Z Gastroenterol 2000; 38(12): 939-940
DOI: 10.1055/s-2000-10026
Editorial
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Sonographie: Quo vadis?

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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Recht ungelenk kam sie daher, die Sonographie, vor 3 Jahrzehnten - als graue Kunst, nahezu außenseiterisch am Anfang, um sich dann - dank technologisch-innovativen Druckes, dank zäher ärztlicher Protagonisten und lebhafter Epigonen - zu etablieren: mehr im klinisch-praktischen Alltag des Internisten und des Gastroenterologen als in den als wissenschaftlich betrachteten Szenarien des deutschen oder gar des angelsächsischen Sprachraumes. Die Möglichkeit, einfach nur so - durch Schallkopfaufsetzen - morphologische und funktionelle Echtzeitinformationen aus dem Körperinneren zu gewinnen, wurde von den führenden Fachvertretern der vielen betroffenen Disziplinen unterschiedlich schnell begriffen und gar letztlich akzeptiert. Sogar die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten in Leipzig 1999 widmete der Sonographie einen eigenen eineinhalbstündigen Themenblock.

Akzeptanzprobleme sind nichts Ungewöhnliches für eine neue Methode, zumal für ein so morphologisches, anwendergebundenes, kostengünstiges und sich nicht sonderlich prächtig präsentierendes Verfahren wie der Ultraschall. Die Sonographie brachte dennoch erhebliche Umschichtungen mit sich: waren doch vor ihrer Ära (und der anderer, so genannter bildgebender Verfahren) der Blick und die Intervention in das Körperinnere, das mächtige Wissen um die wahre Diagnose das Monopol real schneidender Disziplinen.

Ein Paradigmenwechsel also vollzog sich, in aller gastroenterologischen Bescheidenheit. Er vollzieht sich noch - etwa in allen Facetten der Intensivmedizin, in der die Sonographie wohl noch nicht allerorten so recht angekommen ist, oder in den Bereich des Globus, in denen die Ultraschalluntersuchung von Nichtärzten in radiologischen Einheiten betrieben und sorgfältig von der klinischen Anwendung fern gehalten wird. Einen Schaden hiervon nimmt eher die Patientenversorgung, nicht eine so hervorragende Methode wie die Sonographie - wirkliche Qualität (und nicht lediglich verbal vorgehaltenes Qualitätsvokabularium) setzt sich auf Dauer durch.

Wie die hierfür erforderliche Infrastruktur (um-)gebildet werden, kann ist das Thema der Arbeit von Lock et al. [1] in der dankenswerterweise eingerichteten „Sono-Ecke” dieser Ausgabe unserer Zeitschrift für Gastroenterologie: ein (wie angemerkt: erster, früher) Erfahrungsbericht über die räumliche, logistische, finanzielle, ausbildende und forschungsorientierte Zentralisierung der sonographischen Diagnostik und Intervention.

Diese Arbeit - deren lohnende Lektüre im Folgenden vorausgesetzt werden darf - führt überzeugende Argumente an für die „ökonomisch und medizinisch” (wir beachten die Reihenfolge!) „sinnvolle Alternative” zu den bestehenden dezentralen Strukturen der Sonographie.

Der Bericht gibt an, Gutes berichten zu können zu den praktischen Fragen der verbesserten Nutzung räumlicher und logistischer Gegebenheiten - in einem (noch) jungen expandierenden und modern (EDV-Vernetzung!) ausgestatteten Klinikumsbereich vielleicht kein allzu großes Kunststück. Auch die ökonomischen Vorteile - gemeinsamer Mitarbeiter- und Finanzierungspool, Einsparung von Rufdienstkosten - sind möglicherweise von verkürzter Dauer unter dem wachen Blick einer kaufmännischen Leitung, die ebenfalls von diesen Effekten profitieren will. Dass dieser Mechanismus - finanzielle Bestrafung des Sparsam-Tüchtigen - ungerecht erscheinen mag und demotivierend sein kann, ist bekannt.

Überzeugend am vorgestellten Konzept sind die Konzentration des Sono-Know-hows, die kontrollierte Wissensweitergabe in der interdisziplinären Weiterbildung, die hausinterne Qualifikationskontrolle - nachahmenswert, durchaus auch für die Empfehlungen, die von der Dachgesellschaft des Ultraschalls zu erwarten wären.

Die genauen Personalschlüssel werden nicht angegeben, ebenso erfahren wir nur Unpräzises über die „Knotenpunkte”; gerne wüsste man, welche Entscheidungsprozesse (doch nicht etwa klinische?) „vielschichtiger und langwieriger” (längerwierig?) geworden sind; unklar bleiben die Integration der intraoperativen Sonographie oder der Endosonographie, unklar bleibt auch die Finanzierung von Gerätedefekten und -beschädigungen (verursachende Klinik?). Die gruppendynamischen Probleme des Beginns und der Fortsetzung dieses „Regensburger Modells” klingen in der Arbeit an (ebenso ehrlicher- und bedauerlicherweise das bisherige Fehlen nennenswerter klinisch-forschender Resultate).

Dies sind sicher alles gute Gründe, die beteiligten Regensburger Kollegen zu besuchen, sich vor Ort zu informieren und - für die eigenen Gegebenheiten - zu lernen (auch bezüglich der Gelebtheit des selbst verliehenen Modellcharakters).

Zusammenfassend: So kann es wirklich weitergehen mit dem klinischen Ultraschall mit seinem rasch Weichen stellenden, die meisten anderen Bildgebungen überflüssig machenden und so patientenfreundlichen Potenzial - wohlgemerkt: nicht als klinikferne/-fremde Dienstleistung eines „Ultraschalllabors”, sondern mit der Sonographie als integralem Bestandteil der Diagnostik und Intervention für den unmittelbar verantwortlich-betreuenden Arzt.

Literatur

  • 1 Lock G, Zülke C, Lerch K. et al . Das Ultraschallzentrum als ökonomisch und medizinisch sinnvolle Alternative - ein Erfahrungsbericht über das Regensburger Modell.  Z Gastroenterol. 2000;  38 941-944

Prof. Dr. med. O.OL. Greiner 

Klinikum Wuppertal GmbHMedizinische Klinik 2Klinikum der Universität Witten/Herdecke

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