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DOI: 10.1055/a-2308-6408
Die Gestaltung der Organisation Krankenhaus: Ein Stakeholder-Ansatz
Shaping the Hospital Organization: A Stakeholder ApproachZusammenfassung
Nicht alle der auf der Makro-Ebene des Gesundheitssystems gefällten Entscheidungen beeinflussen die Arbeitsbedingungen der Ärzte, Pflegefachkräfte, Therapeuten und anderer direkt. Sie bedürfen vielmehr zunächst der Umsetzung durch Entscheidungen der dafür Verantwortlichen auf der Meso-Ebene des Krankenhauses.
Essentiell für die Ergebnisse dieser Umsetzungsprozesse sind nicht nur die für diese geltenden Regeln. Es sind vor allem auch die Kriterien, die bei dem Fällen der Entscheidungen – bei der Bewertung der zur Verfügung stehenden Lösungs-Alternativen – bedacht werden sollen. Dabei handelt es sich einerseits um medizin- und pflegeethische Normen, deren Berücksichtigung sicherstellen soll, die Arbeitsbedingungen so zu konfigurieren, dass es den Akteuren im klinischen Bereich ermöglicht wird, ihr Handeln vorwiegend an den Prinzipien Wohltun, Nichtschaden und Achtung der Patientenautonomie zu orientieren. Es handelt sich zum anderen um die Bedürfnisse diverser Stakeholder – dazu zählen Patienten und deren Angehörige, Mitarbeitende, Eigentümer des Krankenhauses, einweisende Ärzte und andere –, deren Befriedigung die Stakeholder mittels der Ergebnisse der verschiedenen Umsetzungs-Entscheidungen beanspruchen.
Es fragt sich indessen, ob alle die geltend gemachten Stakeholder-Bedürfnisse bei der Gestaltung der Krankenhaus-Organisation berücksichtigt werden müssen, damit die Bedürfnisse befriedigt werden können. Möglicherweise sind darunter Bedürfnisse, deren Befriedigung die Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigt. Die vorliegende Arbeit greift diese Fragen auf. Sie geht von der Annahme aus, dass die Gestaltung der Stakeholder-Bedürfnis-Auswahl als Konkretisierung des organisationsethischen Ansatzes der Krankenhaus-Organisations-Gestaltung dazu beitragen kann, negativen Auswirkungen der Ökonomisierung der Medizin erfolgreich zu begegnen.
Summary
Not all decisions made at the macro level of the health system directly affect the working conditions of doctors, nurses, therapists and others. Rather, they first require implementation through decisions made by those responsible for them at the meso level of the hospital.
Essential for the results of these implementation processes are not only the rules that apply to them. Above all, it is also the criteria that are to be considered when making decisions – when evaluating the available alternative solutions. On the one hand, these are medical and nursing ethical norms, the consideration of which should ensure that the working conditions are configured in such a way that it is possible for the ac- tors in the clinical area to orient their actions predominantly to the principles of beneficence, non-harm and respect for patient autonomy. On the other hand, it is about the needs of various stakeholders – including patients and their relatives, employees, owners of the hospital, referring physicians and others – whose satisfaction the stakeholders claim by means of the results of the various implementation decisions.
The question is, however, whether all the asserted stakeholder needs have to be taken into account in the design of the hospital organization in order for the needs to be satisfied. It is possible that some of these needs may be met in a way that compromises the quality of patient care. This paper addresses these questions. It is based on the assumption that the design of stakeholder needs selection as a concretization of the organizational ethics approach to hospital organization design can contribute to successfully counteracting the negative effects of the economization of medicine.
Publication History
Received: 15 April 2024
Accepted: 15 April 2024
Article published online:
12 September 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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