Klinik Einkauf 2019; 01(01): 21-22
DOI: 10.1055/s-0036-1595708
Beschaffung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart

Agieren statt resignieren: Wie ein professioneller Einkauf mit Monopollieferanten umgeht

Jörg Schlüchtermann
,
Peter Krampf
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Publikationsdatum:
05. März 2019 (online)

 

Viele Einkäufer haben schon leidvolle eigene Erfahrungen gemacht: das komplette Handwerkszeug des Einkaufs scheint zu versagen, wenn auf der Lieferantenseite ein Monopolist sitzt, der auch noch arrogant auftritt und kontinuierlich neue Forderungen stellt. Doch es ist Zeit, den Mythos auszuräumen, dass der Einkäufer den Monopolisten chancenlos ausgeliefert ist. Ganz im Gegenteil – professionelle Einkäufer stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern ergreifen aktiv Gegenmaßnahmen, um sich aus der einseitigen Machtposition der Zulieferer zu befreien.


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Die Herausforderung „Monopollieferant“ ist ein branchenübergreifendes Phänomen mit steigernder Relevanz und zeigt sich auch im Gesundheitswesen, so z.B. bei der Beschaffung von medizinischen Geräten und Produkten des medizinischen Sachbedarfs oder im Zusammenspiel von Pharmaherstellern mit Apothekern.

Unter Monopol wird in der Literatur und Praxis eine Situation verstanden, in der auf der Angebotsseite nur ein Unternehmen vorhanden ist und von dem man als Kunde bei der Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen extrem abhängig ist. Dies wird immer dann zum Ärgernis der Einkäufer, wenn ein solcher Lieferant versucht, seine Machtstellung einseitig auszunutzen, Preisreduzierungen verweigert oder sogar Preiserhöhungen durchsetzt, um seine Gewinne zu erhöhen. In den letzten Jahren steigen branchenübergreifend die Beschwerden von Einkäufern über solches Verhalten. Viele Einkäufer resignieren verzweifelt vor solchen Situationen und verharren in einer passiven Rolle. Es gibt aber durchaus zahlreiche Möglichkeiten, um sich aus einer solchen vermeintlichen Monopolsituation zu befreien. Ein professioneller Einkäufer sollte daher nicht resignieren, sondern agieren.

Monopol ist nicht gleich Monopol

Zu Beginn gilt es, die aktuelle Situation ausführlich zu analysieren und mit Kollegen zu diskutieren. Wirklich dauerhafte, sogenannte natürliche Monopole, finden sich in der Praxis tatsächlich eher selten. Sie entstehen in der Regel wenn durch Unternehmensgröße und Fixkostenintensität hohe Barrieren für Konkurrenten entstehen, zum Beispiel im Leitungsbau (Beispiel Stromtrassen) oder bei Verkehrsnetzen (Beispiel Eisenbahn). Alle anderen Monopole sind eher temporär, daher lohnt es sich, zu hinterfragen, wie es zu der vermeintlich unveränderlichen einseitigen Abhängigkeit von einem Monopolisten gekommen ist. Oftmals stellt sich heraus, dass das eigene Unternehmen nicht ganz unschuldig ist. So werden z.B. Anforderungen von Ärzten vorgegeben, die dazu führen, dass nur ein Lieferant diese Spezifikation erfüllen kann. Dem Einkäufer sind damit kurzfristig alle Handlungsspielräume entzogen. Daher muss er den disziplinübergreifenden Dialog mit allen Bereichen im eigenen Haus suchen, um solche Situationen bereits im Ansatz zu vermeiden bzw. durch die Anpassung von Anforderungen die Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten wieder aufzulösen.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich Lieferanten mit gleichen Produkten über Preise austauschen und so ein Angebotskartell bilden. Ziel ist es dabei, durch die Absprachen mit Wettbewerbern eine Marktaufteilung zu erreichen, den Wettbewerb untereinander auszuschalten sowie bessere Preise und damit Margen zu erzielen. Die Gefahr eines Angebotkartells besteht insbesondere dann, wenn der Einkauf sich wenigen Anbietern gegenübersieht. Auch wenn solche Absprachen juristisch verboten und sogar kartellrechtlich mit hohen Strafen belegt sind, werden doch immer wieder entsprechende Fälle publik. So wurden zum Beispiel Microsoft, Intel oder die Hersteller von Aufzug- und Fahrtreppen mit dreistelligen Millionenstrafen belegt. Hat der Einkäufer einen entsprechenden Verdacht, sollte er also nicht zurückschrecken, derartiges Verhalten beim Lieferanten anzusprechen, mit Anzeigen beim Kartellamt zu drohen und auch Nachforderungen zu stellen, wenn ein entsprechendes Verhalten nachgewiesen werden konnte.

