Die Einhaltung, Förderung und Entwicklung der Qualität ärztlicher Leistungserbringung
ist seit jeher genuine Aufgabe und Selbstverständnis der ärztlichen Profession. Keine
Arztpraxis kann heute erfolgreich am Markt bestehen, wenn nicht qualitätsrelevante
Aspekte von vornherein in die Praxisführung eingebunden werden.
Dennoch ist festzustellen, dass insbesondere in der Darstellung der Politik wie auch
der Medien die Zuständigkeit für das Thema Qualität innerhalb der ärztlichen Selbstverwaltung
immer mehr in Frage gestellt wird. Dies hatte auch Auswirkungen auf die letzte Gesundheitsreform,
in der neben anderen qualitätsrelevanten Aspekten die Einführung eines praxisinternen
Qualitätsmanagements vorgeschrieben wurde. Der Gesetzgeber hält dabei gleichwohl
fest, dass dieses für den ärztlichen Praxisbetrieb geeignet sein muss und der Aufwand
in einem entsprechend angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen muss. Diese Entwicklung
war nach dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz 1999 absehbar gewesen: Nachdem
schon der Krankenhaussektor zur Einführung von Qualitätsmanagement und Qualitätsberichten
verpflichtet wurde, schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis dies auch den
ambulanten Bereich betrifft.
Qualitätsmanagement: pour qoui?
Qualitätsmanagement: pour qoui?
Qualitätsmanagement zielt prinzipiell darauf ab, dass Abläufe so stattfinden, wie
sie geplant waren. Dies setzt voraus, dass
-
zunächst ein Ziel definiert (z.B. standardisierter Ablauf der Zystoskopie) wird,
-
der Weg, wie dies erreicht werden soll, festgelegt und dokumentiert (nämlich durch
Klärung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sowie Erstellung von Ablaufschemata),
-
und durch regelmäßige Hinterfragung dieses Ablaufes (funktioniert es, was kann verbessert
werden?) der Ablauf optimiert und weiterentwickelt wird.
Wesentlich ist hierbei die Erarbeitung und Weiterentwicklung dieser Abläufe im Praxisteam.
Ziel ist es, alle maßgeblich am Prozess Beteiligten verantwortlich einzubinden. Was
auf der Ebene der einzelnen Ablauforganisation stattfindet, spiegelt sich auf der
Ebene der Praxisorganisation insgesamt: Durch die Definition, Umsetzung und das Nachhalten
von Praxiszielen wird die Organisation sowie die medizinische Qualität der urologischen
Arztpraxis systematisch weiterentwickelt. Mit anderen Worten: Es geht um die geplante
Anwendung von gesundem Menschenverstand nicht nur kursorisch in einzelnen Bereichen,
sondern als systematisch angewandtes Grundprinzip. Unterstützt wird dies durch Instrumente,
wie sie in vielen Dienstleistungssektoren lange etabliert sind, um einige zu nennen:
Erarbeitung von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, regelmäßige, geplante Teambesprechungen
oder standardisierte Befragungen von Patienten und Mitarbeitern. Damit wird deutlich,
dass Qualitätsmanagement eine Aufgabe der Praxisführung ist. Nur wenn die Chefin oder
der Chef dahinter stehen, kann eine Einführung und Weiterentwicklung eines QM-Systems
funktionieren und langfristig wirksam bleiben.
Risiken erkennen, Probleme vermeiden
Risiken erkennen, Probleme vermeiden
Qualitätsmanagement zielt ebenso darauf ab, individuelle Risiken von Praxen zu erkennen
und potenzielle Probleme ex ante zu vermeiden. Diese Risiken sind völlig unterschiedlich
je nach Praxisart und -größe verteilt und können in den medizinischen Abläufen, der
Mitarbeiterführung oder aber in der Zusammenarbeit mit anderen Praxen oder Leistungsanbietern
begründet sein. Die zunehmende Komplexität von Abläufen und Interventionen begründet
eine Fehleranfälligkeit, die auf eine zunehmend informierte und nachfragende Öffentlichkeit
trifft. Die Selbstbewertung des eigenen Organisationsniveaus in Verbindung mit gezielten
Aktivitäten an denjenigen Stellen, die ein Verbesserungspotenzial versprechen, wirken
hier präventiv und ermöglichen den Nachweis einer gelenkten Planung im Schadensfalle.
