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DOI: 10.1055/s-2001-17844
Leitlinien zur Langzeit-Sauerstofftherapie
Guidelines to Long-Term Oxygen Therapy
Prof. Dr. med. H. Magnussen
Krankenhaus Großhansdorf
Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Wöhrendamm 80
22927 Großhansdorf
Email: E-mail: magnussen@pulmoresearch.de
Publication History
Publication Date:
17 October 2001 (online)
- Methodische Vorbemerkungen
- Ziele der Langzeit-Sauerstofftherapie
- Indikationen zur Langzeit-Sauerstofftherapie
- Die Krankheitsbilder
- Einfluss der Langzeit-Sauerstofftherapie auf körperliche Belastbarkeit und Mortalität
- Diagnostik
- Anwendungszeit der Langzeit-Sauerstofftherapie
- Systeme für die Langzeit-Sauerstofftherapie
- Applikationssysteme
- Verordnung der Langzeit-Sauerstofftherapie
- Kontrolluntersuchungen
- Offene Fragen
- Analyse der Literatur
- Danksagung
- Literatur
Methodische Vorbemerkungen
Die Leitlinien zur Langzeit-Sauerstofftherapie sind entsprechend den methodischen Empfehlungen zur Erarbeitung von Leitlinien für Diagnostik und Therapie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) [1] erstellt worden.
Eine repräsentativ zusammengesetzte Expertengruppe aus den wissenschaftlichen Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (Klinische Pneumologie, Kardiorespiratorische Interaktion, Nächtliche Atmungs-Kreislauf-Störungen, Pathophysiologie der Atmung sowie der Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Pneumologie) hat im Dezember 1999 in Bochum im Rahmen eines Gruppenprozesses den ersten Entwurf der Leitlinien erarbeitet.
Dieser Entwurf wurde in einer Diskussionsrunde im Januar 2000 in Seefeld, Österreich vorgestellt [2]. Analog dem Delphi-Verfahren wurden die Leitlinien verschickt und die Zusatzinformationen durch den federführenden Autor zusammengefasst.
Nach Abschluss dieses Vorgangs wurde am 2./3. 2. 2001 in Kassel unter der Moderation eines unabhängigen Vertreters der AWMF (Dr. H. Sitter) eine Konferenz mit Konsensusverfahren durchgeführt. Alle Beteiligten erhielten zeitgerecht einen Ordner mit der relevanten Literatur. Es erfolgte ein „Nominaler Gruppenprozess” im Beisein der Vertreter von Patienten-Selbsthilfegruppen (H. Dirmeier), Krankenkassen (Frau Dr. E. Herz), Medizinischem Dienst der Krankenversicherung (Dr. K. Vitt), des Bundesverbandes für Medizintechnologie (W. Welnhofer, G. Hartinger), des DGP und weiteren Experten (Prof. Dr. G. Goeckenjan, Dr. H. Hein, Prof. Dr. D. Köhler, PD Dr. U. Köhler, Prof. Dr. H. Magnussen, Prof. Dr. H. Morr, Prof. Dr. D. Nolte, Prof. Dr. H. Worth, Prof. Dr. H. Wuthe).
Die wissenschaftlichen Grundlagen der Leitlinien sind nach den entsprechenden Vorgaben der „Evidence-based medicine” (Tab. [1]) erarbeitet worden [1]. Die Leitlinie wurde von einer autorisierten Person der AWMF als S3-Leitlinie gewertet.
Grad der Empfehlung | Evidenz | |
A | 1a | Evidenz aufgrund von Metaanalysen von randomisierten, kontrollierten Studien |
1b | Evidenz aufgrund von mindestens einer randomisierten, kontrollierten Studie | |
B | 2a | Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten, kontrollierten Studie ohne Randomisierung |
2b | Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten, quasiexperimentellen Studie | |
3 | Evidenz aufgrund gut angelegter, nicht experimenteller, deskriptiver Studien, wie z. B. Vergleichsstudien, Korrelationsstudien und Fallkontrollstudien | |
C | 4 | Evidenz aufgrund von Berichten der Expertenausschüsse oder Expertenmeinungen und/oder klinischer Erfahrung anerkannter Autoritäten |
Es wurde eine umfassende, computergestützte Literaturrecherche zum Themengebiet durchgeführt. Als Hauptinformationsquellen dienten dabei: Medline, Cochrane Libary. Es wurde die internationale Literatur von 1955 bis 2000 erfasst. Als Suchwörter wurden „oxygen”, „LTOT”, „COPD”, „costs”, „quality of life” und „survival” eingesetzt. Die Bewertung erfolgte durch mehrere Experten unabhängig. Die Analyse der Literatur wird im letzten Abschnitt dieser Leitlinie dargestellt.
Die Leitlinie wurde dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie zugeleitet, der diese am 7. 8. 2001 angenommen hat und zur Publikation im Organ der Gesellschaft der Zeitschrift „Pneumologie” empfahl. Eine Aktualisierung der Leitlinie ist alle 3 Jahre geplant und liegt in der Verantwortung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.
#Ziele der Langzeit-Sauerstofftherapie
Erkrankungen, die mit einer chronischen Hypoxämie einhergehen, weisen eine verminderte Lebensqualität [3] [4] und Leistungsfähigkeit [5] auf und haben eine erhöhte Morbidität und Mortalität [6]. Die Ziele der Langzeit-Sauerstofftherapie (engl. long term oxygen therapy = LTOT) sind eine Verbesserung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit sowie eine Reduktion von Morbidität und Mortalität. Die Lebenserwartung wird bei chronisch hypoxämischen Patienten mit chronisch-obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) durch die Langzeit-Sauerstofftherapie verlängert [7] [8].
