Pneumologie 2012; 66(03): 133-171
DOI: 10.1055/s-0031-1291619
Empfehlungen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Empfehlungen zur Therapie, Chemoprävention und Chemoprophylaxe der Tuberkulose im Erwachsenen- und Kindesalter[*]

Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)Recommendations for Therapy, Chemoprevention and Chemoprophylaxis of Tuberculosis in Adults and ChildrenGerman Central Committee against Tuberculosis (DZK), German Respiratory Society (DGP)
T. Schaberg
1   Zentrum für Pneumologie, Diakoniekrankenhaus Rotenburg (Wümme)
2   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Berlin
,
T. Bauer
2   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Berlin
3   Lungenklinik Heckeshorn, HELIOS Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
S. Castell
2   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Berlin
,
K. Dalhoff
4   Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
,
A. Detjen
5   International Union against Tuberculosis and Lung Disease, New York (USA)
,
R. Diel
2   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Berlin
,
U. Greinert
6   MVZ und Medizinische Klinik, Forschungszentrum Borstel
,
B. Hauer
7   Robert Koch-Institut, Berlin
,
C. Lange
8   Klinische Infektiologie, Forschungszentrum Borstel
,
K. Magdorf
9   Charité-Universitätsmedizin Berlin
,
R. Loddenkemper
2   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Berlin
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Tom Schaberg
Zentrum für Pneumologie
Diakoniekrankenhaus Rotenburg
Elise-Averdieck-Str. 17
27356 Rotenburg (Wümme)

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Februar 2012 (online)

 

Zusammenfassung

Seit der Veröffentlichung der Empfehlungen des DZK zur medikamentösen Therapie der Tuberkulose (TB) 2001 sowie zur Chemoprävention der latenten tuberkulösen Infektion (LTBI) 2004 sind verschiedene neue internationale Empfehlungen erschienen. Diese sind in die jetzigen Empfehlungen, welche sowohl die Therapie der aktiven Tuberkulose als auch die präventive Behandlung darstellen, integriert, wobei Deutschland-spezifische Adaptationen betont werden.

Jeweils gesondert wird das aktuelle Vorgehen bei Mono-, Poly- und Multiresistenzen oder Medikamentenunverträglichkeiten, bei kindlicher Tuberkulose, bei verschiedenen Formen der extrapulmonalen Tuberkulose, bei LTBI sowie in speziellen Situationen wie HIV-Infektion, Nieren- oder Leberinsuffizienz, Infektion nach BCG-Instillation bei Harnblasenkarzinom oder bei Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen vorgestellt.

Folgende Aspekte weichen von den früheren Empfehlungen ab: Die Dreifachtherapie der sogenannten vollsensiblen Minimaltuberkulose wird bei Erwachsenen nicht mehr empfohlen. Bei der Dosierung von Ethambutol für Erwachsene wird 15 mg/kg Körpergewicht als ausreichend angesehen. Für die Therapie der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB) werden vier Zweitrangmedikamente (zusätzlich ggf. Pyrazinamid) empfohlen. Die Dauer der Behandlung einer MDR-TB sollte wenigstens 20 Monate betragen, wobei ein injizierbares Medikament (Initialphase) mindestens über acht Monate gegeben werden sollte. Ciprofloxacin und Ofloxacin spielen bei der Behandlung der Tuberkulose keine Rolle mehr. Außerdem wird empfohlen, jedem Tuberkulosepatienten einen HIV-Test anzubieten, um ggf. eine antiretrovirale Therapie zu ergänzen und die antituberkulöse Therapie entsprechend zu modifizieren.


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Abstract

Several new international recommendations have been published since the German Central Committee against Tuberculosis (DZK) published its recommendations for drug treatment of tuberculosis (TB) in 2001 and for chemoprevention of latent tuberculosis infection (LTBI) in 2004. These international publications have been integrated in the present new recommendations which describe both the treatment of active TB and preventive treatment, pointing out specific adaptations for Germany.

Separate sections deal with the current management of mono-, poly-, and multiresistance or drug intolerance, of TB in children, of different forms of extrapulmonary TB, of LTBI and of special situations such as HIV infection, renal or hepatic insufficiency, infection following BCG instillation in bladder cancer or in case of adverse drug reactions.

The following aspects differ from the previous recommendations: A three-drug regimen for the so-called fully susceptible minimal TB is no longer recommended in adults. A dosage of 15 mg/kg body weight of ethambutol for adults is regarded as sufficient. Four secondline drugs (supplemented by pyrazinamide, where appropriate) are recommended for multidrug-resistant tuberculosis (MDR-TB). MDR-TB should be treated over a period of at least 20 months, with an injectable drug administered for a minimum of 8 months (initial phase). Ciprofloxacine and ofloxacine are no longer used to treat TB. It is also recommended to offer an HIV test to all TB patients to complement antiretroviral therapy, if necessary, and to adapt the antituberculous therapy accordingly.


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1 Einleitung

Die Inzidenz der Tuberkulose ist in Deutschland in den vergangenen 10 Jahren deutlich rückläufig [1] [2]. Der Reduktion der Fallzahlen stehen jedoch besondere therapeutische Herausforderungen gegenüber, da vermehrt Patienten[1] betreut werden müssen, deren Immunität eingeschränkt ist, die mit resistenten Mycobacterium tuberculosis-Stämmen infiziert sind oder bei denen eine besondere Behandlungssituation aufgrund einer Komorbidität oder einer sozioökonomischen Problemlage vorliegt.

Die letzte Therapieempfehlung des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) stammt aus dem Jahr 2001 [3]. Seit dieser Zeit sind sehr umfangreiche Therapieempfehlungen unter anderen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) [4] [5] [6], der American Thoracic Society (ATS) und den Centers for Diseases Control and Prevention (CDC) [7], dem National Collaborating Centre for Chronic Conditions (National Institute for Health and Clinical Excellence: NICE, UK) [8] und der International Union („The Union“; früher: „International Union Against Tuberculosis and Lung Disease“) [9] publiziert worden. In diesen Empfehlungen ist ein breites Wissen über die Therapie der Tuberkulose zusammengetragen worden, obwohl auch heute noch bei Weitem nicht alle Aspekte der Tuberkulosetherapie als evidenzgesichert gelten können. Die Autoren, das DZK und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) halten es daher für sinnvoll, auch den deutschsprachigen Lesern eine aktualisierte Therapieempfehlung an die Hand zu geben. Dabei nimmt diese Therapieempfehlung nicht für sich in Anspruch, die oben erwähnten umfangreichen Dokumente zu ersetzen. Die deutschen Empfehlungen stellen vielmehr eine auf die Deutschland-spezifischen Gegebenheiten adaptierte Zusammenfassung der internationalen Empfehlungen dar. Dies ist vor allem im Hinblick auf die WHO-Dokumente sinnvoll, deren Fokus auf der weltweiten Tuberkulose-Epidemie liegt und die daher insbesondere das Management der Tuberkulose in Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz und geringen ökonomischen Ressourcen im Blick haben. Dort, wo sich relevante Unterschiede zwischen den internationalen Empfehlungen und der deutschen Version ergeben, ist dies jeweils herausgestellt.


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2 Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland und der Welt

In der [Tab. 1] sind die wichtigsten Eckdaten zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland dargestellt. Die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) beziehen sich auf das Jahr 2009.

Tab. 1

Eckdaten zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für das Jahr 2009 (Quelle: Robert Koch-Institut [1]).

Anzahl

%-Anteil

Inzidenz

Allgemeine Daten

Anzahl der Tuberkulosekranken im Jahr 2009
darunter Todesfälle

4444
 154

 5,4
 0,2

Demografische Verteilung nach Geschlecht (n = 4433)
– männlich
– weiblich


2634
1799


59,4
40,6


 6,6
 4,3

Demografische Verteilung nach Alter (n = 4444)
– Erwachsene
– Kinder < 15 Jahre


4298
 146


96,7
 3,3


 6,2
 1,3

Staatsangehörigkeit (n = 4313)
– deutsche Staatsangehörige
– ausländische Staatsangehörige


2816
1497


65,3
34,7


 3,8
21,0

Todesfälle nach Geschlecht (n = 153)
– männlich
– weiblich


  86
  67


56,2
43,8

Weitere ausgewählte Daten

Geburtsland (n = 4301)
– in Deutschland geboren
– im Ausland geboren


2383
1918


55,4
44,6

Betroffene Organsysteme (n = 4340)
– pulmonale Tuberkulose, darunter
  offene Form
  geschlossene Form
– extrapulmonale Tuberkulose


3480
2749
 731
 860


80,2
79,0
21,0
19,8


  4,2
  3,4
  0,9
  1,0

Vorgeschichte/Vorerkrankung (n = 3984)
– mit Vorerkrankung
davon mit Angaben zur Vorbehandlung (n = 402 /537)
  – keine Vorbehandlung
  – Vorbehandlung
davon mit Angaben zum Ergebnis der Vorbehandlung (n = 270 /338)
  – komplette Vorbehandlung
  – inkomplette Vorbehandlung (Abbruch bzw. Versagen)
– ohne Vorerkrankung (Ersterkrankung)


 537

  64
 338

 228
  42
3447


13,5

15,9
84,1

84,4
15,6
86,5

Labordiagnostik (n = 4444)
– Nachweise gemäß Falldefinition


3208


72,2

Resistenzlage (n = 2989)
– Multiresistenz
– jegliche Resistenz (INH, EMB, RMP, PZA, SM)


  63
 342


 2,1
11,4

Behandlungsergebnis im Jahr 2008 (n = 4228)
– erfolgreiche Behandlung
– keine erfolgreiche Behandlung
– Behandlung noch nicht abgeschlossen


3448
 683
  97


81,5
16,2
 2,3

Hinweise

– Die Eckdaten basieren auf den Angaben, die im Rahmen der allgemeinen Meldepflicht von den Gesundheitsämtern für das Jahr 2009 bis zum Stichtag am 1. 8. 2010 an das Robert Koch-Institut übermittelt wurden.

– Die Daten zum Behandlungsergebnis beziehen sich auf das Jahr 2008 (Stichtag 1. 8. 2010).

– Die angegebene Inzidenz basiert auf der Zahl der Erkrankten pro 100 000 Einwohner in der jeweiligen Gruppe.

– Der dargestellte Prozentanteil bezieht sich auf die Anzahl der Erkrankungsfälle (n in Klammern), zu denen in Bezug auf die jeweilige Fragestellung entsprechende Informationen vorlagen.

Aus den Daten zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland ergibt sich die Tatsache, dass die Tuberkulose eine seltene Erkrankung geworden ist. Dies steht im Gegensatz zur weltweiten Tuberkulosesituation. Die WHO schätzt in ihrem WHO-Fact-Sheet zur Tuberkulose 2010/2011 (http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs104/en/), dass weltweit circa 2 Milliarden Menschen mit M. tuberculosis infiziert sind. Die Schätzungen für die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen an Tuberkulose liegen bei 9,4 Millionen und für die Prävalenz bei 14 Millionen. Die weltweite Inzidenz beträgt 137/100 000 Personen. An der Tuberkulose sterben jährlich 1,3 Millionen HIV-negative und 0,38 Millionen HIV-positive Patienten. Die am schwersten betroffenen Regionen sind Südost-Asien, Afrika und der westpazifische Raum. Während weltweit circa 11 – 13 % der Tuberkulose-Patienten HIV-positiv sind, beträgt der Anteil der Koinfektionen in Afrika regional bis zu 80 %. Besorgniserregend ist auch die Entwicklung von Resistenzen bei M. tuberculosis. Jährlich erkranken nach den WHO-Schätzungen durch multiresistenten Stämme (MDR-TB: Resistenz gegenüber mindestens Isoniazid und Rifampicin) 440 000 Patienten (3,8 % aller Neuerkrankungen) und 150 000 Patienten versterben an einer MDR-TB, d. h. die Letalität ist bei komplexen Resistenzen wesentlich erhöht. MDR-TB kommt insbesondere in den Staaten vor, die früher zur UdSSR gehörten, sowie in Indien und China. Bemerkenswert ist auch, dass bisher schon 69 Länder mindestens einen Fall mit einer extensiven Resistenz der Erreger gemeldet haben (XDR-TB: MDR-TB plus Resistenz gegen ein Fluorchinolon plus Resistenz gegen ein Aminoglykosid/Polypeptid) (http://www.who.int/tb/publications/2011/mdr_report_2011/en/index.html). Die WHO befürchtet, dass circa 5 % aller MDR-Tuberkulosen einen XDR-Resistenz-Typ aufweisen.

Aktuelle Berichte zur nationalen Tuberkulose- und Resistenzsituation werden regelmäßig durch das Robert Koch-Institut (www.rki.de) und zur internationalen Situation durch die WHO (www.who.int/en/) und das ECDC (www.ecdc.europa.eu) veröffentlicht.


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3 Grundprinzipien der Tuberkulosetherapie

Aufgrund der rückläufigen Fallzahlen in Deutschland nimmt zwangsläufig die Erfahrung in der Tuberkulosebehandlung ab. Eine nicht korrekt durchgeführte Behandlung ist die Hauptursache für die Entwicklung resistenter Stämme von M. tuberculosis sowie einer erhöhten Therapieversager- und Rezidivrate.

Die vorliegenden Empfehlungen sollen den behandelnden Arzt in seiner Therapieplanung unterstützen, es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Therapie, insbesondere komplizierter Tuberkuloseformen, immer von in der Tuberkulosetherapie erfahrenen Ärzten oder Zentren durchgeführt oder zumindest begleitet werden sollte.

[Tab. 2] führt wichtige Grundprinzipien auf, die für eine erfolgreiche Tuberkulosebehandlung entscheidend sind.

Tab. 2

Grundprinzipien der Tuberkulosetherapie.

Sorgfältige Anamnese

Tuberkulosevorerkrankung

Tuberkulosevorbehandlung (verwendete Medikamente, Dauer, Ergebnis)

Kontakt zu Tuberkulosekranken

Begleiterkrankungen

Immunstatus

Begleitmedikation

Alkohol- und Drogenanamnese

Risikofaktoren für das Vorliegen einer resistenten Tuberkulose (Herkunft, Vorbehandlung, Kontakt zu resistentem Tuberkulosefall oder zu Risikogruppen)

Diagnostik

HIV-Testung anbieten

Bakteriologische Diagnostikmöglichkeiten ausschöpfen; Einsatz von molekularbiologischen Schnellresistenztestverfahren bei Verdacht auf das Vorliegen von Medikamentenresistenzen

Immer kulturelle Sicherung mit phänotypischer Resistenztestung anstreben

Therapieplanung

Interaktionen und potenzielle unerwünschte Wirkungen der Tuberkulosemedikamente berücksichtigen

Nutzung von länderspezifischen Informationen zur Resistenzsituation, z. B. WHO/ECDC/RKI

Therapieplanung durch oder unter Begleitung eines in der Tuberkulosetherapie erfahrenen Arztes/Zentrums

Einschätzung der Patientenmitarbeit (direkt überwachte oder unterstützte Therapie indiziert?)

Sorgfältige Aufklärung der Patienten, ggf. unter Nutzung fremdsprachlichen schriftlichen Materials, Sprachmittler; Ansprechbarkeit auch unter Therapie

Sorgfältige Dokumentation der Therapie und des Verlaufs (Therapiepass)

Einsatz von fixen Medikamentenkombinationen prüfen

Kommunikation mit dem zuständigen Gesundheitsamt:
Meldepflicht (Erkrankung, Tod, Therapieabbruch); Information über Entlassung aus dem Krankenhaus; Unterstützung bei der Ermittlung von Kontaktpersonen; Mitteilung des Therapieergebnisses; Information über relevante Änderungen (z. B. Wegzug, mangelnde Patientenmitarbeit etc.); Absprache bei überwachter Therapie


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4 Grundlagen der Tuberkulosetherapie

4.1 Begründung der Kombinationstherapie

Die Behandlung der Tuberkulose erfolgt mit einer Medikamentenkombination [10 – 13). Die Begründung hierfür ergibt sich vor allem aus zwei Tatsachen:

  1. Wirksamkeit der Medikamente in der tuberkulösen Läsion
    Mycobacterium tuberculosis (M. tuberculosis-Komplex) kommt innerhalb der tuberkulösen Läsionen in biologisch sehr verschiedenen Populationen vor [14] [15]. So befinden sich innerhalb einer Kaverne bei hohem Sauerstoffpartialdruck und neutralem pH-Wert rasch wachsende M. tuberculosis-Komplex-Populationen, auf die besonders Isoniazid (INH) und, wenn auch in etwas geringerem Ausmaß, Rifampicin (RMP) einen bakteriziden Effekt haben. Streptomycin (SM) wirkt deutlich schwächer bakterizid, und Ethambutol (EMB) hat vor allem resistenzvermindernde Eigenschaften [14] [16].
    Innerhalb der nekrotisch-pneumonischen Läsionen der Lungentuberkulose finden sich bei sauren pH-Werten und niedrigem Sauerstoffpartialdruck langsam proliferierende M. tuberculosis-Komplex-Populationen, auf die besonders Pyrazinamid (PZA) und RMP bakterizid wirken. In den fibrotischen Herden hingegen werden Bakterienpopulationen gefunden, die einen unregelmäßigen Stoffwechsel aufweisen oder vollkommen ruhen. Auf Erreger ohne nachweisbare Stoffwechselaktivität wirkt keine antituberkulös wirksame Substanz. Diese Erreger können lediglich während ihrer kurzen metabolisch aktiven Phasen angegriffen werden. In diesen Populationen hat vor allem Rifampicin einen sterilisierenden Effekt.
    Streptomycin und EMB haben keine relevante Wirkung auf langsam proliferierende Erreger [16].
    Ein etwas differentes Konzept zur Abschätzung der antimykobakteriellen Wirkung der Medikamente geht auf Mitchison zurück [14] [15]. Hier wird zwischen dem „frühen bakteriziden Effekt”, dem „sterilisierenden Effekt” und der „Fähigkeit zur Verhinderung der Resistenzentstehung” unterschieden. Die Substanz mit der höchsten frühen Bakterizidie ist Isoniazid [17] [18], während Rifampicin sowohl den besten Effekt auf Erreger mit niedrigem Metabolismus hat (sterilisierender Effekt) [19] als auch die größte Potenz, eine Resistenzentstehung zu verhindern [15]. Theoretisch und experimentell bisher nicht eindeutig geklärt ist hingegen die Fähigkeit von Pyrazinamid, die Zahl der Rezidive nach einer 6-monatigen Kombinationstherapie (Kurzzeittherapie) zu senken [20].

  2. Resistenzvermeidung
    Der zweite Grund für die Kombinationsbehandlung liegt in der Notwendigkeit, eine Resistenzentstehung zu vermeiden oder bei bereits vorhandenen Resistenzen die Entwicklung weiterer Resistenzen zu verhindern. Dies ist stets notwendig, da sich in jeder größeren Population von M. tuberculosis-Komplex bereits spontan mutierte resistente Erreger befinden, die bei inadäquater Therapie selektioniert und sich weiter vermehren würden [21] [22] [23] [24]. Dabei ist die stochastische Frequenz spontan resistenter Mutanten für die einzelnen Medikamente unterschiedlich [25]. So kann man eine spontane Resistenz gegen INH in jeweils einem von 107 – 108 Erregern, gegenüber RMP in einem von 108 – 109 Erregern und gegenüber PZA, EMB oder SM in einem von 106 Erregern erwarten [25] [26].


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4.2 Wertung der antituberkulösen Medikamente: Erstrang- und Zweitrang-Medikamente

In der Tuberkulosetherapie werden die sogenannten Erstrang-Medikamente (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol) (siehe  [Tab. 4 – 6]) von den Zweitrang-Medikamenten (alle anderen in der Therapie der Tuberkulose eingesetzten Medikamente: siehe [Tab. 4, ] [Tab. 7 – 14]) unterschieden. Die Erstrang-Medikamente sind mikrobiologisch hochwirksam, in der Regel gut verträglich, und ihre Effektivität wurde in großen kontrollierten Studien gut belegt.

Zweitrang-Medikamente sind Substanzen, die in der Tuberkulosetherapie eingesetzt werden, auf die aber eines oder mehrere der oben genannten Kriterien (hohe Wirksamkeit, gute Verträglichkeit, eindeutige Studiendaten) nicht zutreffen.

Aus den oben angeführten Gründen ergibt sich aber auch innerhalb der Erstrang-Medikamente eine Gewichtung der einzelnen Substanzen. Danach sind INH und RMP die wichtigsten bakteriziden und resistenzvermeidenden Medikamente, deren besondere Bedeutung in der raschen Dezimierung der am Beginn der Erkrankung vorhandenen großen Erregermengen liegt [17] [27], wohingegen RMP und PZA die wichtigsten sterilisierenden Medikamente sind, die entscheidende Bedeutung für die endgültige Elimination der Bakterien und somit für den langfristigen Therapieerfolg haben [10]. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die Kombination der genannten Substanzen zu einer synergistischen und nicht nur additiven Wirkungsverstärkung führt [28].


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4.3 Therapiephasen: Initial- und Kontinuitätsphase

Die ersten 2 Monate der Standardtherapie ([Tab.15]) werden als Initialphase bezeichnet. Ziel der Initialphase ist die rasche Verminderung der Erregerzahl und damit die Senkung der Ansteckungsfähigkeit der Erkrankten unter Vermeidung einer Resistenzselektion. Nur die Gabe von vier wirksamen Medikamenten, gegen die der Stamm empfindlich ist, kann zu Beginn der Therapie sicherstellen, dass aus der großen Anzahl der Erreger keine resistenten Erreger selektioniert werden. Das Ziel der sich anschließenden Kontinuitätsphase (auch Stabilisierungsphase), die in der Standardtherapie 4 Monate dauert ([Tab.15]), ist die Ausheilung der Erkrankung und die Elimination der verbleibenden vitalen Erreger, um ein Rezidiv der Tuberkulose zu verhindern. In dieser Phase der Therapie ist die Anzahl der vorhandenen Erreger wesentlich geringer. Daher reicht in dieser Phase die Gabe von 2 Medikamenten aus, wenn der Erreger gegenüber diesen sensibel ist [29] [30].

Auf der Basis des oben Gesagten sind zwischen 1970 und 1995 in einer großen Zahl von kontrollierten Studien Therapieprinzipien entwickelt worden, die bei einem maximalen Therapieerfolg am Ende der Behandlung (> 95 %) eine minimale Rezidivrate (< 5 %) innerhalb von 5 Jahren nach Ende der Behandlung garantieren [11] [13] [31] [32] [33] [34] [35] [36] [37] [38] [39] [40] [41] [42] [43] [44].


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4.4 Medikamenteneinnahme

Bis auf wenige Ausnahmen bei den Zweitrang-Medikamenten werden alle Tuberkulosemedikamente zusammen in einer Dosis bevorzugt morgens eingenommen, da hier die beste Resorption erwartet werden kann. Wenn keine MDR-/XDR-Tuberkulose vorliegt, sollten alle Antibiotika einer Kombinationstherapie zum selben Zeitpunkt eingenommen werden. Eine Verteilung der Tagesdosen auf mehrere Einnahmezeitpunkte ist nur für in der Therapie der MDR-/XDR-Tuberkulose mit WHO-Klasse 4- (Protionamid, Terizidon oder PAS) oder WHO-Klasse 5- (Amoxicillin/Clavulansäure, Clarithromycin, Imipenem) Medikamenten notwendig. Auf Interaktionen mit anderen Medikamenten ist dabei zu achten.

Die Einnahme nach einem leichten Frühstück kann die Verträglichkeit verbessern. Eine Meta-Analyse von 157 Studien konnte zeigen, dass die Bioverfügbarkeit von INH, RMP und EMB durch Nahrungsaufnahme beeinflusst wird [45]. Die Bioverfügbarkeit von PZA wird hierdurch nicht verändert. Vor allem sehr fetthaltige Nahrung führt bei einigen Medikamenten zu einer geringeren Resorption mit der Folge verminderter Spitzenspiegel, sodass die Einnahme der Medikamente insbesondere zu fettreichen Mahlzeiten nicht empfohlen werden kann [46] [47] [48]. Milchprodukte, Calcium, Magnesium und Eisenpräparate dürfen nicht zusammen mit Fluorchinolonen eingenommen werden. Antazida stellen nur bei EMB ein potenzielles Resorptionshindernis dar [45].


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4.5 Tägliche versus intermittierende Medikamenteneinnahme

Es wird empfohlen, die Medikamente zur Therapie der Tuberkulose täglich über den gesamten Therapiezeitraum zu verabreichen, da dieses Vorgehen eine maximale Therapiesicherheit garantiert [4] . Ergeben sich auch nur die geringsten Zweifel an der regelmäßigen Einnahme der Medikamente durch den Patienten, wird eine überwachte Einnahme der Medikamente über den gesamten Therapiezeitraum empfohlen (directly observed treatment = DOT) [4].

Eine intermittierende Therapie (dreimal/Woche; Dosierungen siehe Tab. A3 im Anhang 13) wird für Deutschland nicht empfohlen. Falls sich eine tägliche Medikamentengabe aus zwingenden Gründen nicht realisieren lässt, sollte eine intermittierende Therapie nur in der Kontinuitätsphase und nur bei HIV-negativen Patienten mit voll medikamentensensibler Tuberkulose eingesetzt werden. Eine intermittierende Behandlung in der Kontinuitätsphase muss immer als überwachte Behandlung (siehe 4.8.5) erfolgen [4].


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4.6 Aufklärung vor Therapieeinleitung

Vor Beginn einer antituberkulösen Therapie sind der Patient und ggf. seine Angehörigen oder Betreuer umfassend und verständlich über die Grundprinzipien der Tuberkulosetherapie sowie die wichtigsten und häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (s. Anhang) aufzuklären. Wegen der Komplexität der Behandlung ist eine ergänzende schriftliche Information für den Patienten empfehlenswert. Bei Sprachbarrieren wird die Hinzuziehung eines Dolmetschers und die Verwendung fremdsprachlichen Informationsmaterials empfohlen. Die Patienten müssen genauestens über die Notwendigkeit informiert sein, im Fall einer relevanten unerwünschten Wirkung unverzüglich den Arzt zu konsultieren [4] [5].


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4.7 Dokumentation

Wir empfehlen, sowohl eine Dokumentation der Aufklärung vor der Therapie als auch eine schriftliche Einverständniserklärung des Patienten einzuholen.

Bei nicht für die Therapie der Tuberkulose zugelassenen Zweitrang-Medikamenten ist der off-label-use als Heilversuch in den Krankenakten umfassend zu dokumentieren.

Als sehr günstig hat sich die Ausgabe von Therapiepässen erwiesen, in denen Daten zur Therapie, zu den Verlaufskontrollen und zu Therapiebesonderheiten eingetragen werden (z. B. DZK-Chemotherapiekarte, Bezug über das DZK, www.pneumologie.de/dzk). Dieses Vorgehen erleichtert es allen Personen, die in die jetzige oder auch eventuelle spätere Tuberkulosebehandlungen eingebunden sind, sich einen raschen Überblick zu verschaffen.


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4.8 Ausgangsuntersuchungen und Verlaufskontrollen

4.8.1 Basisuntersuchungen vor Therapieeinleitung

Vor Beginn der Tuberkulosetherapie sollte ein umfassender Status erhoben werden. Hierzu gehört immer die Erfassung von Standardlaborparametern (Blutbild, Nieren- und Leberfunktionswerte). Eine HIV-Serologie sollte als Angebotsuntersuchung mit entsprechender Beratung durchgeführt werden. Bei anamnestischen Hinweisen ist auch eine Hepatitis-Serologie sinnvoll. Bei EMB-Gabe muss eine augenärztliche Funktionsuntersuchung, bei der Gabe von Aminoglykosiden eine Audiometrie und bei relevanten Einschränkungen der Hörfähigkeit unter Umständen auch eine Funktionsuntersuchung durch einen HNO-Arzt erfolgen.


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4.8.2 Verlaufsuntersuchungen während der Therapie

Die folgenden Routine-Kontrollintervalle werden empfohlen:

Laborwerte (Blutbild, Leberfunktionswerte, Nierenfunktionswerte) sollten nach 2, 4 und 8 Wochen und bei unauffälligen Befunden im Anschluss daran vierwöchentlich überprüft werden.

Eine augenärztliche Kontrolle wird unter EMB-Gabe bei Beschwerdefreiheit in vierwöchentlichen Abständen empfohlen. Bei der Gabe von potenziell ototoxischen Medikamenten (Aminoglykoside und Peptidantibiotika) sollte die Audiometrie ebenfalls vierwöchentlich erfolgen.