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(Symbolfoto: AdobeStock / Svyatoslav Lypynskyy)

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Handlungsoptionen ausloten

Im nächsten Schritt sollte sich der Einkäufer Gedanken machen, welche Taktik und Strategie er mittel- und langfristig gegenüber den Monopollieferanten, anwenden möchte, um wieder mehr Wettbewerb zu erzeugen. Dabei kann er an den Aufbau neuer Lieferanten denken, an den Einsatz neuer Materialien oder, wie oben aufgezeigt, die Modifikation der Anforderung seiner internen Kunden aktiv hinterfragen. Die Suche und Qualifizierung alternativer Lieferanten stellen ein sehr wirksames Mittel dar, nachdem immer noch viele Unternehmen, insbesondere im Gesundheitswesen, den regionalen Bezug präferieren. Je globaler nach Lieferanten gesucht wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, potenzielle neue Anbieter zu identifizieren. Auf diese kann dann entweder zurückgegriffen, oder aber der bisherige Lieferant mit deren Preisen konfrontiert werden.

Zudem sollte der Einkäufer eine geeignete Verhandlungstaktik anwenden. Es hat sich in allen Branchen gezeigt, dass eine gute Vorbereitung die unverzichtbare Basis für erfolgreiche Verhandlungen darstellt. Gerade bei Monopollieferanten ist dies besonders hilfreich, da sich der Verkäufer häufig mit dem Wissen über seine eigene Marktmacht begnügt. Wie ist die aktuelle Auslastung beim Lieferanten? Welche Gewinnmarge realisiert er? Welchen Umsatz machen wir mit ihm? Was waren Schwächen, zum Beispiel in der Qualität oder Lieferzuverlässigkeit in den letzten Monaten? Wo sind potenzielle Wettbewerber? Welche Tricks können angewendet werden? All das sind Fragen, die der Einkäufer im Vorfeld einer Verhandlung geklärt haben sollte, um erfolgreich agieren zu können. Auch Analysen wie das Linear Perfomance Pricing (LPP) können helfen, um vermeintliche Intransparenz und Monopolbereiche aufzulösen und eine Umkehr der Beweislast herbeizuführen. Schlussendlich sollte der Einkauf nicht vergessen, seine Taktik hausintern abzustimmen, um am Ende „mit einer Stimme“ gegenüber dem Lieferanten zu sprechen. Verkäufer sind geschult, mehrere Kanäle ihres Kunden „anzuzapfen“, um herauszuhören, ob die Aussagen des Einkaufs auch stimmen. Nichts ist schlimmer, als wenn jemand im Unternehmen die beste Strategie durch ungeschickte Aussagen gegenüber den Zulieferern unterläuft.


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Richtig verhandeln – auch bei Abhängigkeit vom Lieferanten

In der Verhandlung sollte der Einkäufer seine Strategie dann auch konsequent verfolgen. Es ist stets der Einkauf, der die Regeln des Spiels bestimmt, das heißt wann und wo die Verhandlung stattfindet, ob Pausen gemacht werden, welche Verhandler welche Rollenmodelle einnehmen, etc. Außerdem empfiehlt es sich, vorher realistische Ziele und Optionen zu definieren. So zum Beispiel das Bewusstsein über eine Alternative für den Nichteinigungsfall, die als BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement) bezeichnet wird. Sehr empfehlenswert ist es auch, den Bereich einer möglichen Einigung proaktiv auszuloten. Nur wer die eigenen Ziele und Spielräume kennt, im Fach-Jargon ZOPA (Zone of Possible Agreement) genannt, kann in Ruhe und aus einer Position der Stärke verhandeln.


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Fazit: Geduld und Ausdauer zahlen sich aus

Es hat sich gezeigt, dass viele Einkäufer viel zu früh vor vermeintlichen Monopollieferanten resignieren und die Werkzeuge der Beschaffung nicht vollständig einsetzen. Ist ein Zulieferer hartnäckig, dann sind in solch einer Abhängigkeit kurzfristige Erfolge in der Tat schwierig zu realisieren. Mittel- und langfristig ist mit der notwendigen Geduld jedoch einiges erreichbar. Und am Ende zeigt sich oftmals, dass die allermeisten Lieferanten, auch im Gesundheitswesen und auch bei kleinen Kunden, an einer langfristigen partnerschaftlichen Win-Win-Beziehung interessiert sind. Daher empfiehlt es sich als Einkäufer, lieber die Ruhe zu bewahren und zu agieren, statt vorschnell und ungeduldig in Hektik zu verfallen oder sogar zu resignieren. Wichtig ist es, dass die Situation von Anfang an durch den Einkäufer aktiv gestaltet und gesteuert wird. Damit wird die Beschaffung ihrer Rolle gerecht, durch Optimierung des Bedarfs einen Mehrwert im Unternehmen zu schaffen.


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(Symbolfoto: AdobeStock / Svyatoslav Lypynskyy)