Der Nutzen der Langzeit-Sauerstofftherapie bei der chronischen Hypoxämie hängt von der Ätiologie der zugrunde liegenden Erkrankung ab. Während die Langzeit-Sauerstofftherapie bei Patienten mit COPD sinnvoll sein kann [7] [8] [9], bedarf die chronische Hypoxämie durch Hypoventilation (sichtbar an der Hyperkapnie) als Folge eines Versagens der Atempumpe bei z. B. Thoraxwanderkrankungen bevorzugt der nicht invasiven Beatmung und nicht einer Langzeit-Sauerstofftherapie [10].
Die Indikation zur Langzeit-Sauerstofftherapie setzt daher diagnostische Möglichkeiten voraus, die in der Regel den Pneumologen in Klinik und Praxis zur Verfügung stehen. Die Indikationsstellung sollte in Übereinstimmung mit internationalen Empfehlungen [11] durch den Spezialisten erfolgen.
#Indikationen zur Langzeit-Sauerstofftherapie
Die Indikation zur Langzeit-Sauerstofftherapie ist gegeben, wenn nach adäquater Therapie und Vermeidung aller inhalativen Noxen eine chronische Hypoxämie nachweisbar ist (Abb. [1]: Algorithmus zur Langzeit-Sauerstofftherapie). Die Kooperation des Patienten sollte gegeben sein. Eine asymptomatische Hyperkapnie unter Langzeit-Sauerstofftherapie stellt keine Kontraindikation dar.
Eine behandlungsbedürftige chronische Hypoxämie liegt vor, wenn der arterielle Sauerstoffpartialdruck (PaO2) unter Ruhebedingungen während einer stabilen Krankheitsphase von ca. 4 Wochen mehrfach (mindestens dreimal) ≤ 55 mm Hg (7,3 kPa) war. Bei Patienten mit COPD ist die Langzeit-Sauerstofftherapie auch bei PaO2-Werten zwischen 56 - 60 mm Hg (7,3 - 8 kPa) indiziert, sofern eine sekundäre Polyglobulie und/oder ein Cor pulmonale mit und ohne Rechtsherzinsuffizienz vorliegt.
In Tab. [2] sind die bisher publizierten Empfehlungen zur Langzeit-Sauerstofftherapie zusammengefasst. Die Empfehlungen der American Thoracic Society [12], der European Respiratory Society [13], der British Thoracic Society [11], der Canadian Thoracic Society [14] und der Deutschen Atemwegsliga [15] beziehen sich dabei nur auf Patienten mit dem Krankheitsbild COPD, während die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie [16] unabhängig von dem zugrunde liegenden Krankheitsbild sind. Die Definition der Dauer der stabilen Krankheitsphase und die Häufigkeit der Blutgasanalyse spiegelt Expertenmeinungen wider und ist nicht das Ergebnis kontrollierter klinischer Studien. Die Reduktion der Mortalität bei Patienten mit COPD, deren PaO2 größer ist als 55 mm Hg (7,3 kPa) bei gleichzeitiger Polyglobulie und/oder Cor pulmonale, durch die Langzeit-Sauerstofftherapie ist nicht eindeutig belegt [7] [8]. Dennoch ist nach Expertenmeinungen die Indikation für eine Langzeit-Sauerstofftherapie gegeben [11] [12] [13]. Die Langzeit-Sauerstofftherapie bei Patienten mit COPD und einem PaO2 zwischen 56 - 65 mm Hg (7,4 - 8,7 kPa) ohne Polyglobulie und/oder Cor pulmonale hat keinen Einfluss auf das Überleben [17] [18] und die pulmonale Hämodynamik [18]. Eine deutsche Leitlinie zur häuslichen Heimbeatmungs- und Langzeit-Sauerstofftherapie erklärt die pathophysiologischen Grundlagen und gibt Hilfe zur Differenzialdiagnose [19].