Bei eingeschränkter Funktion vor Therapiebeginn oder bei der Entwicklung auffälliger/pathologischer Resultate müssen, sofern sie nicht zum Absetzen der verursachenden Substanz führen, alle oben genannten Kontrollen engmaschiger erfolgen.

Kontrovers sind die Ansichten besonders hinsichtlich der Überwachung der Leberfunktion, wenn die prätherapeutischen Leberfunktionswerte normal sind und keine hepatische Vorerkrankung vorliegt [4] [7] [8]. Viele internationale Empfehlungen raten in diesem Fall nur zu Kontrollen bei symptomatischen Patienten. Dieses Vorgehen ist jedoch kritisch zu hinterfragen, da sich die Risikopopulationen für Leberfunktionsstörungen und tuberkulöse Erkrankungen in beträchtlichem Maße überlappen (z. B. Alkoholkrankheit, intravenöser Drogenkonsum, erhöhte Hepatitis B und C-Infektionsraten).


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4.8.3 Mikrobiologische Basis- und Verlaufsdiagnostik

Grundsätzlich sollte bei jeder Tuberkulose der kulturelle Nachweis der Erreger angestrebt werden. Bei jeder Tuberkulose mit kulturellem Erregernachweis muss eine phänotypische Empfindlichkeitsprüfung erfolgen. Zumindest bei Verdacht auf eine Erkrankung mit resistenten Erregern sollte unbedingt eine primäre molekularbiologische Resistenztestung vorgenommen werden [49] [50] [51]. Der Vorteil der molekularbiologischen Resistenztestung (Nachweis von mit Resistenzen verknüpften Genen) liegt in ihrer Fähigkeit, zumindest eine Rifampicin-Resistenz als Indikator für eine multiple Medikamentenresistenz (MDR-TB) schnell zu entdecken. Die WHO empfiehlt den Einsatz dieser Teste grundsätzlich beim Verdacht auf das Vorliegen einer MDR-TB und bei HIV-assoziierter Tuberkulose, in allen anderen Fällen optional je nach vorhandenen Ressourcen [6]. Da hiermit jedoch nicht alle relevanten Medikamente erfasst werden können, darf auf die phänotypische Resistenztestung nicht verzichtet werden.

Mikroskopische Kontrollen der bakteriologischen Befunde unter laufender Therapie sollten bei primär mikroskopisch positiven Lungentuberkulosen bis zur mikroskopischen Konversion durchgeführt werden, um die Infektiosität beurteilen zu können. In der Regel erscheinen 2-malige Untersuchungen pro Monat ausreichend. Erneute kulturelle Untersuchungen sollten jeweils nach 4, 8 und 12 Wochen erfolgen. Zur Dokumentation des Therapieerfolges sollte eine kulturelle Konversion am Ende der Initialphase nachgewiesen werden und in der Kontinuitätsphase gegen Ende der Therapie bestätigt werden [4]. Werden nach mehr als 8 Wochen Therapie noch Erreger kulturell nachgewiesen, wird eine erneute molekularbiologische und kulturelle Empfindlichkeitsprüfung empfohlen. Unabhängig hiervon muss betont werden, dass erneute mikrobiologische Untersuchungen immer dann indiziert sind, wenn der klinische und/oder radiologische Verlauf der Erkrankung nicht den Erwartungen entspricht.

Bei bakteriologisch bestätigten extrapulmonalen Tuberkulosen ist wegen der schwierigen Materialgewinnung eine bakteriologische Verlaufskontrolle oft nicht durchführbar. Eine Ausnahme stellt die Urogenital-Tuberkulose dar.


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4.8.4 Radiologische Basis- und Verlaufsdiagnostik

Der Ausgangsbefund der tuberkulösen Erkrankung muss mit geeigneten bildgebenden Verfahren dokumentiert werden. Bei der Lungentuberkulose, der Pleuritis tuberculosa und bei intrathorakalen Lymphknotentuberkulosen sollten die Röntgenaufnahmen des Thorax nach 4 und 8 Wochen wiederholt werden. Je nach dem Ausgangsbefund und dem klinischen Verlauf können jedoch auch kürzere Kontrollintervalle notwendig sein. Abhängig vom Erfolg der Therapie sind weitere Kontrollen festzulegen. In jedem Fall muss eine Röntgen-Thoraxaufnahme am Ende der Therapie erfolgen, da diese Teil der Erfolgsbeurteilung der Therapie und Ausgangspunkt der weiteren Verlaufsbeobachtung ist. Bei günstigem klinischem Therapieerfolg empfehlen wir Kontrollen der Röntgenaufnahmen des Thorax 3, 6, 12 und 24 Monate nach Beendigung der Behandlung. Bei extrathorakalen Tuberkuloseformen erfolgt die Verlaufsbeobachtung unter Verwendung des am besten geeigneten bildgebenden Verfahrens (Sonografie, Computertomografie, Kernspintomografie) in geeigneten Zeitintervallen und am Ende der Therapie. Auch bei mediastinalen Lymphknoten-Tuberkulosen empfiehlt sich das Thorax-CT zur Verlaufskontrolle. Über entsprechende Kontrollen in der Verlaufsbeobachtung nach der Therapie muss im Einzelfall entschieden werden.


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4.8.5 Therapieüberwachung

Die Therapieleitlinien der WHO [4] [5] betonen die Zusammenarbeit aller an der Behandlung der Tuberkulose Beteiligten. Der Patient soll dabei als aktiver Partner beteiligt werden. Auf Seiten des behandelnden Teams werden gute Kommunikationsfähigkeit, Sensibilität für mögliche Nicht-Adhärenz und respektvoller Umgang gefordert [13]. Die WHO empfiehlt, grundsätzlich eine Person im Umfeld des Patienten auszuwählen, welche als sogenannter „treatment supporter“ den Patienten während der langen Behandlungsdauer unterstützt und begleitet.

Aufmerksamkeit bezüglich möglicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen und ein adäquater Umgang damit fördern die Therapieadhärenz, als besonders wichtig wird dies im Zusammenhang mit resistenter Tuberkulose erachtet [52]. Innerhalb eines solch umfassenden Behandlungsrahmens, der die Bedürfnisse des Patienten in den Mittelpunkt stellt, ist auch die Empfehlung zur Therapieüberwachung zu verstehen (directly observed therapy: DOT) [4]. Die WHO fordert grundsätzlich eine direkt überwachte Therapie in der Initialphase, bei der intermittierenden Medikamenteneinnahme (in Deutschland nicht empfohlen) unabhängig von der Behandlungsphase, bei Patienten mit psychischen Erkrankungen, bei inhaftierten Personen oder wenn Zweitrang-Medikamente eingenommen werden [4].

Für Deutschland kann die Empfehlung ausgesprochen werden, bei jedem Zweifel an der Therapieadhärenz der Patienten eine überwachte Therapie zu veranlassen. Besonders zu empfehlen ist die Überwachung der Einnahme bei Patienten, bei denen einer der in [Tab. 3] aufgeführten Umstände vorliegt [53].

Tab. 3

Psychische und/oder soziale Indikationen und medizinische Gründe für eine überwachte medikamentöse Therapie.

Psychosoziale Indikationen

Substanzmissbrauch (auch in der Vorgeschichte)

schwere psychiatrische Erkrankungen

erhebliche Gedächtnisstörungen

disziplinarische Probleme während des Krankenhausaufenthaltes

ungünstige Wohn- oder Unterbringungsverhältnisse oder fehlender fester Wohnsitz

Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, in Alten- und Pflegeheimen, Kliniken, Justizvollzugsanstalten

Pflegebedürftigkeit

fehlende Krankenversicherung

Medizinische Indikationen

Rezidivtherapie

Therapie bei poly- oder multiresistenten Erregern

Therapie nach Therapieversagen/-abbruch

Ort der ambulant überwachten Einnahme kann das Gesundheitsamt sein, jedoch auch die Praxis des behandelnden Arztes, eine an ein Krankenhaus angeschlossene Ambulanz, eine Sozialstation, ein Obdachlosenheim oder ein Pflegeheim; auch kann sie von einem ambulanten Pflegedienst übernommen werden. Die persönlichen Kontakte und der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwischen Ärzten, Mitarbeitern des Gesundheitsamtes sowie anderen betreuenden Personen und dem Patienten sind dabei von zentraler Bedeutung [53] [54].

Bei Patienten mit infektiöser Tuberkulose, die die Therapie verweigern, kann auf richterliche Anordnung eine Zwangsisolierung angeordnet werden (§ 30, Absatz 2 Infektionsschutzgesetz).


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4.8.6 Indikationen zur stationären Therapieeinleitung

Grundsätzlich kann eine unkomplizierte Tuberkulose ambulant behandelt werden. Es gibt jedoch klare Indikationen für eine zumindest initiale Therapie unter stationären Bedingungen.

Bei einer ansteckungsfähigen Tuberkulose sollte zunächst anhand der folgenden Fragen geklärt werden, ob eine stationäre Therapieeinleitung notwendig ist:

  • Lässt der gesundheitliche Zustand des Patienten eine ambulante Behandlung zu?

  • Ist der Patient krankheits- und behandlungseinsichtig?

  • Gibt es Haus- und Fachärzte, die sich aktiv beteiligen?

  • Lässt die Wohnsituation eine ambulante Behandlung mit häuslicher Isolierung zu?

  • Gibt es Personen im häuslichen Umfeld, die ein erhöhtes Infektions- und Erkrankungsrisiko haben (z. B. Kinder, Immungeschwächte)?

Weitere Indikationen für eine stationäre Aufnahme/Therapie sind:

  • schwere Verlaufsformen

  • ausgeprägte Komorbidität (jeweils bis zur klinischen Stabilisierung)

  • nicht gesicherte Compliance (bis eine überwachte Therapie gesichert ist) bei Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, anderen psychiatrischen Erkrankungen etc.[2]

  • poly-, multi-, und extensiv-resistente Tuberkulosen (oft über Monate)

  • schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen

  • diagnostische Abklärung


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5 Medikamente zur Therapie der Tuberkulose

Während früher nur zwischen Erst- und Zweitrang-Medikamenten oder Standard- und Reserve-Medikamenten unterschieden wurde, erscheint es heute insbesondere unter dem Aspekt der weit verbreiteten Resistenzen der Tuberkuloseerreger sinnvoll, eine genauere Differenzierung der Zweitrang-Medikamente vorzunehmen. Wir empfehlen daher in Anlehnung an die WHO [4] [5], die Medikamente wie folgt einzuteilen ([Tab. 4]):

Tab. 4

Einteilung der Tuberkulosemedikamente nach der WHO.

Erstrang-Medikamente

WHO-Gruppe 1 ([Tab. 5], [Tab. 6])

Zweitrang-Medikamente

Injizierbare Medikamente

WHO-Gruppe 2 ([Tab. 7], [Tab. 11])

Fluorchinolone neuerer Generation

WHO-Gruppe 3 ([Tab. 8, ] [Tab. 12])

Zweitrang-Medikamente mit gesicherter Wirkung gegenüber M. tuberculosis

WHO-Gruppe 4 ([Tab. 9, ] [Tab. 13])

Zweitrang-Medikamente mit unklarer Wirkung gegenüber M. tuberculosis

WHO-Gruppe 5 ([Tab. 10, ] [Tab. 14])

5.1 Erstrang-Medikamente

Die Erstrang-Medikamente sind die wichtigsten Medikamente bei der Behandlung der Tuberkulose. Zu ihnen gehören die folgenden Substanzen ([Tab. 5]).

Tab. 5

Erstrang-Medikamente (WHO-Gruppe 1).[1]

Substanz

Deutsche Abkürzung

Internationale Abkürzung

Isoniazid

INH

H

Rifampicin

RMP

R

Pyrazinamid

PZA

Z

Ethambutol

EMB

E

1 Streptomycin wird in aktuellen WHO-Dokumenten nicht mehr einheitlich als Erstrang-Medikament aufgeführt, sondern überwiegend zu der Gruppe 2 der Zweitrang-Medikamente (injizierbare Substanzen) gerechnet. Wir folgen dieser Systematik.


Die Dosierung der Erstrang-Medikamente erfolgt bei Erwachsenen in der Regel bezogen auf das Körpergewicht, jedoch sind Höchstdosen zu beachten ([Tab. 6]). Zur Dosierung im Kindesalter wird auf das entsprechende Kapitel 9.1.2 verwiesen ([Tab. 21]).

Tab. 6

Dosierung der Erstrang-Medikamente bei Erwachsenen (tägliche Medikamentengabe).

Substanz

Dosis (mg/kgKG)

Dosisbereich (mg/kgKG)

Minimal- und Maximaldosis (mg)[1]

Isoniazid

 5

 4 – 6

 200 /300

Rifampicin

10

 8 – 12

 450 /600

Pyrazinamid

25

20 – 30

1500 /2500

Ethambutol

15[2]

15 – 25

 800 /1600

1 Abweichungen bei MDR-/XDR-Tuberkulose möglich.


2 Bei der Dosis richten wir uns nach den NICE-Empfehlungen und der WHO-Guideline: 15 mg/kgKG; in den USA-Empfehlungen Dosisreduktion von 25 mg/kgKG auf 15 mg/kgKG nach 8 Wochen [4, 7, 8, 55].


Im Anhang finden sich ausführliche Daten zur Pharmakologie und zu den einzelnen Medikamenten (Anhang 13: V und VII).

5.1.1 Fixe Kombinationen

Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol sind auch in verschiedener Zusammenstellung als fixe Kombinationen erhältlich.

Die Bioverfügbarkeit der einzelnen Substanzen in den fixen Kombinationen ist gesichert. Hierdurch ergibt sich in der Initialphase der Vorteil einer verringerten Anzahl der einzunehmenden Tabletten. Zusätzlich ist sowohl in der Initial- als auch in der Kontinuitätsphase sichergestellt, dass bei korrekter Einnahme immer alle Medikamente zusammen eingenommen werden. Die Nicht-Unterlegenheit der fixen Kombinationen gegenüber der Gabe der Einzelsubstanzen gilt als gesichert [56].

Die WHO empfiehlt daher zur Verbesserung der Therapieadhärenz Medikamentenkombinationspräparate. Als nachteilig kann allerdings die Möglichkeit angesehen werden, dass bei der Einnahme einer zu geringen Anzahl der fix-kombinierten Tabletten gleichzeitig alle in der Kombination enthaltenen Medikamente unterdosiert werden. Hierdurch kann das Risiko einer Resistenzentwicklung steigen und der Therapieerfolg gefährdet werden. Die Entscheidung, ob eine fixe Medikamentenkombination eingesetzt werden sollte, sollte daher unter individuellen Gesichtspunkten getroffen werden.


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5.2 Zweitrang-Medikamente

Zu den Zweitrang-Medikamenten gehören die in den [Tab. 7 – 10] aufgeführten Gruppen.

Tab. 7

Injizierbare Medikamente (WHO-Gruppe 2).

Substanz

Internationale Abkürzung

Streptomycin

SM

Amikacin

AMK

Capreomycin

CM

Kanamycin[1]

KM

1 Zur Zeit nach unserem Kenntnisstand nicht erhältlich.


Tab. 8

Fluorchinolone (FQ) (WHO-Gruppe 3).[1]

Substanz

Internationale Abkürzung

Levofloxacin

LFX[2]

Gatifloxacin

GFX[3] , [4]

Moxifloxacin

MFX[3]

1 Die WHO zählt auch Ofloxacin zu dieser Gruppe. Die Substanz ist ein Racemat und wird in Deutschland durch das linksdrehende Isomer Levofloxacin ersetzt.


2 Dritt-Generations-FQ.


3 Viert-Generations-FQ.


4 In Deutschland nicht erhältlich und daher im Folgenden nicht weiter besprochen.


Tab. 9

Zweitrang-Medikamente mit gesicherter Wirkung gegen M. tuberculosis (WHO-Gruppe 4).

Substanz

Internationale Abkürzung

Rifabutin[1]

RFB

Rifapentin[1]

RFP

Protionamid

Pto

Ethionamid[2]

Eto

Terizidon/Cycloserin[3]

Trd/Cs

Para-Aminosalicylsäure

PAS

1 Rifabutin und Rifapentin werden von der WHO in einigen Dokumenten als Erstrang-Medikamente aufgeführt [5]. Rifapentin ist in Deutschland nicht erhältlich.


2 Ethionamid ist in Deutschland nicht erhältlich.


3 Cycloserin ist in Deutschland nicht mehr verfügbar, stattdessen wird das Dimer des Cycloserins, Terizidon, eingesetzt.


Tab. 10

Zweitrang-Medikamente mit unklarer Wirkung gegen M. tuberculosis (WHO-Gruppe 5: Alphabetische Listung).

Substanz

Internationale Abkürzung

Amoxicillin/Clavulansäure

AMX/CLV

Clarithromycin

CLR

Clofazimin[1]

CFZ

Imipenem

IMP

Isoniazid (Hochdosis)[2]

HD-H

Linezolid

LZD

Thioacetazon[3]

THZ

1 Kann aus der Schweiz bezogen werden.


2 15 mg/kg KG/d: Nur wirksam bei Resistenzen, die auf einer low-level-Resistenz mit einer MHK < 0,2 mg/l (inhA-Promotor-Gen-Mutation) beruhen (siehe auch Kapitel 8.9.4).


3 In Deutschland nicht erhältlich.


Die Dosierungen der Zweitrang-Medikamente enthalten die folgenden [Tab. 11 – 14].

Tab. 11

Dosierung der injizierbaren -Medikamente bei Erwachsenen (WHO-Gruppe 2).

Substanz

Standarddosis (mg)

mg/kgKG

Applikation

Maximaldosis (mg)

Streptomycin

1000

15

i. v./i. m.

1000

Amikacin

1000

15

i. v./i. m.

1000

Capreomycin

1000

15

i. v./i. m.

1000

Kanamycin

1000

15

i. v./i. m.

1000

Tab. 12

Dosierung der Fluorchinolone bei Erwachsenen (WHO-Gruppe 3).

Substanz

Standarddosis (mg)

mg/kgKG

Maximaldosis (mg)

Levofloxacin

1000

15

1000

Moxifloxacin

 400

 – 

 400[1]

1 Bei MDR-TB sind auch höhere Dosen zulässig.


Tab. 13

Dosierung der Zweitrang-Medikamente bei Erwachsenen (WHO-Gruppe 4).

Substanz

Standarddosis (mg)

mg/kgKG

Maximaldosis (mg)

Rifabutin

   300

  5

   450

Rifapentin (1x/Woche)[1]

   900

  –

   900

Protionamid ohne INH
Protionamid mit INH

  1000
   500

 15
  7,5

  1000
   500

Ethionamid

  1000

 15

  1000

Paraaminosalicylsäure (i. v.)
PAS oral (auf 3 Dosen/d verteilen!)

12 000
9000 – 12 000

150
200

16 000
12 000

Terizidon

3 × 250

10 – 15

2 × 500

1 Besonderheit: 1 x wöchentliche Gabe!


Tab. 14

Dosierung der Zweitrang-Medikamente bei Erwachsenen (WHO-Gruppe 5) in alphabetischer Reihenfolge.

Substanz

Standarddosis (mg)

Maximaldosis (mg)

Amoxicillin/Clavulansäure

2 × 875 /125

2 × 875 /125

Clarithromycin

2 × 500

2 × 500

Clofazimin

100

100

Imipenem

3 × 1000

4 × 1000

Isoniazid (Hochdosis)

1000

15 – 20 mg/kg KG

Linezolid

1 × 600

2 × 600

Thioacetazon

150

150


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6 Standardtherapie der Tuberkulose

6.1 Differenzierung der Patienten vor Beginn der Therapie

Da auch in Deutschland resistente M. tuberculosis-Stämme vorkommen – im Jahre 2009 waren 11,4 % der Stämme resistent gegenüber mindestens einem der Erstrang-Medikamente (inkl. SM) und 2,1 % zeigten eine Multiresistenz – , muss vor Beginn einer Therapie eine Differenzierung der Patienten vorgenommen werden, die zwischen Patienten ohne Risikofaktoren für eine Medikamentenresistenz und Patienten mit Risikofaktoren für eine Resistenz unterscheidet. Als Risikofaktoren für eine Resistenz gelten jede mehr als 4-wöchige Vorbehandlung einer Tuberkulose, der Kontakt zu einem Indexfall mit resistenten Erregern und die Herkunft aus Ländern mit hoher Resistenzprävalenz [4] [5]. Liegt einer dieser Risikofaktoren vor, so sollte eine molekularbiologische Testung auf Resistenzgene für Rifampicin (± Isoniazid) erfolgen und beim Nachweis bzw. bei weiter bestehendem Verdacht, wie in Kapitel 8 beschrieben, vorgegangen werden.


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6.2 Standardtherapie für Patienten ohne Risikofaktoren für eine Medikamentenresistenz

Unter Berücksichtigung der für Deutschland bekannten Resistenzsituation wird für Patienten ohne Risikofaktoren für eine Resistenz entsprechend den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) [4] und anderen internationalen Empfehlungen [7] [9] [55] eine initiale Vierfachtherapie mit INH, RMP, PZA und EMB über 2 Monate empfohlen ( [Tab. 15]). In der Kontinuitätsphase der Therapie müssen INH und RMP über weitere 4 Monate bis zum Abschluss der sechsmonatigen Gesamttherapiedauer gegeben werden („Kurzzeittherapie“).

Tab. 15

Therapieempfehlungen für Erwachsene mit pulmonaler/intrathorakaler Tuberkulose (Kinder vgl. Kapitel 9.1.2).

Initialphase (Medikamente)

Dauer (Monate)

Kontinuitätsphase (Medikamente)

Dauer (Monate)

Gesamtdauer (Monate)

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

Die Gabe von nur drei Medikamenten (INH, RMP, PZA) in der Initialphase wird für Erwachsene nicht mehr empfohlen. Die große Gefahr einer initialen Dreifachtherapie mit INH, RMP und PZA liegt vor allem in einer nicht bekannten INH-Resistenz, da in einem solchen Fall wegen der Unwirksamkeit des PZA im nicht-sauren pH-Milieu de facto eine RMP-Monotherapie verabreicht wird, die in großen Erregerpopulationen zu einer Selektion RMP-resistenter Mutationen führen kann [9]. Eine solche Selektion kann durch EMB als viertes Medikament verhindert werden.

Nicht eindeutig kann die Frage beantwortet werden, ob es sinnvoll ist, nach dem Vorliegen der phänotypischen Resistenztestung und dem Nachweis voller Sensibilität gegenüber INH, RMP und PZA die Gabe von Ethambutol in der Initialphase einzustellen. Die WHO sieht dies wegen der Gefahr falscher Ergebnisse der PZA-Resistenzprüfung nicht vor. Bei der hohen Validität der Resistenztestungen in den deutschen mykobakteriologischen Laboren kann das Absetzen von EMB jedoch im Einzelfall durchaus erwogen werden.


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6.3 Dauer der Therapie bei Patienten ohne Risikofaktoren für eine medikamentenresistente Tuberkulose

Die sechsmonatige Standardtherapie setzt zwingend voraus, dass die Substanzen INH, RMP PZA und EMB zum Einsatz kommen. Kann auch nur eine der Substanzen aus Verträglichkeitsgründen (Kontraindikation oder Nebenwirkung) nicht gegeben werden, so ist analog einer Monoresistenz gegenüber der unverträglichen Substanz zu verfahren (siehe Kapitel 8). Dies gilt auch für Patienten mit einer M. bovis-Infektion, da M. bovis i. d. R. eine natürliche Resistenz gegenüber PZA aufweist.


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6.4 Verlängerung der Therapiedauer

Bei ausgedehnter kavernöser Lungentuberkulose und/oder einem mikroskopischen Nachweis von M. tuberculosis-Komplex über zwei Monate nach Behandlungsbeginn hinaus kann eine Gesamttherapiedauer von neun Monaten (2 Monate INH, RMP, PZA, EMB + 1 Monat INH, RMP, PZA + 6 Monate INH, RMP) auch bei erneut nachgewiesener bzw. bestätigter Medikamentensensibilität sinnvoll sein, um das erhöhte Risiko eines Rezidivs zu reduzieren [13].


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6.5 Überprüfung der Therapie anhand der Resistenztestung

Beim Eintreffen der Ergebnisse der Resistenztestung aus Kulturen von Sputen oder anderen Untersuchungsmaterialien, die vor Therapiebeginn gewonnen wurden, muss unmittelbar überprüft werden, ob bisher eine adäquate Therapie durchgeführt worden ist.


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6.6 Therapie der Tuberkulose ohne kulturelle Sicherung der Diagnose

Erfolgt keine bakteriologische (kulturelle) Sicherung der Diagnose, wird in Relation zum klinischen Therapieerfolg in gleicher Weise behandelt wie bei bakteriologisch gesicherten Tuberkulosen. Eine Behandlungsdauer von sechs Monaten ist ausreichend, sofern sich kein begründeter Verdacht auf eine Resistenz ergibt. Eine exakte Differenzialdiagnose wird jedoch in allen bakteriologisch negativen Fällen dringend empfohlen.

Die WHO empfiehlt die zusätzliche Gabe von EMB in der Kontinuitätsphase für Länder/Situationen mit hohen Raten an INH-Resistenz, wenn keine Resistenztestung vorliegt [4]. Dies ist auch in Deutschland bei Erkrankungen ohne Erregernachweis – und somit fehlender Resistenztestung – immer dann notwendig, wenn sich hinsichtlich der INH-Sensibilität Zweifel ergeben, z. B. bei der Herkunft aus Ländern mit hohen INH-Resistenzraten.


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6.7 Definition der Therapieergebnisse

Die Therapieergebnisse werden nach Kriterien des RKI standardisiert erfasst ([Tab. 16]) [2] [4]. Diese haben für den Kliniker weniger praktische Bedeutung, sind aber für die Gesundheitsämter und die Tuberkulose-Surveillance im Sinne einer Prüfung der Behandlungsqualität in Deutschland von Bedeutung.

Tab. 16

Definition der Therapieergebnisse für alle Tuberkuloseformen mit sensiblen Erregern (modifiziert nach RKI 2003[1]).

Ergebnis

Definition

Heilung

Bei kulturellem Nachweis von Bakterien des M. tuberculosis-Komplexes vor Behandlungsbeginn vollständig durchgeführte Behandlung mit Nachweis einer negativen Kultur im letzten Behandlungsmonat und zu wenigstens einem früheren Zeitpunkt.

Vollständige Behandlung

Nachweisliche Einnahme der Medikamente über den gesamten geplanten Therapiezeitraum ohne Vorliegen eines negativen kulturellen Untersuchungsergebnisses nach Abschluss der Therapie.

Versagen der Behandlung

Fünf Monate nach Behandlungsbeginn andauernde – oder nach kultureller Konversion erneute – kulturell nachweisbare Ausscheidung von Bakterien des M. tuberculosis-Komplexes.

Tod

Tod an Tuberkulose: vor Beginn oder während der Behandlung.

Tod an anderer Erkrankung (als Tuberkulose): vor Beginn oder während der Behandlung.

Behandlungsabbruch

Behandlungsunterbrechung über mehr als 2 aufeinanderfolgende Monate

Wegzug

Trotz Nachforschens unbekanntes Behandlungsergebnis

Behandlungserfolg

Heilung oder vollständig durchgeführte Behandlung

1 Robert Koch-Institut: Leitfaden zur Übermittlung von Fallberichten zur Tuberkulose, Berlin 2003 (www.rki.de).



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6.8. Therapieunterbrechungen

Unterbrechungen der Tuberkulosebehandlung können ärztlicherseits im Rahmen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen notwendig sein oder aber durch den Patienten infolge fehlender Therapieadhärenz bedingt sein. Unterbrechungen, die länger als zwei Monate dauern, gelten definitionsgemäß als Therapieabbruch. In diesem Fall ist die Therapie neu zu beginnen. Dabei muss vor allem bei mangelhafter Therapieadhärenz geprüft werden, ob sich die erneute Therapie jetzt an den Therapievorschlägen für vorbehandelte Patienten orientieren muss (siehe Kapitel 8.3).

