesundheitsinformationen einschätzen sollten.
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Akzeptanz des Patientenbriefs
Die Patienten der Interventionsgruppe wurden nach der Verwendung und dem Nutzen des Patientenbriefs befragt. 87% gaben an, dass sie ihn ausführlich gelesen hatten. Etwa die Hälfte (53%) der Befragten hatte ihn einer anderen Person gezeigt und ein Viertel (25%) hatte ihn mindestens zwei anderen Personen gezeigt. 76% hatten mit einer oder mehreren Personen über den Patientenbrief gesprochen. Der Patientenbrief wurde von den Befragten der Interventionsgruppe überwiegend als informativ (97%), verständlich (97%) und hilfreich (95%) bewertet.
99% aller Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt fanden es wichtig/sehr wichtig, nach jedem Krankenhausaufenthalt eine verständliche, schriftliche Erklärung der Befunde mit nach Hause nehmen zu können; dabei gab es keine Unterschiede zwischen IG und KG.
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Diskussion
Die Stichprobe bestand überwiegend aus älteren Patienten mit niedrigem Bildungsstand. Diese Merkmale werden mit chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht [10] und begrenzter Gesundheitskompetenz [3] [11]. Wie im Nationalen Aktionsplan für Gesundheitskompetenz empfohlen [8]liefert die vorliegende Pilotstudie relevante Daten für diese gefährdete Bevölkerungsgruppe.
60% der Studienteilnehmer berichteten über Schwierigkeiten im Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen (gegenüber 54% in der repräsentativen Bevölkerungsstichprobe Deutschlands – HLS-GER [3]). In der vorliegenden Studie wurden Bevölkerungsgruppen mit ähnlichem Alter und ähnlicher Krankheitslast wie in den Subgruppenanalysen der HLS-GER [3] untersucht wurden. Die vorliegende Studie zeigt, dass weniger Patienten eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz aufwiesen als die in der HLS-GER untersuchten chronisch Kranken (60% vs. 73%) und älteren Bevölkerungsgruppen (60% vs. 66%). In der vorliegenden Studie berichteten weniger Teilnehmer über Probleme beim Auffinden (57% vs. 71%), Verstehen (40% vs. 60%), Beurteilen (64% vs. 69%) und Anwenden (46% vs. 58%) von Gesundheitsinformationen als im HLS-GER. Der Anteil der Studienteilnehmer mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz in den Bereichen Krankheitsbewältigung (57% vs. 67%) und Prävention (53% vs. 60%) ist etwas geringer als in den vulnerablen Gruppen der HLS-GER. Im Bereich der Gesundheitsförderung berichteten die Studienteilnehmer dieser Studie deutlich weniger Schwierigkeiten mit Gesundheitsinformationen als die Befragten der HLS-GER (49% vs. 78%) [3].
Es ist möglich, dass diese Ergebnisse darauf beruhen, dass sich die Patienten nach einem stationären Aufenthalt intensiv mit ihrer Krankheit und Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Gesundheit auseinandergesetzt haben (Krankenhauseffekt) und daher eine höhere Gesundheitskompetenz aufweisen.
Der Patientenbrief zielte nicht nur auf die Verbesserung der individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten der Patienten ab. Durch die Bereitstellung individueller, schriftlicher und leicht verständlicher Informationen als Informationsintervention eines Krankenhauses sollte eine Reduktion der Anforderungen an Patienten im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes (organisationale Gesundheitskompetenz) erreicht werden. Für den komplexen Gesamtindex Gesundheitskompetenz und die Teilindizes, die die persönlichen Kompetenzen und Fähigkeiten abbilden, ergaben sich daher keine signifikanten Unterschiede zwischen IG und KG.
Bei drei Einzelaspekten der Krankheitsbewältigung zeigte sich jedoch ein positiver Trend: Mehr Patienten in der Interventionsgruppe als in der Kontrollgruppe gaben an, dass sie in der Lage waren, medizinische Informationen gut anzuwenden. Auch gaben mehr Patienten in der IG als in der KG an, dass sie in der Lage waren, die Anweisungen zur verordneten Medikation zu verstehen und umzusetzen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Patientenbrief nicht nur Wissen über die Krankheit vermittelt, sondern auch ein Verständnis beim Patienten schafft, selbst mit der Krankheit umzugehen. Dies sind sehr relevante Kompetenzerweiterungen für Patienten nach der Entlassung, da sie sich direkt darauf auswirken, wie sie mit ihrer bestehenden Krankheit umgehen und sie bewältigen.