Herausgeber/Organisation | Deutsche Gesell-schaft für Pneumo-logie | Deutsche Atemwegsliga | European Respiratory Society | American Thoracic Society | British Thoracic Society | Canadian Thoracic Society |
Jahr | 1993 [16] | 1995 [15] | 1995 [13] | 1995 [12] | 1997 [11] | 1992 [14] |
Indikation | PaO2 ≤ 60 mm Hg | PaO2 ≤ 55 mm Hg in Ruhe, Schlaf oder unter Belastung | PaO2 ≤ 55 mm Hg in Ruhe | PaO2 ≤ 55 mm Hg in Ruhe, Schlaf oder unter Belastung | PaO2 ≤ 55 mm Hg | PaO2 ≤ 55 mm Hg |
PaO2 > 60 mm Hg bei pulmonaler Hypertonie | PaO2 ≤ 60 mm Hgbei Cor pulmonale | PaO2 55 - 59 mm Hg bei Cor pulmonale, nächtliche Hypoxämie, Polyzythämie und pulmonaler Hypertonie | PaO2 ≤ 60 mm Hg bei Cor pulmonale nächtl. Hypox-ämie, Polyzythämie, pulmonaler Hypertonie und Herz-insuffizienz | PaO2 ≤ 60 mm Hg bei Cor pulmonale, nächtl. Hypoxämie, pulmonaler Hypertonie und FEV1 ≤ 1,5 l | PaO2 ≤ 60 mm Hg bei Cor pulmonale und Polyzythämie |
|
Verschreibungskriterien | stabile Krankheit | stabile Krankheit | stabile Krankheit | stabile Krankheit | stabile Krankheit | stabile Krankheit |
optimale Therapie | optimale Therapie | optimale Therapie | optimale Therapie | optimale Therapie | ||
Hypoxämie mehrfach nachgewiesen | Hypoxämie mehrfach nachgewiesen | Hypoxämie mehrfach nachgewiesen | Hypoxämie 2 × inner-halb von 3 Wochen nachgewiesen | |||
Kontraindikationen | keine Angaben | aktiver Raucher PaCO2 > 70 mm Hg | aktiver Raucher | keine Angaben | aktiver Raucher | aktiver Raucher |
Nutzungsdauer | > 16 h/d | 12 - 16 h/d | > 15 h/d | > 16 h/d | > 15 h/d | keine Angaben |
Zielgröße | PaO2 > 65 mm Hg | keine Angaben | PaO2 ≥ 60 mm Hg | PaO2 ≥ 60 mm Hg | PaO2 ≥ 60 mm Hg bei akzeptablem PaCO2-Anstieg | PaO2: 60 - 80 mm Hg |
Die Krankheitsbilder
#Chronisch-obstruktive Bronchitis und Lungenemphysem (COPD)
Die COPD geht häufig mit einer chronischen Hypoxämie einher. Bei diesen Patienten entwickelt sich oft eine zusätzliche Hyperkapnie, die eine alveoläre Hypoventilation anzeigt. In Tab. [3] sind alle prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studien („Evidence-based medicine” Grad A [20]) über die Effekte einer Langzeit-Sauerstofftherapie bei Patienten mit COPD zusammengestellt. Die bedeutsamsten Untersuchungen zur Wirkung der Langzeit-Sauerstofftherapie bei Patienten mit COPD [7] [8] zeigten einen signifikanten Vorteil der Langzeit-Sauerstofftherapie auf die Lebenserwartung besonders bei denjenigen Patienten, die im Vergleich unter O2-Applikation eine zusätzliche Hyperkapnie aufwiesen. Diese wichtige Beobachtung wurde in späteren Untersuchungen bei Patienten mit COPD mehrfach bestätigt [21] [22] [23]. Die Interpretation dieser Befunde geht am ehesten mit der Annahme einher, dass die Langzeit-Sauerstofftherapie den hypoxischen Atemstimulus verringert, so dass daraus eine Abnahme der Lungenbelüftung resultiert. Die Abnahme der Lungenbelüftung (alveoläre Hypoventilation → Anstieg des PaCO2) ist gleichbedeutend mit einer Abnahme der Atemarbeit und führt damit zu einer Entlastung der Atemmuskulatur, um sie vor einer drohenden Erschöpfung zu schützen. Die Richtigkeit dieser Überlegung würde bedeuten, dass der Nutzen der Langzeit-Sauerstofftherapie nicht auf eine Korrektur der chronischen Hypoxämie zurückzuführen ist, sondern nur auf eine Entlastung der Atemmuskulatur. Da Patienten mit COPD bei Vorliegen einer mäßigen chronischen Hypoxämie (PaO2 > 55 mm Hg) nicht von einer Langzeit-Sauerstofftherapie profitieren [17], und bei schwerer Hypoxämie (PaO2 ≤ 55 mm Hg) der Effekt der Langzeit-Sauerstofftherapie von der gleichzeitigen Hyperkapnie abhängt [7], muss der Einsatz der Langzeit-Sauerstofftherapie gegen die nicht-invasive Beatmung [24], welche die zur Zeit wirksamste Therapie zur Entlastung der chronisch überforderten Atemmuskulatur darstellt [10], abgewogen werden.
Studie | NOTT [7] | MRC [8] | Gorecka et al. [17] | Fletcher et al. [36] | Chaouat et al. [18] |
Anzahl der Patienten | 203 | 87 | 135 | 38 | 76 |
Therapiearm | ≥ 16 h kontinuierliche O2-Gabe n = 101 | ≥ 15 h kontinuierliche O2-Gabe n = 42 | ≥ 15 h kontinuierliche O2-Gabe n = 68 | < 12 h nächtliche O2-Gabe n = 19 | < 12 h nächtliche O2-Gabe n = 41 |
Kontrollarm | < 12 h nächtliche O2-Gabe n = 102 | keine O2-Gabe n = 45 | keine O2-Gabe n = 67 | keine O2-Gabe n = 19 | keine O2-Gabe n = 35 |
Einschlusskriterien | Ruhe-PaO2 ≤ 55 mm Hg | Ruhe-PaO2 40 - 60 mm Hg | Ruhe-PaO2 56 - 65 mm Hg | Ruhe-PaO2 ≥ 60 mm Hg (am Tag) | Ruhe-PaO2 56 - 69 mm Hg (am Tag) |
Ruhe-PaO2 ≤ 59 mm Hg bei Polyglobulie oder Zeichen der Rechtsherzbelastung | Nächtliche Entsättigungen | Nächtliche Entsättigungen | |||
Beobachtung (Monate) | 24 | 60 | 36 | 36 | 24 |
Outcome | Mortalität | Mortalität | Mortalität | Mortalität | Mortalität |
pulmonal-arterieller Druck | pulmonal-arterieller Druck | ||||