Das Vorgehen bei kürzerer Therapieunterbrechung ist von der Art der Erkrankung und Vorbehandlung (Medikamentensensibilität, Einsatz von Zweitrang-Medikamenten), der Länge der Therapieunterbrechung, dem Zeitpunkt der Therapiepause (in der Initial- oder Kontinuitätsphase) und ggf. der Menge der vom Patienten ausgeschiedenen Erreger (mikroskopisch/kultureller Nachweis) abhängig. Je früher die Unterbrechung der Behandlung erfolgt und je länger sie andauert, umso eher muss die Therapie gänzlich von vorne begonnen werden [7]. Grundsätzlich sollte das weitere Vorgehen in Abstimmung mit einem Arzt erfolgen, der über eine ausreichende Erfahrung in der Therapie der Tuberkulose verfügt, da in diesen Fällen das Risiko für das Vorliegen bzw. die Entwicklung (weiterer) Resistenzen erheblich ist. Wenn Therapieunterbrechungen durch den Patienten wegen mangelnder Adhärenz verschuldet sind, muss eine direkt überwachte Therapie durchgeführt werden. Wenn diese im Vorfeld der Therapieunterbrechung bereits stattgefunden hat, sind weitere Maßnahmen, die die Adhärenz des Patienten fördern können, zu überlegen und zu ergreifen. Als letzte Maßnahme ist bei unkooperativen infektiösen Patienten – nach richterlichem Beschluss – eine zwangsweise Absonderung in einer dafür vorgesehenen Abteilung möglich (§ 30, Absatz 2 Infektionsschutzgesetz).


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6.9 Rezidive der Tuberkulose nach erfolgreicher Therapie

Im Allgemeinen sind Rezidive nach einer Standardtherapie einer sensiblen Tuberkulose über sechs Monate selten (weniger als 5 %). Wenn Rezidive auftreten, dann überwiegend innerhalb der ersten sechs (78 %) bzw. zwölf Monate (91 %) nach Ende der Behandlung [13].


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7 Extrapulmonale Tuberkulosen

Die Therapie extrapulmonaler Tuberkulosen folgt den gleichen Grundprinzipien der Behandlung der pulmonalen Tuberkulose mit entsprechendem Vorgehen bei Medikamentenresistenzen oder dem Verdacht auf eine solche. Besonderheiten ergeben sich in wenigen Fällen durch eine Verlängerung der Behandlungsdauer, notwendige ergänzende chirurgische Interventionen sowie eine adjuvante Steroidtherapie. Bei der Therapie sind darüber hinaus die zu erreichenden Kompartimente und die Gewebegängigkeit (z. B. Blut/Hirnschranke bei Meningitis) zu beachten. Im Folgenden wird auf die häufigsten extrapulmonalen Lokalisationen einer Tuberkulose eingegangen ([Tab. 17]).

Tab. 17

Empfehlung zur Dauer der Standardtherapie bei extrapulmonalen Tuberkulosen von Erwachsenen und sensiblen Erregern (mod. nach [7]).

Lokalisation

Medikamente der Initialphase

Dauer der Initialphase (Monate)

Medikamente der Kontinuitätsphase

Dauer der Kontinuitätsphase (Monate)

Gesamtdauer der Therapie (Monate)

Adjuvante Kortikosteroide

Pleura

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

nein

Lymphknoten

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

nein

Urogenitalsystem

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

nein

Abdominale TB

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

nein

Knochen, Gelenke

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4 – 7[2]

6 – 9[2]

nein

Perikard

INH, RMP, PZA, EMB

2

INH, RMP

4

6

uneinheitliche Empfehlungen, wahrscheinlich jedoch von Vorteil

ZNS

INH, RMP, PZA, SM

2

INH, RMP

10

12[1]

empfohlen (siehe [Tab.18])

Miliare Ausbreitung

INH, RMP, PZA, EMB
(SM statt EMB bei ZNS-Befall)

2

INH, RMP

4
bei ZNS-Befall: 10[1]

6
bei ZNS-Befall: 12[1]

uneinheitliche Empfehlungen, wahrscheinlich jedoch von Vorteil (ZNS)

1 Die WHO empfiehlt bei ZNS-Tuberkulosen eine 8-monatige Therapie. Wir empfehlen die längere Therapiedauer auch bei fehlendem Ausschluss eines ZNS-Befalls.


2 Die WHO empfiehlt bei Knochen- und Gelenkstuberkulosen grundsätzlich eine 9-monatige Therapie.


7.1 Pleuritis tuberculosa

Die Behandlung unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Behandlung der Lungentuberkulose, jedoch empfiehlt sich bei ausgedehnten Pleuraergüssen eine suffiziente Drainagetherapie mit anschließender intensiver physikalischer Therapie zur Vermeidung von funktionellen Einschränkungen durch verbleibende Pleuraschwarten [57]. Weder die systemische noch die topische Gabe von Kortikosteroiden bringen ein besseres Behandlungsergebnis [58].


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7.2 Lymphknotentuberkulose

Lymphknotentuberkulosen treten meist zervikal, weniger gehäuft mediastinal (hier vor allem im Kindesalter i. S. einer Primärtuberkulose), abdominal, axillär oder inguinal auf. Ein multilokulärer Lymphknotenbefall ist möglich.

Die 6-monatige Standardtherapie wird als effektiv und ausreichend angesehen. Bei mediastinaler Lymphknotentuberkulose findet sich in der Regel eine adäquate Rückbildung, bei cervikalem Lymphknotenbefall werden z. T. protrahierte Verläufe beobachtet, die auch unter antituberkulöser Therapie mit fortbestehender Fistelbildung einhergehen können. Unter laufender Therapie kann es zu einer Vergrößerung der Lymphknoten in den ersten Wochen und Monaten kommen [59].

Essenziell ist immer eine definitive Diagnose der Erkrankung, die die Lymphadenopathie verursacht, da einer nicht bakteriologisch und/oder histologisch gesicherten Lymphadenopathie differenzialdiagnostisch eine durch nicht-tuberkulöse Mykobakterien ausgelöste Infektion ebenso zugrunde liegen kann wie ein malignes Lymphom [60].

Chirurgische Interventionen, insbesondere bei cervikaler Lymphknotentuberkulose mit Inzision und Abszessdrainage, können in Betracht kommen, eine alleinige chirurgische Sanierung ist aber nicht möglich.

Zu beachten ist aber vor allem im Kindesalter, dass auch ubiquitäre (nicht-tuberkulöse) Mykobakterien (z. B. M. avium-intracellulare complex) als Erreger eine Rolle spielen können [61].


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7.3 Urogenitaltuberkulosen

Auch für die Tuberkulose der Nieren, der ableitenden Harnwege und der Genitalorgane ist eine 6-monatige Standardtherapie ausreichend, wenn ein eindeutiger Therapieerfolg (kulturelle Konversion und/oder klinischer Behandlungserfolg) dokumentiert werden kann [62]. Bei der Nierentuberkulose ist die Dosierung einiger Medikamente an die möglicherweise eingeschränkte Nierenfunktion anzupassen (siehe 9.3 [[Tab. 25]]). Während der Initialphase einer Tuberkulose der ableitenden Harnwege kann es durch ein Schleimhautödem zu Abflussbehinderungen kommen, die mit geeigneten Schienenkathetern versorgt werden müssen. Daher sind regelmäßige sonografische Kontrollen in Hinblick auf eine Hydronephrose auch unter Therapie zu veranlassen. Die frühzeitige Schienung bei Ureterstrikturen erhöht die Erfolgsaussichten für eine unter Umständen später notwendige chirurgische Rekonstruktion und vermindert das Risiko des Verlustes der betroffenen Niere. Ergänzende chirurgische Behandlungsverfahren können im Einzelfall in Betracht kommen und sind in der Regel gebunden an eine fehlende Ausheilung der pathologischen Veränderungen mit der Notwendigkeit einer partiellen oder totalen Nephrektomie. In Einzelfällen kann auch eine Epididymektomie erforderlich werden. Weitere Hinweise für die ergänzende chirurgische Therapie finden sich in den europäischen Leitlinien zum Management der urogenitalen Tuberkulose [62]. In jedem Falle sollte vor chirurgischer Intervention – außer vor der Einlage einer Ureterschiene – eine antituberkulöse Therapie über 4 Wochen verabreicht worden sein.

Eindeutige Belege für die Effektivität einer adjuvanten systemischen Therapie mit Kortikosteroiden gibt es nicht.

Bei einer Tuberkulose der Nebennieren kann es zur Entwicklung eines Morbus Addison kommen. Wenn in einem solchen Fall Glukokortikoide substituiert werden müssen, ist daran zu denken, dass Rifampicin die Serumspiegel senkt und eine entsprechende Dosisanpassung notwendig macht.


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7.4 Infektionen nach Mycobacterium Bacillus Calmette-Guérin (BCG)-Instillation beim Harnblasenkarzinom

Bei der Therapie des Harnblasenkarzinoms wird als adjuvante, immunmodulatorische Therapie eine Mycobacterium Bacillus Calmette-Guérin (BCG)-Instillation in die Blase vorgenommen. In einem geringen Prozentsatz kann sich hierdurch eine BCG-Infektion der Blase („BCGitis“) oder eine disseminierte BCG-Infektion entwickeln. Kardinalsymptome einer Blasen-BCG-Infektion sind über 48 Stunden nach der Instillation anhaltendes Fieber und ausgeprägtes nächtliches Schwitzen. Bei einer systemischen Infektion dominieren die Beschwerden des betroffenen Organsystems oder es zeigt sich eine Sepsis-ähnliche Symptomatik. Diagnostisch beweisend sind der Erregernachweis mittels PCR und/oder Kultur und/oder der Nachweis einer Tuberkulose-kompatiblen Histologie.

Beschränkt sich die Infektion auf die Blase, ist in der Regel eine Therapie mit Isoniazid 300 mg täglich ausreichend. Spricht die Erkrankung nach 1 – 2 Wochen klinisch rasch an, so ist eine Therapiedauer von 3 – 4 Wochen ausreichend. Zeigt sich nach 1 – 2 Wochen kein Ansprechen, so wird die zusätzliche Gabe von Rifampicin und eine Therapiedauer von 3 Monaten als ausreichend angesehen [63].

Bei einer disseminierten Infektion wird international eine Standardtherapie über 6 Monate mit INH, RMP und EMB empfohlen, da M. Bacillus Calmette-Guérin eine natürliche PZA-Resistenz aufweist [63], wir empfehlen jedoch wegen der Nichteinsetzbarkeit von PZA eine 9-monatige Therapie.


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7.5 Abdominal-Tuberkulosen

Auch die abdominelle Tuberkulose (Darm, Peritoneum) ist bei voller Sensibilität der Erreger mit einer sechsmonatigen Standardtherapie erfolgreich zu behandeln. Bei Abdominal-Tuberkulosen besteht nach der Literatur in bis zu 75 % der Fälle die Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention [64] [65], sei es zur Diagnosesicherung oder zur Beherrschung von Komplikationen. Intestinale Obstruktionen mit Ausbildung eines akuten Abdomens oder auch Darmperforationen sind die häufigsten Anlässe für Notfalloperationen. Allerdings werden postoperative Komplikationen und ungünstige Heilungsverläufe häufig beobachtet [66].

Eindeutige Belege für die Effektivität einer adjuvanten systemischen Therapie mit Kortikosteroiden gibt es nicht.

Die häufigsten Differenzialdiagnosen der Abdominal-Tuberkulose stellen Malignome und chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn dar. Vor Behandlungen unter der Vorstellung einer Abdominal-Tuberkulose sollte daher immer eine definitive Diagnose mit allen Mitteln angestrebt werden [67].


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7.6 Knochen- und Gelenktuberkulosen

Die im Knochen- und Gelenkknorpel erreichten Konzentrationen der Medikamente Isoniazid, Rifampicin und Pyrazinamid gelten als ausreichend hoch, um auch diese Form der Tuberkulose bei angenommener oder bestätigter Medikamentensensibilität mit einer 6-monatigen Standardtherapie zu behandeln [8] [68]. Die WHO empfiehlt allerdings generell eine 9-monatige Therapie (2 Monate INH, RMP, PZA, EMB und 7 Monate INH, RMP). Zusätzliche chirurgische Interventionen können, insbesondere bei relevanten neurologischen Komplikationen oder der Instabilität tragender Knochen, frühzeitig indiziert sein.


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7.7 Tuberkulosen des Perikards

Bei Perikardtuberkulose (Perikarderguss, Pericarditis constrictiva) wird neben der 6-monatigen Standardtherapie zum Teil eine Behandlung mit Kortikosteroiden empfohlen. Eine Cochrane-Analyse, die 469 Patienten mit tuberkulöser Perikarditis einschloss, ergab Hinweise für eine Reduktion der Todesfälle an Perikarditis bei den Patienten, die Kortikosteroide erhalten hatten. Auch waren unter Kortikosteroiden weniger Perikardpunktionen im Verlauf notwendig. Als Behandlungsdosis werden initial 60 mg Prednisolon (bei gleichzeitiger Rifampicin-Therapie) pro Tag – mit ausschleichender Dosisreduktion über 6 bis 8 Wochen – empfohlen [69] [70].

Bei Patienten mit kalzifizierender konstriktiver Perikarditis ist in jedem Fall eine Perikardektomie indiziert. Sollte unter der antituberkulösen Therapie nach 6 bis 8 Wochen eine zunehmende Konstriktion des Perikards auftreten, so besteht ebenfalls eine Indikation zur operativen Therapie [71].

Einen neuen Behandlungsansatz zur Einflussnahme auf die perikardiale Konstriktion stellt die intraperikardiale Applikation von Urokinase dar [71]. Erfahrungen mit dieser Therapie müssen allerdings erst an größeren Fallzahlen gewonnen werden.


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7.8 Tuberkulosen des ZNS

Bei der Tuberkulose der Meningen und anderer Anteile des zentralen Nervensystems ist das vom Grad der Entzündung abhängige Penetrationsvermögen der Medikamente durch die Bluthirnschranke zu beachten. Während INH und PZA immer eine ausreichende Penetration zeigen, ist diese bei RMP weniger gut. EMB durchdringt die Blut-Hirn-Schranke auch bei entzündlichen Veränderungen nur in mäßigem Ausmaß [72]. In dieser Situation zeigt SM eine bessere ZNS-Bioverfügbarkeit als EMB [72]. Weitere Medikamente mit guter Liquorgängigkeit sind Protionamid und Terizidon sowie die Fluorchinolone Levofloxacin und Moxifloxacin [73].

Die Therapieempfehlungen verschiedener internationaler Fachgesellschaften unterscheiden sich in Hinblick auf die Dauer der Therapie wie auch auf die Zusammensetzung der Medikamentenkombination. Die Standardtherapie mit INH, RMP, PZA und SM (bessere Liquorgängigkeit als EMB) über 2 Monate, gefolgt von 10 Monaten INH und RMP, kann für Deutschland unverändert empfohlen werden. Die WHO empfiehlt neben INH, RMP und PZA ebenfalls anstelle von EMB den Einsatz von SM für 2 Monate, allerdings nur eine Kontinuitätsphase (INH und RMP) von 6 Monaten. Wir sehen jedoch keine ausreichende Evidenz, dieser Empfehlung zu folgen.

Es wird empfohlen, begleitend zur antituberkulösen Chemotherapie, bei allen Formen der tuberkulösen Meningitis zusätzlich Dexamethason oder Prednisolon zu verabreichen [74]. Eine systematische Cochrane-Analyse konnte zeigen, dass bei Kindern und HIV-negativen Erwachsenen zumindest in einer großen Studie die Gabe von Dexamethason mit einem reduzierten Mortalitätsrisiko assoziiert war [74] [75].

Die eingesetzten Dosen der Kortikosteroide zeigen dabei eine große Spannbreite.

[Tab. 18] zeigt in Studien geprüfte Dosierungsbeispiele beim Einsatz von Kortikosteroiden in der Therapie von ZNS-Tuberkulosen.

Tab. 18

Kortikosteroiddosierungen, die in kontrollierten Studien mit signifikantem Behandlungserfolg bei der tuberkulösen Meningitis eingesetzt wurden (mod. nach [74]).

Studie

Schoeman et al. (1997) nach [74]

Thwaites et al. (2004) nach [74]

Thwaites et al. (2004) nach [74]

Alter der Patienten

 < 14 Jahre

 > 14 Jahre

 > 14 Jahre

Schweregrad der Meningitis

Grad II und III

Grad I

Grad II und III

Medikament

Prednisolon

Dexamethason

Dexamethason

Zeit

Woche 1

4 mg/kg/d

0,3 mg/kg/d i. v.

0,4 mg/kg/d i. v.

Woche 2

4 mg/kg/d

0,2 mg/kg/d i. v.

0,3 mg/kg/d i. v.

Woche 3

4 mg/kg/d

0,1 mg/kg/d oral

0,2 mg/kg/d i. v.

Woche 4

4 mg/kg/d

3 mg/d oral

0,1 mg/kg/d i. v.

Woche 5

ausschleichende Dosisreduktion

Reduktion um 1 mg pro Woche über 2 Wochen

4 mg/d oral
Reduktion um 1 mg pro Woche über 2 Wochen

Wir empfehlen für Deutschland in Übereinstimmung mit den NICE-Empfehlungen beim Erwachsenen ( > 15 Jahre) eine Prednisolon-Dosis von 40 mg/d (ohne RMP-Gabe: 20 mg/d), die nach 2 – 3 Wochen um jeweils 10 mg/Woche reduziert und dann ausgeschlichen werden kann [8].


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7.9 Miliartuberkulose und andere disseminierte Tuberkuloseformen

Auch bei disseminierten Tuberkuloseformen wird die 6-monatige Standardtherapie als ausreichend angesehen, wenn eine Beteiligung des ZNS und/oder der Meningen durch entsprechende Diagnostik (Lumbalpunktion, bildgebende Verfahren) weitgehend sicher ausgeschlossen werden kann. Da dies jedoch in der Praxis nicht immer gelingt, sollte man sich in Zweifelsfällen für eine 12-monatige Therapie wie bei der Tuberkulose des ZNS entscheiden.

Bei Miliartuberkulose und respiratorischer Partialinsuffizienz kann analog zur Therapie bei schweren Pneumocystis-Pneumonien die Gabe von Kortikosteroiden in den ersten Wochen der Erkrankung zur Behandlung einer Diffusionsstörung als Folge eines alveolo-kapillären Blocks sinnvoll sein (z. B. Prednisolon Tag 1 – 5: 2 × 40 mg, Tag 6 – 10: 1 × 40 mg, Tag 11 – 21: 1 × 20 mg) [76] [77]. Die Empfehlungen sind jedoch nicht einheitlich.

Bei einer ZNS-Beteiligung ist wie unter 7.8 vorzugehen.


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8 Therapie bei Medikamentenresistenz oder bei Unverträglichkeiten von Erstrang-Medikamenten

Für die meisten Empfehlungen zur Therapie der Tuberkulose bei Medikamentenresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber einem oder mehreren Medikamenten der Erstrang-Medikamente gibt es nur wenige oder keine gesicherte Evidenz. Die folgenden Ausführungen orientieren sich im Wesentlichen an den internationalen Empfehlungen [4] [5] [6] [8] [9] [55], die in Einzelfällen durch aktuelle Übersichtsarbeiten [13] [78] und Expertenmeinungen ergänzt werden.

8.1 Resistenzdefinitionen

Im Folgenden sind die WHO-Definitionen zu den Resistenztypen dargestellt:

  • Einfachresistenz oder Monoresistenz (engl.: single drug resistance: SDR): in vitro Resistenz von M. tuberculosis gegenüber einem der Erstrang-Medikamente (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol, Streptomycin).

  • Polyresistenz (engl.: poly drug resistance: PDR): in vitro Resistenz von M. tuberculosis gegenüber mindestens zwei Erstrang-Medikamenten, jedoch nicht gleichzeitig Isoniazid und Rifampicin.

  • Multiresistenz (engl.: multidrug resistance: MDR): in vitro Resistenz von M. tuberculosis gegenüber mindestens Isoniazid und Rifampicin.

  • Extensive Resistenz (engl.: extensive drug resistance: XDR): in vitro Resistenz von M. tuberculosis gegenüber mindestens Isoniazid und Rifampicin plus einem Fluorochinolon plus einem der injizierbaren Medikamente Amikacin, Capreomycin oder Kanamycin.

  • Unter TDR (total drug resistance) verstehen manche Experten eine Situation, in der die bekannten Erst- und Zweitrang-Medikamente in der in-vitro Resistenztestung nicht mehr wirksam sind [79].


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8.2 Wann besteht ein Resistenzverdacht?

Der Verdacht auf eine Tuberkulose, die durch resistente M. tuberculosis-Stämme verursacht ist, ergibt sich anamnestisch immer, wenn eine Behandlung bereits vorbehandelter Patienten ( > 4 Wochen Therapie) erfolgen soll, der Patient aus einer Region stammt, in der die Prävalenz resistenter Stämme relevant höher als in Deutschland ist (Herkunftsland, Aufenthaltsort bei der angenommenen Infektion), oder wenn bei dem wahrscheinlich infrage kommenden Indexfall eine Resistenz nachgewiesen ist [9] [80].


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8.3 Behandlung vorbehandelter Patienten

Die Therapie vorbehandelter Tuberkulosepatienten gehört stets in die Hand von damit erfahrenen Ärzten, da auch in Deutschland die Vorbehandlung ein wesentlicher Risikofaktor für resistente Stämme ist. Dies kann dadurch verdeutlicht werden, dass sich in Deutschland 2009 bei 10,6 % aller Stämme von Patienten ohne Vorbehandlung eine Resistenz gegenüber einem Erstrang-Medikament (ohne SM) nachweisen ließ, jedoch bei 24,3 % (inkl. SM) aller Stämme von Patienten mit einer vorhergehenden Tuberkulosetherapie [2].

Bei vorbehandelten Patienten muss differenziert werden, ob es sich um Patienten handelt, die nach einem Therapieabbruch die Behandlung wieder aufnehmen (Therapieabbruch), ein Rezidiv nach erfolgreicher Therapie erleiden (Rezidiv) oder deren vorherige Behandlung versagt hat (Therapieversagen). Nach Therapieabbruch und beim Rezidiv ist die Wahrscheinlichkeit einer MDR-TB geringer als nach einem Therapieversagen, wo die MDR-TB-Wahrscheinlichkeit als hoch angesehen werden muss (siehe Anhang 13: VI, Tab. A5).

Da jedoch prinzipiell bei allen vorbehandelten Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für das Vorliegen von resistenten Erregern besteht [5], sollte vor Behandlungsbeginn immer mittels molekularbiologischer Methoden untersucht werden, ob Resistenzgene für RMP allein oder für RMP und INH vorhanden sind [49] [81] [82]. Gegebenenfalls sollte auch molekularbiologisch auf Resistenzgene für Zweitrang-Substanzen untersucht werden [83] [84]. Zusätzlich sollten der kulturelle Nachweis des M. tuberculosis-Komplexes und eine phänotypische Resistenztestung unbedingt angestrebt werden.


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8.4 Therapie nach Therapieabbruch oder Rezidiv (nach Standardtherapie)

Liegt das Ergebnis der molekularbiologischen Untersuchungen vor, kann die initiale Therapie am entsprechenden Resistenzmuster ausgerichtet werden. Liegt keine Resistenz gegen INH und/oder RMP vor, so empfehlen wir als Therapie in der Initialphase analog zur WHO [4] [5] [6] eine Therapie mit INH, RMP, PZA, EMB und SM bis zum Vorliegen der Ergebnisse der phänotypischen Resistenztestung.

Können keine phänotypischen Resistenzteste durchgeführt werden, kann bei einem klinischen Erfolg nach der 2-monatigen Initialtherapie für einen weiteren Monat mit INH, RMP, PZA und EMB und für weitere 5 Monate mit INH, RMP und EMB behandelt werden (8 Monate Gesamttherapiedauer) (siehe Anhang 13: VI, Tab. A5).

Beim Nachweis von Resistenzen ist wie weiter unten ausgeführt zu verfahren.


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8.5 Therapie nach Therapieversagen der Standardtherapie

Stehen die molekularbiologischen Untersuchungsmethoden nicht zur Verfügung, kann nach einem Therapieversagen laut WHO empirisch entsprechend den Prinzipien einer MDR-TB anbehandelt werden, da in dieser Gruppe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein multipler Resistenzen besteht.

8.5.1 Empfehlung für Deutschland

Nach einem Therapieversagen wird es unter den Gegebenheiten in Deutschland sinnvoller sein, zunächst umfängliche diagnostische Materialgewinnungsmaßnahmen durchzuführen (z. B. Bronchoskopie, CT-gestützte Punktionen u. a.), um eine aktuelle molekularbiologische und im Verlauf dann auch phänotypische Resistenzprüfung zu ermöglichen. Die initiale Therapie sollte möglichst anhand der molekularbiologischen Resistenzteste ausgerichtet werden und im Verlauf nach Kenntnis der phänotypischen Resistenz entsprechend modifiziert werden. Diese Tests sind auch in Deutschland verfügbar (ggf. wird eine Kontaktaufnahme mit dem Nationalen Referenzzentrum für Mykobakterien am Forschungszentrum Borstel empfohlen). Liegen keine molekularbiologischen Untersuchungsergebnisse vor, kann es unter bestimmten Umständen (z. B. geringe klinische Krankheitsschwere, mikroskopisch negative Sputumuntersuchungen und geringe radiologische Ausdehnung) sinnvoll sein, mit dem Therapiebeginn zu warten, bis Aussagen zur Resistenz möglich sind.


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8.6 Hohe Prävalenz von resistenten Stämmen im Herkunftsland oder am Aufenthaltsort bei der Infektion

Die Therapie von Patienten aus Ländern mit relevant höherer Resistenzprävalenz als in Deutschland gehört stets in die Hand von Erfahrenen. Das Vorgehen ist analog zu den Patienten mit einer Vorbehandlung. Bei der Zusammenstellung der Medikamente können, so vorhanden, entsprechende Resistenzstatistiken des betreffenden Landes herangezogen werden (link: http://www.who.int/tb/country/data/profiles/en/index.html). Zusätzlich sollten vor allem frühere antibiotische Therapien mit Fluorchinolonen erfragt werden [85].


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8.7 Kontakt mit einem Indexfall mit bekannter Resistenz

Die Therapie wird nach dem aktuellen Resistenzmuster des Indexfalles ausgerichtet.


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8.8 Therapie bei Mono- und Polyresistenz

Die umfänglichen Empfehlungen der WHO aus den Jahren 2008 und 2011 für die Therapie von Patienten, die an einer Tuberkulose durch einen einfach resistenten oder polyresistenten Stamm von M. tuberculosis erkrankt sind oder die aufgrund von Unverträglichkeiten oder anderen Ursachen nicht mit einem oder mehreren Medikamenten behandelt werden können, sind in der [Tab.19] zusammengefasst.

Tab. 19

WHO-Therapieempfehlungen der Tuberkulose bei Mono- und Polyresistenz von M. tuberculosis [5]. (Die Tabelle gilt auch für die Unverträglichkeit von Erstrang-Medikamenten.)

Resistenz

Therapieempfehlung

Mindest-Therapiedauer

Kommentare

INH (± SM)[1]

RMP + PZA + EMB

 6 – 9

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte u. U. ein FQ[2] die Therapie ergänzen.

INH + PZA

RMP + EMB + FQ[2]

 9 – 12

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte eine längere Therapiedauer erwogen werden.

INH + EMB

RMP + PZA + FQ[2]

 9 – 12

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte eine längere Therapiedauer erwogen werden.

RMP [1]

INH + EMB + FQ[2] + PZA
(PZA mind. 2 Monate)

12 – 18

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte u. U. ein Gruppe-2-Medikament die Therapie ergänzen.

RMP + EMB (± SM)

INH + PZA + FQ[2] + WHO-Gruppe 2-Medikament für mind. 2 – 3 Monate)

18

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte das Gruppe-2-Medikament über 6 Monate gegeben werden.

RMP + PZA (± SM)

INH + EMB + FQ[2] + WHO-Gruppe 2-Medikament für mind. 2 – 3 Monate)

18

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte das Gruppe-2-Medikament über 6 Monate gegeben werden.

PZA [1]

INH + RMP + EMB

 9

INH + EMB + PZA (± SM)

RMP + FQ[2] + Gruppe 4 + Gruppe 2

(Gruppe 2-Medikament für mind. 2 – 3 Monate)

18

Bei ausgedehnter Erkrankung sollte das Gruppe-2-Medikament über 6 Monate gegeben werden.

1 Für Deutschland schlagen die Autoren (mit einer Ausnahme) eine abweichende Empfehlung bei Monoresistenz gegenüber einem Erstrang-Medikament vor ([Tab. 20]).


