Pneumologie 2002; 56(11): 749-750
DOI: 10.1055/s-2002-35555
Nachruf
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zum Gedenken an Prof. Dr. med. Herbert Blaha

In Memoriam Professor Dr. med. Herbert BlahaK.  Häußinger1
  • 1Abteilung Pneumologie, Asklepios Fachklinik, München-Gauting
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Univ. Prof. Dr. med. Karl Häußinger

Chefarzt Pneumologie · Asklepios Fachklinik München-Gauting

82131 München

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Publication Date:
20 November 2002 (online)

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    Der Lebenslauf von Herrn Prof. Dr. med. Herbert Blaha gleicht einem Roman, einem Schicksal im Spiegelbild deutscher Geschichte und Medizingeschichte. Die frühen Jahre waren geprägt durch Krieg: 1918 in schwerer Zeit geboren, ereilt ihn, kaum erwachsen, der nächste Krieg: Als Gebirgsjäger wird er viermal verwundet, gerät in Gefangenschaft.

    Im Januar 1944 absolviert er sein Staatsexamen für Medizin in München.

    Die Stufen „des mühsamen Weges” der beruflichen Ausbildung nennt er selbstironisch „Kreuzwegstationen”:

    1945 - 1948: Schönbrunn, Ausweichkrankenhaus der Stadt München. Grundsteinlegung für das Lebenswerk „Lunge” durch Prof. Kurt Lytdin.
    1948 - 1949: II. Medizinische Klinik der Universität München, Prof. Bingold. Allgemeine Innere Medizin, Lungenambulanz, Ernennung zum Facharzt für Lungenkrankheiten.
    1949 - 1953: Lungenklinik Hemer, Prof. Adelberger, Kollapschirurgie, Einführung der Resektionschirurgie.
    1953 - 1956: Bagdad, Prinz Abdul Ilah Hospital in Bagdad: Echinokokkuschirurgie, Einführung der Endoskopie, Anästhesie.
    1956 - 1965: Chirurgische Universitätsklinik, Frankfurt am Main, Prof. Geißendörfer, Ernennung zum Facharzt für Chirurgie.
    1963: Habilitation mit dem Thema „Neuere Techniken der Lungen- und Bronchialchirurgie”. Das Werk ist zugleich Geschichte der Thoraxchirurgie: Chirurgie der Trachea, Chirurgie des Lungenstiels, Chirurgie des Lungenparenchyms.
    1965 - 1983: Chefarzt und ärztlicher Direktor des Zentralkrankenhauses Gauting der Landesversicherungsanstalt Oberbayern.

    Diese Klinik wird zur Heimat und Wirkungsstätte eines Lebens für die Pneumologie, Zitat: „was habe ich vorgefunden: Eine ehemalige Flakkaserne mit Gewehrständern in den Gängen, ein OP-Stübchen, eine Tuberkuloseklinik mit über 1000 Betten”. Blaha widmet „die Anstalt für Phtisiologie” sukzessive um in eine Klinik für moderne Lungenheilkunde mit allen ihren Facetten und Subdisziplinen heutiger Prägung. Patriarchalisch und virtuos schneidert er sich seine Klinik auf den Leib, spielt auf allen Tastaturen, sprüht vor Vitalität. Er betreut über 100 Doktoranden, publiziert mehr als 80 wissenschaftliche Arbeiten, verfasst sein Hauptwerk „Die Lungentuberkulose im Röntgenbild”. Als aktives Mitglied der IUATLD gründet er 1979 das Kuratorium Tuberkulose in der Welt mit Abteilungen in Bolivien, Nepal und Togo. Es sind dies Brennpunkte moderner Hilfe zur medizinischen Selbsthilfe. Sie erhalten Modellcharakter für die Bekämpfung der Tuberkulose in der dritten Welt.

    Die Aktivität eines außergewöhnlichen Lebens findet öffentliche Anerkennung in Ämtern, Positionen, Ehrungen:
    1975 bis 1976 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lungenheilkunde und Tuberkulose, 1982 Präsident der Bayerischen Chirurgen, Ehrenvorsitzender des Vereins zur Förderung der Lungenheilkunde in Gauting, Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, gesundheitspolitischer Berater der Hans-Seidl-Stiftung, Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Lungenkrankheiten und Tuberkulose, der Süddeutschen Gesellschaft für Pneumologie und der Bayerischen Chirurgenvereinigung, Träger des Bundesverdienstkreuzes.

    Vor allem in den letzten Jahren seines Arbeitslebens schließt sich der Kreis zur frühen humanistischen Bildung der Gymnasialzeit im Kloster Metten. Blaha wendet sich gesundheitspolitischen Themen zu, sucht als homo politicus die großen Zusammenhänge, die Sinnzusammenhänge hinter dem Tun des Alltags. Dies zeigen die Reflexionen über sein Lebenswerk in seinem Abschiedsvortrag „Anmerkungen zur Redundanz” am 31. 10. 1983:

    „Erfolg ist ein Zeichen des Misserfolges, im Umkehrschluss: Der Misserfolg ist das Zeichen des Erfolges. Auch hier die Ambivalenz, wenn Sie gestatten, auf meine eigenen Probleme bezogen: Erfolge und Misserfolge halten sich die Waage und beziehen sich überdies nur auf das Getane. Vieles bleibt ungetan und liegt nicht auf der Waage.”

    Das Ungetane ist uns Schülern Ansporn und Verpflichtung. Wir verbeugen uns vor Prof. Blaha, einem Urgestein und Pionier der modernen Pneumologie, einem Vorbild an Einsatz, Fleiß und Originalität und einem liebenswerten, barocken Genussmenschen, der eine Ära der Pneumologie verkörperte und prägte wie kaum ein anderer.

    Prof. Dr. med. Herbert Blaha verstarb am 14. Juli 2002.

    Univ. Prof. Dr. med. Karl Häußinger

    Chefarzt Pneumologie · Asklepios Fachklinik München-Gauting

    82131 München

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