Ergebnis Therapiearm | signifikante Senkung der Mortalität | signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität |
signifikante Senkung des pulmonal-arteriellen Druckes | keine signifikante Senkung des pulmo-nal-arteriellen Druckes | ||||
Ergebnis Kontrollarm | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität | keine signifikante Senkung der Mortalität |
keine signifikante Senkung des pulmo-nal-arteriellen Druckes | keine signifikante Senkung des pulmo-nal-arteriellen Druckes |
Körperliche Belastung führt bei vielen Patienten mit COPD zu einer Verschlechterung der bereits in Ruhe vorhandenen Hypoxämie oder bei Vorliegen eines normalen PaO2 in Ruhe zu einer belastungsinduzierten Hypoxämie. Es ist bisher nicht gesichert, ob die Vermeidung derartig belastungsinduzierter Hypoxämien bei PaO2-Werten unter Ruhebedingungen > 55 mm Hg (7,3 kPa) die Lebensqualität und/oder die Prognose verbessert. Bislang gibt es keine Studien, die sich dieser Fragestellung gewidmet haben. Liegt der Ruhe PaO2 > 55 mm Hg (7,3 kPa) und kommt es bei Belastung zu Dyspnoe und zu einer weiteren Verschlechterung des Gasaustausches, kann eine Sauerstoffapplikation bei Belastung das Dyspnoeempfinden vermindern und die Leistungsfähigkeit verbessern [25] [26] [27] [28]. Die belastungsinduzierte Hypoxämie sollte in Belastungstests dokumentiert werden (z. B. 6-Minuten-Gehtest [29] [30], shuttle walk test [31]). Zur Korrektur der belastungsinduzierten Hypoxämien eignen sich mobile Sauerstoffversorgungssysteme, die ggf. hohe Leistung (5 - 6 L/min) erbringen müssen [32]. Das alleinige Vorliegen einer belastungsinduzierten Hypoxämie, bei PaO2-Werten > 55 mm Hg (7,3 kPa) in Ruhe, erfordert keine Langzeit-Sauerstofftherapie unter Ruhebedingungen, aber eine Sauerstoffgabe bei Belastung.
Grad der Evidenz | ||
Erkrankung | körperliche Belastbarkeit | Mortalität |
COPD | A | A |
Lungengerüsterkrankungen | A | C |
Thoraxwanderkrankungen ohne Hyperkapnie | A | C |
Post-Tbc und -Polio-Syndrom ohne Hyperkapnie | A | C |
weitere Erkrankungen (z. B. pulmonale Hypertonie, Herzinsuffizienz mit Cheyne-Stokescher Atmung, Bronchialkarzinom, zystische Fibrose) | C | C |
Bei Patienten mit COPD können nächtliche Hypoxämien durch Hypoventilationsphasen auftreten. Das Ausmaß der nächtlichen Hypoxämie kann mit der tagsüber auftretenden arteriellen Hypoxämie verbunden sein [33] [34] [35]. Eine randomisierte, kontrollierte Untersuchung bei Patienten mit COPD mit nächtlicher Hypoxämie, die tagsüber einen PaO2 von mehr als 60 mm Hg (8 kPa) aufwiesen, zeigte keinen Einfluss einer nächtlichen Sauerstofftherapie auf die Mortalität [36]. Die Autoren empfehlen jedoch die nächtliche Sauerstofftherapie, da bei den Patienten im Mittel eine geringe Abnahme des mittleren pulmonalarteriellen Druckes (ΔPAP = 3,7 mm Hg) nachweisbar war. Neuere Daten zeigen jedoch, dass diese Maßnahme keinen Einfluss auf die pulmonale Hämodynamik und das Überleben innerhalb eines 2-jährigen Beobachtungszeitraumes hat [18] (Tab. [3]).
#Lungengerüsterkrankungen
Daten zur Langzeit-Sauerstofftherapie bei Lungengerüsterkrankungen sind nur begrenzt verfügbar, insbesondere ist der Einfluss einer Langzeit-Sauerstofftherapie auf die Mortalität nicht bekannt. Aufgrund der Wirksamkeit einer Langzeit-Sauerstofftherapie bei Patienten mit COPD (s. o.), sollte Patienten mit schwerer Hypoxämie (PaO2 < 55 mm Hg [7,3 kPa]) anderer Genese die Langzeit-Sauerstofftherapie aber nicht vorenthalten werden. Prognosefaktor für das Überleben unter Langzeit-Sauerstofftherapie ist neben der Art der Grunderkrankung [37] besonders der PaCO2. Ein PaCO2 unter 41 mm Hg (5,5 kPa) ist dabei mit einer erhöhten Mortalität verbunden [38].
Die Gabe von Sauerstoff unter Belastung führt zu einer Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und einer Abnahme der Atemnot unter Belastung [32] [39] [40] [41]. Daher benötigen Patienten mit Lungengerüsterkrankung bei nachgewiesenem entsprechenden Aktionsradius ein mobiles Sauerstoffgerät mit ggf. höherer Leistung (5 - 6 L/min).
#Zystische Fibrose
Bei Patienten mit zystischer Fibrose (CF) kann eine Hypoxämie auftreten. Die nächtliche Sauerstofftherapie bei Patienten mit CF mit einem Ruhe-PaO2 von ≤ 65 mm Hg (8,7 kPa) zeigte innerhalb eines 2-jährigen Beobachtungszeitraumes keinen Effekt auf Mortalität, Krankheitsverlauf oder Anzahl der Krankenhauseinweisungen [42]. Neuere Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit CF der pulmonalarterielle Druck von dem Schweregrad der Hypoxämie abhängt und ein erhöhter pulmonalarterieller Druck mit einer erhöhten Mortalität einhergeht [43]. Daher ist bei Patienten mit CF und einer schweren Hypoxämie (PaO2 < 55 mm Hg [7,3 kPa] eine Langzeit-Sauerstofftherapie sinnvoll. Unter körperlicher Belastung führt die Gabe von Sauerstoff zu einer Zunahme der Leistungsfähigkeit [44] und zu einer Abnahme der ventilatorischen und kardiovaskulären Arbeit [45].