2 FQ: Fluorchinolon: bevorzugt Levofloxacin oder Moxifloxacin.


8.8.1 Therapieempfehlung bei Monoresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber einem Standardmedikament in Deutschland

Die WHO empfiehlt die Gabe der in [Tab. 19] aufgeführten Medikamentenkombinationen über die gesamte Therapiedauer. Dies trägt der globalen Situation Rechnung, da ein Großteil der jährlichen Tuberkuloseerkrankungen überwiegend in ressourcenschwachen Ländern mit eingeschränkter medizinischer Infrastruktur auftritt. Hier sind möglichst unkomplizierte Therapieregime einfacher und zuverlässiger umsetzbar.

In den Empfehlungen der ATS [7], des NICE [8] und der Union [9] wird hingegen auch bei Monoresistenzen gegenüber einem Standardmedikament zwischen einer Initial- und einer Kontinuitätsphase der Behandlung unterschieden. Bei einer Monoresistenz bzw. Unverträglichkeiten gegenüber einem Standardmedikament halten es die Autoren, mit einer Ausnahme, daher auch für Deutschland für gerechtfertigt, aus Gründen der potenziellen Toxizität der Medikamente eine Initial- und Kontinuitätsphase der Behandlung zu empfehlen ([Tab. 20]). Ebenso wie für die WHO-Empfehlung gibt es für diese Empfehlung keine gesicherte Evidenz.

Tab. 20

Für Deutschland vorgeschlagene Therapie bei gesicherter Monoresistenz oder Unverträglichkeit eines Erstrang-Medikamentes.

Monoresistenz

Initialphase

Kontinuitätsphase

Gesamttherapiedauer

Isoniazid
(vorbekannt)

2 Monate[1] RMP, PZA, EMB, SM

7 Monate RMP, EMB

9 Monate

Isoniazid
(unter Behandlung entdeckt)

2 Monate[1] RMP, PZA, EMB

10 Monate[2] RMP, EMB

12 Monate[2]

Rifampicin

2 Monate[1] INH, PZA, EMB, Fluorchinolon

16 Monate[3] INH, EMB

18 Monate[3]

Pyrazinamid[4]

2 Monate[1] INH, RMP, EMB

7 Monate
INH, RMP

9 Monate

Ethambutol

2 Monate[1] INH, RMP, PZA, SM

4 Monate
INH, RMP

6 Monate

1 Bei mikroskopischem Erregernachweis nach 8 Wochen Therapie sollte die Initialphase auf 3 Monate verlängert werden.


2 Bei gutem klinischen, radiologischen und bakteriologischen Therapieerfolg kann die Kontinuitätsphase bei INH-Resistenz/-Unverträglichkeit auf 7 Monate reduziert werden.


3 Bei gutem klinischen, radiologischen und bakteriologischen Therapieerfolg kann die Kontinuitätsphase bei RMP-Resistenz/-Unverträglichkeit auf 12 Monate reduziert werden.


4 Bei M. bovis liegt eine natürliche Resistenz gegenüber PZA vor, nicht jedoch bei der Subspezies M. caprae.



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8.8.2 Therapieempfehlung bei Polyresistenz oder Unverträglichkeiten gegenüber mehr als einem Erstrang-Medikament

In dieser Situation empfehlen die Autoren, auch für Deutschland den oben aufgeführten Therapieempfehlungen der WHO ([Tab. 19]) zu folgen.


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8.9 Multiresistenz (MDR)

Die Behandlung von Patienten mit MDR-TB sollte ausschließlich in klinischen Zentren mit entsprechender Erfahrung und Infrastruktur eingeleitet werden. Während der ambulanten Phase der Therapie der MDR-TB sollte die Behandlung in enger Rücksprache mit den Ärzten dieses Zentrums erfolgen. Die in der Behandlung von MDR-TB eingesetzten Medikamente und ihre Dosierungen finden sich in den [Tab. 7 – 14] [4] [5].

8.9.1 Therapie bei MDR-TB

Nach den neuesten WHO-Empfehlungen [6] [86] sollte in der Therapie der MDR-TB immer PZA eingesetzt werden (unabhängig von den Ergebnissen der in-vitro Resistenztestung). Diese Empfehlung begründet die WHO mit der im weltweiten Maßstab nicht standardisierten phänotypischen Resistenztestung mit teilweise unsicheren Ergebnissen und retrospektiven Beobachtungen, die eine Überlegenheit PZA-beinhaltender Therapien nahelegen. Die Evidenz für diese Empfehlung ist jedoch nach Einschätzung der Mehrheit der Autoren dieser Empfehlung insgesamt schwach. Sie bezweifeln, dass Patienten tatsächlich von einer PZA-Therapie profitieren, wenn die Ergebnisse phänotypischer (und, so verfügbar, genotypischer) Untersuchungen aus erfahrenen Laboratorien eine PZA-Resistenz dokumentieren, und würden in diesem Fall eine Fortsetzung der PZA-Gabe nicht empfehlen.

Die Rolle von EMB wird von der WHO kritisch gesehen und nicht als gleichwertig zum PZA gewertet. Wenn EMB eingesetzt wird, soll es nicht als Teil der Basistherapie, sondern als additives Medikament angesehen werden. Rifabutin und Rifapentin (in Deutschland nicht erhältlich) sind mit Rifampicin in den meisten Fällen kreuzresistent [87] [88] und spielen daher in der Praxis der MDR-TB kaum eine Rolle.

Als Kombinationspartner zum PZA schlägt die WHO vier weitere Medikamente der WHO-Gruppen 2 – 4 mit gesicherter oder annähernd gesicherter Wirksamkeit gegen M. tuberculosis (Anamnese, Medikamente in der Vorbehandlung, Ergebnis der molekularbiologischen und phänotypischen Resistenztestungen) vor [6] [89] [90].

Dabei handelt es sich im Einzelnen um die folgenden bevorzugt einzusetzenden Medikamente:

  • ein Fluorchinolon der 3. oder 4. Generation

  • Protionamid (WHO: Ethionamid – in Deutschland nicht verfügbar)

  • Terizidon (WHO: Cycloserin – in Deutschland nicht verfügbar)

  • ein injizierbares Medikament der WHO-Gruppe 2 (außer SM)

Die Gabe von mehr als vier Medikamenten plus PZA wird von der WHO für die Therapie der MDR-TB nicht mehr empfohlen.

Im Folgenden wird zu den WHO-Medikamenten-Gruppen unter dem Aspekt der MDR-TB Therapie detaillierter Stellung genommen.

WHO-Gruppe 2-Medikamente:

Die meisten MDR-Stämme von M. tuberculosis sind resistent gegenüber Streptomycin [91]. Auf der Basis möglicher Kreuzresistenzen wäre es sinnvoll, die drei verfügbaren Aminoglykoside/Peptidantibiotika in folgender Reihenfolge in die Therapie einzuführen: 1. Kanamycin (100 % wirksam bei SM-Resistenz), 2. Capreomycin (20 % wirksam bei Kanamycin-Resistenz), 3. Amikacin (10 % wirksam bei Capreomycin-Resistenz) [78]. Kanamycin ist allerdings zur Zeit nicht verfügbar. Die Medikamente der Gruppe 2 sollten in der MDR-TB-Therapie über mindestens 8 Monate verabreicht werden. Zur i. v. Therapie ist es empfehlenswert, einen intravenösen Port zu implantieren.

WHO-Gruppe 3-Medikamente:

Moxifloxacin ist das Medikament der Wahl. Levofloxacin ist schwächer wirksam, kann jedoch wegen der guten hepatischen Verträglichkeit von Vorteil sein. Ciprofloxacin sollte wegen schlechterer Wirksamkeit nicht mehr für die Therapie der Tuberkulose verwendet werden, Ofloxacin (Racemat) spielt in Deutschland bei der Verfügbarkeit von Levofloxacin (links-drehendes Isomer) ebenfalls keine Rolle mehr. Gatifloxacin ist in Deutschland nicht verfügbar und nicht zugelassen.

WHO-Gruppe 4-Medikamente:

Protionamid sollte als erstes Medikament dieser Gruppe verwendet werden, da es die höchste bakterizide Aktivität und laut WHO das vermutlich beste Wirkungs-/Nebenwirkungs-Verhältnis dieser Gruppe hat [6] [78]. Wenn zwei Medikamente aus der Gruppe 4 benötigt werden, sollte zunächst Terizidon hinzugefügt werden. Die Kombination von Protionamid und PAS führt häufiger zu gastrointestinalen Beschwerden, sodass PAS nur dann zu der Therapie hinzugefügt werden sollte, wenn Terizidon nicht vertragen wird [6] [78].

WHO-Gruppe 5-Medikamente:

Die Medikamente der Gruppe 5 werden von der WHO nicht für die Routinetherapie der MDR-TB empfohlen, sind aber für manche Patienten mit einer MDR-TB und alle Patienten mit einer XDR-TB unerlässlich.


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8.9.2 Therapiedauer bei MDR-TB

Die WHO empfiehlt aktuell pauschal eine Therapie der MDR-TB für die Dauer von mindestens 20 Monaten, wobei die Initialphase (mit injizierbarer Substanz) mindestens 8 Monate dauern soll. Zu beachten ist, dass die Behandlung der MDR- und XDR-TB häufig zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führt [92] [93] [94] [95].


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8.9.3 Therapieversagen bei MDR-TB

Bei Therapieversagen sollte niemals ein einzelnes Medikament, sondern mindestens zwei bis drei weitere Medikamente zu der bestehenden Therapie hinzugefügt werden, um die Induktion weiterer Resistenz zu vermeiden.


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8.9.4 Kritische Anmerkung zur WHO-Empfehlung bei MDR-TB

An den WHO-Empfehlungen zur MDR-TB wird von einigen Experten insbesondere hinsichtlich der Gabe von INH Kritik geübt [96]. Diese begründet sich wie folgt. Es gibt zwei Hauptmechanismen der INH-Resistenz. Die an das katG-Gen gebundene Resistenz ist eine high-level-Resistenz (MHK > 1,0 mg/l), bei der INH nicht wirksam ist. Bei der an das inhA-promoter-Gen gebundenen Resistenz handelt es sich aber um eine low-level-Resistenz, bei der INH in höherer Dosis (15 mg/kg KG) trotz der Resistenz in der phänotypischen Testung (MHK < 0,2 mg/l) durch die hiermit erreichbaren hohen Serumspiegel noch wirksam ist. Die Thioamide (Protionamid und Ethionamid) sind mit Isoniazid eng verwandt, und es besteht im Falle einer inhA-promotor-Gen-assoziierten Resistenz häufig eine Kreuzresistenz zu den Thioamiden. Allerdings findet sich bei der INH-Resistenz durch eine katG-Genmutation keine Kreuzresistenz zu den Thioamiden. Liegen molekularbiologische Erkenntnisse über die Art der INH-Resistenz vor, kann danach verfahren werden. Liegt aber keine molekularbiologische Charakterisierung der INH-Resistenzgene vor, so ist es trotz einer phänotypischen Resistenz von INH sinnvoll, INH in hoher Dosis gemeinsam mit Pto/Eto zu geben, da im Fall einer inhA-promotor-Resistenz das INH wirksam ist und das Thioamid unwirksam. Liegt hingegen eine katG-Mutation vor, so wirkt das in diesem Fall nicht kreuzresistente Thioamid, nicht jedoch das INH, was in Anbetracht der guten Verträglichkeit von INH auch in höherer Dosierung in Kauf genommen werden kann.

Außerdem hat eine aktuelle Studie gezeigt, dass prinzipiell sehr gute Therapieergebnisse auch mit kürzeren Therapiezeiten (9 Monate) und mit oral verabreichten Medikamenten in der Kontinuitätsphase erreicht werden können [96]. Hierbei kam die Kombination von Gatifloxacin, Clofazimin, Ethambutol und Pyrazinamid für den gesamten Therapiezeitraum, ergänzt durch Protionamid, Kanamycin und Hoch-Dosis-Isoniazid in den ersten vier Monaten, zum Einsatz. Die Heilungsrate lag bei 87,9 % (CI95%: 82,7 – 91,6 %) [96]. Kritisch angemerkt werden muss jedoch, dass es sich bei dieser Studie um eine Beobachtungsstudie mit jungen Patienten ohne schwere hepatische Vorerkrankungen und mit einem geringen Anteil von HIV-Infektionen gehandelt hat. Eine generelle Empfehlung für diese Therapieform kann daher bisher noch nicht gegeben werden.


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8.9.5 Adjuvante chirurgische Resektionsmaßnahmen bei MDR-TB

Bei MDR-/XDR-TB werden unter bestimmten Umständen durch kombinierte chirurgische und medikamentöse Therapieansätze bessere Behandlungsergebnisse erzielt. So kann eine frühzeitige Resektion bei lokal begrenzten Herden die Ausbreitung der Infektion auf andere Lungenareale verhindern. Die Entscheidung für eine Operation muss allerdings immer unter sorgfältiger Berücksichtigung funktioneller Kriterien und nach Rücksprache mit erfahrenen Ärzten erfolgen [97] [98]. Auch bei fehlender kultureller Sputumkonversion nach 6 Monaten unter einer optimalen antituberkulösen Therapie kann die Möglichkeit einer chirurgischen Intervention erwogen werden.


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8.9.6 Bakteriologische Überwachung bei der MDR-TB-Therapie

Die Behandlung einer MDR-/XDR-TB sollte engmaschig bakteriologisch überwacht werden. Die WHO schlägt solange monatliche mikroskopische und kulturelle Sputumuntersuchungen vor, bis mindestens 3 Monate in Folge negative Kulturen vorliegen.


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8.9.7 Behandlungsergebnisse bei MDR-Tuberkulosen

Für die Klassifikation der Behandlungsergebnisse einer MDR-Tuberkulose müssen andere Definitionen verwendet werden als für die Therapieergebnisse Medikamenten-sensibler Tuberkulosen. Die aktuellen WHO-Definitionen und die Definitionen der Union finden sich im Anhang 13: III, Tab.  A2.


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8.9.8 Therapie der XDR-TB

Für die Therapie der XDR-TB können keine allgemeinen oder speziellen Empfehlungen gegeben werden. Patienten mit XDR-TB sollten ausschließlich in entsprechend spezialisierten Kliniken betreut werden.


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9 Therapie der Tuberkulose bei besonderen Patientengruppen

9.1 Kinder bis zum 15. Lebensjahr

Da bei der Behandlung der Tuberkulose im Kindesalter (≤ 15 Jahre) einige Besonderheiten beachtet werden müssen, sollte jede Tuberkulose im Kindesalter in enger Abstimmung mit erfahrenen Fachzentren versorgt werden.

9.1.1 Besonderheiten der kindlichen Tuberkulose

Der Rückgang der Kindertuberkulose hat sich in Deutschland in den letzten Jahren verlangsamt. Im Jahre 2009 sind in Deutschland 146 Kinder unter 15 Jahren an Tuberkulose erkrankt (2008: 124) [1]. Erwachsene mit offener Lungentuberkulose sind in den meisten Fällen die Infektionsquellen für Kinder. Kinder unter 10 Jahren sind aufgrund der geringen Keimzahl und -dichte bei der Primärtuberkulose selten infektiös (paucibazilläre Tuberkulosen) [99].

Das Erkrankungsrisiko nach unbehandelter latenter Infektion mit M. tuberculosis (LTBI), definiert durch ein positives Ergebnis im Tuberkulin-Hauttest (THT) und/oder in einem Interferon-γ release assay (IGRA), ist in den ersten zwei Jahren nach Exposition am höchsten und besonders hoch im Säuglings- und Kleinkindesalter (bis zu 40 %) [100]. Parallel ist das Risiko für schwere Erkrankungsformen bei Kleinkindern erhöht (Meningitis tuberculosa und Miliartuberkulose). Dies verdeutlicht die Bedeutung einer chemoprophylaktischen und -präventiven Behandlung speziell im Kleinkindalter.

Bei Kindern unter 5 Jahren mit Kontakt zu einer Person mit ansteckungsfähiger Tuberkulose sollte bei positivem THT- und/oder IGRA-Testergebnis und nach Ausschluss der aktiven Erkrankung immer eine präventive Chemotherapie durchgeführt werden, bei negativen Testergebnissen immer eine Chemoprophylaxe (siehe Kapitel 12) [101] [102] [103] [104] [105] [106].

Die Diagnose der aktiven Tuberkulose ist aufgrund des eingeschränkten bakteriologischen Nachweises bei meist paucibazillärer Erkrankung erschwert und beruht daher oft auf einer Kombination aus Symptomen, radiologischen und immunologischen Befunden und der Infektionsanamnese. Der Keimnachweis sollte jedoch in jedem Fall angestrebt werden, um die Behandlung gezielt abstimmen zu können. Bei fehlendem Keimnachweis muss entsprechend dem Resistenzspektrum des Indexfalles behandelt werden.


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9.1.2 Therapie der Tuberkulose im Kindesalter

Jede Tuberkulose im Kindesalter sollte in Abstimmung mit erfahrenen Fachzentren erfolgen. Hier sollte auch jeweils erfragt werden, welche Verabreichungsform der Medikamente in Anbetracht des jeweiligen Lebensalters die optimale ist.

Im Regelfall werden Kinder mit medikamentensensibler Tuberkulose initial mit einer Dreifachkombination mit INH, RMP und PZA behandelt (Dosierungen und Hauptnebenwirkungen siehe [Tab. 21]) [7] [107]. Diese Dreifachkombination kann bei Kindern eingesetzt werden, da es sich um relativ kleine Erregermengen handelt und daher spontane Resistenzmutationen unwahrscheinlich sind.

Tab. 21

Erstrang-Medikamente im Kindesalter (nach [99] [113]).

Medikament

Dosis

Hauptnebenwirkungen und Monitoring

Isoniazid
(INH)
entspricht ca.:
 0 – 5 Jahre
 6 – 9 Jahre
10 – 14 Jahre
15 – 18 Jahre

200 mg/m2 KO [111]


8 – 10 mg/kgKG
7 – 8 mg/kgKG
6 – 7 mg/kgKG
5 – 6 mg/kgKG
max. 300 mg/d

INH-Hepatitis in ca. 0,44 % nach Beginn der Behandlung, dosisabhängige periphere Neurotoxizität.
Sehr selten: fatale primäre Hepatopathie.
Monitoring: Leberfunktion (Transaminasen) 2, 4, 8 Wochen nach Beginn der Therapie, v. a. bei Patienten mit bekannter Lebererkrankung oder bei Symptomen.
Vitamin B6 (Pyridoxin) Supplementierung bei Kleinkindern und dystrophen Kindern (10 – 15 mg/d).

Rifampicin
(RMP)
entspricht ca.:
 0 – 5 Jahre
 6 – 9 Jahre
10 – 14 Jahre
15 – 18 Jahre

350 mg/m2 KO [110]


15 mg/kgKG
12 mg/kgKG
10 mg/kgKG
10 mg/kgKG
max. 600 mg/d

Pruritus, meist selbstlimitierend. Hepatopathie in ca. 0,5 %, besonders bei Beginn der Behandlung. Orange Färbung der Körperflüssigkeiten (Urin, Sputum, Tränen), über die die Eltern aufgeklärt werden sollten.
Monitoring: Leberfunktion 2, 4, 8 Wochen nach Beginn der Therapie, v. a. bei Patienten mit bekannter Lebererkrankung.
Cave: starker Enzyminduktor. Wirkungsminderung folgender Medikamente ist möglich: Antikonvulsiva, Azidothymidin, Theophyllin, Antikoagulanten des Cumarin-Typs, Kontrazeptiva, orale Antidiabetika, Digitoxin, Propanolol, Cyclosporin etc.

Pyrazinamid
(PZA)

30 mg/kgKG/d [109]
max. TD
1,5 g ( ≤ 70 kgKG)
2 g ( > 70 kgKG)

Asymptomatische, nicht interventionsbedürftige Hyperurikämie häufig. Gelenkschmerzen, besonders bei Beginn der Behandlung. Gastrointestinale Symptome häufig. Akute Hepatitis in ca. 0,5 % der Patienten.
Monitoring: Transaminasen bei Patienten mit bekannter Lebererkrankung (s. INH).

Ethambutol
(EMB)

entspricht ca.
0 – 5 Jahre
 > 5 Jahre

850 mg/m2 KO [108]


30 mg/kgKG
25 mg/kgKG
max. TD 1,75 g

Optikusneuritis mit Einschränkung der Sehschärfe und des Rot-Grün-Sehens.
Monitoring: Augenärztliche Untersuchung vor, während und nach der Therapie (für Kleinkinder spezielle Farbtafeln benutzen), regelmäßige Symptomabfrage während der Therapie. Bei Säuglingen sollte der Augenhintergrund 4-wöchentlich untersucht werden. (Cave: Papillen-Abblassung).

Streptomycin
(SM)

20 mg/kgKG/d, i. m. oder i. v.
max. TD 0,75 g;
Therapie-Gesamtdosis:
30 g/m2 KO

Ototoxizität (N. acusticus und N. vestibularis).
Selten: Neurotoxizität, Nephrotoxizität.
Monitoring: Hörtests vor, während und nach der Therapie. Regelmäßige Symptomabfrage.
Kreatininwert vor Beginn der Behandlung.

Bei komplizierten Formen sowie bei unbekannter Sensibilität oder einem Verdacht auf das Vorliegen von Resistenzen sollte jedoch mit einer Vierfachtherapie (INH, RMP, PZA, EMB) begonnen werden.

Die Gesamtdauer der Therapie hängt von der Lokalisation und dem Schweregrad der Erkrankung ab ([Tab. 22]). Aufgrund des unterschiedlichen Verteilungsvolumens sollte die Dosierung der Medikamente im Kindesalter überwiegend nach m2 Körperoberfläche erfolgen und muss bei Größen- und Gewichtszunahme im Verlauf angepasst werden [108] [109] [110] [111].

Tab. 22

Therapiedauer im Kindesalter (in Monaten), abhängig von der Manifestationsform (nach [7] [103] [113]).

Manifestation

Therapiedauer (Monate)

Initialphase (Monate)

Kontinuitätsphase (Monate)

  • Unkomplizierte pulmonale Tuberkulose

  • Periphere Lymphknotentuberkulose

6[1]

2 INH/RMP/PZA

4 INH/RMP

  • Komplizierte pulmonale Tuberkulose

  • Extrapulmonale Tuberkulose

9

alternativ

6

2 INH/RMP/PZA

alternativ

2 INH/RMP/PZA/EMB

7 INH/RMP

alternativ

4 INH/RMP

  • Tuberkulose vom Erwachsenentyp/Kavernöse Tuberkulose

6 – 9

2 INH/RMP/PZA/EMB

4 – 7 INH/RMP

  • Knochen-, Gelenkstuberkulose

9 – 12

2 INH/RMP/PZA/EMB

7 – 10 INH/RMP

  • Disseminierte/Miliartuberkulose

  • Meningitis tuberculosa[2]

  • Konnatale Tuberkulose

12

2 INH/RMP/PZA/EMB

10 INH/RMP

1 bei HIV-Infektion 9 Monate Behandlung (2 INH/RMP/PZA und 7 INH/RMP)


2 statt EMB auch PTH möglich: bessere Liquorgängigkeit als EMB


Die Behandlungsdauer variiert mit Lokalisation und Schweregrad der Erkrankung. Die unkomplizierte Primärtuberkulose (d. h. röntgenologischer Nachweis eines Primärkomplexes bzw. einer Hiluslymphknotenvergrößerung) sowie die periphere Lymphknotentuberkulose werden mit der Standard-Dreifachtherapie (INH, RMP, PZA) für zwei Monate und anschließend mit INH und RMP für weitere vier Monate behandelt (Gesamtbehandlungszeit sechs Monate) [7] [107]. Die Gabe der Medikamente kann während der Zweifachtherapie auch intermittierend dreimal pro Woche – als überwachte Therapie – erfolgen [112], allerdings wird ein solches Vorgehen für Deutschland nicht empfohlen.

Bei der komplizierten progressiven Primärtuberkulose (z. B. Einschmelzungen, spezifische Pneumonien, durch bronchiale Lymphknotenkompression oder -einbruch verursachte Belüftungsstörungen) sollte neun Monate bei initialer Dreifachtherapie oder 6 Monate bei Initialphase mit 4 Medikamenten (nach WHO) behandelt werden [7] [99] [107] [113]. Die Tuberkulose vom Erwachsenentyp (kavernöse TB) wird initial immer mit vier Medikamenten behandelt.

Die Miliartuberkulose und die Meningitis tuberculosa werden initial mit einer Vierfachkombination, bestehend aus INH, RMP, PZA und EMB, behandelt. Wegen deutlich besserer Liquorgängigkeit eignet sich bei der Meningitis tuberculosa Protionamid als Alternative zu EMB [114] [115]. Nach zwei Monaten erfolgt eine Weiterbehandlung mit INH und RMP, abhängig vom klinischen Verlauf über eine Gesamtdauer von insgesamt 12 Monaten [7] [107].

Bei der Meningitis ist die zusätzliche Gabe von Prednisolon (2 mg/kgKG/d) oder Dexamethason (0,6 mg/kgKG/d) für mindestens sechs Wochen in absteigender Dosierung empfohlen [7] [116] [117].

Die Therapie von extrapulmonalen Tuberkulosen sowie der Abdominaltuberkulose erfolgt wie bei der komplizierten Primärtuberkulose.

Bei der Knochentuberkulose werden in der Initialphase immer 4 Medikamente eingesetzt. Je nach klinischer Indikation sollte die Therapiedauer mindestens 9 Monate betragen, die WHO empfiehlt grundsätzlich 12 Monate. Bei extrapulmonaler Tuberkulose sollten immer erfahrene Experten und andere Fachdisziplinen einbezogen werden [7].

Die konnatale Tuberkulose wird, auch bei Verdacht, bis zum Ausschluss einer Erkrankung wie eine Miliartuberkulose behandelt.


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9.1.3 Überwachung der Therapie bei Kindern

Wenngleich die meisten Medikamente zur Therapie der Tuberkulose im Kindesalter besser verträglich sind als im Erwachsenenalter, sollten bei der kombinierten Chemotherapie Laborkontrollen nach zwei, vier und acht Wochen erfolgen, um unerwünschte Arzneimittelwirkungen möglichst rechtzeitig zu erkennen: Blutbild, Bilirubin, Serumtransaminasen, Gamma-GT, aP, Harnsäure im Serum (bei PZA-Gabe[3]), Kreatinin und Harnstoff im Serum (bei SM oder Amikacin-Gabe). Bei Gabe von SM oder Amikacin sind vierwöchentlich HNO-ärztliche Untersuchungen, mindestens aber Audiometrien, bei Gabe von EMB vierwöchentlich ophthalmologische Untersuchungen (Farbsehprüfung, möglich ab dem 3. Lebensjahr, ggf. spezielle Farbtafeln für Kleinkinder) indiziert [108].


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9.1.4 Zusätzliche Maßnahmen bei kindlichen Tuberkulosen

Folgende zusätzliche Maßnahmen können erforderlich werden: Bei einer Pleuritis tuberculosa exsudativa muss aus diagnostischen und therapeutischen Gründen eine Pleurapunktion erfolgen. Darüber hinaus kann bei entsprechender Konstellation auch eine Entlastungspunktion und/oder eine Pleura-Saugdrainagen-Behandlung, u. a. zur Vermeidung von Schwartenbildung, sinnvoll sein.

Bei der lymphadenogenen Bronchustuberkulose mit Lymphknoteneinbruch und Belüftungsstörung ist eine therapeutische Bronchoskopie, ggf. auch mehrmals, zur Bronchusrekanalisation erforderlich und eine Steroidgabe sinnvoll. Im Kindesalter sind chirurgische Interventionen bei der Tuberkulose nur selten indiziert (z. B. Lappenresektion bei multiresistenter Tuberkulose, Enukleation von Lymphknoten zur Dekompression bei kompliziertem Bronchusverschluss).


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9.1.5 Tuberkulosen im Kindesalter durch resistente Erreger

Die medikamentenresistente Tuberkulose im Kindesalter ist in Deutschland eine Ausnahme. Die Behandlung von komplexen Organtuberkulosen sowie Multiresistenz muss in jedem Fall in Kooperation mit erfahrenen pädiatrisch infektiologischen Zentren erfolgen. Die Kombinationstherapie der MDR-TB muss unter Einsatz von Zweitrang-Medikamenten (WHO-Gruppe 2 – 5) modifiziert und wie beim Erwachsenen verlängert werden ([Tab. 23] und Abschnitt 8) [118]. Bei mangelndem Keimnachweis sollten Kinder entsprechend dem Resistenzspektrum des Indexfalls behandelt werden.

