Kompetenznetzwerk CAPNETZ - Antibiotische Vorbehandlung beeinflusst Copeptin-Spiegel

Inhaltsübersicht

Wie kürzlich in einer CAPNETZ-Studie gezeigt werden konnte, ist CT-pro-Vasopressin (Copeptin) prädiktiv für die Abschätzung der Mortalität bei ambulant erworbener Pneumonie (CAP: community-acquired pneumonia) [1]. Ein häufiges Problem bei der Diagnose der CAP ist die ambulante antibiotische Therapie vor Krankenhausaufnahme, die bei einem deutlichen Anteil der CAP-Patienten eingesetzt wird. Der Einfluss der antibiotischen Vortherapie auf die inflammatorischen Marker bei CAP ist nur sehr spärlich untersucht, zum Einfluss auf den Copeptin-Spiegel ist nichts bekannt. Für den Arzt in der Klinik ist diese Information jedoch wichtig. Sie kann ihm eine korrekte Interpretation der Laborwerte ermöglichen. Diese ist wiederum ausschlaggebend für die Thera-pieentscheidung. Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss einer antibiotischen Vortherapie auf die Copeptin-Spiegel bei CAP zu evaluieren [2].

In die Studie wurden 370 hospitalisierte Patienten (66 ± 17 Jahre, 42 % weiblich) mit nachgewiesener CAP aufgenommen. Bei Aufnahme in die Studie und so schnell wie möglich nach der CAP-Diagnose wurden venöse Blutproben entnommen. Ebenso wurden bei Aufnahme in die Studie die Spiegel des kardiovaskulären Biomarkers Copeptin, der inflammatorischen Marker Procalcitonin (PCT), C-reaktives Protein (CRP) und Leukozyten sowie der klinisch etablierte CRB-65-Score bestimmt.

Serumspiegel der inflammatorischen Marker bei CAP

85 Patienten hatten eine antibiotische Vortherapie erhalten, 285 Patienten nicht. Bei Patienten ohne antibiotische Vortherapie stiegen die Copeptin-Spiegel mit zunehmender Schwere der CAP an, bei Patienten mit antibiotischer Vortherapie dagegen nicht. Verglichen mit den Patienten ohne antibiotische Vortherapie, zeigten die Patienten mit antibiotischer Vortherapie statistisch signifikant niedrigere Spiegel von

- Copeptin [Median (Interquartil-Abstand): 12,8 (5,3, 22,6) vs. 20,8 (11,1, 37,8) pmol/l, p < 0,0001] und
- PCT [0,15 (0,07, 0,38) vs. 0,27 (0,10, 1,52) ng/ml, p = 0,0003],

aber nicht von
- CRP [113 (46, 229) vs. 122 (49, 231) mg/ml, n.s.] und
- Leukozyten [12,2 (8,1, 15,4) vs. 12,5 (9,4, 16,3) G/l, n.s.].

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Serumspiegel von Copeptin und PCT, aber nicht von CRP und Leukozyten bei Patienten ohne antibiotische Vortherapie höher sind, verglichen mit Patienten, die eine antibiotische Vortherapie erhalten haben. Copeptin und PCT sind somit sensitivere Biomarker bei der CAP, die rascher auf eine Therapie reagieren als die üblichen Marker CRP und Leukozyten. Wie kann man die niedrigeren Copeptin-Spiegel bei antibiotischer Vortherapie erklären? Copeptin ist ein kardiovaskulärer Biomarker und bei Sepsis erhöht. Die Entwicklung einer Sepsis bei CAP ist ein ernstzunehmendes Problem. Bei CAP-Patienten mit antibiotischer Vortherapie kommt es durch die antibiotische Therapie rasch zu einer Besserung der septischen Kreislaufsituation, wodurch auch das Copeptin sinkt.

Kommentar

Für die korrekte Interpretation der kardiovaskulären Biomarker wie dem Copeptin ist es wichtig, eine antibiotische Vortherapie, aber auch die inflammatorischen Marker bei einer CAP zu berücksichtigen. Nur so kann man die Kinetik der Biomarker unter antibiotischer Therapie adäquat einschätzen, um daraus die richtigen diagnostischen und therapeutischen Schlüsse zu ziehen.

PD Dr. Stefan Krüger, Aachen
Prof. Santiago Ewig, Bochum
Dr. Jan Kunde, Hennigsdorf
Alexa Hanschmann, Hennigsdorf
Prof. Reinhard Marre, Ulm
Prof. Norbert Suttorp, Berlin
Prof. Tobias Welte, Hannover für die CAPNETZ-Studiengruppe

Literatur

• 01 Krüger S, Papassotiriou J, Marre R et al. Pro-atrial natriuretic peptide and pro-vasopressin to predict severity and prognosis in community-acquired pneumonia. Results from the German competence network CAPNETZ.  Intensive Care Med. 2007;  33 2069-2078
• 02 Krüger S, Ewig S, Kunde J et al. Pro-vasopressin (copeptin) in patients with community-acquired pneumonia - influence of antibiotic pre-treatment: results from the German competence network CAPNETZ.  J Antimicrob Chemother . 2009;  64 159-162