Der Patientenbrief wurde von den Patienten der Interventionsgruppe weitgehend akzeptiert und als informativ, verständlich und hilfreich eingestuft. 99% aller Patienten aus IG und KG wünschten sich bei der Entlassung verständliche und schriftliche Informationen über ihren Krankenhausaufenthalt. Diese Ergebnisse zeigen, dass seitens der Patienten ein Bedarf besteht, die organisatorische Gesundheitskompetenz durch eine verbesserte Patienteninformation bei der Entlassung aus dem Krankenhaus zu verbessern. Eine breite Umsetzung des Patientenbriefs erfordert jedoch eine Automatisierung, um mehr Entlassungsbriefe zeitnah bearbeiten zu können und damit die zusätzliche Belastung der Ärzte zu minimieren.
Darüber hinaus könnte auf der Grundlage der Studienergebnisse in weiteren Forschungsarbeiten untersucht werden, ob ein besseres Verständnis medizinischer Sachverhalte zu einer verbesserten Therapietreue oder sogar zu Verhaltensänderungen der Patienten führen kann.
Methodische Einschränkungen
An der Studie nahmen nur Patienten teil, die sich bei der Einwilligung zur Studie bewusst für den Erhalt eines Patientenbriefes entschieden hatten (Selektionsbias). Die Tatsache, dass an ihrer Gesundheit interessierte Patienten auch ohne Intervention eine höhere Gesundheitskompetenz aufweisen, könnte die Unterschiede in der Gesundheitskompetenz zwischen IG und KG erklären. Der Vergleich der Studienergebnisse mit den Ergebnissen der HLS-GER [3] bestärkt diese These.
Um den Fragebogen an die Zielgruppe anzupassen, wurden nur 24 Items aus dem HLS-GER verwendet, die für die Frage der Gesundheitskompetenz von Patienten nach der Entlassung relevant sind. Diese wurden von einem erheblichen Teil der Befragten nicht oder nicht gültig beantwortet. Dies deutet darauf hin, dass einige HLS-EU-Fragen zur Gesundheitskompetenz von der älteren Altersgruppe ohne zusätzliche Erklärungen nur schwer zu beantworten sind. Außerdem ist der Fragebogen möglicherweise weniger geeignet, wenn er als schriftliches Erhebungsinstrument verwendet wird. In der HLS-GER Studie wurden, anders als in der vorliegenden Studie, persönliche Interviews und der vollständige HLS-EU Q47 verwendet. Daher sind der Vergleich der Gesundheitskompetenz der jeweiligen Befragten sowie die Validität der Ergebnisse zum Einfluss des Patientenbriefs auf die Gesundheitskompetenz möglicherweise eingeschränkt. Eine altersgruppenbezogene Validierung [12] und eine genaue Überprüfung der mündlichen vs. schriftlichen Verwendung des HLS-EU-Q47 wäre daher wünschenswert.
In die Analyse der Indizes und Einzelitems der Gesundheitskompetenz wurden nur gültige Antworten einbezogen, was die Stichprobengröße in IG und KG reduzierte, so dass bei der verfügbaren Fallzahl und einer Power von 80% eine Effektgröße von 0,351 notwendig gewesen wäre, um signifikante Gruppenunterschiede in der Gesundheitskompetenz feststellen zu können. Dennoch lieferte diese Pilotstudie wichtige inhaltliche und methodische Ergebnisse, die für die Planung von Folgestudien nützlich sind.
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Datenschutz und Ethik
Das Projekt entsprach den Datenschutzbestimmungen des Niedersächsischen Landesbeauftragten für den Datenschutz (AZ: 2.2–1400–01/009) und erhielt eine Genehmigung der Ethikkommission der Technischen Universität Dresden (AZ: EK 30012016).
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Ein großer Teil der (post-)stationären Patienten weist eine problematische oder unzureichende Gesundheitskompetenz auf. Dieser vulnerablen Patientengruppe muss bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
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Ein leicht verständlicher Patientenbrief nach einem Krankenhausaufenthalt kann Patienten dabei helfen, Informationen über Medikamente und Gesundheitszustand selbständig zu finden und zu verstehen, sowie medizinische Informationen und Empfehlungen besser zu verstehen, was Unsicherheiten im Umgang mit Krankheit und Behandlung verringert.
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Patienten haben ein großes Bedürfnis nach verständlichen Gesundheitsinformationen. Ein leicht verständlicher Patientenbrief wird von Patienten als hilfreiche Informationsquelle (auch für Angehörige) bewertet.
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Krankenhäuser sollten verständliche, individuelle und schriftliche Patienteninformationen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz in ihr Entlassungsmanagement integrieren.
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Fördemittel
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden —
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Literatur
- 1 Sørensen K, van den Broucke S, Fullam J. et al. Health literacy and public health: a systematic review and integration of definitions and models. BMC Public Health 2012; 12: 80 DOI: 10.1186/1471-2458-12-80.
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- 11 Sørensen K, Pelikan JM, Röthlin F. et al. Health literacy in Europe: comparative results of the European health literacy survey (HLS-EU). Eur J Public Health 2015; 25: 1053-1058 DOI: 10.1093/eurpub/ckv043.
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Korrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. September 2023
© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
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Germany
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