Tab. 23

Zweitrang-Medikamente im Kindesalter (modifiziert nach [99] [118]). (Aufgrund fehlender Daten im Kindesalter beruhen die Dosierungsempfehlungen in dieser Tabelle überwiegend auf der Erfahrung von Experten.)

Medikament

Dosis

Hauptnebenwirkungen und Monitoring

Protionamid (Pto) oder Ethionamid (Eto)

7.5 – 15 mg/kg/d
max. 500 mg/d

Übelkeit/Erbrechen (kann ggf. durch zweimal tägl. Gabe der halben Dosis reduziert werden), Gelenkbeschwerden, Gynäkomastie, Psychose.
Andere unerwünschte Wirkungen wie Isoniazid (Hepatitis, Neurotoxizität).

Para-Aminosalizylsäure (PAS)

300 mg/kg/d
max. 12 g/d

Übelkeit/Erbrechen, Gastrointestinale Beschwerden, Hepatotoxizität, Blutbildveränderungen, Elektrolytschwankungen, Hypothyreose.
WW: potenzieller Anstieg des Phenytoinspiegels.

Rifabutin (RIB)

5 – 10 mg/kg/d
max. 300 mg/d

Uveitis, Arthritis, Störungen im blutbildenden System, Hyperpigmentierung, Hepatopathie, Enzyminduktor.
Bisher nicht für Kinder zugelassen.

Terizidon/Cycloserin

10 – 15 mg/kg/d

ZNS-Symptome (Schwindel, Kopfschmerz, Tremor, Krampfanfälle, Psychose).
Eingeschränkte Anwendung im Kindesalter.

Streptomycin (SM)

20 mg/kgKG/d, i. m. oder i. v.
max. TD 0,75 g;
Therapie-Gesamtdosis:
30 g/m2 KO

Ototoxizität (N. acusticus und N. vestibularis).
Selten: Neurotoxizität, Nephrotoxizität.
Monitoring: Hörtests vor, während und nach der Therapie. Regelmäßige Symptomabfrage.
Kreatininwert vor Beginn der Behandlung.

Amikacin

15 – 20 mg/kg/d i. v.

Wie Streptomycin,
Kontrolle des Serumspiegels empfohlen.

Capreomycin

20 mg/kg/d i. v.

Wie Streptomycin.

Moxifloxacin


Levofloxacin

7.5 – 10 mg/kg/d oral oder i. v.


10 mg/kg/d
oral

Übelkeit/Erbrechen, ZNS-Symptome (Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Tremor, Krampfanfälle), Photosensitivität, potenzielle toxische Wirkung auf den Gelenkknorpel in der Wachstumsphase.
Wechselwirkungen: Möglicher Anstieg des Theophyllinspiegels.
Fluorchinolone sind bisher nicht für Kinder zugelassen.

Linezolid

10 mg/kg/d oral oder i. v.

Hypertonie, Hyperthermie, ZNS-Symptome (Kopfschmerz, Schwindel), Thrombozytopenie, Leukopenie, gastrointestinale Beschwerden, Lactatazidose (sehr selten).
Eingeschränkte Anwendung im Kindesalter.


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9.2 Patienten mit HIV-Infektion und Tuberkulose

Die Tuberkulose gilt unabhängig vom Immunstatus des Patienten (Anzahl der CD4 Helferzellen) als eine AIDS-definierende Erkrankung (Stadium nach CDC: C1 – 3). Die HIV/M. tuberculosis-Koinfektion ist vor allem im südlichen Afrika, in Asien und in Teilen Osteuropas eine duale Epidemie mit erheblichen Konsequenzen für Epidemiologie, Diagnostik und Therapie der Tuberkulose. Zu beachten ist dabei auch, dass das Risiko eines HIV-Infizierten, nach einer Infektion mit M. tuberculosis complex eine behandlungsbedürftige Tuberkulose zu entwickeln, circa 10-fach höher ist als bei HIV-negativen Personen. Während weltweit etwa 15 % der Tuberkulosepatienten auch eine HIV-Infektion aufweisen, ist die Prävalenz der HIV/M. tuberculosis-Koinfektion in Deutschland nicht bekannt, sie liegt aber vermutlich bei etwa 3 %. Eine HIV-Testung sollte allen Patienten bei der Diagnose einer Tuberkulose angeboten werden.

9.2.1 Klinik und Diagnostik der Tuberkulose bei HIV-Infektion

Die Klinik der Tuberkulose wird beim HIV-positiven Patienten durch den Immunstatus des Patienten geprägt. Besonders im Spätstadium der HIV-Infektion muss mit uncharakteristischen (oder sogar nativ radiologisch fehlenden) pulmonalen Infiltraten und einem höheren Anteil an disseminierten und extrapulmonalen Tuberkulosen gerechnet und eine entsprechende bildgebende Diagnostik veranlasst werden (CT-Thorax, andere Organ-CT-Untersuchungen und/oder Kernspintomografien). Die immunologische und mikrobiologische Diagnostik ist durch eine geringere Sensitivität der Verfahren zum Nachweis sowohl einer latenten tuberkulösen Infektion (LTBI) als auch der Erreger (bei häufig geringer Bakteriendichte im Sputum) erschwert. Andererseits muss damit gerechnet werden, dass auch ohne Nachweis eines Lungeninfiltrats M. tuberculosis im Sputum ausgeschieden wird. Hieraus ergibt sich, dass eine sehr sorgfältige, ggf. wiederholte mikrobiologische Diagnostik bei Verdacht auf Tuberkulose zu empfehlen ist. Differenzialdiagnostisch müssen die bei AIDS häufigen Erkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien abgegrenzt werden.


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9.2.2 Zeitliche Abfolge der antituberkulösen und antiretroviralen Therapie bei gleichzeitiger Diagnosestellung von Tuberkulose und HIV-Infektion

Prinzipiell hat die Therapie der aktiven Tuberkulose bei Nachweis einer unbehandelten HIV-Infektion Vorrang. Der Verlauf der HIV-Infektion muss aber mitbedacht werden und stadienabhängig ggf. eine simultane, nach einem kurzen Intervall zeitversetzt begonnene Therapie der HIV-Infektion eingeleitet werden, um eine interkurrente Verschlechterung der Grunderkrankung zu vermeiden. Es gibt bislang nur begrenzte Evidenz für den optimalen Zeitpunkt des Beginns der antiretroviralen Therapie (ART), wenn eine HIV-Infektion bei einem an Tuberkulose Erkrankten diagnostiziert wird [119] [120]. Essenzielle Informationen für die individuelle Therapieplanung sind:

  • klinische Symptome, die ein fortgeschrittenes Stadium der HIV-Infektion anzeigen

  • Lymphozytentypisierung mit CD4-Zellzahl und CD4 /CD8-Ratio im Blut

  • Höhe der HI-Viruslast im peripheren Blut

  • Therapieanamnese (wurde oder wird bereits eine ART durchgeführt?)

  • Patientenumfeld und -präferenzen (ist die erfolgreiche Durchführung einer simultanen Therapie auch im ambulanten Bereich realistisch?)

Internationale Leitlinien (z. B. www.aidsinfo.nih.gov/ oder www.cdc.gov/mmwr/) und die Mehrzahl der Experten schlagen ein abgestuftes Procedere für den Beginn der ART vor:

  • In frühen Stadien der HIV-Infektion ohne klinische Symptome mit CD4-Zellzahlen stabil > 350 /µl und einer Viruslast < 30 000 Kopien/ml kann die Therapie der Tuberkulose wie beim HIV-negativen Patienten durchgeführt werden, wenn diese täglich gegeben wird und Besonderheiten (z. B. Therapieverlängerung siehe 9.2.4) berücksichtigt werden. Eine gute Therapieadhärenz sollte dabei gewährleistet sein. Eine ART kann nach Beendigung der Tuberkulosetherapie eingeleitet werden. Kontrollen des Immunstatus in 2-monatlichen Abständen sind empfehlenswert.

  • Bei einer CD4-Zellzahl < 350 /µl und/oder einem Anstieg der Viruslast > 30 000 Kopien/ml muss mit einem rascheren Fortschreiten der HIV-Infektion und der hiermit assoziierten Immundefizienz gerechnet werden. Die Einleitung einer ART während der Tuberkulosetherapie sollte erwogen und bei stabilem HIV-Status 2 – 3 Monate nach Start der Tuberkulosetherapie begonnen werden.

  • Im Stadium AIDS mit einer CD4-Zellzahl < 100 – 200 /µl und/oder klinischen Hinweisen für weitere AIDS-definierende Erkrankungen ist die Einleitung einer simultanen Therapie zwingend, da das Risiko des Ausbruchs weiterer AIDS-definierender Erkrankungen noch während der Tuberkulosetherapie bis zu 50 % beträgt. Eine Verzögerung des Starts der ART um 2 – 8 Wochen nach Beginn der Tuberkulosetherapie hat praktische Vorteile wie die bessere Einschätzung der Situation bei Auftreten von unerwünschten Medikamenteneffekten und vermindert vermutlich das Risiko eines Immunrekonstitutionssyndroms (IRIS).

  • Falls bei der Diagnose der Tuberkulose bereits eine ART durchgeführt wird, sollte die Therapie fortgesetzt und die Auswahl der antiretroviralen Substanzen angepasst werden ([Tab. 24]).

In einer aktuellen Studie konnte inzwischen generell ein Vorteil bei frühzeitigem ART-Therapiebeginn gezeigt werden [119]. Die WHO empfiehlt die Einleitung der ART so früh wie möglich (innerhalb der ersten 8 Wochen, idealerweise 2 Wochen nach Beginn der antituberkulösen Therapie) unabhängig von CD4-Zellzahl [6] [120].

Die Planung einer dualen Therapie bleibt aber derzeit immer noch eine individuelle Entscheidung auf der Basis einer Abschätzung des Risikos einer raschen Verschlechterung der Grunderkrankung und der Wahrscheinlichkeit, dass die potenziell komplikationsträchtigere simultane Therapie von Anfang an toleriert wird und mit Erfolg durchführbar ist.


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9.2.3 Medikamenteninteraktionen bei der simultanen Therapie der Tuberkulose und der HIV-Infektion

Bei der simultanen Therapie der Tuberkulose und der HIV-Infektion sind Interaktionen mit der ART insbesondere hinsichtlich der Rifamycine zu beachten. Die Interaktionsmöglichkeiten sind sehr vielfältig und sollten in aktuellen Datenbanken abgefragt werden (z. B. www.hiv-druginteractions.org). Dennoch sollten diese – Medikamenten-Sensibilität vorausgesetzt – in der Erstlinientherapie enthalten sein, da ihr Einsatz in multivariaten Analysen auch bei HIV-positiven Tuberkulosepatienten mit besseren Therapieresultaten assoziiert ist [121]. Die Interaktionen mit der ART sind unter Rifampicin ausgeprägter als unter Rifabutin, sodass Rifabutin bevorzugt eingesetzt werden sollte. Allerdings ist Rifabutin für Kinder unter 18 Jahren nicht zugelassen. Empfehlungen zur Auswahl und Dosierung der antiretroviralen Substanzen bei Koadministration von Rifamycinen gibt [Tab. 24]. Diese Empfehlungen stützen sich teils auf pharmakokinetische Daten, die an gesunden Freiwilligen erhoben wurden. Da krankheitsspezifisch und individuell mit erheblichen Streuungen der Blutspiegel zu rechnen ist, sind die angegebenen Dosierungen als Anhaltswerte zu verstehen und Blutspiegelkontrollen unter Therapie zu empfehlen. Es ergibt sich insgesamt, dass eine Efavirenz-basierte ART bei simultaner Therapie vorteilhaft ist und dass eine Kombination von Rifampicin mit Proteaseinhibitoren vermieden werden sollte. In jedem Fall sollte die Therapie in Kooperation mit einem in der Behandlung beider Infektionen erfahrenen Zentrum stattfinden.

Tab. 24

Empfehlungen zur simultanen Therapie der Tuberkulose und der HIV-Infektion (siehe auch: http://www.hiv-druginteractions.org/).

Medikamente zur Therapie der Tuberkulose

Medikamente zur Therapie der HIV-Infektion

Interaktion

Empfehlung

Rifampicin

PI

PI↓ > 75 %

Nicht empfohlen

NRTI

keine

Standarddosis

NNRTI

NVP↓ 20 – 58 %
EFV↓ 26 %

Cave Hepatotoxizität
EFV 600 – 800 mg/d

Raltegravir (RGV)

RGV ↓ 60 – 70 %

Nicht empfohlen

Maraviroc (MVR)

MVR ↓ > 60 %

Nicht empfohlen

Rifabutin

PI

Rifabutin↑ 50 – 473 %

Rifabutin 150 mg 2 – 3 ×/Woche

NNRTI

NVP: Rifabutin↑ 17 %
EFV: Rifabutin↓ 38 %

Cave Hepatotoxizität
Rifabutin 450 – 600 mg/d

NRTI

keine

Standarddosis

Raltegravir

RGV ↓ 20 %

Standarddosis[1]

Maraviroc

MVR

Standarddosis[1]

Modifiziert nach (www.cdc.gov/mmwr/pdf/rr/rr5804.pdf [122]). NRTI: Nukleosidale Reverse Transkriptase Inhibitoren; PI: Proteaseinhibitor; NNRTI: Nichtnukleosidaler Reverse Transkriptase Inhibitor; NVP: Nevirapin; EFV: Efavirenz. Die Effekte einer Kombination von PI und NNRTI sind in der Tab. nicht berücksichtigt. ↓ Spiegel gesenkt (%). ↑ Spiegel erhöht (%).

1 Begrenzte klinische Erfahrung.



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9.2.4 Therapiedauer der Tuberkulose bei einer HIV-Infektion

Zur Therapiedauer der Tuberkulose bei HIV-Infektion existieren nur wenige Daten aus kontrollierten Studien. In internationalen Leitlinien wird überwiegend eine Standarddauer von 6 Monaten bei unkomplizierter Tuberkulose empfohlen, eine Verlängerung auf 9 – 12 Monate dagegen bei großen Kavernen, zerebraler und ossärer Tuberkulose sowie bei einer verzögerten Sputumkonversion (www.cdc.gov/mmwr/pdf/rr/rr5804.pdf [122]).

Eine aktuelle Metaanalyse ergab, dass eine Verlängerung der Therapie um 2 – 3 Monate generell mit einer geringeren Rate an Therapieversagen assoziiert ist [121].

Wir empfehlen daher beim HIV-positiven Patienten eine Therapiedauer von 9 Monaten.


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9.2.5 Das Immunrekonstitutionssyndrom (IRIS)

Ein Immunrekonstitutionssyndrom („immune reconstitution inflammatory syndrome“ – IRIS) tritt unter Therapie der HIV-Infektion in etwa 25 % der Fälle auf [123] und ist damit erheblich häufiger als bei HIV-negativen Tuberkulosepatienten. Es handelt sich um eine hyperergische Reaktion (überschießende Zytokin-Ausschüttung) auf mikrobielle Antigene im Rahmen des therapieassoziierten Anstiegs immunkompetenter Zellen mit „paradoxer“ Zunahme der klinischen Symptomatik. In leichten Fällen ist das IRIS selbstlimitierend. Eine adjuvante Kortikosteroidtherapie ist in schweren Fällen indiziert, sie zeigte in einer aktuellen Studie Vorteile hinsichtlich der Rückbildung klinischer Symptome und reduzierte die Hospitalisierungsrate [123]. Nur in Ausnahmefällen ist eine Unterbrechung der ART erforderlich. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines IRIS kann vermindert werden, wenn die ART zeitversetzt zum Beginn der Tuberkulose-Therapie gestartet wird. Bei der Entscheidung über den optimalen Zeitpunkt muss die Dringlichkeit der ART gegen das Risiko einer schweren inflammatorischen Reaktion, z. B. bei Vorliegen einer zerebralen Tuberkulose, abgewogen werden.


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9.3 Patienten mit Niereninsuffizienz

9.3.1 Erstrang-Medikamente

Die Erstrang-Medikamente INH und RMP können bei Niereninsuffizienz in unveränderter Dosis und mit unverändertem Dosierungsintervall gegeben werden [124] [125] [126] ([Tab. 25]). PZA sollte ab einer GFR < 30 ml/min 3 × pro Woche gegeben werden. Streptomycin und Ethambutol können bei Niereninsuffizienz in normaler Dosis zwei- bis dreimal pro Woche gegeben werden ([Tab. 25]).

Tab. 25

Dosierungen der Erstrang-Medikamente bei Niereninsuffizienz (modifiziert nach [124]).

Dosierungsintervall nach glomerulärer Filtrationsrate (ml/min)

Substanz

Dosis
(mg/kgKG)

GFR 80 – 30
(ml/min)

GFR 30 – 15
(ml/min)

GFR < 15
(ml/min)

Isoniazid

 5

täglich

täglich

täglich

Rifampicin

10

täglich

täglich

täglich

Pyrazinamid

25

täglich

3 ×/Woche

3 ×/Woche

Ethambutol

15

täglich

3 ×/Woche

3 ×/Woche[1]

1 Serumspiegel-Bestimmungen durchführen: Ethambutol: Cmax = 2 – 6 mg/l 2 Stunden nach Einnahme (Spitzenspiegel) oder < 1,0 mg/l vor der nächsten Dosis (Talspiegel).


Bei Peritoneal- oder Hämodialyse müssen die entsprechenden Vorschriften der Hersteller hinsichtlich des Dosierungszeitpunktes, der Dosis und des Dosierungsintervalls beachtet werden. Entsprechendes gilt auch für die Zweitrang-Medikamente.

Beispielhaft kann bei der Hämodialyse die tägliche Gabe von INH und RMP in der Standarddosierung und von PZA und EMB in der Standarddosierung dreimal pro Woche empfohlen werden. Die Medikamente sollten an den Dialysetagen 4 – 6 Stunden vor der Dialyse oder unmittelbar nach der Dialyse eingenommen werden. Da eine Medikamentenakkumulation möglich ist, müssen ggf. Blutspiegelkontrollen erfolgen.


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9.3.2 Zweitrang-Medikamente (Gruppe 2 – 5 der WHO-Klassifikation)

Beim Einsatz der Zweitrang-Medikamente beim niereninsuffizienten Patienten und beim Einsatz unter Peritoneal- oder Hämodialyse muss auf die Fachinformationen der Hersteller verwiesen werden. Einen Anhalt geben die folgenden Tabellen ([Tab. 26 – 28]).

Tab. 26

Dosierung der injizierbaren Zweitrang-Medikamente bei Niereninsuffizienz.

Substanz

Standarddosis (mg)

Dosis bei GFR
10 – 50 ml/min

Dosis bei GFR
 ≤ 10 ml/min

Streptomycin

1000

3 ×/Woche

2 ×/Woche[1]

Amikacin

1000

3 ×/Woche[2]

2 ×/Woche[2]

Kanamycin

1000

3 ×/Woche[2]

2 ×/Woche[2]

Capreomycin

1000

3 ×/Woche[2]

2 ×/Woche[2]

1 Serumspiegel-Bestimmungen durchführen: Streptomycin: Cmax. < 4 mg/l vor der nächsten Dosis (Talspiegel).


2 Serumspiegel-Bestimmungen durchführen.


Tab. 27

Dosierung der Fluorchinolone bei Niereninsuffizienz.

Substanz

Standarddosis (mg)

Dosis bei GFR
20 – 50 ml/min

Dosis bei GFR
 ≤ 20 ml/min

Levofloxacin

1000

750

500

Moxifloxacin

 400

400

400

Tab. 28

Dosierung der oralen Zweitrang-Medikamente bei Niereninsuffizienz.

Substanz

Standarddosis (mg)

Dosierung bei Niereninsuffizienz

Rifabutin

300

GFR < 30 ml/min: 150 mg

Rifapentin (1 ×/Woche)

600

600 mg

Protionamid ohne INH
Protionamid mit INH

1000
500

GRF < 30 ml/min: 500 mg
500 mg

Ethionamid

1000

GRF < 30 ml/min: 500 mg

Paraaminosalicylsäure (i. v.)

12.000

GFR 10 – 30 ml/min: 9000 mg
GFR < 10 ml/min: 6000 mg

Terizidon

3 × 250

GFR < 10 ml/min: 500 mg

Thioacetazon

150

keine Daten

Clofazimin

100

keine Daten

Linezolid

1 × 600

keine Dosisreduktion

Imipenem

3 × 1000

GFR 40 – 70 ml/min: 4 × 500 mg
GFR 20 – 40 ml/min: 3 × 500 mg
GFR < 20 ml/min: 2 x 500 mg

Amoxicillin/Clavulansäure

2 × 875

GFR 10 – 30 ml/min: 2 × 500 mg
GFR < 10 ml/min: 1 × 500 mg

Clarithromycin

2 × 500

GFR < 30 ml/min: 1 × 500 mg

Hochdosis-Isoniazid

900

keine Daten


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9.4 Patienten mit vorbestehender Leberinsuffizienz

9.4.1 Erstrang-Medikamente

Hepatische Vorerkrankungen wie eine floride Hepatitis, ein Zustand nach Hepatitis (Leberzirrhose, chronisch aktive Hepatitis, positiver Antigen-Antikörper-Nachweis für Hepatitis B oder C) oder ein Alkoholabusus erschweren die Therapie mit den potenziell hepatotoxischen Erstrang-Medikamenten (INH, RMP, PZA) unter Umständen erheblich [127]. Bei diesen Patienten sind je nach Ausmaß der Lebervorschädigung wöchentliche bis mehrfach wöchentliche Kontrollen der entsprechenden Laborparameter in den ersten Monaten unverzichtbar. Bei Alkoholkarenz oder Transaminasenerhöhungen auf dem Boden einer Herzinsuffizienz, die auf eine kardiale/diuretische Therapie gut anspricht, kommt es trotz primär deutlich erhöhter Transaminasenwerte häufig rasch zu einer spontanen Remission, sodass die antituberkulöse Therapie hier unter entsprechenden Kontrollen weitergeführt werden kann und nicht verzögert werden sollte. Es muss abgewogen werden, ob eine einschleichende Dosierung, wie im Abschnitt 10.1.1 ausführlich beschrieben, sinnvoll ist.

Nicht hepatotoxisch sind die Medikamente EMB und SM, die durch ein renal eliminiertes Fluorchinolon wie z. B. das Levofloxacin, ergänzt werden können. In jedem Fall muss aber auch bei eingeschränkter Leberfunktion versucht werden, zumindest eines der Erstrang-Medikamente INH oder RMP in die Therapie einzuführen, um eine suffiziente Therapie zu gewährleisten. Wird nur eines der beiden hepatotoxischen Medikamente vertragen, so ist abzuwägen, ob die schnellere Bakterizidie des INH oder die sterilisierende Wirkung des RMP im individuellen Fall von Vorteil sind. Unter Umständen muss daher in der Initialphase der Therapie bei hoher Keimausscheidung INH eingesetzt werden und in der Kontinuitätsphase RMP.


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9.4.2 Zweitrang-Medikamente (Gruppe 2 – 5 der WHO-Klassifikation)

Beim Einsatz der Zweitrang-Medikamente muss hinsichtlich der hepatischen Verträglichkeit auf die Fachinformation der Hersteller verwiesen werden. Ein hepatotoxisches Potenzial haben die Rifamycin-Derivate Rifabutin und Rifapentin, Protionamid, Moxifloxacin, Amoxicillin/Clavulansäure und Clarithromycin.


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9.5 Patienten nach Organtransplantation

Durch die medikamentöse Immunsuppression besteht sowohl ein höheres Tuberkulose-Infektions- als auch (Re)Aktivierungs-Risiko [128]. Die Therapie unterscheidet sich nicht von der Standardtherapie, wobei allerdings in Analogie zur HIV-Infektion längere Therapiezeiten bevorzugt werden. Für eine häufig praktizierte langfristige Suppressionstherapie (INH weiter nach Beendigung der Standardtherapie) gibt es keine überzeugende Evidenz. Auf das vielfältige Interaktionspotenzial mit den Immunsuppressiva und anderen antimikrobiell wirksamen Substanzen muss geachtet werden.


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9.6 Therapie bei Schwangerschaft und Stillzeit

Eine antituberkulöse Therapie mit INH, RMP, PZA und EMB stellt im Falle einer unter Behandlung eintretenden oder bereits bestehenden Schwangerschaft keine Indikation zur Interruptio dar [4] [7] [129] [130] [131] [132] [133]. Streptomycin und andere Aminoglykoside/Peptidantibiotika sind potenziell toxisch für den Fötus und sollten daher in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Die Gabe dieser Substanzen in Unkenntnis einer Schwangerschaft stellen jedoch ebenfalls keine Indikation zu einer Interrutio oder für eine invasive Diagnostik dar (http://www.embryotox.de). Die Behandlung einer Tuberkulose während einer Schwangerschaft sollte, sofern kein Anhalt für eine Medikamentenresistenz besteht, mit INH (+ Pyridoxin), RMP, und PZA erfolgen. Auch EMB kann eingesetzt werden. Der Einsatz von PZA wird von internationalen Organisationen und Experten empfohlen [4] [131] [132] [133], die American Thoracic Society hingegen lehnt die routinemäßige Anwendung in der Schwangerschaft aufgrund mangelnder Daten zur Teratogenität von PZA ab [7]. Wird auf PZA verzichtet, ist die verlängerte Therapiedauer von 9 Monaten (2 Monate INH, RMP und EMB, 7 Monate INH und RMP) zu berücksichtigen (s. [Tab. 19], [Tab. 20]). Kontraindiziert oder relativ kontraindiziert sind in der Schwangerschaft neben den Aminoglykosiden viele Zweitrang-Medikamente der WHO-Gruppen 4 und 5. Selbstverständlich ist eine medikamentenresistente Tuberkulose auch in der Schwangerschaft eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Das Therapieregime muss von Experten unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Berücksichtigung des Schwangerschaftsstadiums zusammengestellt werden.

Während einer Therapie mit den Erstrang-Medikamenten kann gestillt werden, da die mit der Milch vom Säugling aufgenommenen Substanzkonzentrationen zu gering sind, um beim Säugling unerwünschte Wirkungen zu erzeugen [134]. Streptomycin wird nach der Aufnahme durch die Muttermilch vom Kind nicht resorbiert und kann allenfalls einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmbakterien beim Kind haben.

Bei gleichzeitiger antituberkulöser Therapie von Mutter und Kind können zwar die Wirkstoffspiegel beim gestillten Kind leicht erhöht sein, es dürfen aber deshalb keine reduzierten Dosen in der Therapie des Kindes eingesetzt werden. Zu berücksichtigen sind allerdings möglicherweise vermehrte UAW beim Kind. Beim Einsatz von Zweitrang-Medikamenten sind die Fachinformationen zu beachten.


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9.7 Patienten unter intensivmedizinischer Behandlung

Die Behandlungsprinzipien gelten auch unter intensivmedizinischen Bedingungen. Besonderes Augenmerk ist auf die höhere Rate unerwünschter Arzneimittelwirkungen zu legen. INH, RMP, EMB und SM sowie einige Zweitrang-Medikamente (s. u.) stehen auch für die parenterale Gabe zur Verfügung. Die Gabe von INH, RMP, PZA und EMB ist auch über eine Magensonde möglich, wenn die Resorption gesichert erscheint. Steroide spielen bei der respiratorischen Insuffizienz, bedingt durch einen alveolokapillären Block bei ausgedehnten pulmonalen TB-Manifestationen, im Einzelfall erfahrungsgemäß eine wichtige Rolle [76] [77].


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9.8 Patienten mit der Notwendigkeit für eine parenterale Therapie

Die Erstrang-Medikamente INH, RMP, EMB sowie einige Zweitrang-Medikamente (Gruppe 2-Medikamente, Fluorchinolone, PAS) können parenteral appliziert werden. INH, RMP und EMB können in der Regel zusammen in 500 ml 5 %-Glukoselösung in 1 – 2 Stunden infundiert werden; dabei sind jedoch prinzipiell ebenso wie bei den Zweitrang-Medikamenten die aktuellen Informationen der Hersteller zu beachten. SM kann intramuskulär injiziert werden oder auch als langsame Infusion verabreicht werden (> 90 Minuten).

Da bei bestimmten Konstellationen (z. B. MDR-TB) parenterale Medikamente sehr lange appliziert werden müssen, empfiehlt sich in solchen Fällen in der Regel die Implantation eines Port-Systems.