Bei zusätzlich auftretender Hyperkapnie sollte bei Patienten mit CF eine nichtinvasive Beatmungstherapie in Betracht gezogen werden.
#Neuromuskuläre und Thoraxwanderkrankungen
Erkrankungen der Thoraxwand und Brustwirbelsäule wie die Torsionsskoliose, das Post-Tuberkulose-Syndrom, das Post-Polio-Syndrom sowie die neuromuskulären Erkrankungen können zu einer Hypoventilation aufgrund eines sekundären bzw. primären Versagens der Atemmuskulatur führen. Die alleinige Sauerstofftherapie kann in frühen Krankheitsstadien eine symptomatische Besserung bewirken [46] [47]. Die Therapie der Wahl ist jedoch die nichtinvasive Beatmung [10]. Eine weiterbestehende Hypoxämie unter der Beatmungstherapie kann eine Indikation zur zusätzlichen Langzeit-Sauerstofftherapie sein. Ein Einfluss auf Mortalität oder Morbidität ist bisher nicht gesichert.
#Weitere Krankheitsbilder
Nach Expertenmeinung der Autorenschaft liegt auch bei weiteren Erkrankungen, die mit schwerer chronischer Hypoxämie (PaO2 < 55 mm Hg [7,3 kPa]) einhergehen, eine Indikation zur Langzeit-Sauerstofftherapie vor. Beispielhaft sind zu nennen: die pulmonale Hypertonie, die Herzinsuffizienz mit Cheyne-Stokes-Atmung und das Bronchialkarzinom.
#Ausnahmesituation durch Exazerbation
Das Auftreten einer Hypoxämie während einer akuten Exazerbation der Grunderkrankung stellt eine Indikation zur Sauerstoffgabe dar. Es sollte jedoch stets geprüft werden, ob nach der erfolgreichen Behandlung der Exazerbation die Notwendigkeit der Langzeit-Sauerstofftherapie gegeben ist.
#Einfluss der Langzeit-Sauerstofftherapie auf körperliche Belastbarkeit und Mortalität
Zusammenfassend muss bei Patienten mit in Tab. [4] dargestellten Erkrankungen eine Langzeit-Sauerstofftherapie in Betracht gezogen werden, wenn eine chronische Hypoxämie nachgewiesen wurde. Grad der Evidenz (EBM Grad) A bedeutet das Zugrundeliegen mindestens einer randomisierten, kontrollierten Untersuchung, während der Grad C Expertenmeinungen widerspiegelt [48] [49].
#Diagnostik
Das Ziel der Diagnostik vor bzw. bei Einleitung einer Langzeit-Sauerstofftherapie ist:
-
die Objektivierung der Hypoxämie in Ruhe und unter Belastung,
-
die Festlegung des Sauerstoffflusses, der notwendig ist, einen PaO2 ≥ 60 mm Hg (8 kPa) zu erreichen und das entsprechende Ausmaß einer eventuell eintretenden Hyperkapnie zu ermitteln,
-
die Objektivierung der Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit durch Sauerstoff bei Verordnung von mobilen Sauerstoffsystemen bei einem PaO2 ≥ 55 mm Hg in Ruhe.
Blutgasanalyse
PaO2, PaCO2 und pH werden mittels geeigneter Analysatoren gemessen. Die täglichen Eichungen sind durch Protokolle zu belegen. Die alleinige Messung der Sauerstoffsättigung mittels Oxymetrie reicht zur Indikationsstellung einer Langzeit-Sauerstofftherapie nicht aus.
In Deutschland wird unter nicht intensivmedizinischen Bedingungen das Blut für die Blutgasanalyse aus dem hyperämisierten (arterialisierten) Ohrläppchen entnommen. Die Korrelation der Messergebnisse aus dem Kapillarblut zur arteriellen Punktion ist ausreichend, um dieses schonende Verfahren zu rechtfertigen [50].
Der PaO2 kann bei Hyperventilation (erniedrigter PaCO2, z. B. bei Patienten mit Lungenfibrose) auf Standardbedingungen rechnerisch korrigiert werden:
Standard PaO2 (mm Hg) = PaO2 gemessen (mm Hg) - 1,66 × (40 - PaCO2 gemessen [mmHg]).
#Blutgasanalyse in Ruhe
Die Messung sollte nach einer Ruhezeit von ≥ 15 Minuten erfolgen. Ist der PaO2 ≤ 55 mm Hg (7,3 kPa), sollte durch die Gabe von zunächst 2 l O2/min über eine Nasensonde die Änderung des PaO2 nach ≥ 5 Minuten bestimmt werden. Die Sauerstoffgabe sollte zu einem PaO2 ≥ 60 mm Hg (8 kPa) führen oder um mindestens 10 mm Hg ansteigen.
