Eine 1-jährige unkastrierte Mischlingshündin wurde aufgrund von Lahmheit, Bewegungsunlust,
Kopf-Hals-Biegeschmerz, Fieber und Inappetenz vorgestellt. In der klinischen Untersuchung fielen zusätzlich
eine generalisierte Lymphadenomegalie und Ulzerationen in der Maulhöhle (▶Abb.
[
1
]) auf.
Abb. 1 Ulzeration. (© JLU Giessen)
Aus den Tarsalgelenken und Kniegelenken wurden zytologische Proben der Synovia mittels Feinnadelaspiration
entnommen (▶Abb.
[
2a
], ▶Abb.
[
2b
]) und die Synovia wurde physikalisch und chemisch untersucht.
Abb. 2a und b Zytologische Bilder der Synovia (May-Grünwald-Giemsa, 1000er Vergrößerung). (© JLU Giessen)
-
Welche Befunde können Sie anhand der gezeigten Abbildungen erheben?
-
Wie lautet Ihre zytologische Verdachtsdiagnose?
-
Welche weiterführende Diagnostik würden Sie durchführen?
Abb. 3a und b Zytologische Bilder der Synovia (May-Grünwald-Giemsa, 1000er Vergrößerung). (© JLU Giessen)
➊ geringgradig karyolytische neutrophile Granulozyten
➋ neutrophile Granuloyzten mit multiplen mittelgroßen basophilen rundlichen Einschlüssen (Rhagozyten)
➌ neutrophile Granulozyten mit einem hell-eosinophilen homogenen Material, das den Nukleus verdrängt
(Lupus-erythematodes-Zellen/LE-Zellen)
➍ wenige inaktive Makrophagen (Synoviozyten Typ A)
➎ vereinzelte kleine, reife Lymphozyten
➏ Erythrozyten
➐ Kernschatten
Lupus erythematodes.
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine sehr seltene Autoimmunerkrankung, die beim Hund jedoch
häufig mit einer Polyarthritis einhergeht.
Der SLE wird durch Autoantikörper hervorgerufen, die gegen DNA und Gewebsproteine gerichtet sind. Die daraus
resultierenden zirkulierenden Immunkomplexe können fokal zu Entzündungen und Organschäden führen. Eine
auslösende Ursache kann in den meisten Fällen nicht nachgewiesen werden.
Die basophilen rundlichen Einschlüsse in den Rhagozyten werden für phagozytierte Zellreste oder
phagozytierte Immunkomplexe gehalten. Rhagozyten werden in Assoziation mit immunvermittelten Polyarthritiden
gesehen, sind jedoch nicht pathognomonisch für einen SLE. Das Material in den LE-Zellen wird als
Zellmaterial beschrieben, das von antinukleären Antikörpern (ANA) umgewandelt wurde. LE-Zellen sind selten,
aber hinweisend für den SLE. Insgesamt ist die Diagnose des SLE eine Ausschlussdiagnose, die durch Erfüllung
von 4/11 Kriterien (American Rheumatism Association Criteria modified by Chabanne) gestellt wird.
Die zytologische Untersuchung des Liquors war physiologisch und die Feinnadelaspiration der Lymphknoten
ergab das Bild einer reaktiven Hyperplasie. Die Synovia war trüb mit einer verminderten Viskosität und
zeigte eine erhöhte Zellzahl und ein erhöhtes Protein. Die bakteriologische Untersuchung der Synovia und ein
Nachweis infektiöser Erreger waren negativ. In der Untersuchung eines aus Blut angefertigten
Buffy-Coat-Ausstrichs fanden sich Rhagozyten, jedoch keine LE-Zellen.
Um die Verdachtsdiagnose weiter zu bestätigen, wurde eine serologische Bestimmung von ANA eingeleitet, die
deutlich positiv ausfiel.
Die Therapie besteht aus einer immunsuppressiven Behandlung (Kortikosteroide, ggf. in Kombination mit
weiteren Immunsuppressiva) und initialer Schmerztherapie bei Bedarf. Sie ist häufig langwierig.