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9.9 Patienten mit verminderter enteraler Resorption

Magen-Darm-Erkrankungen, Malabsorptionssyndrome, das Wasting-Syndrom bei AIDS-Kranken, zystische Fibrose und ein Zustand nach Darmteilresektionen können zur verminderten Resorption der Medikamente führen. In diesen Fällen ist die Resorption nach Rücksprache mit einem entsprechenden Labor mittels Serumspiegel-Untersuchungen zu prüfen und gegebenenfalls eine parenterale Therapie durchzuführen.


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9.10 Tuberkulose beim alten Menschen (≥ 65 Jahre)

Wir sind uns der Schwierigkeit der Altersdefinition bewusst. Gleichwohl ergeben sich in dieser Patientengruppe einige Besonderheiten, obgleich die Prinzipien der Therapie die gleichen sind. Zu achten ist vor allem auf das gehäufte Auftreten von unerwünschten Wirkungen der Pharmaka und mögliche Interaktionen mit Begleitmedikamenten [135] [136] ([Tab. 29], [Tab. 30]). Der Einsatz von EMB und SM ist möglich, bedarf jedoch bei entsprechenden Einschränkungen der Sehkraft bzw. des Hörvermögens einer besonders engmaschigen Überwachung durch den Augen- bzw. HNO-Arzt. Da die Kombination von INH, RMP und PZA beim alten Menschen nicht selten eine relevante Hepatotoxizität induziert, wird empfohlen, die PZA-Dosis innerhalb von zwei Wochen von 15 mg/kgKG auf 25 mg/kgKG zu steigern.


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9.11 Tuberkulose bei Patienten unter TNF-alpha-Inhibitoren-Therapie

Eine Tuberkulose unter TNF-alpha-Inhibitoren entsteht häufig früh in den ersten acht Wochen nach Gabe der Inhibitoren, kann aber auch noch Monate nach Absetzen der Substanz auftreten [137] [138]. Es kommt in vielen Fällen zu extrapulmonalen Tuberkulosen (ca. 50 %) und schweren Verläufen. Hinsichtlich der Tuberkulose-Therapie ergeben sich keine Besonderheiten. Die Immunsuppression mit den TNF-alpha-Inhibitoren sollte allerdings sofort beendet werden. In der Folge ist auf das Auftreten eines Immunrekonstitutionssyndrom (IRIS) zu achten [139]. Unter einer laufenden, adäquaten antituberkulösen Therapie kann die Therapie mit den TNF-alpha-Inhibitoren nach 1 Monat wieder aufgenommen werden [137] [138].


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9.12 Patienten mit einer Silikotuberkulose

Liegt als Grunderkrankung eine Silikose vor, erfolgt die Initialtherapie in üblicher Weise als Standardtherapie über 2 Monate. Allerdings ist die Therapiedauer in der Kontinuitätsphase auf 6 bis 10 Monate zu verlängern, da von einer erschwerten Penetration der Medikamente in die fibrotisch veränderten Areale sowie von einer eingeschränkten Alveolarmakrophagenfunktion ausgegangen werden muss [42].


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9.13 Patienten nach chirurgischer Resektion eines pulmonalen Tuberkuloms

Eine generelle Empfehlung, wie nach der Resektion eines Tuberkuloms verfahren werden soll, kann nicht ausgesprochen werden. Hier ist im Einzelfall mit erfahrenen Zentren Rücksprache zu nehmen, um eine individuelle Strategie für den Patienten zu entwickeln.


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10 Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)

Die Erstrang-Medikamente sind in der Regel gut verträglich. Bedingt durch die enorme Zahl der bisher mit Kombinationstherapien behandelten Patienten verfügen wir über sehr gute Daten zur Verträglichkeit dieser Therapie [4] [5]. Abgesehen von Patienten mit einem erhöhten Risiko für Unverträglichkeitsreaktionen (z. B. bei Komorbidität), ist der Anteil von Therapieabbrüchen wegen Medikamentenunverträglichkeiten bei den Erstrang-Medikamenten insgesamt selten. Zweitrang-Medikamente sind häufig deutlich schlechter verträglich.

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Erstrang-Medikamente sind in der [Tab. 29] aufgeführt.

Tab. 29

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) der Erstrang-Medikamente.

Substanz

häufig

selten

sehr selten

Isoniazid

Transaminasenerhöhung
Akne

Hepatitis
kutane UAW
Polyneuropathie

Krampfanfälle, Vertigo, Optikus-Neuritis, Bewusstseinsstörungen, hämolytische Anämie, aplastische Anämie,Agranulozytose, Lupus-Reaktion, Arthralgien, Gynäkomastie

Rifampicin

Transaminasenerhöhung
Cholestase
Rotfärbung von Körperflüssigkeiten
(Kontaktlinsen)

Hepatitis
kutane UAW
Übelkeit
Thrombopenie
Fieber
„Flu-like“-Syndrom

Anaphylaxie, hämolytische Anämie, akutes Nierenversagen, Wirkungen auf zentrales u. peripheres Nervensystem (Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Vertigo, Ataxie, Verwirrtheit, Adynamie, Sehstörungen)

Pyrazinamid

Transaminasenerhöhung
Übelkeit, Erbrechen
Flush-Syndrom
Myopathie
Arthralgie
Hyperurikämie

Hepatitis
kutane UAW

Gicht, Photosensibilisierung, sideroblastische Anämie

Ethambutol

retrobulbäre Neuritis
Arthralgie
Hyperurikämie

kutane UAW
Transaminasenerhöhung
Polyneuropathie

Streptomycin

Gleichgewichtsstörungen
Tinnitus
Hörverlust
kutane UAW

Nierenfunktionseinschränkung, Agranulozytose, aplastische Anämie; Anaphylaxie, neuromuskuläre Blockade, Atemdepression, Parästhesien, Dermatitis exfoliativa, Kontaktallergie (Pflegepersonal)

Tab. 30

Wichtige Arzneimittelinteraktionen der Erstrang-Medikamente.

Substanz

Serumspiegel erhöht durch:

Erhöht den Serumspiegel von:

Serumspiegel gesenkt durch:

Senkt den Serumspiegel von:

Isoniazid

Steroide
Protionamid

Phenytoin
Carbamazepin
Diazepam
Cumarinen
Protionamid

Azolen (Antimykotika)
Enfluranen

Rifampicin

Cotrimoxazol

diversen antiretroviralen Medikamenten

PAS
Azole

Cumarinen
Azolen
Clarithromycin
Fluorchinolone
Doxycyclin
Atovaquon
Chloramphenicol
Sulfonylharnstoffen
systemischen hormonellen Kontrazeptiva
Glukokortikoiden
L-Thyroxin
Tamoxifen
Diazepam
Phenytoin
Theophyllin
Digoxin
Digitoxin
ACE-Hemmern
Statinen
Calciumantagonisten
Betablockern
Methadon
Ciclosporin
diversen antiretroviralen Medikamenten

Pyrazinamid

Ciclosporin[1]

Ciclosporin[1]

Ethambutol

Antazida

1 Cave: Beide Interaktionsformen sind beschrieben.


Weitere UAW der Erstrang- und Zweitrang-Medikamente finden sich in der Darstellung der Einzelsubstanzen im Anhang 13: VII. Darüber hinaus wird auf die aktuellen Herstellerinformationen verwiesen.

10.1 Management wichtiger unerwünschter Wirkungen der Erstrang-Medikamente

10.1.1 Hepatotoxizität

Klinisch am bedeutendsten ist die additive Hepatotoxizität der drei Erstrang-Medikamente INH, RMP und PZA, die insbesondere bei Patienten mit hepatischen Vorerkrankungen und Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter eine Rolle spielt [4] [7] [55] [136]. In diesen beiden Patientengruppen ist die Notwendigkeit zum Ersatz eines der drei Medikamente (meist PZA) durch ein weniger hepatotoxisches Medikament nicht selten [136].

Die Hepatotoxizität der Erstrang-Medikamente kann zu einer medikamentös bedingten Hepatitis und/oder intrahepatischen Cholestase führen] [4] [7]. Bei einer Erhöhung der Serum-Transaminasen (SGOT [international: ALAT], SGPT [international: ASAT]) oder der Cholestaseparameter (Gamma-GT, alkalische Phosphatase) bis zum Fünffachen des oberen Normwertes kann unter engmaschiger Beobachtung und Kontrolle die Therapie fortgesetzt werden. Steigen die Werte darüber hinaus an oder entwickelt sich eine Hyperbilirubinämie (Bilirubin > 2-fach oberer Normwert), so muss die Therapie mit allen drei hepatotoxischen Medikamenten unterbrochen werden [140]. An eine mögliche kumulative Toxizität von Alkohol und den Medikamenten sollte gedacht werden. Liegt zu diesem Zeitpunkt eine zwingende Therapieindikation vor, so kann wie im Abschnitt 9.4 verfahren werden (Therapie mit EMB, SM und Levofloxacin). Nach weitgehender oder eindeutiger Normalisierung der Serumparameter sollte die Therapie mit den Erstrang-Medikamenten wieder aufgenommen werden. Die Gabe des ersten Medikamentes sollte dabei jeweils für 3 – 7 Tage bis zur Erweiterung der Therapie um die zweite bzw. dritte Substanz erfolgen. Dabei haben sich in der klinischen Praxis bei Erwachsenen einschleichende Dosierungen bewährt: INH: 50 mg/d 1 – Steigerung der Dosis auf 300 mg/d in 3 – 7 Tagen; RMP: 75 mg/d – Steigerung der Dosis auf 450 – 600 mg/d in 3 – 7 Tagen; PZA: 500 mg/d – Steigerung der Dosis auf 1500 – 2500 mg/d in 3 – 7 Tagen [141]. Ergibt sich nach dem Hinzufügen eines Medikamentes erneut eine deutliche Hepatotoxizität, so sollte das entsprechende Medikament endgültig aus der Therapie herausgenommen werden. In diesem Fall sind die verlängerten Gesamttherapiezeiten zu beachten ([Tab. 19], [Tab. 20]). Die klinische Erfahrung spricht zwar dafür, dass sich die Hepatotoxizität von INH am ehesten in einem Anstieg der SGOT und SGPT manifestiert, wohingegen RMP eher für eine Erhöhung der Gamma-GT und der aP verantwortlich ist. Dieses ist jedoch durch Studien bisher nicht eindeutig belegt. Eine schwere Hepatitis mit Leberversagen und Todesfällen kann vor allem durch INH ausgelöst werden [140] [142], ist aber auch für die Kombination RMP und PZA beschrieben worden [143].


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10.1.2 Myelosuppressive Nebenwirkungen

Bei klinisch relevanter Neutropenie, Thrombozytopenie oder hämolytischer Anämie muss die Therapie nach Expertenmeinung bis zur Restitution des Knochenmarkes bzw. bis zum Ende der Hämolyse unterbrochen werden. Unter engmaschigen Kontrollen erfolgt dann ein Therapieaufbau unter strikter Vermeidung des mit der größten Wahrscheinlichkeit verantwortlichen Medikamentes. RMP und die Rifamycine Rifabutin und Rifapentin sind am häufigsten für Myelotoxizität und Hämolyse verantwortlich. Steht RMP als myelotoxisches Medikament fest, darf keine erneute Exposition zu den Rifamycinen erfolgen. Bei nicht durch RMP ausgelöster und nur mäßig ausgeprägter Leukozytopenie ist nach Meinung einiger Experten ein Therapieversuch mit systemischen Glukokortikoiden gerechtfertigt. Evidenz für eine solche Empfehlung existiert jedoch unseres Wissens nicht.


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10.1.3 Kutane Nebenwirkungen

Gering ausgeprägte kutane Reaktionen können unter engmaschiger Beobachtung bei Fortsetzung der Standardtherapie toleriert werden. Insbesondere bei jugendlichen Patienten sollte bei einer durch INH-induzierten Akne ein Behandlungsangebot erfolgen. Bei PZA kommt es gelegentlich zu Beginn der Therapie zu einer durch Histamin-Ausschüttung bedingten Flush-Reaktion, die unter einem vorsichtigen Therapieaufbau (Tag 1: 500 mg, Tag 2: 1000 mg, Tag 3: 1500 mg, Tag 4: volle Dosis) in der Regel nicht wieder auftritt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Arzneimittel-induzierte Allergie. Bei zu Therapiebeginn auftretenden kutanen Reaktionen auf RMP und EMB kann in erfahrenen Zentren eine orale Hyposensibilisierung versucht werden [144] [145]. Schwerwiegende kutane Reaktionen zwingen zum Absetzen der Therapie. Bei leichtem Juckreiz können Antihistaminika systemisch und topisch eingesetzt werden. Insbesondere PZA und die Fluorchinolone erhöhen die Photosensibilität der Haut. Bei ihrem Einsatz ist daher eine Sonnenexposition zu meiden.


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10.1.4 Renale Unverträglichkeitsreaktionen

Insbesondere unter Therapie mit RMP kann es zu einem akuten Nierenversagen kommen. Die Substanz muss sofort abgesetzt werden und darf nicht wieder gegeben werden [146]. Beim Einsatz von Aminoglykosiden/Polypeptidantibiotika ist die Nierenfunktion engmaschig zu überprüfen. Kommt es zu einer Einschränkung (oder zu einem renalen Elektrolytverlust: Pseudo-Schwarz-Bartter-Syndrom unter Terizidon-Therapie), wird in der Regel die Substanz abgesetzt. Renale Unverträglichkeitsreaktionen unter anderen antituberkulösen Medikamenten sind beschrieben, jedoch insgesamt sehr selten.


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10.1.5 Retrobulbäre Neuritis

Kontrollen von Visus, Gesichtsfeld und Farbsehvermögen sollten, wenn immer möglich, vor Beginn der Therapie mit EMB durchgeführt werden und sind unter laufender Therapie regelmäßig (je nach Gefährdungsgrad alle 2 – 8 Wochen) zu wiederholen. Erstes Zeichen der Neuritis ist in der Regel eine Rot-Grün-Farbsehschwäche. Wegen der Gefahr der Erblindung muss bei Sehstörungen EMB sofort abgesetzt und eine entsprechende augenärztliche Untersuchung veranlasst werden. Der Visusverlust kann reversibel sein, es sind jedoch auch dauerhafte Einschränkungen bis zur Erblindung beschrieben.


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10.1.6 Schädigung des N. statoacusticus

Regelmäßige Prüfungen des Gleichgewichtssinnes und des Hörvermögens sind am Beginn der Therapie mit SM, anderen Aminoglykosiden und Peptidantibiotika im Verlauf durchzuführen (je nach Gefährdungsgrad alle 2 – 8 Wochen). Bei entsprechendem Nachweis einer relevanten Störung ist die Therapie mit dem verursachenden Medikament zu beenden.


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10.1.7 Arthralgie und Hyperurikämie unter PZA-Therapie

Arthralgien unter PZA haben in der Regel keinen Bezug zur Serum-Harnsäure und sind in der Regel nicht Ausdruck einer Gicht. Mit einer symptomatischen analgetischen Therapie können Arthralgien in der Regel unter Fortsetzung der PZA-Gabe toleriert werden. Unter PZA-Therapie tritt nahezu regelhaft eine klinisch nicht relevante Hyperurikämie auf. Eine Gabe von Harnsäure senkenden Medikamenten braucht grundsätzlich nicht zu erfolgen, lediglich beim sehr seltenen Auftreten eines Gichtanfalles muss entsprechend gehandelt werden [7].


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10.1.8 Übelkeit

Übelkeit unter der antituberkulösen Chemotherapie kommt nicht selten vor und sollte supportiv oder symptomatisch beispielsweise mit Metoclopramid behandelt werden. Allerdings ist darauf zu achten, dass erhebliche Übelkeit und Inappetenz insbesondere Zeichen einer Hepatotoxizität und in seltenen Fällen auch einer Nierenfunktionsstörung sein können. Daher sind entsprechende Kontrollen zu veranlassen. Die abendliche Einnahme der Medikamente führt unter Umständen zu einer verminderten Resorption und ist mit dem Risiko nicht ausreichend wirksamer Serumkonzentrationen verbunden [147]. Sie sollte daher nur in gut begründeten Ausnahmen erfolgen.


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11 Wichtige Interaktionen

11.1 Erstrang-Medikamente

Antituberkulöse Medikamente weisen eine Vielzahl von klinisch relevanten Medikamenteninteraktionen auf ([Tab. 30]). Zur umfänglichen Darstellung der Interaktionen muss auf die jeweiligen Fachinformationen verwiesen werden. Im Folgenden sind ausgewählte, häufig relevante und wichtige Interaktionen aufgeführt.

Isoniazid steigert die Serumspiegel von Phenytoin, Carbamazepin, Phenprocoumon, Diazepam sowie Protionamid und senkt den Serumspiegel von Azol-Antimykotika. Rifampicin bewirkt eine starke hepatische Enzyminduktion, in deren Folge die Serumspiegel unter anderem der folgenden Medikamente signifikant verringert werden, sodass eine Dosisanpassung erfolgen muss: Cumarine (Dosisadaptation nach International Normalized Ratio (INR)), Sulfonylharnstoffe (Dosisadaptation nach Blutzuckerwerten), Glukokortikoide (Dosisverdopplung) [148], Theophyllin (Dosisadaptation nach Serumspiegel), Ciclosporin (Dosisadaptation nach Serumspiegel), Digoxin und Digitoxin (Dosisadaptation nach Serumspiegel). Die Wirkung von systemisch wirkenden hormonellen Kontrazeptiva ist unter gleichzeitiger Einnahme von RMP unsicher, sodass andere kontrazeptive Maßnahmen angewendet werden müssen. Hinsichtlich der komplexen Interaktion von Rifampicin und Rifabutin mit den antiretroviralen Medikamenten in der Therapie der HIV-Infektion wird auf [Tab. 24] sowie auf aktuelle Internet-basierte Datenbanken verwiesen (z. B. http://www.hiv-druginteractions.org).


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11.2 Zweitrang-Medikamente

Bezüglich der Zweitrang-Medikamente wird wegen der Komplexität auf die Fachinformationen der Hersteller verwiesen.


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12 Chemoprävention und Chemoprophylaxe der latenten tuberkulösen Infektion

Unter Chemoprävention wird die Therapie der latenten Infektion mit Mycobacterium tuberculosis (latente tuberkulöse Infektion [LTBI]) verstanden, also die Behandlung nachweislich infizierter Patienten mit dem Ziel, die Rate der späteren Erkrankungen durch Reaktivierungen zu vermindern. Chemopropylaxe meint hingegen die prophylaktische Behandlung exponierter Personen, die sich bisher nicht infiziert haben bzw. deren Infektion noch nicht nachweisbar ist.

12.1 Indikation zur Behandlung der latenten tuberkulösen Infektion

Unter der latenten tuberkulösen Infektion (LTBI) versteht man den Zustand nach der primären Infektion mit M. tuberculosis mit der Folge einer Persistenz vitaler Bakterien im Organismus ohne Organbefund bzw. ohne Erkrankung.

Klinisch ist die LTBI durch ein positives Ergebnis eines Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) und/oder des Tuberkulin-Hauttests (im Kindesalter bevorzugt THT) nach Ausschluss einer Tuberkulose definiert. Allerdings ist der immunologische Nachweis der Sensibilisierung gegenüber M. tuberculosis-Antigenen kein Beweis für eine tatsächliche latente Infektion [102].

Nach der Infektion kommt es in der Regel zur Kontrolle der Erreger durch die Bildung von Granulomen, in denen die Vermehrung der Erreger gehemmt wird. Geringfügige Veränderungen in den komplexen Regulationsmechanismen der Granulome können aber auch nach vielen Jahren dazu führen, dass die organisierte Struktur des Granuloms, in dem sich in der Regel nur kleine Bakterienpopulationen befinden, zusammenbricht, die Erreger sich ungehemmt vermehren und eine behandlungsbedürftige Tuberkulose ausbricht (Reaktivierung). Das Erkrankungsrisiko ist nach der Infektion in den ersten 2 Jahren am höchsten [149].

Die Indikation zur Behandlung der LTBI (synonym „präventive Chemotherapie“ oder „Chemoprävention“) erfolgt in Abhängigkeit von der klinischen Situation des Patienten (Alter, mutmaßliche Latenz nach Infektion und Risikofaktoren für eine Reaktivierung) sowie dem Ergebnis von Tuberkulin-Hauttest (THT) und/oder einem Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) als indirektem Indiz für eine latente Infektion.

Bei Personen mit einem positiven THT oder IGRA-Testergebnis, bei denen eine behandlungsbedürftige Tuberkulose mittels Thorax-Röntgenaufnahme (TRU) weitgehend ausgeschlossen wurde, ist die Indikation zur präventiven Therapie in der Regel gegeben, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist [150]:

  • enge Kontaktpersonen zu einem kulturell oder molekularbiologisch gesicherten, an Lungentuberkulose mit und ohne mikroskopischem Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum-Direktpräparat erkrankten Indexfall entsprechend den Kriterien der DZK-Empfehlungen zu den Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose [106];

  • radiologischer Nachweis narbiger Veränderungen im Lungenparenchym, die wahrscheinlich Residuen einer postprimären inaktiven Tuberkulose sind und die niemals antituberkulös behandelt wurden;

  • Patienten nach Organtransplantation unter iatrogener Immunsuppression;

  • HIV-positive Personen;

  • Personen vor geplanter Therapie mit TNF-alpha-Inhibitoren;

  • Patienten mit einer schwerwiegenden Grunderkrankung wie Silikose, Diabetes mellitus, malignen Lymphomen, Leukämien oder Kopf-Hals-Karzinomen;

  • bei einem Z. n. Gastrektomie oder jejuno-ilealem Bypass;

  • bei i. v.-Drogenabhängigkeit (wegen des Risikos für immunsupprimierende Erkrankungen).

Darüber hinaus sollte bei besonderen Personengruppen die Indikation zur Chemoprävention erwogen werden, bei denen eine erhöhte Reaktivierungstendenz bestehen könnte (z. B. Migranten aus Hochinzidenzländern, Personen, die in Justizvollzugsanstalten untergebracht sind, sowie bei Obdachlosen).

Bei Personen mit den Risikofaktoren a) bis h), die 50 Jahre alt oder älter sind, muss aufgrund des mit dem Lebensalter ansteigenden Risikos einer INH-Hepatitis oder anderer unerwünschter Arzneimittelwirkungen vor der Durchführung einer präventiven Therapie der latenten tuberkulösen Infektion zusätzlich eine individuelle Risikogewichtung erfolgen.

Im Gegensatz zur Behandlung der manifesten Tuberkulose sind die bei der latenten Infektion vorhandenen Keimpopulationen sehr klein und umfassen vermutlich selten mehr als 104 Erreger [23] [24]. Daher ist die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Resistenzmutation sehr gering und die Monotherapie der LTBI ausreichend sicher (Ausnahme: angenommene Infektion durch INH-resistente Erreger).

Insgesamt stehen vier Therapieregime für die präventive Therapie bei angenommener Infektion durch einen medikamentensensiblen Bakterienstamm zur Verfügung, wobei die Wirksamkeit einer Isoniazid (INH)-Monotherapie am besten belegt ist ([Tab. 31]).

Tab. 31

Dosierung und Dauer der unterschiedlichen chemopräventiven Therapieregime für Erwachsene.

INH: immunkompetente Patienten

INH: HIV-positive Patienten

RMP

INH und RMP

RMP und PZA

Dosierung (bei täglicher Gabe)

5 mg/kgKG, max. 300 mg

5 mg/kgKG, max. 300 mg

600 mg

analog zur jeweiligen Monotherapie

nicht empfohlen

Dauer (Monate)

9

9

4

3 – 4


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12.2 Wirksamkeit der präventiven Chemotherapie

Zur Beurteilung der Wirksamkeit der präventiven Therapie mit INH liegen in ausreichender Zahl kontrollierte Studien vor, die sowohl für HIV-negative [151] als auch für HIV-positive Personen [152] jeweils in einer Cochrane-Metaanalyse analysiert wurden. Es konnte gezeigt werden, dass eine INH-Therapiedauer zwischen 6 und 12 Monaten das Auftreten einer Tuberkulose über die Follow-Up-Periode von mindestens 2 Jahren im Vergleich zu Placebo um durchschnittlich 60 % reduzierte. Gründe für diese relativ geringe Risikoreduktion waren die niedrige Inzidenz der Tuberkulose in den heterogenen Studienpopulationen sowie die sehr unterschiedliche Adhärenz dieser Gruppen im Hinblick auf Komplettierung ihrer Therapieregime, die von 38 % bis 80 % variierte [153] [154]. Bei THT-positiven Patienten mit radiologischen Residuen einer nicht-behandelten durchgemachten Tuberkulose, die mindestens 80 % der verordneten Dosen INH eingenommen hatten, konnte allerdings sogar eine Wirksamkeit von 93 % erzielt werden [155]. Auch bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist mit einer Effektivität der INH-Therapie von etwa 80 % zu rechnen [156].

Was Personen mit HIV-Infektion betrifft, ist die in den entsprechenden Studien erreichte Wirksamkeit der präventiven Therapie mit INH uneinheitlich [152]: Ein Nutzen zeigte sich vor allem bei Patienten mit einem positiven THT (RR 0,38; 95 % CI 0,25 – 0,57), wobei die geringe Sensitivität dieses Tests bei Personen mit fortgeschrittenem Immundefizit zu berücksichtigen ist.


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12.3 Dauer der präventiven Chemotherapie

Unter dem Aspekt der Effektivität unter Einbeziehung von Praktikabilität, tatsächlicher Adhärenz, Nebenwirkungen der Therapie und Kosten liegt der optimale Therapiezeitraum der INH-Monotherapie vermutlich bei 9 Monaten [101]; diese Therapiedauer wird dementsprechend auch von ATS/CDC für alle Indikationsbereiche inkl. HIV-Infizierten empfohlen [150].


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12.4 Dauer der protektiven Wirkung bei präventiver Chemotherapie mit Isoniazid

Basierend auf der bisherigen Datenlage kann bei HIV-negativen Personen von einer langdauernden Protektion (> 5 Jahre bis 19 Jahre) ausgegangen werden [157] [158] [159]. Bei HIV-infizierten Patienten ist der Langzeitschutz wegen des fortbestehenden Immundefektes jedoch unzureichend, sofern es nicht unter antiretroviraler Therapie (ART) zu einer Rekonstitution des Immunsystems kommt [160] [161].

12.4.1 Tägliche versus intermittierende Gabe von Isoniazid in der präventiven Therapie

Die intermittierende Gabe von 15 mg/kg Körpergewicht (maximal 900 mg Einzeldosis) zweimal pro Woche scheint zwar auch wirksam zu sein, die Wirksamkeit ist der täglichen Gabe jedoch wahrscheinlich unterlegen [162]. Die intermittierende Gabe, die stets als überwachte Medikamenteneinnahme durchgeführt werden sollte, kann zwar in Einzelsituationen logistische Vorteile haben, sie wird für Deutschland jedoch nicht empfohlen. Die Therapiedauer bei intermittierender Therapie liegt ebenfalls bei 9 Monaten [101] [150].


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12.5 Alternativen zu Isoniazid in der präventiven Therapie

Die erste Alternative ist die Kombination von INH und RMP über 3 – 4 Monate, die in der Metaanalyse randomisierter Studien gegenüber einer mindestens 6-monatigen Gabe von INH ähnliche oder geringere Häufigkeit von Nebenwirkungen und einen vergleichbaren protektiven Effekt ergeben hat [102] [104] [163] [164] [165] [166] [167].

Rifampicin als Monotherapie über 4 Monate ist eine weitere akzeptable Alternative, die bei vorwiegend HIV-negativen Personen gegenüber einer 9-monatigen INH-Gabe zu einer geringeren Hepatotoxizität und besserer Akzeptanz geführt hat [163] [166]. Für eine Altersbeschränkung – in Analogie zu den Empfehlungen für Isoniazid – liegt für RMP keine Evidenz vor.

Die Kombination von RMP und PZA kann aufgrund von Nebenwirkungen mit hohem Anteil an Hospitalisierungen (etwa 3/1000) und Todesfällen durch Leberversagen (etwa 0,9 /1000) bei HIV-seronegativen Personen grundsätzlich nicht mehr empfohlen werden [143]. Obwohl ein derartiges Risiko für HIV-seropositive Patienten nicht dokumentiert wurde, sollte auf die Kombination von RMP und PZA auch bei HIV-seropositiven Patienten sicherheitshalber verzichtet werden. In ausgewählten Fällen, in welchen nach Einschätzung von Experten dennoch dieses Regime indiziert ist und der Nutzen das Risiko überwiegt, sollte die Behandlung nur unter engmaschiger klinischer und laborchemischer Kontrolle zum Einsatz kommen [143].