Selbstverständlich sind schon heute die relevanten Abläufe in Arztpraxen strukturiert
und verantwortlich geregelt. Dieses bestehende Qualitätsniveau in deutschen Praxen
ist unzureichend bekannt. Indem qualitätsrelevante Aspekte erfasst, beschrieben und
verglichen sowie das in der Praxis angesammelte Wissen für alle Mitarbeiter und in
aufbereiteter Form auch für Außenstehende verfügbar gemacht wird, wird die Transparenz
geschaffen, die heute immer wieder als fehlend beklagt wird. Diese Qualitätsdarlegung
kann die Basis für die Vereinbarung einer fairen Vergütung werden - vorausgesetzt,
dass das zugrunde liegende QM-System oder -verfahren als anspruchsvoll und valide
angesehen werden. Ergebnisindikatoren kommt hier eine wesentliche Bedeutung zu: Bei
entsprechender Eignung sind diese potenziell geeignet zur Entwicklung von ergebnisorientierten
Vergütungsmodellen. Damit wird nicht zuletzt die Zukunftsfähigkeit der ambulanten
Versorgung gesichert.
Qualität und Entwicklung in Praxen (QEP) - das QM-System der KBV/KVen
Qualität und Entwicklung in Praxen (QEP) - das QM-System der KBV/KVen
Für den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung waren die Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz
Anlass gewesen, in den Jahren 2002 und 2003 ein eigenes, für die besonderen Bedürfnisse
der vertragsärztlichen und damit auch urologischen Praxis zugeschnittenes Qualitätsmanagementsystem
zu entwickeln. Erster Schritt der Entwicklung dieses QM-Verfahrens war deshalb eine
systematische Gegenüberstellung der international verbreiteten Verfahren und deren
Sichtung im Hinblick auf Anteile, die für die ambulante vertragsärztliche und psychotherapeutische
Versorgung relevant und anwendbar sind. Insbesondere wurde darauf geachtet, alle
wesentlichen Aspekte verbreiteter Verfahren zu berücksichtigen. Auf diese Weise wurde
sichergestellt, dass diejenigen Praxen, die schon ein Qualitätsmanagement beispielsweise
mit der ISO eingeführt haben, ohne größeren Aufwand auf das QM-System der KBV/KVen
überwechseln können.
Kernstück des QEP-Systems ist ein Qualitätszielkatalog, der es Praxen ermöglicht,
über eine Selbstbewertung diejenigen Bereiche zu identifizieren, die möglicherweise
von Ablaufverbesserungen profitieren können (Abb. 1). Für die Umsetzung solcher Verbesserungen
und die Einführung von QM werden Unterstützungstools bereitgestellt wie beispielsweise
Checklisten, Musterabläufe oder aber auch Tipps und Hinweise auf erfolgreich praktizierten
Vorgehensweisen. Das QM-System deckt dabei den Querschnitt einer Praxis ab und reicht
von Praxisführung und Qualitätsmanagement über die Patientenversorgung, Information
und Patientensicherheit bis hin zu den Themengebieten Mitarbeiter/-innen und Fortbildung
sowie (gesetzliche)-Rahmenbedingungen und Praxisorganisation. Dabei ist selbstverständlich
klar, dass eine solche Einführung nicht innerhalb eines Jahres geschehen kann, sondern
einen entsprechenden zeitlichen Rahmen braucht. Unterstützt wird die Einführung außerdem
durch das Angebot von Schulungen, die kostengünstig über KVen oder Berufsverbände
angeboten werden können. Das QM-System der KBV und KVen "Qualität und Entwicklung
in Praxen" wird derzeit in einer Pilotphase in 60 Praxen getestet und durch ein externes
Institut evaluiert, um einen Nachweis darüber zu erbringen, ob die Umsetzung tatsächlich
mit Verbesserungen im Praxisablauf einhergeht. Ab Anfang 2005 wird die dann überarbeitete
Version zur Verfügung stehen. Der Qualitätszielkatalog ist jetzt schon über das Internet
unter www.kbv.de/qm abrufbar. Die Ausführungen des Bundesausschusses werden voraussichtlich Ende des
Jahres vorliegen und in Richtlinien veröffentlicht werden.
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Qualitätsmanagement für Arztpraxen kann über die gezielte Organisation von kritischen
Abläufen zu einer Stabilisierung und Verbesserung der Organisation von Praxen und
damit auch der Qualität führen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass Qualitätsmanagement
kein Selbstzweck wird und nicht einer erstickenden Flut von Dokumentationen führt.
Qualität in der Arztpraxis ist eine Aufgabe der Praxisführung und nur wenn sie dort
den entsprechenden Rückhalt findet, können tatsächlich auch nachhaltige Verbesserungen
erzielt werden. Dass aber Qualitätsmanagement zur kontinuierlichen wird setzt voraus,
dass dies nicht per Ukas von oben verordnet, sondern tatsächlich gelebt wird. Bei
den jetzt anstehenden Definitionen zur Gestaltung einer Richtlinie im Gemeinsamen
Bundesausschuss wird es deshalb essenziell sein, diesen Umständen Rechnung zu tragen.
Mit der Vorlage des QEP-Systems wird die Möglichkeit geschaffen, stufenweise Qualitätsmanagement
in urologische Praxen einzuführen und, sofern dies gewünscht wird, später auch an
einem praxenübergreifenden Benchmarking teilzunehmen.
Dr. Bernhard Gibis, Berlin