#Blutgasanalyse unter Belastung
Die intermittierende Sauerstoffgabe kann bei Dyspnoe und belastungsinduzierter Hypoxämie sinnvoll sein [25] [26] [27] [28] [ 32] [39] [40] [41]. Ein Ruhe-PaO2 ≤ 60 mm Hg (8 kPa) sollte zur Belastungsuntersuchung führen. Diese kann mittels standardisierter ergometrischer Verfahren erfolgen oder (empfehlenswert) die täglichen Aktivitäten simulieren (6-Minuten-Gehtest [29] [30], „shuttle walk test” [31]). Um das Ausmaß der Verbesserung der Belastbarkeit zu ermitteln, sollte der Sauerstofffluss ausreichend hoch gewählt werden (in der Regel 5 - 6 l). Ein signifikanter Abfall des PaO2 unter ergometrischer Belastung > 5 mm Hg (0,7 kPa), unter 55 mm Hg (7,3 kPa) bzw. eine relevante Zunahme der Leistungsfähigkeit rechtfertigt die Verschreibung einer mobilen Sauerstoffgabe zur Korrektur der belastungsindizierten Hypoxämie. Der positive Effekt der Sauerstoffgabe muss für jeden Patienten in einem standardisierten Belastungstest dokumentiert werden.
#Nächtliche Sauerstoffmessung bei Normoxämie unter Tagesbedingungen
Eine nächtliche Messung kann aus diagnostischen Gründen sinnvoll sein. Die Korrektur von alleinigen nächtlichen Hypoxien ist vermutlich ohne nachweisbaren Effekt auf Morbidität, Lebensqualität und Mortalität [18] [36].
#Anwendungszeit der Langzeit-Sauerstofftherapie
Empfohlen wird eine möglichst lange Anwendung. Es sind 24 Stunden pro Tag anzustreben, die Mindestdauer sollte 16 Stunden pro Tag betragen. Der Hauptanteil der Sauerstoffapplikation kann dabei während der Nacht erfolgen.
#Systeme für die Langzeit-Sauerstofftherapie
Für die häusliche und mobile Sauerstofftherapie stehen als Quellen Sauerstoffkonzentratoren, Flüssig-Sauerstoff-Systeme und Sauerstoff-Druckflaschen zur Verfügung.
#Sauerstoffkonzentratoren
Sauerstoffkonzentratoren absorbieren mittels Kompressor fortlaufend Sauerstoff aus der Umgebungsluft. Die Geräte sind großvolumig und mit ihrem Gewicht von ca. 18 - 30 kg und der Notwendigkeit der Stromzufuhr (120 - 450 W) prinzipiell stationäre Geräte. Der Aktionsradius des Patienten ist an das Gerät gebunden. Die zusätzlichen Stromkosten und die Geräuschentwicklung (38 - 50 Dezibel) der Geräte sind nachteilig. Gerade entwickelt wurden Sauerstoffkonzentratoren, die es erlauben, den produzierten Sauerstoff in Flaschen abzufüllen.
#Flüssig-Sauerstoff-Systeme
Die Basis der Flüssig-Sauerstoff-Systeme stellt ein häusliches Standgerät als Reservoir dar, das vom Anbieter direkt mit flüssigem Sauerstoff befüllt wird, wobei ein Liter flüssiger Sauerstoff ca. 853 Liter (bei 15 °C, 1 bar) gasförmigem Sauerstoff entspricht. Aus dem häuslichen Vorrat kann der Patient einen portablen Behälter befüllen. Das Gewicht der gefüllten Sauerstoffbehälter beträgt je nach Volumen 3,1 bis 4,3 kg zuzüglich der Transportsysteme. Bei einem Flow von 2 l/min reicht eine solche Flasche von 4,25 - 8,5 Stunden. Der Aktionsradius der Patienten wird verbessert, und kann durch elektronische Sparventile bzw. getriggerte Demand-Systeme zusätzlich vergrößert werden. Transportsysteme in Form einer Rückentragehilfe oder Caddy haben sich bewährt. Flüssig-Sauerstoff-Systeme eignen sich besonders gut für Patienten mit belastungsinduzierter Hypoxämie.
#Sauerstoffdruckflaschen
Sauerstoffdruckflaschen sind in unterschiedlichen Größen verfügbar. Der Nachteil liegt in dem großen Gewicht und der Logistik. Sie sind kaum für die alleinige häusliche Versorgung geeignet, höchstens bei akuten Exazerbationen mit passagerer Hypoxämie können sie eine Alternative darstellen. Kleine Sauerstoffflaschen können ein Volumen von 0,8 bis 2 Liter gasförmigen Sauerstoffs aufnehmen und haben ein Gewicht von 1,92 bis 2,68 kg. Meist werden sie mit einem häuslichen Konzentrator kombiniert verwendet. Die Kapazität von Sauerstoff-Druckflaschen ist gering (z. B. bei 200 bar Füllungsdruck 400 Liter Sauerstoff), so dass sie dem Patienten eine Sauerstoffapplikation für nur eine Zeit von ca. 2,5 Stunden erlauben. Für die portablen Systeme gibt es Tragehilfen in Form von einem Caddy oder einer Rückentragehilfe. Die Nutzungsdauer kann durch elektronische Sparventile bzw. Demand-Systeme in Abhängigkeit von der Atemfrequenz auf 12 - 19 Stunden verlängert werden.
#Befeuchtung
Bei Sauerstoffapplikationen > 2 L/min wird zur Verhinderung von Schleimhautläsionen infolge Austrocknung eine Befeuchtung empfohlen. Die Verwendung von abgekochtem Wasser ist hygienisch vertretbar (Stellungnahme von dem „Nationalen Referenzzentrum NRZ für Krankenhaushygiene, [51]), jedoch unter Alltagsbedingungen oftmals nicht praktikabel.