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12.6 Ausblick auf zukünftige Präventionsregime

In einer aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass die überwachte Gabe von 900 mg Rifapentin einmal wöchentlich im Kombination mit einer einmal wöchentlichen Gabe von 900 mg INH über zwölf Wochen bei HIV-positiven Patienten eine vergleichbare Schutzwirkung hatte wie das nicht überwachte Standardregime (INH 300 mg täglich über 6 Monate) [168]. Es muss allerdings angemerkt werden, dass die Einnahme der Medikamente nicht in allen Studienarmen überprüft worden ist. Inwieweit daher ein solches Präventionsregime zu einer Änderung der bestehenden Empfehlungen führen wird, muss in Zukunft aufmerksam beobachtet werden.


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12.7 Präventive Therapie nach Kontakt mit multiresistenter Tuberkulose

Bezüglich des Vorgehens nach Kontakt zu einem multiresistenten Tuberkulosepatienten existieren aufgrund mangelhafter Evidenz unterschiedliche Herangehensweisen, wobei grundsätzlich die Resistenztestergebnisse des Indexfalles bei der Auswahl der Medikamentenkombination Berücksichtigung finden müssen [105].

Die CDC empfehlen, sofern mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Infektion durch multiresistente Tuberkuloseerreger vorliegt und ein hohes Erkrankungsrisiko besteht, die Gabe von Pyrazinamid in Kombination mit Ethambutol oder einem Fluorchinolon [169] [170]. Aufgrund der hepatotoxischen Nebenwirkungen unter PZA wurde in einem aktuellen Update potenzieller Behandlungsregime aufgrund der besseren Verträglichkeit entweder eine Monotherapie mit Fluorchinolonen (Levofloxacin oder Moxifloxacin) oder deren Kombination mit dem nicht hepatotoxischen Ethambutol vorgeschlagen [171].

Gegen den Einsatz einer Monotherapie im Kontext von MDR-TB ist jedoch einzuwenden, dass die Entwicklung von Resistenzen gegenüber Fluorchinolonen (FQ) angesichts deren Bedeutung bei der Behandlung der Erkrankung durch multiresistente Erreger unbedingt vermieden werden muss. Selbst eine kurzzeitige alleinige Einnahme eines Fluorchinolons steigert jedoch die Gefahr einer späteren FQ-resistenten Tuberkulose [85].

Die modifizierte Chemoprävention bei Infektion durch einen Indexfall mit MDR-TB soll laut CDC über 6 bzw. bei Immunsupprimierten über 12 Monate erfolgen [171].


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12.8 Empfehlung zur Chemoprävention bei Infektion durch einen Indexfall mit MDR-TB in Deutschland

Obwohl die Datenlage für die CDC-Empfehlung noch begrenzt ist, empfehlen wir für Deutschland, zumindest bei Kontaktpersonen mit hohem Risiko (Kinder < 5 Jahre, Immunschwäche) eine Chemoprävention (FQ + ein weiteres wahrscheinlich wirksames Antibiotikum, z. B. EMB oder Pto) zu überlegen. Die Alternative, besonders bei immunkompetenten Kontaktpersonen, ist eine engmaschige Überwachung mit Aufklärung des Patienten über die möglichen Folgen sowie über die Symptome einer eventuellen Tuberkulose [171]. Bei klinischer Symptomatik und/oder radiologischen Befunden sollte immer eine intensive Abklärung erfolgen (CT-Thorax, bronchoskopische Materialgewinnung aus einer im CT auffälligen Region).

In jedem Fall gehört die Therapie und engmaschige Kontrolle dieser Patienten in die Hände von Experten.


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12.9 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen der präventiven Therapie

Bei bis zu 20 % der Patienten treten unter INH-Therapie vorübergehende Transaminasenerhöhungen auf, die sich in der Regel wieder spontan zurückbilden [172]. Eine klinische Hepatitis, definiert durch das gleichzeitige Vorhandensein von Symptomen und stark erhöhten Transaminasen- und Bilirubin-Spiegeln, ist erheblich seltener (unter 1 %) [7] [151]. Die weltweit bisher größte prospektive Studie des US Public Health Service (USPHS) dokumentierte eine Häufigkeit hepatischer UAW bei mit 300 mg INH/d (12 Monate) behandelten Patienten von 1,7 % [142]. Hinsichtlich des Hepatitisrisikos ist eine deutliche Altersabhängigkeit sowie ein erhöhtes Risiko bei Personen mit vorgeschädigter Leber (z. B. durch Alkohol) vorhanden, wobei nicht sicher unterschieden werden kann, ob beide Faktoren koinzident sind [142] [171].

Auch unter einer Rifampicin-Monotherapie sind schwerwiegende hepatische UAW mit 1 – 2 % selten. Die Abbruchrate einer präventiven Therapie mit Rifampicin wegen aller UAW liegt bei 1 – 4 % [163] [165] [166]. In der gleichen Größenordnung traten UAW bei chemopräventiver Therapie mit RMP in Kombination mit INH auf [164].


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12.10 Besondere Patientengruppen

12.10.1 Kinder

Eine Besonderheit bei Kindern ist wegen des hohen Infektions- und Erkrankungsrisikos die sehr weite Indikation zur Chemoprophylaxe nach der Exposition gegenüber einem Indexfall [99].

Für die Indikation zur präventiven Therapie bei Kindern liegen von den pädiatrischen Fachgesellschaften eigene Empfehlungen vor [99], die sich allenfalls graduell von den hier vorliegenden Empfehlungen für Erwachsene unterscheiden. Die Chemoprävention erfolgt mit INH über insgesamt 9 Monate (200 mg/m2 Körperoberfläche). Eine Alternative kann die Gabe von INH und RMP über 3 – 4 Monate darstellen (siehe Kapitel 9.1). Bei INH-Unverträglichkeit oder -Resistenz wird die Gabe von Rifampicin über 4 Monate als Äquivalent empfohlen [150] (Dosierungen siehe [Tab. 21]). Bei einer Infektion durch einen Medikamenten-resistenten Erregerstamm muss die Entscheidung über die Indikation zur Chemoprävention und die Art der Therapie mit erfahrenen pädiatrischen Experten abgeklärt werden.


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12.10.2 Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft und Stillzeit stellen keine Kontraindikation gegen die Einnahme von INH dar [99] [150], die präventive Therapie mit INH ( + Pyridoxin) ist also im Prinzip möglich. Vertretbar ist in dieser Situation aber sicher auch der Beginn der Chemoprävention erst im 2. Trimenon. Auch die Anwendung von RMP wird als weitgehend sicher beurteilt [150].


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12.10.3 HIV-positive Personen

Bei HIV-positiven Personen, die eine Proteaseninhibitoren und/oder Nevirapine enthaltende antiretrovirale Therapie einnehmen müssen, verbietet sich aus pharmakokinetischen Gründen die Gabe von Rifampicin. Die Therapie der Wahl ist INH über 9 Monate [150]. Bei INH-Unverträglichkeit oder Infektion mit einem INH-resistenten Stamm bietet sich die zweimonatige Gabe von Rifabutin in Kombination mit PZA oder Rifabutin alleine über 4 Monate an (www.cdc.gov/mmwr/pdf/rr/rr5804.pdf). Wegen vielfältiger und komplexer Interaktionen mit Proteaseinhibitoren, die teilweise eine Reduktion der Rifabutindosis erfordern, gehört die präventive Therapie dieser Patienten in die Hand von Experten [150] [173] (http://www.hiv-druginteractions.org/).


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12.11 Kontrolle nach der präventiven Chemotherapie

Bei regelmäßiger Medikamenteneinnahme ist lediglich eine weitere Röntgenuntersuchung des Thorax nach Therapieabschluss erforderlich, um eine sich eventuell trotz Chemoprävention, z. B. bei unbekannter INH-Resistenz, entwickelnde Tuberkulose auszuschließen [106] [174]. Wenn Zweifel an der Zuverlässigkeit der Medikamenteneinnahme bestehen, wird empfohlen, den weiteren Verlauf durch eine weitere Röntgenuntersuchung des Thorax nach einem Jahr erneut zu kontrollieren.


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12.12 Chemoprophylaxe

Im Unterschied zur Chemoprävention handelt es sich bei der Chemoprophylaxe um eine medikamentöse Behandlung, bevor der Nachweis für das Vorliegen einer LTBI geführt werden kann, d. h. bevor mittels THT bzw. IGRA eine Reaktion auf die immunologische Auseinandersetzung des Organismus gegenüber M. tuberculosis messbar ist. Ziel ist es, eine angehende Infektion zu verhindern bzw. zeitnah eine bereits bestehende, aber noch nicht nachweisbare Infektion effektiv zu behandeln. Die Chemoprophylaxe sollte (nach Ausschluss einer Tuberkuloseerkrankung) bei allen Kindern bis zum fünften Lebensjahr zeitnah nach Kontakt mit einem infektiösen, an Tuberkulose erkrankten Patienten begonnen werden. Bei älteren Kindern und Erwachsenen ist eine prophylaktische Chemotherapie altersunabhängig insbesondere dann zu erwägen, wenn sie eine angeborene, erworbene oder medikamentös induzierte Immunschwäche haben [174]. Die Chemoprophylaxe erfolgt mit INH (bei Kindern 200 mg/m2 Körperoberfläche, beim Erwachsenen 300 mg/d), sofern beim Indexfall keine Resistenz gegenüber INH bekannt ist. 8 bis 12 Wochen nach dem letzten Kontakt muss die Person erneut auf eine LTBI getestet werden [99]. Bleiben die Tests negativ und die Kontaktperson beschwerdefrei, sollte die INH-Therapie beendet werden. Bei Testkonversion wird die Chemoprophylaxe nach Ausschluss einer Organtuberkulose als präventive Chemotherapie über eine Gesamtdauer von 9 Monaten fortgesetzt, um das Fortschreiten zur aktiven Erkrankung zu verhindern.


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13 Anhang

I. Klassifikation von Tuberkulosepatienten nach der WHO

Vor Beginn einer antituberkulösen Therapie muss eine Differenzierung der Patienten in verschiedene Kategorien vorgenommen werden, die sich an der Frage einer Vorbehandlung einer tuberkulösen Erkrankung und dem Erregernachweis orientiert. Folgende Klassifikationen werden hierzu von der WHO verwendet (siehe [Tab. A1]):

Tab. A1

Klassifikation von Tuberkulosepatienten modifiziert nach WHO [4].

Kategorie

Ergebnis der vorangegangenen Behandlung

Neuer Patient

keine Vorbehandlung

Patient mit Vorbehandlung

Rezidiv

Heilung oder vollständige Behandlung

Versagen

Therapieversagen

Therapieabbruch

Therapieabbruch

Übernommener Patient

weiterhin in Behandlung

Andere Patienten

alle Fälle, die nicht in die anderen Kategorien fallen, wie:

  • Vorbehandlungsstatus nicht bekannt

  • Ergebnis der Vorbehandlung unbekannt

  • aktuelle Tuberkulose ohne Erregernachweis

Ein an Tuberkulose Erkrankter wird dann als „neuer Patient“ bezeichnet, wenn er keine Vorbehandlung in der Anamnese oder nur eine von weniger als einem Monat hat. Unter den vorbehandelten Patienten (antituberkulöse Behandlung von mindestens einem Monat) kann nach Art der Vorbehandlung (Erstrang – und/oder Zweitrang-Medikamente [4] [5]) oder nach dem Therapieergebnis (Definitionen der Therapieergebnisse [Tab. 16]) der Vorbehandlung unterschieden werden: Rezidiv mit erfolgreicher Vorbehandlung bzw. Therapieversagen oder Therapieabbruch [4]. Darüber hinaus können Personen als „übernommener Patient“ klassifiziert werden, wenn sie von einer anderen Behandlungsinstitution übernommen werden. Das Therapieergebnis der Vorbehandlung ist in diesem Fall „Fortführung der Behandlung“. Die Kategorie „andere Patienten“ umfasst Patienten, bei welchen nicht bekannt ist, ob sie schon einmal wegen Tuberkulose behandelt worden sind, bei denen das Ergebnis der Vorbehandlung nicht bekannt ist oder die aktuell an einer Tuberkulose ohne Erregernachweis erkrankt sind [4].


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II. WHO-Definitionen für die Behandlungsergebnisse bei MDR-TB

Die Beurteilung des Behandlungsergebnisses bei MDR-TB erfolgt nach den Definitionen der WHO, wie in der [Tab. A2] aufgeführt.

Tab. A2

WHO-Definitionen zur den Behandlungsergebnissen bei MDR-TB.

WHO [5]

Heilung

Vollständige Behandlung (entsprechend der Planung) und mindestens fünf negative Kulturen im letzten Behandlungsjahr, deren Gewinnung jeweils 30 Tage auseinanderliegt. Wenn eine dieser Kulturen positiv ist, kann der Patient dennoch als geheilt klassifiziert werden, wenn keine klinische Verschlechterung der Erkrankung vorhanden ist und drei auf die positive Kultur folgenden Kulturen negativ sind (30 Tage Abstand).

Vollständige Behandlung

Vollständige Behandlung (entsprechend der Planung), ohne dass die Definition für „Heilung“ erfüllt ist (wenn beispielsweise nicht genügend Kulturen angelegt wurden).

Versagen

Mindestens zwei der geforderten fünf Kulturen im letzten Behandlungsjahr sind positiv. Oder: Eine der letzten drei Kulturen ist positiv. (Wenn eine Behandlung aufgrund fehlendem klinischen oder radiologischen Ansprechen oder aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig beendet wird, kann dies ebenfalls als Versagen klassifiziert werden.)


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III. Definitionen der „Union“ für die Behandlungsergebnisse bei MDR-TB

Da die WHO-Kategorie „Versagen“ für das Management von MDR-Tuberkulose-Patienten zu ungenau erscheint, schlägt „The Union“ (Expertenmeinung) [52] [175] folgende weiterführende Klassifikation vor.

Eine MDR-TB-Behandlung soll als Versagen kategorisiert werden, wenn eine Veränderung des Therapieregimes vorgenommen wird oder wenn die gegenwärtige Behandlung beendet wird aufgrund von:

  • fehlendem bakteriologischen Ansprechen zusammen mit fehlendem klinischen Ansprechen 6 Monate (Patienten, die davor nicht mit Zweitrang-Medikamenten der WHO-Gruppen 4 und 5 behandelt wurden) bzw. 12 Monate nach Therapiebeginn (Patienten, die vor der gegenwärtigen Behandlung bereits mit Zweitrang-Medikamenten behandelt worden waren bzw. XDR-TB Fälle);

  • bakteriologischer Reversion mit gleichzeitiger erneuter klinischer Verschlechterung nach initialem Ansprechen auf die Therapie, die 6 (keine Vorbehandlung mit Zweitrang-Medikamenten) bzw. 12 Monate (Vorbehandlung mit Zweitrang-Medikamenten oder XDR-TB) nach Therapiebeginn auftritt;

  • unerwünschten Arzneimittelwirkungen (wenn nur ein Medikament ausgewechselt wird, wird dies nicht als Therapieversagen klassifiziert).

Fehlendes bakteriologisches Ansprechen wird als Vorhandensein positiver Kulturen im Monat 6 bei einer Erstbehandlung der MDR-TB (oder im Monat 12 bei einer Rezidivtherapie der MDR-TB oder bei der Therapie der XDR-TB) und/oder als fehlende Abnahme der mikroskopisch ermittelten Erregerdichte im Sputum definiert. Bakteriologische Reversion wird definiert als zwei aufeinanderfolgende mikroskopisch positive Sputen oder positive Kulturen, nachdem initial eine Konversion stattgefunden hat. Da auch diese Klassifikation nicht auf genügend Studien basiert, wird eine Modifikation erwartet, sobald die entsprechende Evidenz vorliegt.


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IV. Intermittierende Therapie

Bei der für Deutschland nicht empfohlenen und daher nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommenden intermittierenden Therapie gelten die folgenden Dosierungen ( [Tab. A3]).

Tab. A3

Intermittierende Gabe der Erstrang-Medikamente beim Erwachsenen (Voraussetzungen: nur in der Kontinuitätsphase bei HIV-negativen Patienten und wenn die tägliche Gabe nicht realisierbar ist, immer als überwachte Therapie). Diese Therapieform ist für Deutschland nicht empfohlen (siehe auch 4.5).

Substanz

Dosis (mg/kgKG)
Bei 3 × Gabe/Woche

Maximale Tagesdosis (mg)

Isoniazid

10

 900

Rifampicin

10

 600

Pyrazinamid

35

3500

Ethambutol

30

2500

Streptomycin

15

1000


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V. Wichtige pharmakologische Daten der Erstrang-Medikamente

[Tab. A4] enthält die wichtigsten pharmakologischen Daten der Erstrang-Medikamente.

Tab. A4

Pharmakologische Daten zu den Erstrang-Medikamenten.

Substanz

Dosis

Cmax (mg/l)

Minimale Hemm-Konzentration (mg/l)

T ½ (h)

Metabolismus

Elimination

Isoniazid

 300

6,5[1]
10,0[2]

0,025 – 0,05

0,7[1]
4[2]

Leber

renal

Rifampicin

 600

7 – 8

0,005 – 0,2

1,5 – 5

Leber

biliär

Pyrazinamid

2000

50

10 – 15

10 – 16

Leber

renal

Ethambutol

1600

5

1

4

gering: Leber

renal

1 Schnell-Acetylierer


2 Langsam-Acetylierer [46]



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VI. WHO-Therapieregime für vorbehandelte Patienten

Die WHO empfiehlt für vorbehandelte Patienten die folgende Differenzierung und Therapie ([Tab. A5]).

Tab. A5

WHO-Therapieregime für vorbehandelte Patienten (modifiziert nach [4] [5] [6]).

Resistenztestung

Wahrscheinlichkeit für MDR-TB

Hoch (nach Therapieversagen)

Niedrig (bei Rezidiv oder nach Therapieabbruch)

Molekularbiologische Methode

Ergebnisse der Suche nach Resistenz-Genen nach 1 – 2 Tagen erhältlich, um MDR-TB zu bestätigen oder auszuschließen und vorläufiges Therapieregime zu erstellen.

Phänotypische Methode (Kultur)

Solange das Resultat aussteht: empirisches MDR-TB-Regime, ggf. später Modifikation entsprechend dem Resistenzmuster.

Solange das Resultat aussteht: 2 Monate INH, RMP, PZA, EMB, SM / 1 Monat INH, RMP, PZA, EMB, / 5 Monate INH, RMP, EMB

Eine Modifikation muss nach Eingang der Resistenztestungsergebnisse erfolgen.


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VII. Darstellung der Einzelsubstanzen [4] [7] [8] [16] [176]

Erstrang-Medikamente (WHO-Gruppe 1)

Isoniazid (INH; internationale Abkürzung: H)

Isoniazid wirkt über eine Hemmung der Mycolsäuresynthese und Störung der Membranpermeabilität stark bakterizid auf rasch proliferierende, intra- und extrazellulär gelegene Tuberkulosebakterien. Die minimale Hemmkonzentration liegt bei 0,025 – 0,05 mg/l. Stämme mit einer MHK bis 0,2 mg/l werden als „low-level“-resistent bezeichnet (inhA-Promotor-Gen-Mutation). Sie können aber durch die hohen Serumspiegel, die mit der Hochdosis-INH-Therapie (15 mg/kgKG) erreicht werden, noch mit INH behandelt werden. Stämme mit einer MHK ≥ 1 mg/l gelten als hoch-resistent (katG-Gen-Mutation). Hier ist INH nicht mehr wirksam. Bei einer – wegen einer Vielzahl von Resistenzen – schwierigen Therapiesituation kann daher eine Gen-Mutationsanalyse empfohlen werden. Bei einer inhA-Promotor-Gen-Mutation besteht häufig eine Kreuzresistenz zu Pto/Eto; bei einer katG-Gen-Mutation jedoch nicht.

Die Dosierung ist der [Tab. 6] zu entnehmen. Das Medikament wird fast vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, diffundiert schnell in Gewebe und Körperflüssigkeiten und passiert die Blut-Hirn-Schranke. Es tritt in den fetalen Kreislauf und in die Muttermilch über (siehe Kapitel 9.6). Eine parenterale (iv und im) Gabe ist möglich. Die hepatische Metabolisierung (80 %) erfolgt mittels des Enzyms Acetyltransferase. Es wird in genetisch determinierte „Langsam“- und „Schnellacetylierer“ unterschieden, dies ist aber in der Praxis ohne klinische Bedeutung; der maximale Serumspiegel nach 300 mg liegt bei 6,5 mg/l für Schnellacetylierer und 10 mg/l für Langsamacetylierer. Nach Hydrolysierung und Konjunktion werden die Metaboliten überwiegend renal eliminiert.

Die Verträglichkeit ist gut.

Wichtige Wechselwirkungen sind:

Serumspiegel erhöht durch Prednisolon, PAS, Protionamid.

Erhöht den Serumspiegel von Cumarinen, Phenytoin, Valproat, Theophyllin, Carbamazepin und Diazepam. Senkt den Serumspiegel von Azolen.

Isoniazid interagiert mit Pyridoxin (Vitamin B6) und kann somit einen entsprechenden Mangel mit der Folge einer Neuropathie induzieren. Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine periphere Neuropathie und in der Gravidität wird die zusätzliche Gabe von Pyridoxin (50 mg/d) empfohlen. Auch bei perniziöser Anämie und vorhandenen Polyneuropathien werden 50 mg/d Pyridoxin gegeben.

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen:

Häufig: Hepatotoxizität, kutane UAW (Akne), Konzentrationsstörungen

Selten: Hepatitis, Polyneuropathie, Senkung der Krampfschwelle, Exantheme

Sehr selten: Blutbildveränderungen (aplastische und hämolytische Anämie, Agranulozytose), medikamentös induzierter Lupus erythematodes, Krampfanfälle, Vertigo, Bewusstseinsstörungen, Optikus-Neuritis, Arthralgien, Gynäkomastie, Alhoholunverträglichkeit (pathologischer Rausch).

Als absolute Kontraindikationen gelten: Isoniazid-Allergie, akute Hepatitis, schwerwiegende Störungen der Hämostase und Hämatopoese. Relative Kontraindikationen sind: zerebrale Anfallsleiden, Psychosen, klinisch relevante periphere Neuropathien.


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Rifampicin (RMP; internationale Abkürzung: R)

Rifampicin wirkt durch eine Blockade der Transkription und Synthese der m-RNA sowohl bakterizid als auch sterilisierend auf intra- und extrazelluläre Mykobakterien. Die minimale Hemmkonzentration liegt bei 0,005 – 0,2 mg/l. Die häufigste Resistenzmutation betrifft das rpoB-Gen und führt zur weitgehenden Kreuzresistenz der Rifamycine (Rifabutin, Rifapentin). Bei Rifabutin-Resistenz besteht auch eine Resistenz gegen RMP; bei RMP-Resistenz kann Rifabutin bei 20 – 30 % der Stämme noch wirksam sein. Die Dosierung ist der [Tab. 6] zu entnehmen. Die maximale Serumkonzentration nach 600 mg liegt bei 7 – 8 mg/l.

RMP wird fast vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert und diffundiert schnell in Gewebe und Körperflüssigkeiten (mit mäßiger Penetration der Blut-Hirn-Schranke) und tritt in den fetalen Kreislauf und in die Muttermilch über. Eine parenterale Gabe ist möglich. RMP bewirkt initial rasch eine Autoinduktion abbauender Enzyme. RMP wird hepatisch metabolisiert und bis zu 95 % biliär eliminiert.

Die Verträglichkeit ist gut.

Es sind vielfältige Wechselwirkungen durch Induktion mikrosomaler Enzyme der Leber, insbesondere des Zytochrom-P-450-Komplexes, zu beachten. Die wichtigste Interaktion besteht mit systemisch wirkenden hormonellen Kontrazeptiva, die unter RMP-Gabe als nicht ausreichend wirksam angesehen werden müssen. Des Weiteren senkt RMP u. a. den Serumspiegel von Cumarinen, Glukokortikoiden, Tamoxifen, L-Thyroxin, Sulfonylharnstoffen, Diazepam, Zolpidem, Methadon, Digoxin, Digitoxin, Verapamil, Nifedipin, Betablockern, ACE-Inhibitoren, Sartanen, Statinen, Theophyllin, Ciclosporin, Azolen, Clarithromycin, Doxycyclin, Atovaquon und Chloramphenicol. Intensive Interaktionen bestehen mit Proteaseinhibitoren und Nicht-Nukleosidischen-Reversen-Transskriptase-Inhibitoren (siehe hierzu Kapitel 9.2).

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen:

Immer: Rotfärbung von Körpersekreten (Urin, Tränen (Cave: weiche Kontaktlinsen verfärben sich), Stuhl)

Häufig: milde Lebertoxizität (Transminasenerhöhung < 3 × oberer Normwert), Cholestase

Selten: Hepatitis, kutane unerwünschte Reaktionen, gastrointestinale Unverträglichkeit und milde Blutzellschädigungen (Thrombozytopenie), Flu-like-Syndrom (bei intermittierender Gabe immunologische Aktivierung mit Antikörperbildung; die Symptomatik reicht von Grippesymptomen bis zu schweren immunologischen Erkrankungen).

Sehr selten: akutes Nierenversagen und hämolytische Anämie (RMP rasch absetzen und nicht wieder in die Therapie einführen!), Anaphylaxie, zentralnervöse UAW (Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Vertigo, Ataxie, Verwirrtheit, Sehstörungen, Adynamie).

Immunologische Unverträglichkeitsreaktionen unter RMP

Die Therapie mit RMP muss beim Auftreten eines „flu-like-syndrome“, einer Thrombopenie, einer Hämolyse oder eines beginnenden Nierenversagens sofort abgesetzt werden und darf nicht wieder aufgenommen werden [177] [178].

Als absolute Kontraindikationen gelten:

RMP-Allergie, akute Hepatitis, Gallengangsobstruktion; schwerwiegende Leberfunktionsstörungen (Child Pugh C [179]).


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Pyrazinamid (PZA; internationale Abkürzung: Z)

PZA wirkt im sauren Milieu (pH-Optimum 5,5) intra- und extrazellulär bakterizid und sterilisierend gegen M. tuberculosis. Der Wirkmechanismus ist nicht bekannt. Die minimale Hemmkonzentration liegt bei 10 – 15 mg/l. Bei einer Mutation des pncA-Gens entsteht Resistenz. Die Dosierung ist der [Tab. 6] zu entnehmen. Die maximale Serumkonzentration liegt nach 25 mg/kg bei 50 mg/l. M. bovis ist bis auf seltene Ausnahmen immer gegen PZA resistent.

PZA wird rasch und fast vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, es diffundiert schnell in Gewebe und Körperflüssigkeiten mit guter Penetration der Blut-Hirn-Schranke. Ob PZA in den fetalen Kreislauf und in die Muttermilch übertritt, ist nicht bekannt. Die Metabolisierung erfolgt vorwiegend hepatisch, die Elimination renal.

Die Verträglichkeit ist relativ gut.

Die wichtigste Wechselwirkung ist die Hemmung der tubulären renalen Harnsäureausscheidung mit der Folge einer Hyperurikämie. Eine Therapie der Hyperurikämie (z. B. mit Urikosurikum Benzbromaron) ist nur bei klinischen Zeichen einer Gicht erforderlich. Eine Indikation zur Therapie ist am ehesten bei Patienten mit Niereninsuffizienz und Gichtanamnese gegeben.

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen:

Häufig: Hyperurikämie (nicht therapiepflichtig), instabile Serum-Blutzuckerwerte, Transaminasenerhöhungen < 3 × oberer Normwert, Übelkeit (dosisabhängig, in empfohlener Dosierung 10 – 20 %), Erbrechen, Myopathien besonders in der Muskulatur des Schultergürtels, milde Arthralgien (keine Gichtanfälle).

Selten: Histamin-bedingter Flush (keine Allergie! Vermeidbar durch langsame Dosissteigerung über 3 – 6 Tage), Hepatitis.

Sehr selten: Gichtanfälle, Photosensibilisierung, sideroblastische Anämie.

Als Kontraindikationen gelten: PZA-Allergie, akute Hepatitis, schwere Leberfunktionsstörungen (Child Pugh C), Arthritis urica.