#Applikationssysteme
Die gebräuchlichsten und von den Patienten am besten akzeptierten Systeme sind die Nasenbrille, oder u. U. auch die Nasensonde oder oronasale Sonde [52] [53]. In Brillengestelle zu integrierende Systeme haben kosmetische Vorteile und fördern die Compliance. Eine Alternative kann ein transtrachealer Katheter sein, der neben dem Vorteil der für Außenstehende unsichtbaren Sauerstoffgabe die Totraumventilation vermindert und in kritischen Fällen zu besseren Sauerstoffkonzentrationen führen kann [54]. Nachteilig sind die Notwendigkeit eines Eingriffs, die Gefahr einer Obstruktion der Trachea durch Schleimpfropfen am Katheter oder durch Infektion sowie der erhöhte Pflegebedarf mit täglichem Katheterwechsel.
#Verordnung der Langzeit-Sauerstofftherapie
Die Verordnung einer Langzeit-Sauerstofftherapie hat zu berücksichtigen:
-
Diagnose
-
Schweregrad der Hypoxämie und Hyperkapnie
-
Sauerstofffluss zum Erreichen eines PaO2 ≥ 60 mm Hg (8 kPa) oder Anstieg um mindestens 10 mm Hg
-
Mobilität des Patienten
-
Persönliche Präferenz für das Applikationssystem
Jede Indikationsstellung ist zu begründen und zu dokumentieren (siehe Abb. [2]).
#Kontrolluntersuchungen
Die Kontrolle der Patienten unter Langzeit-Sauerstofftherapie soll im stabilen Zustand alle 6 Monate durch einen Pneumologen erfolgen.
Exazerbationen der Grunderkrankungen müssen ursächlich abgeklärt werden und bedingen wegen der therapeutischen Konsequenz häufigere Kontrollen.
Bei jeder Kontrolle ist
-
der klinische Zustand des Patienten zu dokumentieren
-
Nebenwirkungen zu erfragen und zu minimieren
-
die Therapie zu optimieren
-
ein mögliches Fehlverhalten (z. B. Inhalationsrauchen) zu korrigieren
-
die Nutzung des Gerätes zu prüfen.
Offene Fragen
Die Langzeit-Sauerstofftherapie ist eine bewährte Maßnahme, dennoch sind zahlreiche medizinische, technische und organisatorische Fragen nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet.
#Medizinisch
-
Bedeutung der normokapnischen Hypoxämie auf Morbidität und Mortalität
-
Bedeutung der nichtinvasiven Beatmung versus Langzeit-Sauerstofftherapie bei hyperkapnischer Hypoxämie bei Patienten mit COPD unterschiedlichen Schweregrades
-
Bedeutung der Langzeit-Sauerstofftherapie bei Belastung versus Ruhe und Belastung bei Ruhe PaO2 ≥ 55 mm Hg (7,3 kPa)
-
Bedeutung der intermittierenden Langzeit-Sauerstofftherapie bei der Cheyne-Stokes-Atmung.
Technisch
-
Anpassung der Sauerstofftherapie an Belastungssituationen
-
Flüssig-Sauerstoff-Systeme versus Kombination von Konzentrator mit mobiler Einheit.
Organisatorisch
-
Koordination der Untersuchung des Patienten und des Gerätes
-
Untersuchung des Patienten und Gerätes unter häuslichen Bedingungen durch speziell geschultes Personal („respiratory physicist”).
Dokumentatorisch
Aufgrund der offenen Fragen und der erheblichen Kosten, welche die Langzeit-Sauerstofftherapie nach sich zieht, ist eine Dokumentation sinnvoll, um den Patienten zur notwendigen Therapie zu verhelfen und überflüssige Maßnahmen zu vermeiden.
Zudem könnten Fragen der Gesundheitsökonomie und Lebensqualität beantwortet werden. In Abbildung [2] wird dargestellt, was ein solcher Dokumentationsbogen beinhalten könnte.
#Analyse der Literatur
#Effekt auf Mortalität und pulmonale Hämodynamik
Crockett u. Mitarb. analysierten durch das Cochrane-Verfahren die vorhandene Literatur bezüglich der Mortalität und der pulmonalen Hämodynamik [55]. 5 Studien entsprachen dem Evidenztyp Ib und sind in der Tabelle [3] zusammengefasst.
Die Begründung für den fehlenden Effekt auf die Mortalität in den Studien von Gorecka et al. [17], Fletcher et al. [36] und Chaouat et al. [18] liegt in der zu geringen täglichen Anwendungszeit und der nicht ausreichend ausgeprägten Hypoxämie. Die Studien eignen sich nicht für eine Metaanalyse, da die Behandlungsform (z. B. Therapiezeit in Stunden) und die Patientenkriterien (z. B. vorbestehendes Ausmaß der Hypoxämie) zu unterschiedlich waren.
5 weitere Studien wiesen eine Evidenz von 3 auf. Diese Studien ermöglichten statistische Analysen an größeren Patientengruppen (ca. 24 000, [21]), die an pulmonalen Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie leiden. Die Daten zeigen, dass der Nutzen der Sauerstofflangzeittherapie bei denjenigen Patienten überwiegt, die einen Anstieg der PaCO2-Werte unter Sauerstoffgabe zeigen [21] [22] [23] [37]. In einer retrospektiven Studie [56] wurden Patienten mit einem PaO2-Ausgangswert von ≥ 60 mm Hg in Bezug auf das Überleben gegen Patienten mit einem PaO2 55 - 60 mm Hg verglichen. Es ergab sich für keine der beiden gewählten Untergruppen ein Überlebensvorteil.
Zusammenfassend zeigen die verfügbaren Daten, dass bei der COPD die Mortalität nur dann sinkt, wenn die Therapie ab einem PaO2 ≤ 55 mm Hg erfolgt und diese mindestens 16 Stunden am Tag eingesetzt wird.
Für andere Erkrankungen als die COPD, die aufgrund der chronischen Hypoxämie eine Langzeit-Sauerstofftherapie benötigen, steht der Nachweis des gewünschten Effektes auf Morbidität und Mortalität durch randomisierte und kontrollierte Studien noch aus.
#Effekt auf die körperliche Leistungsfähigkeit
Verschiedene Studien [32] [39] [40] [41] untersuchten den Parameter „körperliche Leistungsfähigkeit”, ohne die Auswirkungen auf Morbidität oder Mortalität darzustellen.
Da unterschiedliche Belastungsuntersuchungen mit entsprechenden Erfolgskriterien in den Studien eingesetzt wurden, lassen sich die einzelnen Ergebnisse nicht vergleichen. Leach et al. [32] zeigte z. B. bei der 6-Minuten- und der Endurance-Gehstrecke eine signifikante Zunahme der Endurance und Abnahme der Dyspnoe auf der visuellen Analogskala. Bei 2 l Sauerstoff-Applikation verbesserte sich die mittlere Endurance um 38 % (bei 4 l: 68 %, bei 6 l: 85 %). Harris-Eze et al. [40] [41] belastete seine Patienten auf dem Fahrradergometer und fand unter Sauerstoff eine Zunahme der Endurance von 17 %.
Vergleichbare Studien wurden ebenfalls bei Patienten mit COPD durchgeführt. Dean et al. [28] fand unter einer Sauerstoffapplikation während der Fahrradergometrie eine Zunahme der Endurance um 40 %. Die Studien eignen sich aufgrund der unterschiedlichen Methoden nicht zur Metaanalyse.
Zusammenfassend führt bei COPD und Lungengerüsterkrankungen die Sauerstoffgabe während Belastung zu einer signifikanten Zunahme der Leistungsfähigkeit.
#Effekt auf die Kosten
Die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem sind häufige Erkrankungen mit einer zunehmenden Tendenz. Daten über eine Kostenanalyse oder zur Kosteneffizienz der Langzeit-Sauerstofftherapie, insbesondere in Deutschland, sind nicht vorhanden.
In Ländern wie z. B. Frankreich und Schweiz, in denen eine zentrale Patientenerfassung besteht, sind vergleichende Untersuchungen vorhanden. In Frankreich wurden retrospektiv die Daten von 234 Patienten [57] ausgewertet, die zwischen 1985 und 1994 unterschiedliche Applikationsformen einer Sauerstofflangzeittherapie erhielten. Die jeweiligen Kosten wurden verglichen, ohne dass klare Schlussfolgerungen gezogen werden konnten. In Dänemark wurde der Effekt der Langzeit-Sauerstofftherapie auf die Lebensqualität und die Kosten zwischen der Therapie mit Flüssigsauerstoff oder einem Sauerstoffkonzentrator verglichen [58]. Der positive Effekt von Flüssigsauerstoff auf die Lebensqualität war mit deutlich höheren Kosten verbunden als die Nutzung des Konzentrators.
In keiner der Studien werden definitive Zahlen genannt, die sich auf das gesamte Patientenkollektiv, welches eine Langzeit-Sauerstofftherapie erhält, beziehen. Es werden nur die Kosten für einen einzelnen Patienten dargestellt. Aussagen zur Kosteneffizienz können nicht gemacht werden.
#Effekt auf die Lebensqualität
Die COPD geht in Abhängigkeit vom Schweregrad mit einer verminderten Lebensqualität einher [4]. Die Lebensqualität wurde in verschiedenen Studien mit krankheitsspezifischen Messinstrumenten objektiviert [4] [59] [60] [61] [62] [63]. Es existieren jedoch keine prospektiven plazebokontrollierten, randomisierten Studien, die den Effekt der Langzeit-Sauerstofftherapie auf die Lebensqualität bei vergleichbarem Krankheitsstadium (z. B. Ausmaß der FEV1-Erniedrigung) darstellt, so dass ein eindeutiger Effekt der Langzeit-Sauerstofftherapie auf die Lebensqualität nicht bewiesen wurde.
In einer kontrollierten Untersuchung [4] wurden Patienten verglichen, die eine oder keine Langzeit-Sauerstofftherapie erhielten. Die Kontrollgruppe hatte jedoch höhere FEV1- und PaO2-Werte, so dass ein schweregradbezogener Vergleich nicht möglich ist.
Die verfügbaren Daten und die Meinung von Experten (Evidenzgrad C) lassen jedoch erwarten, dass die Langzeit-Sauerstofftherapie die Lebensqualität verbessert.
#Danksagung
Die Autoren bedanken sich herzlich bei Frau Dr. med. I. E. Zühlke für die umfassende Vorbereitung und Ausarbeitung der Leitlinie und für die hilfreiche Unterstützung von Herrn Dr. med. C. Taube und Herrn H. J. Baumann (alle Krankenhaus Großhansdorf).
#Literatur
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Prof. Dr. med. H. Magnussen
Krankenhaus Großhansdorf
Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Wöhrendamm 80
22927 Großhansdorf
Email: E-mail: magnussen@pulmoresearch.de
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Prof. Dr. med. H. Magnussen
Krankenhaus Großhansdorf
Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie
Wöhrendamm 80
22927 Großhansdorf
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