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Ethambutol (EMB; internationale Abkürzung: E)

EMB wirkt gegen M. tuberculosis intra- und extrazellulär bakteriostatisch, bei höherer Dosis (intermittierende Gabe) wird ein bakterizider Effekt diskutiert. Die minimale Hemmkonzentration wird mit 1 mg/l angegeben. Mutationen am emB-Gen führen zur Resistenz. Die Dosierung ist [Tab. 6] zu entnehmen. Der maximale Serumspiegel nach 25 mg/kg liegt bei 5 mg/l. Vermutlich beruht die Wirkung auf einer Blockade der DNA-Synthese und hat daher eine bakteriostatische Wirkung nur gegenüber proliferierenden Keimen.

EMB wird gut (zu ca. 80 – 85 %) aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, es findet eine verhältnismäßig gute Diffusion in Gewebe und Körperflüssigkeiten statt. Eine Penetration der Blut-Hirn-Schranke ist nur bei entzündeten Meningen gegeben. EMB tritt in den fetalen Kreislauf über, das Ausmaß des Übertritts in die Muttermilch ist nicht bekannt.

Geringe hepatische Metabolisierung und überwiegend renale Elimination, was eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz notwendig macht.

Die Verträglichkeit ist gut.

Die wichtigste Wechselwirkung ist eine verminderte Resorption mit Senkung des Blutspiegels durch Antazida.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen:

Die wichtigste unerwünschte Arzneimittelwirkung ist die retrobulbäre Optikus-Neuropathie zunächst mit Verlust der Rot-Grün-Diskrimination und nachfolgend irreversiblen Sehschäden (Visusverschlechterung, Zentralskotom, Lichtempfindlichkeit) [180] [181]. Daher ist EMB kontraindiziert bei Patienten, die Sehstörungen nicht wahrnehmen können (z. B. sehr junge oder komatöse Patienten), und bei Patienten mit schwerwiegenden Augenkrankheiten, die das Sehvermögen bedrohen.

Okuläre UAW kommen bei ca. 2,6 % der Patienten unter einer Dosis von 25 mg/kg/KG und < 1 % der Patienten unter einer Dosis von 15 mg/kg/KG vor. Vorherige und wiederholte augenärztliche Untersuchungen (z. B. einmal monatlich) sind daher zwingend erforderlich. Vor jeder Therapieeinleitung muss zumindest das Farbsehvermögen (Ishihara-Tafel) geprüft werden, wenn eine augenärztliche Untersuchung erst nach Therapiebeginn möglich ist.

EMB-assoziierte Retrobulbär-Neuropathien können über Monate persistieren, sind jedoch in der Regel reversibel [181].

Selten: Arthralgien.

Sehr selten: Kutane UAW, Polyneuropathien.

Als Kontraindikationen gelten: EMB-Allergie, vorbestehende schwerwiegende Augenerkrankungen (z. B. Vorschädigung des Nervus opticus, ausgeprägte diabetische Retinopathie u. a.), Unvermögen, über Sehstörungen zu berichten (z. B. hohes Alter, Kleinkinder), schwere Nierenfunktionsstörungen.


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Zweitrang-Medikamente

Injizierbare Zweitrang-Medikamente (WHO-Gruppe 2)

Streptomycin (SM; internationale Abkürzung: S)

Streptomycin wirkt bakterizid, besonders gegen schnell wachsende extrazellulär gelegene Erreger. Die kritische Hemmkonzentration beträgt 4 – 10 mg/l. Als Resistenzgene sind rpsL und rrs bekannt. Die Dosierung ist der [Tab. 11] zu entnehmen. Der maximale Serumspiegel nach 1 g liegt bei 25 – 45 mg/l. Es besteht eine partielle Kreuzresistenz mit anderen Aminoglykosiden. Der Wirkmechanismus besteht wie bei allen Aminoglykosiden in der Hemmung der Proteinsynthese über eine Störung der Ribosomenfunktion. SM muss parenteral (i. m. oder i. v.) verabreicht werden, es diffundiert mäßig gut in Gewebe und Körperflüssigkeiten und penetriert die Blut-Hirn-Schranke nur bei entzündeten Meningen in ausreichendem Maße. SM tritt in den fetalen Kreislauf und in die Muttermilch über. Die Elimination findet als unveränderte Substanz überwiegend renal statt. Eine Anpassung der Dosis bei Niereninsuffizienz ist daher erforderlich.

Die Verträglichkeit ist relativ gut.

Die wichtigste Arzneimittelinteraktion betrifft die Oto- und Nephrotoxizität der Aminoglykoside [182]. Die Gabe weiterer potenziell oto- oder nephrotoxischer Substanzen (z. B. Cephalosporine, Amphotericin B, Colistin, Ciclosporin, Cisplatin, Schleifendiuretika, Methoxyfluran, Makrolide) ist nach Möglichkeit zu vermeiden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen:

Die wichtigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind die toxischen Schädigungen des VIII. Hirnnerven (bevorzugt der vestibulären Funktion) und die Induktion einer Niereninsuffizienz durch eine diffuse tubuläre Schädigung. Präventiv sind daher regelmäßige Audiogramm-Kontrollen und Vestibularisuntersuchungen vor Beginn der Therapie und bei unauffälligem Verlauf alle 4 Wochen sowie regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion (wöchentlich) und bei Bedarf auch die Messung von Serumspiegeln indiziert.

Das Risiko der Ototoxizität ist dabei dosisabhängig und liegt bei einer Dosis von 2 g/d über 60 – 120 Tage bei 75 %; bei einer Dosis von 1 g/d über 120 Tage bei 30 %. Das Risiko steigt neben der Dosis mit dem Alter, dem Ausmaß einer vorbestehenden Nierenfunktionseinschränkung oder einer vorbestehenden Innenohrschädigung sowie durch die Gabe anderer ototoxischer Medikamente. Die Ototoxizität ist meist reversibel, eine schwerwiegende Vestibularis-Schädigung kann langanhaltend sein.

Die früher übliche Angabe einer kumulativen Höchstdosis von 60 g für die Gabe von SM gilt heute nicht mehr absolut. Unter der Voraussetzung engmaschiger Kontrollen kann diese Grenze im Bedarfsfall durchaus überschritten werden.

Selten: Tinnitus, kutane UAW.

Sehr selten: Nierenfunktionsstörungen, Agranulozytose, aplastische Anämie, Anaphylaxie, neuromuskuläre Blockaden, Atemdepression, Parästhesien, Dermatitis exfoliativa, Überempfindlichkeitsreaktionen mit Fieber, Exanthemen und Eosinophilie.

Bei Pflegepersonal sind Kontaktallergien beschrieben.

Als Kontraindikationen gelten eine SM-Allergie, Gravidität, schwere Nierenfunktionsstörungen, Cochlearis- oder Vestibularis-Schädigungen und die Myasthenia gravis.


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Amikacin (AMK)

Amikacin ist ein synthetisches Derivat von Kanamycin. Der Wirkmechanismus, die Pharmakokinetik und die bakterizide Wirkstärke sind ähnlich wie die des SM. Die Dosierung ist der [Tab. 11] zu entnehmen.

Unerwünschte Wirkungen treten wie bei SM auf, allerdings ist die Nierentoxizität etwas ausgeprägter.


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Capreomycin (CM)

Im Gegensatz zu den Aminoglykosiden gehört CM zu den Polypeptiden. Der Wirkmechanismus ist eher bakteriostatisch. Die Substanz weist nach oraler Gabe keine Resorption auf und muss daher ebenfalls parenteral verabreicht werden. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Der Metabolismus ist nicht gut untersucht. Die Dosierung ist der [Tab. 11] zu entnehmen.

Die unerwünschten Wirkungen sind denen des Streptomycin vergleichbar, allerdings finden sich vermehrt eine periphere Eosinophilie, Fieber und allergische Reaktionen.

Capreomycin ist in Deutschland nicht im Handel, aber über internationale Apotheken beziehbar.


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Kanamycin (KM)

Keine relevanten Unterschiede zum Amikacin. Die Dosierung ist der [Tab. 11] zu entnehmen. Die Substanz ist zurzeit nicht erhältlich.


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Hierarchie der injizierbaren Medikamente

Basierend auf Untersuchungen zu den Kreuzresistenzen kann folgendes festgestellt werden: SM-resistente Stämme sind in der Regel gegenüber AK, CM und KM empfindlich. Auf der Basis möglicher Kreuzresistenzen wäre es sinnvoll, die drei Substanzen in folgender Reihenfolge in die Therapie einzuführen: 1. Kanamycin (100 % wirksam bei SM-Resistenz), 2. Capreomycin (20 % wirksam bei Kanamycin-Resistenz), 3. Amikacin (10 % wirksam bei Capreomycin-Resistenz) [78]. Besteht allerdings eine Resistenz gegen Kanamycin, ist Capreomycin zu bevorzugen, da Capreomycin noch bei 20 % der Kanamycin-resistenten Stämme wirkt (Amikacin in diesen Fällen nur bei 10 %) [183].

Fluorchinolone (WHO-Gruppe 3)

Zum jetzigen Zeitpunkt sollten Fluorchinolone ausschließlich bei MDR-Tuberkulosen oder schwerwiegenden Unverträglichkeiten der Erstrang-Medikamente eingesetzt werden.


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Levofloxacin (3.-Generations-Fluorchinolon)

Der Wirkmechanismus besteht in der Inhibition der DNA-Topoisomerasen. Fluorchinolone sind bakterizid. Die Dosierung ist der  [Tab. 12] zu entnehmen.

Es liegt eine sehr gute orale Resorption vor, die zu hohen Gewebskonzentrationen führt. Die hepatische Metabolisierung ist minimal, da circa 90 % der unveränderten Substanz renal ausgeschieden werden.

Wichtige Wechselwirkungen sind eine enterale Komplexbindung mit Eisen, Magnesium, Zink, Vitaminen und Sucralfat, die die Resorption stark vermindern. Die gleichzeitige Gabe der genannten Medikamente muss daher unterbleiben. Streng ist auch auf die Interaktion mit Didanosin zu achten.

Unerwünschte Wirkungen umfassen ZNS-UAW (Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, schlechte Träume), gastrointestinale UAW (Übelkeit, Erbrechen), Sehnenrupturen (Cave gleichzeitige Gabe von Steroiden), Herzrhythmusstörungen und eine Photosensibilisierung.

Als Kontraindikationen gelten Schwangerschaft, Allergie und eine QT-Zeit-Verlängerung. Bei der Therapie von Patienten < 18 Jahre muss über das Risiko einer Knorpelschädigung aufgeklärt werden.


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Moxifloxacin (4.-Generations-Fluorchinolon)

Der Wirkmechanismus besteht in der Inhibition der DNA-Topoisomerasen.

Es liegt eine sehr gute orale Resorption vor, die zu hohen Gewebskonzentrationen führt. Die Dosierung ist  [Tab. 12] zu entnehmen. Moxifloxacin wirkt schnell bakterizid auf intra- und extrazelluär proliferierende Erreger. Die Substanz wird gleichermaßen hepatisch und renal unverändert eliminiert. Wichtige Wechselwirkungen sind eine enterale Komplexbindung mit Eisen, Calcium, Magnesium, Zink, Vitaminen und Sucralfat, die die Resorption stark vermindern. Die gleichzeitige Gabe der genannten Medikamente muss daher unterbleiben.

Unerwünschte Wirkungen umfassen ZNS-UAW (Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, schlechte Träume), gastrointestinale UAW (Übelkeit, Erbrechen), Sehnenrupturen (Cave Komedikation mit Steroiden), Herzrythmusstörungen, Hepatopathie und Photosensibilisierung.

Als Kontraindikationen gelten Schwangerschaft, FQ-Allergie und QT-Zeit-Verlängerung. Bei der Therapie von Patienten < 18 Jahre muss über das Risiko einer Knorpelschädigung aufgeklärt werden.

Das zurzeit aufgrund tierexperimenteller, pharmakologischer und klinischer Daten vielversprechendste Fluorchinolon zur Behandlung der Tuberkulose ist eindeutig Moxifloxacin. Moxifloxacin scheint eine ähnlich hohe Bakterizidie gegenüber M. tuberculosis aufzuweisen wie Isoniazid und somit zu einer raschen mikroskopischen und kulturellen Konversion beizutragen.

In einer Reihe von Studien wurde die Wirksamkeit von Moxifloxacin in der antituberkulösen Therapie bei Patienten mit mikroskopisch positiver Lungen-Tuberkulose untersucht. Diese Daten weisen darauf hin, dass Moxifloxacin mindestens ebenbürtig zu INH oder EMB zu sein scheint und als additiver Partner zu einer Standardtherapie die Therapieergebnisse verbessern kann, da es schneller zu einer kulturellen Konversion kommt. Zurzeit wird in einer Phase III-Studie untersucht, ob Moxifloxacin als Teil einer Standardtherapie die Therapiezeit auf 4 Monate verkürzen kann.

Letztlich ist der Stellenwert der Fluorchinolone für die Behandlung von Tuberkulosen ohne resistente Erreger bis zum Abschluss der erwähnten Phase III-Studien noch nicht abschätzbar.


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Ciprofloxacin

Nach der Empfehlung der WHO sollte Ciprofloxacin in der Therapie der Tuberkulose nicht mehr eingesetzt werden, da die bisher bekannten Therapieergebnisse eine deutliche Unterlegenheit zu Moxifloxacin und Levofloxacin gezeigt haben.


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Ofloxacin

Ofloxacin ist ein 1:1 Racemat, dessen wirksame Substanz das linksdrehende Isomer Levofloxacin ist. Es ist daher dem Levofloxacin schon aus theoretischen Gründen, aber auch nach Vergleichsstudien unterlegen und sollte daher in Deutschland nicht mehr eingesetzt werden.


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Gatifloxacin

Gatifloxacin ist in Deutschland nicht zugelassen und nicht verfügbar. Jüngste Studien zur Therapie der MDR-TB haben jedoch erkennen lassen, dass die Substanz hier einen Wert haben kann [96]. Bei alten Menschen muss auf die Induktion von Hyperglykämien geachtet werden.

Die weitere Entwicklung muss daher beobachtet werden.


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Zweitrang-Medikamente mit gesicherter Wirkung gegenüber M. tuberculosis (WHO-Gruppe 4)

Rifabutin (RFB)

Der Wirkmechanismus entspricht dem des Rifampicins.

Die minimale Hemmkonzentration gegen M. tuberculosis beträgt 0,003 – 0,006 mg/l für Rifampicin-sensible und 0,26 – 16 mg/l für Rifampicin-resistente Stämme. Es besteht somit eine inkomplette Kreuzresistenz. Ca. 30 % RMP-resistenter Stämme sind noch empfindlich gegenüber RFB.

Die Dosierung ist der [Tab. 13] zu entnehmen. Die Resorption nach oraler Gabe ist sehr gering (10 – 20 %). Allerdings ist die Gewebegängigkeit sehr gut, sodass die Gewebekonzentrationen deutlich über den Serumkonzentrationen liegen. Die Ausscheidung erfolgt biliär und renal.

Bei hoher Dosis (450 mg/d) ist die Uveitis (Augenschmerzen, Visusschädigung) sehr häufig.

Der Stellenwert der Substanz bei der Tuberkulose ist daher begrenzt.


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Rifapentin (RFP)

Rifapentin gehört wie Rifampicin und Rifabutin zu den Rifamycinen und ist kreuzresistent zu diesen. Der Wirkmechanismus entspricht dem des Rifampicins.

Es besteht eine 5-fach höhere HWZ im Vergleich zu RMP. Rifapentin ist in den USA zugelassen, wird jedoch zurzeit nicht hergestellt. In der Initialphase der Therapie (2 Monate) beträgt die Dosis 600 mg zweimal wöchentlich (Dosierungsabstand mind. 72 Stunden). In der Kontinuitätsphase (4 Monate) 600 mg einmal pro Woche. In den USA wird RFP hauptsächlich in der Stabilisierungsphase der Tuberkulose-Therapie von HIV-negativen Patienten mit nicht-kavitärer Tuberkulose und mikroskopisch negativen Sputumproben in einer Dosierung von 600 mg/Woche als Kombinationspartner von INH (in einer Dosierung von 900 mg/Woche) angewendet. Der Stellenwert der Substanz muss jedoch noch durch weitere Studien untersucht werden. Rifapentin ist in Deutschland nicht erhältlich.


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Protionamid (Pto) und Ethionamid (Eto)

Beide Substanzen sind eng verwandt und kreuzresistent. Der Wirkmechanismus ist nicht gut belegt, basiert aber wahrscheinlich auf einer Inhibition der Mycolsäure-Synthese und ist bakterizid. Durch Mutationen am inhA-promotor-Gen entstehen auch Resistenzen gegenüber Pto und Eto. Die hierbei vorliegende in vitro-Kreuzresistenz gegenüber INH spielt allerdings in der Praxis keine Rolle, da die Serumspiegel nach höher dosierter INH-Gabe ausreichend hoch sind, um wirksam zu sein. Bei einer Hoch-Resistenz gegenüber INH, die durch eine Mutation am katG-Gen bedingt ist, sind Pto und Eto hingegen überwiegend noch wirksam. Die Substanzen sind vorwiegend bakterizid.

Die Dosierung ist der [Tab. 13] zu entnehmen. Nach oraler Gabe beträgt die Resorption zirka 70 %. Die Substanzen sind mit INH synergistisch, da es zu einer Erhöhung der Pto-Serumspiegel durch gleichzeitige INH-Gabe kommt. Daher erfolgt die Dosierung bei gleichzeitiger INH-Gabe mit der halben Tagesdosis (1 × 500 mg). Es besteht eine gute Gewebe- und Liquorgängigkeit. Der Metabolismus ist ausschließlich hepatisch (95 %), die Metaboliten werden renal eliminiert.

Die wichtigste unerwünschte Wirkung ist eine ausgeprägte gastrointestinale Unverträglichkeit, die in Einzelfällen durch eine zweimal tägliche Gabe (2 × 500 mg) vermindert werden kann. Weitere UAW umfassen Lebertoxizität, Funktionsstörungen des ZNS (Nervensystem und Psyche – bis zur Suizidalität), Schilddrüsenfunktionsstörungen und Allergien.

Da Pto zur Blutzuckersenkung führen kann, muss bei der Behandlung des Diabetes mellitus eine entsprechende Überprüfung der Medikation erfolgen, um Hypoglykämien zu vermeiden.

Ethionamid ist in Deutschland nicht im Handel, aber über internationale Apotheken beziehbar.


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Para-Aminosalicylsäure (PAS)

Es liegen zwei Formulierungen vor. In Deutschland steht para-Aminosalicylsäure als Lösung zur Infusion zur Verfügung. International gibt es auch eine orale Form. Der Wirkmechanismus ist nicht gut belegt. Die Substanz hat gegenüber Mykobakterien insgesamt nur eine schwache, ausschließlich bakteriostatische Aktivität.

Die Resorption nach oraler Gabe ist gut. Die Dosierung ist der [Tab. 13] zu entnehmen. Wegen der großen Substanzmengen und der Azidität (Säure!) erfolgt die Gabe in Deutschland überwiegend parenteral. Dabei ist auf die durch die Infusion verabreichten hohen Natriummengen zu achten. Über die internationalen Apotheken kann auch eine orale Darreichungsform in mikroverkapselter Galenik bezogen werden, die akzeptabel verträglich ist. Die Gewebspenetration und die Liquorgängigkeit sind nur mäßig. Die Metabolisierung erfolgt in Leber und Darm, Metaboliten werden renal eliminiert.

Wichtige unerwünschte Wirkungen sind eine deutliche gastrointestinale Unverträglichkeit bei oraler Gabe, eine Lebertoxizität und Blutbildveränderungen toxischer und allergischer Natur. Beschrieben sind auch allergische Hautreaktionen. Eine einschleichende Dosierung kann die Verträglichkeit bessern. Auf die klinischen Zeichen einer Hypothyreose ist zu achten (bei längerer Therapiedauer auch Schilddrüsenhormon-Bestimmungen empfohlen).


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Terizidon (Trd)

Terizidon ist ein Cycloserin-Abkömmling (Cycloserin-Doppelmolekül) mit weniger unerwünschten Wirkungen. Cycloserin ist in Deutschland nicht mehr im Handel.

Nach oraler Gabe ist die Resorption gut. Die Dosierung ist der [Tab. 13] zu entnehmen. Aus Verträglichkeitsgründen sollte eine Aufteilung der Dosis in drei Einzeldosen erfolgen (3 × 250 mg). Die Ausscheidung erfolgt renal.

Die wichtigste unerwünschte Wirkung betrifft das ZNS, besonders wenn Trd zusammen mit INH und/oder Protionamid/Ethionamid gegeben wird. Im Vordergrund stehen dabei unter Umständen ausgeprägte Psychosen. Seltene UAW sind: Visusstörungen und gastrointestinale Unverträglichkeit.


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Hierarchie der oben genannten Zweitrang-Medikamente mit gesicherter Wirkung gegen M. tuberculosis

Unter Abwägung der Wirksamkeit und der Verträglichkeit sollten bei der Therapie von MDR-Tuberkulosen die Medikamente in der folgenden Reihenfolge in die Therapie eingeführt werden: 1. Protionamid, 2. Terizidon, 3. PAS [6] [78].


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Zweitrang-Medikamente mit ungesicherter Wirkung gegenüber M. tuberculosis (WHO-Gruppe 5)

Thioacetazon

Ist in Deutschland nicht im Handel. Über internationale Apotheken kann ein Kombinationspräparat aus 300 mg Isoniazid und 150 mg Thioacetazon bezogen werden. Thioacetazon ist ein auf M. tuberculosis schwach bakteriostatisch wirksames Medikament. In Ländern mit sehr begrenzten Ressourcen spielt die Substanz vereinzelt noch eine Rolle als sehr billige Alternative zu EMB. In Deutschland wäre ein Einsatz nur bei ausgedehnten Resistenzen denkbar. Es kann jedoch auch (selten) eine Kreuzresistenz zu INH, Pto und PAS bestehen. Eine seltene, aber gefährliche Nebenwirkung ist die Induktion eines Stevens-Johnson-Syndroms. Bei einer HIV-Infektion ist die Substanz kontraindiziert, da sehr häufig lebensbedrohliche kutane Nebenwirkungen auftreten.


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Clofazimin (CZ)

Der Wirkmechanismus besteht in einer Bindung an die mykobakterielle DNA mit nachfolgenden Translationsstörungen. Die klinische Wirksamkeit ist nicht gut belegt.

Nach oraler Gabe ist die Resorption ausreichend. Die Dosierung ist [Tab. 14] zu entnehmen. Es besteht eine hohe Gewebsanreicherung. Die HWZ ist mit 10 – 70 Tagen ungewöhnlich lang.

Als unerwünschte Wirkungen sind beschrieben: abdominelle Schmerzen, eine eosinophile Gastroenteritis und Allergien. Nach längerer Therapiedauer kommt es zu langanhaltenden bis irreversiblen rötlich-bräunlichen Verfärbungen der Haut. Es besteht ein Potenzial für ZNS-Toxizität.

Clofazimin kann in der Schweiz bezogen werden.


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Linezolid

Linezolid kann bei komplex resistenter Tuberkulose im Rahmen eines Heilversuchs eingesetzt werden. Die Dosierung ist [Tab. 14] zu entnehmen. Die Substanz ist jedoch bei einer Therapiedauer von mehr als 4 Wochen reich an unerwünschten Wirkungen (u. a. Leberfunktionsstörungen, langanhaltende Thrombozytopenie, Optikusneuropathie mit Erblindungen) und extrem teuer. Linezolid sollte daher nicht länger als 4 Wochen eingenommen werden, es sei denn, es fehlen Alternativen. In einem solchen Fall ist die Aufklärung des Patienten über die bestehenden Risiken umfänglich zu dokumentieren. Zur Reduktion der Toxizität bei wahrscheinlich gleicher Wirksamkeit sollte nur die einmal tägliche Medikamentengabe mit 600 mg zum Einsatz kommen [91] [184].


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Weitere Substanzen

Makrolide (Clarithromycin), Aminopenicillin/ß-Lakatamaseinhibitoren und Carbapenemene (Imipenem) haben eine antibiotische Wirkung gegen M. tuberculosis, es liegen jedoch nur Erfahrungen bei sehr beschränkten Patientenzahlen vor. Die Dosierungen sind [Tab. 14] zu entnehmen.


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Hochdosis-Isoniazid

Die Hochdosistherapie mit Isoniazid (15 – 20 mg/kgKG/d) kann bei komplexen Resistenzen eine Rolle spielen, wenn in vitro eine Sensibilität gegenüber der Hochdosis (low level INH-Resistenz durch Mutation des inhA-Gens) nachgewiesen werden kann. Dies dürfte bei maximal einem Drittel aller Patienten mit einer INH-Resistenz der Fall sein. Das Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien in Borstel kann austesten, ob eine low level INH-Resistenz vorliegt.


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In Erprobung befindliche Substanzen

In der klinischen Erprobung befinden sich zur Zeit die Medikamente Diarylquinolin TMC207, Nitroimidazopyran PA-824, das Metronidazolderivat OPC-67683 und das Ethambutolderivat SQ109 [13]. Bisher liegen insbesondere für das Diarylquinolin Daten zum Einsatz beim Menschen bei MDR-TB vor [185]. Danach scheint diese Substanz vielversprechend in der Kombinationstherapie von resistenten M. tuberculosis-Stämmen zu sein [185].

14 Glossar

ACE : Angio tensin-Converting-Enzym
AIDS : erworbenes Immundefektsyndrom („acquired immune deficiency syndrome“)
aP : alkalische Phosphatase
ART : antiretrovirale Therapie
ATS : American Thoracic Society
BCG : Bacillus Calmette-Guérin
CDC : Centers for Disease Control and Prevention, USA
CI : Konfidenzintervall
Cmax : maximale Konzentration
/d : pro Tag
DGP : Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
DOT : überwachte Therapie („directly observed treatment“)
DZK : Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose
ECDC : European Centre for Disease Prevention and Control
EFV : Efavirenz
Gamma-GT : Gamma-Glutamyl-Transferase
GFR : glomeruläre Filtrationsrate
IGRA : Interferon-Gamma Release Assay
i. m. : intramuskulär
INR : International Normalized Ratio
IRIS : Immunrekonstitutionssyndrom („immune reconstitution inflammatory syndrome“)
i. v. : intravenös
LTBI : latente tuberkulöse Infektion
M. : Mycobacterium
MDR-TB : multiresistente Tuberkulose („multidrug-resistant TB“)
N. : Nervus
NICE : National Institute for Health and Clinical Excellence; UK
NNRTI : nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
NRTI : nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
NVP : Nevirapin
PCR : Polymerase-Kettenreaktion („polymerase chain reaction“)
PDR-TB : polyresistente Tuberkulose („polydrug-resistant“)
PI : Proteaseinhibitor
RGV : Raltegravir
RKI : Robert Koch-Institut
RR : relatives Risiko
SDR-TB : monoresistente Tuberkulose („single drug-resistant TB“)
SGOT : Serum-Glutamat-Oxalazetat-Transaminase [international: ASAT]
SGPT : Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase [international: ALAT]
TB : Tuberkulose
TD : Tagesdosis
TDR : total resistente Tuberkulose („totally drug-resistant TB“)
THT : Tuberkulinhauttest
TNF : Tumornekrosefaktor
TRU : Thorax-Röntgenuntersuchung
UAW : unerwünschte Arzneimittelwirkung
Union : „Internationale Union“ (ehemals IUATLD: „International Union Against Tuberculosis and Lung Disease“)
USPHS : US Public Health Service
WHO : Weltgesundheitsorganisation
XDR-TB : extensiv resistente Tuberkulose („extensively drug-resistant TB“)
ZNS : Zentralnervensystem


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Das DZK dankt dem Bundesministerium für Gesundheit für die Unterstützung.

* Ein besonderer Dank der Autoren und insbesondere von T. Schaberg gilt Herrn Prof. Dr. Hans Rieder (Schweiz) von der Internationalen Union („The Union“), der diese Empfehlungen mit großem Engagement und seinem enormen Wissen über die Tuberkulose in erheblichem Maße beeinflusst und bereichert hat. Unser Dank geht auch an die kritischen Gutachter B. Schaaf/Dortmund, G. Rohde/Maastricht und W. Haas/Berlin.


1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet die Empfehlung ausschließlich die männliche Form.


2 Abklärung mit den Kostenträgern (Krankenkassen, Gesundheitsamt u. a.) notwendig!


3 Cave: Die Hyperurikämie unter PZA-Gabe ohne klinische Symptomatik stellt keine Behandlungsindikation dar!


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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Tom Schaberg
Zentrum für Pneumologie
Diakoniekrankenhaus Rotenburg
Elise-Averdieck-Str. 17
27356 Rotenburg (Wümme)

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